Peter Illmann


001 20130616 1471002660Wer in den 80ern groß geworden ist, wurde von bestimmten Leuten an die Musik herangeführt und dafür begeistert. Sie zeigten in ihren Sendungen (TV und Radio), was los war in der bunten Welt der Musik. In der DDR war es u. a. Jürgen Karney, der mit seiner Wertungssendung bong das jüngere Publikum ansprach. Auch rund war so eine prägende Sendung im DDR-Fernsehen. Im Radio gab es natürlich auch viele Formate, die für die Jugend gemacht waren. Im Westen gab es sowas auch. Im Radio gehörten Mal Sondock (Mal Sondock's Hitparade, WDR) und Wolfgang Roth (Schlagerrallye, WDR) zu denen, die Woche für Woche die Leute vor das Radio zog und bei denen man fleißig auf Kassetten mitschneiden konnte. Im Fernsehen waren es Thomas Gottschalk, Günther Jauch und Peter Illmann. Letzterer hatte mit der Sendung "Formel Eins" ein Format moderiert, das ab 1983 zur wöchentlichen Pflichtveranstaltung eines jeden musikinteressierten Teenagers gehörte. Es war damals die einzige Sendung im deutschen Fernsehprogramm, die Videoclips zeigte. Nicht nur offizielle, sondern insbesondere auch selbst produzierte Clips. Das war einzigartig, frisch und richtig gut gemacht. Die Nummer 1 in den deutschen Charts bekam von der Redaktion der Sendung immer einen besonderen Preis. Keinen Pokal, keine Medaille, sondern ein Teil einer BMW Isetta (das war das kugelartige Automobil mit der Fronttür), die dafür in der Sendung Stück für Stück zerlegt wurde. Die Kulisse für die Show, in der fast alles auftrat, was Rang und Namen hatte, war ein Schrottplatz, nachgebaut in den Studios der Bavaria Film in München. Zwischen '83 und '85 moderierte Peter Illmann die Show, dann wechselte er zum ZDF und übernahm dort Thomas Gottschalks Sendung und erschuf mit "P.I.T. - Peter Illmanns Treff" ein eigenes Format. In den 90ern führte ihn sein Weg zum Bayrischen und zum Mitteldeutschen Rundfunk, bei denen er TV-Sendungen moderierte. Heute ist er immer noch als Moderator tätig, hat aber auch andere Eisen im Feuer. Anlässlich der Veröffentlichung der DVD-Box und CD-Reihe "30 Jahre Formel Eins" haben wir uns mit dem in München lebenden Moderator getroffen und ihn zum Thema "Formel Eins" und vielem mehr befragt...

 


Als ich mich auf dieses Interview vorbereitet habe, fielen mir sofort die Angaben zu Deinem beruflichen Werdegang auf. Wie kommt man nach einem Studium für Psychologie und Theaterwissenschaften zum Rundfunk und Fernsehen?
Das war - wie so oft - zufällig. Ich hatte ja nie vor, zum Rundfunk oder zum Fernsehen zu gehen. Das war wohl insgeheim irgendwo in mir drin, denn ich habe auch als Kind schon gerne an meinen Geburtstagen Showmaster gespielt, aber ich hatte das nie konkret vor, weil mir das einfach auch zu fern lag. Insofern hat sich das rein zufällig ergeben, dass ich später Radio gemacht habe, damit Erfolg hatte und mir das Studium dann nicht mehr so wichtig war.

Du bist in Dortmund geboren, bist Du dort auch aufgewachsen?
Ja, bis zum Abitur. Zum Zivildient bin ich dann nach München gegangen.

Du kommst aus einer Generation, die so gar nichts mit Musikvideos zu tun hatte. Das kam alles viel später. Wie sah Deine Jugend aus, wie haben Du und Deine Freunde in den 60ern und 70ern Musik erlebt und konsumiert?
Im Prinzip so, wie viele andere Jugendliche in der Zeit auch: Radio gehört und auf Tonbändern und später Kassetten mitgeschnitten. Das war für uns auch das wichtigste. Es gab bestimmte Sendungen im Westdeutschen Rundfunk (WDR), die man hörte. Es gab dort so eine Art "Chart-Show", wie man sie heute nennen würde. Die habe ich immer gehört und die Titel, die ich gut fand, habe ich dann mitgeschnitten. Aber natürlich auch Platten gekauft.

Meintest Du mit der "Chart-Show" die "Schlagerrallye" mit Wolfgang Neumann?
Ja, genau... Die "Schlagerrallye". Gibt's die noch?

Nein, seit 1995 nicht mehr...
Außerdem gab's noch Mal Sondock. Ihn habe ich immer gehört, denn das war Pflichtprogramm!

Hast Du selbst auch ein Instrument erlernt und gab's vielleicht sogar mal Ausflüge in die Musikwelt als aktiver Musiker?
Leider habe ich nie ein Instrument erlernt, was ich jetzt eigentlich sehr bereue. Ich liebe es, wenn Leute ein Instrument spielen können, speziell Klavier. Ich bin immer wieder fasziniert, wenn sich Leute an ein Klavier setzen und anfangen zu spielen. Das hätte ich gerne gemacht. Habe ich aber leider nie, denn wenn man jünger ist, denkt man an sowas nicht unbedingt. Und wenn man von den Eltern da nicht hingetrieben wird, macht man es auch freiwillig eher selten. Insofern kann ich leider kein Instrument spielen. Gesungen habe ich einmal, aber nur für eine Sendung im ZDF, genauer für "P.I.T. - Peter Illmanns Treff", als wir in einer Sendung gezeigt haben, wie Platten aufgenommen werden. Dafür war ich in einem Studio und habe in der Tat einen Song aufgenommen, der aber Gott sei Dank nicht veröffentlicht wurde (lacht). So gut war er nicht.

Welche Bands und Interpreten hast Du als Teenager gern gehört?
Sehr unterschiedlich... Ich habe damals tatsächlich zum einen Sachen von Udo Jürgens gehört. Das kann man kaum glauben, aber ich fand damals die deutsche Musik, zumindest die etwas gehobenere, gar nicht schlecht. Zum anderen kam dann aber auch irgendwann die Zeit, in der ich z. B. Alice Cooper mochte. Ein Album von Alice Cooper war auch eine meiner ersten Platten, die ich gekauft habe. Das waren zwar totale Gegensätze, aber so ist das bei mir auch heute noch. Meine Bandbreite an Musik ist wahnsinnig groß. Ich kann anhand von Genres gar nicht sagen, "Ich mag dieses nicht" oder "Ich mag jenes nicht", denn es gibt fast in jedem Bereich Sachen, die ich gern höre. Das war auch damals schon so.

002 20130616 1204213990Du sagst, das '72er Album von Alice Cooper wäre eine Deiner ersten Platten gewesen. Kannst Du Dich noch an Deine allererste Platte, die Du Dir gekauft oder die Du geschenkt bekommen hast, erinnern?
Das war wohl tatsächlich "School's Out", das Album von Alice Cooper. Ich erinnere mich noch, dass um die Platte damals als eine Art Provokation ein Damenslip gewickelt war (lacht). Das war der Gag bei der Platte. Das fanden meine Eltern damals komisch, denn die kannten sowas nicht. Das war wissentlich meine erste Platte. Ich weiß nicht, ob es davor schon eine andere gab.

Wir sprachen eingangs ja schon darüber: Nach der Schule entscheidet man sich in der Regel für einen Beruf. Welchen Berufswunsch hattest Du direkt nach dem Abitur?
Das ist die Schwierigkeit, denn ich hatte eigentlich keinen (lacht). Ich hatte ehrlich keinen, denn ich wusste damals wirklich nicht, was ich machen sollte. Psychologie hatte mich interessiert und tut es heute noch, aber ob das nun zum Beruf gereicht hätte, weiß ich nicht. Aber das wäre noch das eheste gewesen, was ich gerne gemacht hätte. Zumindest in dem Bereich irgendwas. Aber ich hatte jetzt nicht wie andere einen Berufswunsch, wie Astronaut oder was man sonst als Kind so hat. Insgesamt war es so, ich sagte es ja vorhin schon, dass ich zu Kindergeburtstagen so Nachmittage mit Spielen und Quiz-Fragen vorbereitet habe, bei denen ich für meine Freunde als Showmaster fungiert habe. Das habe ich aber damals nie in Worte gefasst, dass das irgendwann mal mein Beruf sein könnte. Das war nur ein Interesse und wenn damals darüber richtig nachgedacht hätte, wäre ich vielleicht auch darauf gekommen, dass sowas in der Art das richtige für mich wäre. Aber das lag auch zu weit weg, denn damals waren die Medien, also Fernsehen und Rundfunk, sehr besonders. Es war nicht so wie heute, dass man bei den vielen Sendern eine Fernsehkarriere relativ schnell erreichen kann. Damals gab es nicht so viele Sender und Möglichkeiten, von daher lag ein solcher Berufswunsch in Höhen, an die ich nie gedacht hatte. Das war wahrscheinlich der Punkt.

004 20130616 2022426147Wann und wie bist Du überhaupt zum Radio gekommen und war "Formel Eins" Deine erste Aufgabe beim Fernsehen?
Ich habe als einer der Nachfolger von Thomas Gottschalk Radiosendungen bei Bayern 3 gemacht. Das war ungefähr ab 1980. Bayern 3 war hier der gängige Sender und ist es, glaube ich, immer noch und Thomas hatte da kurz vorher aufgehört. Das war meine erste Berührung mit dem Rundfunk. Im Fernsehen hatte ich vor "Formel Eins" ein paar Kindersendungen gemacht. "Da schau her" hieß die Sendung und die habe ich zwei- oder dreimal moderiert. Und dann kam auch schon "Formel Eins".

Deinen medialen "Durchburch" hattest Du als Moderator der Sendung "Formel Eins". Das war 1983 und Du warst 24 Jahre alt. Wie bist Du zu dem Job als Moderator dieser Sendung gekommen?
Die Fernsehleute haben damals sehr viele Moderatoren gecastet. Viele Sprecher oder Moderatoren von Rundfunkstationen, aber auch Tanzlehrer und Alleinunterhalter. Die hatten zu dem Zeitpunkt noch keine Idee und wussten auch noch nicht, wen sie nehmen sollten. Das waren ungefähr 100 Bewerber und es fand eine Art Casting statt, zu dem ich auch hingegangen bin. Beim Bayrischen Rundfunk wurde uns das nahegelegt, da hin zu gehen und am Casting teilzunehmen. Das könne ja nicht schaden, meinten sie. Das habe ich dann auch gerne gemacht, habe aber nie damit gerechnet, dass daraus was würde. Ich habe also einfach so moderiert, wie ich es auch im Radio gemacht habe, also ein paar Infos zusammengestellt und dazu ganz locker was erzählt. Das war's. Ich hatte das Casting auch schon längst wieder vergessen, bis dann der Produzent angerufen und gesagt hat, "Du bist es".

Weißt Du eigentlich, wer die Idee zu dieser Sendung hatte und wie sie letztlich entstanden ist?
Nur vage. Ich weiß, dass das mehrere Menschen waren, z. B. Rolf Spinrath, der damals beim WDR ein großer Unterhaltungsmensch war und später auch noch Sendungen wie "Känguru" und andere Musiksendungen gemacht hat. Ich glaube, er hatte mit die Grundidee dazu. Außerdem gehörte sicherlich auch der damalige Produzent von der Bavaria, die das ja hier in München produziert hat, Andreas Thiesmeyer, dazu. Wer da sonst noch mit drin gehangen hat, weiß ich nicht. Aber ich glaube, die beiden waren die maßgeblichen Leute, die sich die Idee ausgedacht haben.

Nun gab es mit "Bananas" ab 1981 in der ARD schon eine Sendung, die das gleiche Zielpublikum ansprach. Allerdings gab's dort weniger Moderation, dafür aber Sketche. Wurde von Euch auch auf die Kollegen und ihre Arbeit geschaut?
Eigentlich wenig, denn diese Sendung kam ja relativ selten. Die war ja auch sehr sehr aufwändig produziert, denn dort wurden nicht nur Videos gezeigt, sondern es wurde auch Show auf der Bühne geboten. Das war dann aber so aufwändig, dass jede Sendung "Bananas" so viel gekostet hat, wie die ganze Saison "Formel Eins". Darum kam die sicher auch so selten. Ich weiß gar nicht, wie viele Ausgaben es davon gab. Es waren aber nicht sehr viele. Insofern war das gar kein Vergleich. Sowas konnte man gar nicht bringen. Die Schöpfer waren aber ähnlich, wie bei "Formel Eins", z. B. Spinrath. Insofern war das auch keine Konkurrenz. Wir haben Titel, die da vorgestellt wurden, dann auch bei uns gespielt und umgekehrt. Aber sonst gab es da wenig Austausch.

Bei "Formel Eins" fiel auch auf, dass das alles sehr schlicht gemacht war, aber am Ende und unter'm Strich unheimlich toll rübergekommen ist. Ich erinnere mich da auch noch an die allererste Szene der ersten Folge, in der Du am Buslenkrad sitzend moderierst und im Hintergrund wurde die vorbeiziehende Landschaft auf eine Leinwand projiziert. Wer war denn dafür verantwortlich und hatte die vielen Ideen?
Das waren mehrere Leute aus dem "Formel Eins"-Produktionsteam. Das war am Anfang noch so, dass da auch Publikum in der Halle dabei war. Das haben wir später aber gelassen, weil das doch etwas verkrampft wirkte. Die Dekorationen wirkten aber nur einfach, sie waren im Prinzip aber gar nicht so einfach. Da saßen sehr viele Leute dran, die bei der Bavaria in München sonst Filmbauten machten. Also richtige Kulissen, weil dort sonst ja nur Filme gedreht wurden. Insofern war vieles, was damals einfach ausgesehen hat, gar nicht so einfach, weil es schwierig war, es darzustellen. Etwas Einfaches hinzustellen ist manchmal schwieriger, als etwas "Glänzendes", wie in anderen Shows. Selbst die Autos in der Schrottplatz-Kulisse waren, auch wenn sie durcheinander schienen, genau angeordnet. Da wusste auch jeder, warum irgendwelche Requisiten gerade an der Stelle standen, wo sie standen. Die Bus-Szene, die Du angesprochen hast, ist die Szene, die auch heute immer noch gezeigt wird, wenn über die Sendung berichtet wird. Dabei ist sie mir sehr unangenehm, denn ich war damals hypernervös und total verkrampft. Von daher mag ich die gar nicht. Aber solche Sachen haben wir später weniger gemacht. Es ging dann doch eher in die Richtung: Sehr viel Rauch, sehr viel Feuer, sehr viel Atmosphäre. Aber wie gesagt... Es war gar nicht so einfach, wie es manchmal aussah.

Du hast mit der Sendung und Deinen interessanten Moderationen und Hintergrundinfos zu den einzelnen Künstlern großen Anteil an der musikalischen Entwicklung vieler Teenager und junger Erwachsenen in dieser Zeit gehabt. Warst Du Dir dessen eigentlich bewusst?
Nein, eigentlich nicht. Durch meine Tätigkeit beim Radio wusste ich natürlich, dass das, was im Radio und im Fernsehen gesendet wird, relativ wichtig genommen wird. Aber diese herausragende Stellung von "Formel Eins", letztlich auch für die Plattenindustrie, war mir damals überhaupt nicht bewusst. Sonst wäre ich wahrscheinlich auch gar nicht so locker gewesen. Wir haben das jede Woche produziert und natürlich sahen wir die Erfolge und auch die Anklänge, was Musik betraf, die bei uns vorgestellt wurden und dann in die Charts kamen. Aber so richtig bewusst war ich mir dessen nicht.

Etwas, an das ich mich auch heute noch zurück erinnere ist, dass Du und Dein Team in der Sendung eine BMW Isetta zerlegt habt. Das Auto - schon damals ein Klassiker - wurde von Sendung zu Sendung immer weniger und die Ersatzteile wurden verteilt. Wer ist auf diese Idee gekommen?

Das kann ich gar nicht genau sagen. Wahrscheinlich war es auch das gleiche Team, das die Sendung erfunden hat. Dass Teile der Isetta vergeben wurden, gab es ja von Anfang an und auch solange, bis die Isetta nicht mehr vorhanden war. Später gab es andere Preise, die verliehen wurden. Das war ein Grundkonzept der Sendung, denn man wollte mit "Formel Eins" genau das Gegenteil machen, wie "normale" Sendungen. Das heißt, keine cleane Studioatmosphäre, sondern ein Schrottplatz, keine Trophäen aus Gold, sondern etwas zur Sendung passendes und das waren eben die Ersatzteile der Isetta. In jedes einzelne Teil, das vergeben wurde, war immer eingraviert, was zu diesem Zeitpunkt die Nummer 1 in Deutschland war.

Haben denn alle Musiker ihr Ersatzteil von der Isetta mitgenommen oder hat der eine oder andere seine "Auszeichnung" auch mal liegen lassen?
Nein, es wurden wirklich alle mitgenommen. Ich habe sogar mal ein Teil, ich glaube es war ein Außenspiegel der Isetta, nach Tel Aviv zu Rod Stewart gebracht. Der hat das dort in Empfang genommen und sich etwas gewundert, sich aber über die Nummer Eins natürlich sehr gefreut hat.

Natürlich kann man ja nicht alles von diesem Auto jemandem einfach so in die Hand drücken. Was habt Ihr mit dem Rest der Isetta gemacht? Hast Du eigentlich auch ein Teil als Erinnerung behalten?
Das ist ganz witzig, denn das Chassis von der Isetta, also das Bodenteil, hatte man für mich zum Abschied als eine Art Bar umgebaut und es mir dann geschenkt. Aber ich konnte es weder abtransportieren, noch hatte ich Platz in meiner Wohnung dafür. Also habe ich gesagt, "Ich lasse es erst mal hier stehen und hole es später ab." Aus dem "später" wurden dann Jahre und inzwischen ist das Ding verschwunden. Kein Mensch weiß, wo es geblieben ist. Von der Isetta gibt es nichts mehr, die hatten wir komplett verteilt.

008 20130616 1440819401010 20130616 1285669946Du hattest als Moderator Möglichkeiten, um die Dich Deine Zuschauer - incl. mir - sehr beneidet haben. Du hast zahlreiche Musiker, teilweise waren sie schon Weltstars, teilweise wurden aus ihnen solche, interviewen und live in Deiner Sendung begrüßen dürfen. Welches dieser Interviews ist Dir besonders in Erinnerung geblieben und warum?
Man muss dazu sagen, dass die Interviews relativ knapp waren. Es waren keine tiefschürfenden Geschichten, insofern ist es so, dass ich heute gar nicht mehr so an sie zurückdenken kann. Aber ich erinnere mich noch an die mit Leuten, die dann sehr groß wurden, z. B. das mit Falco. Der war damals zwar schon groß, aber dass er so früh gestorben ist, hat meine Begegnung mit ihm in ein anderes Licht gerückt. Ich dachte an dieses Interview sehr viel und auch daran, dass er total locker und normal war, als er in der Sendung war. Das ist sicherlich ein Highlight gewesen. Auch das mit Madonna, die auch in meiner Sendung war. Wenn ich damals gewusst hätte, dass die mal so groß wird, hätte ich mir gleich ein Autogramm von ihr geben lassen. Hab ich aber leider nicht (lacht). Damals war's überhaupt noch nicht klar, dass aus ihr mal ein Weltstar würde. Ich weiß heute auch gar nicht mehr, ob ich viel mit ihr geredet habe. Hinter der Kamera schon, aber ob das auch vor der Kamera so war... Insgesamt waren die Interviews auch spärlich gesät. Die Leute wollten damals auch nicht so viele Interviews, sondern mehr Musik haben. Darum waren die Künstler eigentlich ein bisschen separiert.

Gab es denn Begegnungen, die Dir weniger angenehm in Erinnerung geblieben sind?
Ja, die gab es. Die Toten Hosen waren damals noch sehr auf Punk getrimmt und brachten auch Punk-Fans mit. Die waren ziemlich durcheinander und hätten uns fast die Halle auseinander genommen. Auch Bier wurde verspritzt. Das hat mir persönlich überhaupt nicht gefallen, zumal ich mit Punk nie so richtig was anfangen konnte, auch wenn da manchmal richtig gute Musik bei rauskam. Das war so eine Begegnung, bei der ich dachte, "Ich verlasse jetzt mal die Halle und lasse die mal schön machen" (lacht). Das war aber wirklich eine Ausnahme. Die wollten damals halt das Punk-Image voll erfüllen. Ob das damals alles so echt oder auch ein bisschen gemacht war, das sei mal dahingestellt. Ansonsten waren alle Musiker sehr diszipliniert. Das Gute an "Formel Eins" war, dass auch Leute, die da nicht gemocht wurden, so wie die Schlagerstars, die in unserem Team nicht so gut ankamen, ihren Platz hatten und das komplette Gegenteil waren. Ich denke da an Howard Carpendale, der sich wahnsinnig gut benommen und sich sehr professionell verhalten hat. Mehr, als viele andere. Da habe ich gedacht, "Hochachtung! Das war gut".

Nun war das eine Zeit ohne Internet und anderer Möglichkeiten, seinem Star mal näher zu kommen. Du hast das alles immer sehr relaxt und professionell gemacht, so als wenn es das Normalste auf der Welt wäre. Schien das nur so und Du warst bei manchen Interviews sehr nervös oder warst Du wirklich so locker?
Nein, ich war tatsächlich nicht nervös, denn wir hatten so viele Künstler da, dass es für uns eigentlich nichts Besonderes mehr war. Die kamen und gingen und ob das nun Nena war oder eben auch mal Madonna... Dadurch, dass es immer so viele Künstler waren, blieb eigentlich gar nicht so viel Platz für Nervosität. Nervös war ich später mal, als ich für Bayern 3 dreimal Mick Jagger interviewt habe. Da war ich schon ein bisschen nervös, weil die Stones damals schon Halbgötter waren. Bei allen anderen war das eigentlich nicht so, muss ich sagen. Da war es etwas völlig Normales.

Du hast diese Sendung etwas über zwei Jahre lang und 68 Folgen moderiert. Was waren bei "Formel Eins" die schönsten Momente für Dich - vielleicht nicht nur vor der Kamera, sondern auch hinter den Kulissen?
Das ist sehr schwierig zu beantworten. So komisch es sich jetzt vielleicht anhört, aber einer der schönsten Momente war der Abschied. In dem Moment habe ich richtig gemerkt, wie gut das Team war und wie schön es mit dem Team war. Wir waren sozusagen wie eine große Familie und es tat mir fast schon leid, dass ich zum ZDF gegangen bin. Ich habe halt gemerkt, dass da ein großer Zusammenhalt war, schon allein deshalb, weil man mit den Leuten jahrelang jede Woche zusammen gearbeitet hat. Insofern war der Abschied ganz besonders, weil viele auch traurig waren, dass ich gegangen bin... und ich dann eingeschlossen.

008 20130616 1440819401Nach Dir kamen noch drei andere Moderatoren bei "Formel Eins" zum Einsatz. Du bist also freiwillig gegangen und es war nicht das Konzept der Sendung, dass jeder Moderator nur eine bestimmte Zeit lang dort moderieren darf?
Nein, das war tatsächlich meine Entscheidung. Dass die nachfolgenden Moderatoren nur eine bestimmte Zeit lang für "Formel Eins" tätig waren, kam erst danach. Andreas Thiesmeyer, mein Produzent, hat auch in der Dokumentation über "Formel Eins", die im WDR vor kurzem lief, gesagt, "Der Illmann hätte das ganze mal weiter moderieren sollen, dann hätten wir keinen anderen gebraucht. Das wäre mir am liebsten gewesen." Sowas freut mich natürlich. Das hätte auch sein können, aber ich wollte zum ZDF gehen, auch weil Thomas Gottschalk, mit dem ich ganz gut befreundet war, mir gesagt hatte, dass dort eine Live-Sendung frei würde und für sie ein Moderator gesucht würde. Er fragte mich, ob ich nicht Lust dazu hätte. Da habe ich natürlich ja gesagt. Ob das nun richtig war oder nicht, ist eine andere Sache, aber ich habe dadurch auch vieles anderes gesehen.

Wenn es schöne Erinnerungen gibt, gab es sicher auch Momente, an die man sich nicht so gern erinnert, oder?
Das waren nicht viele. Mich störten immer die Wartereien bei den Aufzeichnungen. Das bekommt man im Fernsehen natürlich nicht mit. Die Aufnahmen mit den Bands im Studio dauerten manchmal drei oder vier Stunden und irgendwann war dann auch der größte Star langweilig, um ihn sich anzusehen. Wenn Du zum 100. Mal das gleiche siehst, wie die da proben, ist das auch nicht mehr so lustig. Das war etwas, was mich wirklich genervt hat. Aber das ist etwas, was sich ja auch bei Filmen nicht vermeiden lässt, nämlich die Warterei. Es kam schon mal vor, dass ich für 11.00 Uhr bestellt war, um die Moderationen aufzuzeichnen und dann saß ich bis 14.00 Uhr da rum, weil die Aufzeichnungen mit der Band länger dauerten. Da konnte ich nichts machen und dann saß ich da rum und habe Däumchen gedreht. Das war auch ein bisschen die jugendliche Ungeduld (lacht).

011 20130616 1317762002Für Dich ging's dann mit anderen Formaten weiter, Du bist der Musik aber treu geblieben. "P.I.T. - Peter Illmanns Treff" und "Peter's Pop Show" waren Deine Sendungen ab Mitte der 80er. Waren das Deine eigenen Ideen oder hat Dir Dein neuer Arbeitgeber, das ZDF, diese Formate schlüsselfertig angeboten?
"Peter's Pop Show" war keine neue Idee, denn das war vorher ja "Thommy's Pop Show" mit Thomas Gottschalk. Insofern war dieses Format feststehend. Das waren die größten Hits des Jahres, bei denen wirklich alle Musiker zusammen kamen, die in Deutschland einen Hit hatten. Sowas wäre heute kaum noch möglich, dass man die alle auf eine Bühne bekommt. Darum waren das auch absolute Highlights. "P.I.T." habe ich zusammen mit Holm Dressler, dem damaligen Redakteur von Thomas Gottschalk, entwickelt. Das sollte halt eine Mischung aus Musik und Talk sein, vielleicht auch noch ein Spiel dabei... Das haben wir selbst entwickelt, ja.

Du hast Mitte der 80er auch eine Sendung moderiert, in der Du immer ein europäisches Land als Grundlage für Deine Sendung genommen hast. Du bist in verschiedene Länder gereist und hast die dortige Musikszene vorgestellt. War das noch "P.I.T."?
Ja, das hieß immer noch "P.I.T.", allerdings hatten wir uns für die Sendung später ein anderes Konzept überlegt, da das ursprüngliche Konzept dem der Sendung "Na sowas" sehr ähnlich war, die Thomas damals machte. Zwei Sendungen der gleichen Art brauchten wir nicht, darum haben wir uns überlegt, was wir machen können. Und das kam dabei raus. Übrigens war das nicht nur Europa, sondern die ganze Welt. Und es ging auch nicht nur um Musik, denn das schöne war - und ich habe diese Sendung dafür geliebt und liebe sie auch heute noch -, dass ich anhand der Kultur das Land vorgestellt habe. So eine Sendung würde ich heute immer wieder machen. Es ging darin auch ein bisschen um Politik, so habe ich z. B. in Israel auch mit Palästinensern gesprochen, die einen Sender aufgebaut haben. Oder auch mit Künstlern in Südafrika damals. Da gab es auch immer sehr viele Überschneidungen. Es war nicht nur kulturell und musikalisch, sondern auch ein bisschen politisch, aber über den Umweg der Kultur. Ich habe dadurch sehr viele Leute kennenlernen können und auch sehr viele Stars besucht, z. B. David Bowie in der Schweiz und auch noch Freddie Mercury.012 20130616 1032711355 Das war hochinteressant und für mich die interessanteste Zeit! Das haben Hannes Rossacher und Rudi Dolezal mit ihrer Produktionsfirma DoRo redaktionell und produktionstechnisch gemacht. Die beiden haben damals unheimlich viele Videoclips gemacht, u. a. auch sehr viele für Falco und Queen und waren damals die Nummer 1 unter den Video-Produzenten in Deutschland, bzw. Österreich, denn da kamen sie her.

Ich erinnere mich noch an eine Sendung, die Frankreich zum Thema hatte. Du stelltest dort die Gruppe LES RITA MITSOUKO vor, die hierzulande kaum einer kannte. Und das war kein Einzelfall. Du bist richtig in die Tiefe der Szenen der jeweiligen Länder gegangen - nicht nur den Mainstream beleuchtend. Wie wird man auf solche Künstler aufmerksam? Ist das eigenes Interesse gewesen oder hattest Du einfach nur eine gute Redaktion?
Beides! Natürlich kann man auf alles nicht alleine kommen. Ich habe vor jeder Sendung immer mit Leuten gesprochen, die vor Ort waren und sich dort auch auskannten. Die haben mir dann immer gesagt, was dort gerade so angesagt oder was auf einem guten Weg war. Dann habe ich mir das angeschaut und gedacht, dass könnte wirklich gut beim deutschen Publikum ankommen und das war auch mit ein Sinn der Sendung, dass ich sozusagen die Musikszene ein bisschen näher vorgestellt habe, die man hier noch nicht kannte. Das hat so manches Mal insofern auch sehr gut geklappt, dass die Musiker dadurch auch ein bisschen erfolgreicher wurden. Ich finde es sehr schade, dass sowas heute nicht mehr funktioniert. Wer weiß heute schon, was in Frankreich oder Italien gerade Hits sind?! Das sind nur ganz wenige Sachen, die zu uns rübergeschwappt kommen, aber ansonsten weiß man über die jeweiligen Musikszenen und was da so läuft kaum noch Bescheid. Und ich habe damals in dieser Richtung auch etwas über den Tellerrand hinaus geschaut und nachgesehen, was in anderen Ländern so los ist. Sowas vermisse ich heute ein bisschen im TV-Programm.

Hast Du in Deiner Tätigkeit z. B. für dieses Format oder ein anderes auch mal in die andere Richtung, nämlich in Richtung Osten geschaut, was musikalisch da los war?
Ehrlich gesagt, nicht so viel. Man war ja immer der Meinung, dass da nicht ganz so viel los ist. Wir haben hier ja nur eher konventionelle Shows wie "Ein Kessel Buntes" mitbekommen und da waren Frank Schöbel, die Puhdys, City und Karat. Das waren die Gruppen, die ich kannte und die auch heute noch da sind. Aber viel mehr habe ich - ehrlich gesagt - nicht mitbekommen. Es war ja auch so, dass der Osten eher zum Westen geschielt hat, als umgekehrt und dass das Maß aller Dinge die westliche Musikszene war und nicht die östliche. Von daher war das hier leider wenig vertreten.

Deine Sendung hätte der Szene Ost ja eine prima Plattform bieten können, dass sie auch im Westen wahrgenommen wird. Du hättest dafür in die DDR reisen und Dich dort relativ frei bewegen müssen, um eine solche Sendung darüber zu machen. Wäre das eigentlich möglich gewesen?
Das ist eine gute Frage. Ich weiß es nicht. Vielleicht ja. Wir haben aber - ehrlich gesagt - nicht daran gedacht, also ich zumindest nicht. Aus der heutigen Sicht wäre das aber durchaus eine interessante Erfahrung gewesen. Das stimmt, es ist eine verpasste Chance. Vielleicht wäre das ja gut gegangen.

Dadurch, dass die westdeutschen Medien nicht in die andere Richtung geschaut haben, ging an uns Wessis - mal abgesehen von KARAT & Co - vieles vorbei...
Das stimmt, da ist vieles an uns vorbei gegangen. Ich habe ja für den Mitteldeutschen Rundfunk ein paar Shows und Sendungen gemacht und dadurch habe ich erst einen Einblick bekommen, was es da alles gab. Ich habe mich mit vielen Künstlern, die aus der Ex-DDR kamen, u. a. auch Inka Bause, über die damalige Szene unterhalten und die haben mir auch einiges erzählt. Da habe ich festgestellt, dass man vieles einfach ignoriert oder einfach auch nicht daran gedacht hat, dass man darüber mal was machen könnte. Insofern wäre es schön gewesen, man hätte es gemacht.

Mit "Peter's Pop Show" ging's auf die Bühne einer großen Halle. Das kann man vielleicht so ein bisschen mit "Top Of The Pops" vergleichen, nur eben besser. Im TV wurde das zur besten Sendezeit gebracht und zog Zuschauer ohne Ende an. War so eine Sendung mit den vielen Künstlern logistisch gesehen nicht ein immens großer Aufwand?
Das gab es ja nicht oft. Außerdem wurde "Top Of The Pops" ja im Studio gemacht, während "Peter's Pop Show" in der Dortmunder Westfalenhalle stattfand. Da gehen ca. 20.000 Menschen rein. Das war schon ein richtiges Großereignis, das man so nicht oft machen konnte und das heute in der Form auch nicht mehr funktionieren würde. Die Musiker würden heute einfach nicht mehr in dieser Dichte kommen. Damals waren sie eben alle da. Da war Janet Jackson da, auch Whitney Houston... alle auf einmal und an einem Abend. Du hast Recht, das war schon etwas Großes.

Für den Konzertbesucher und auch den TV-Zuschauer ging immer alles glatt und perfekt über die Bühne. Hattet Ihr Glück und es gab keine Pannen oder wart Ihr einfach nur so gut, diese geschickt zu verbergen?
Doch, es gab immer mal wieder Pannen, z. B. mit Jennifer Rush, die damals sehr erfolgreich war und die bei der Probe unglücklich gestolpert ist - ich weiß nicht, warum. Ich habe sie aufgefangen und mir dabei so unglücklich den Fuß verrenkt, dass ich nicht mehr ohne Schmerzen auftreten konnte. Zu dem Zeitpunkt spielte gerade der F.C. Bayern in Dortmund und dessen Vereinsarzt, Dr. Müller-Wohlfahrt, hat mich kurz vor Spielbeginn der Bayern noch kurz behandelt und mir eine Spritze gegeben. Dann ging es wieder und ich konnte auftreten. Ohne ihn hätte ich die Show nicht machen können, weil der Fuß beim Auftreten einfach zu sehr schmerzte. Das war schon eine nette Geschichte.

015 20130616 1021265614Wenn man fast alles, was Rang und Namen hat, schon mal auf seiner Bühne oder in seiner Sendung hatte... Ich denke da an Pink Floyd, Frankie goes to Hollywood, die Bee Gees oder Tina Turner... Wieviel Antrieb und Motivation bleiben da noch, um solche Sendungen weiter zu machen?
Ach, es gibt ja immer wieder neue Künstler. Was gut dabei ist, dass man irgendwann keine Angst mehr vor großen Künstlern hat. Das ist eine gewisse Gewöhnung, was aber auch wieder ganz gut ist, denn es trägt ja auch so ein bisschen zur Souveränität bei. Das sieht man ja besonders auch bei Thomas Gottschalk, der seine Sendungen so souverän macht, weil ihn nichts mehr schocken kann. Ob da jetzt die Bundeskanzlerin oder Arnold Schwarzenegger... der ist die alle gewöhnt. Bei mir ist das nicht ganz so extrem, aber ein bisschen hilft das schon. Das ist sogar förderlich und weil es immer wieder neue Bands gibt, wird das nie langweilig.

Nach 1990 verlor sich irgendwie Deine Spur. Du hast keine TV-Sendungen mehr gemacht, oder?
Nein, das stimmt nicht. Ich habe im Bayrischen Fernsehen ein Magazin gemacht, das hieß "Espresso" und war eine Art Mittagsmagazin. Das war zwar eine ganz andere Richtung, aber trotzdem sehr interessant, denn ich habe da nicht nur moderiert, sondern selbst recherchiert und redaktionell gearbeitet. Außerdem habe ich für den Mitteldeutschen Rundfunk mehrere Shows gemacht. Diese Sendungen wurden aber alle nur in den dritten Programmen ausgestrahlt und haben dadurch vielleicht bundesweit nicht so viel Beachtung gefunden. Aber das waren teilweise noch so richtig große Samstagabend-Shows, die mit dem Fernsehballett und vielem mehr live gemacht wurden. Eine dieser Sendungen hieß "Wieder mal zu Hause" und kam aus verschiedenen Städten Ostdeutschlands. Das war sehr schön, aber nicht so erfolgreich, wie "Formel Eins" oder "P.I.T.", weil das viel regionaler war.

014 20130616 1752659133Hast Du mit den Musiksendungen aufgehört, weil Du gedacht hast, "Ich erreiche die Jugend nicht mehr, ich bin dafür jetzt zu alt"?
Nein, bewusst nicht. Überhaupt nicht. Es ist aber so, dass ich Musiksendungen in dem Sinne nicht mehr so machen würde. Es gibt da ein paar Formate, die in Frage kämen, wie z. B. die Reisesendungen von "P.I.T.". Sowas würde ich sofort wieder machen, denn das hat nichts mit dem Alter zu tun, im Gegenteil. Ein bisschen Erfahrung ist da ganz gut. Oder so eine Sache, die bei der BBC läuft, "Later... with Jools Holland". Kennst Du diese Sendung?

Nein...
Das ist ganz simpel und der Moderator ist auch schon etwas älter. Der hat in seinen Sendungen immer drei oder vier Bands im Studio. Holland kommt dann rein, redet ein paar Takte mit den Musikern und dann spielen die live einen oder zwei Titel, dann kommt die nächste Band... Das ist alles ganz unprätentiös und ganz simpel. Die Bands spielen aber alle live und es ist eine gute Mischung aus älteren und auch ganz neuen Bands. Keine große Show, nur ein bisschen Talk, aber auch nicht zu viel und die Bands spielen live. Sowas würde sogar ich noch machen.

Sowas würde unserer mit Musiksendungen für das Publikum zwischen 30 und 60 doch eher unterversorgten TV-Landschaft nicht schlecht zu Gesicht stehen...
Ja, genau! Weil es sowas einfach nicht gibt. Und was Chart-Musik betrifft... Ich fühle mich dafür nicht zu alt in dem Sinne, aber für die Präsentation dieser Musik gibt es natürlich jüngere Menschen, die in dem Thema auch noch mehr drin sind. Von daher würde ich die Moderation einer Chart-Sendung wie "Formel Eins" heute nicht mehr machen.

Im Jahre 2004 gab es ein Wiedersehen mit "Formel Eins". Die vier Moderatoren der Sendung standen nun gemeinsam auf der Bühne und moderierten eine Live-Show mit vielen Künstlern, die damals bei "Formel Eins" auftraten. Sogar die nicht ganz pflegeleichte Grace Jones konntet Ihr in Eurer Sendung begrüßen. Wie kam es zu diesem Comeback und warum bei Kabel 1 und nicht beim Heimatsender?
Die Idee dazu stammte von Oliver Mielke, einem Produzenten, der sehr viel mit Michael Bully Herbig gearbeitet hat und der bei Pro 7 auch sehr angesehen war. Der hatte die Idee, das Ganze wieder aufleben zu lassen und natürlich auch zuerst beim WDR und der ARD angefragt, aber die wollten nicht. Das war mir sehr unverständlich, denn die Sendung war immer ein großer Erfolg und wäre für die ARD sicher nicht schlecht gewesen. Daraufhin ist er zu anderen Sendern gegangen, hat die Idee angeboten und Kabel 1 war sehr daran interessiert. Dann haben wir es eben bei Kabel 1 gemacht, und es lief dort auch sehr gut. Es gab Magazinsendungen mit Videos und eben die großen Shows. Gerade die kamen besonders gut beim Publikum an, denn das war so ein bisschen auch dem alten "Formel Eins"-Studio nachempfunden und die Leute traten dort wirklich live auf. Und das Wiedersehen mit Grace Jones, die Du da angesprochen hast, war wirklich ein Highlight.

Sie hatte sich in den Jahren davor ja sehr rar gemacht und ihr richtiges Comeback mit neuer Platte und Tour kam ja erst fünf Jahre später...
Die macht sich auch rar, das stimmt. Andererseits nimmt sie auch sehr viel Geld für einen Auftritt. Ich weiß nicht, vielleicht hat sie es auch nicht nötig. Sie war allerdings auch etwas schwierig, weil sie dem Alkohol sehr gut zugesprochen hat und das hat sie auch während der Show und danach gemacht. Aber es war lustig.

Im Prinzip war dieses - ich nenne es mal - Comeback, ein "Best Of", also eine Retro-Show. Das hat ja auch der Titel der Sendung deutlich gemacht. Wenn man die 80er mit der heutigen Zeit vergleicht, sind das für meinen Geschmack Unterschiede, wie Tag und Nacht. In den 80ern gab es sehr viel Neues im Fernsehen, heute reitet man seit Jahren auf der Retro-Schiene rum und kramt nur noch im Gestern. Ist das die Zukunft der Musik im deutschen Fernsehen?
(lacht) Das will ich nicht hoffen. Aber Du hast schon recht. Zum einen liegt das daran, dass etwas völlig Neues in der Musik nicht mehr kommen wird. Es gab ja schon alles. Musikrichtungen haben in der Geschichte ja kulturelle Wellen ausgelöst, zu Anfang war's der Rock'n'Roll, dann kamen der Punk und letztlich auch die Neue Deutsche Welle. Das waren alles Musikrichtungen, die so noch nicht da gewesen sind. Heute gibt es ja nichts mehr, was es nicht schon einmal gegeben hat. Von daher ist es schwierig, etwas ganz Neues zu finden. Selbst die neuen Bands, wie z. B. HURTS, klingen nach 80er. Zum anderen liegt es auch daran, dass manche Menschen gerne zurück blicken. Nicht, weil die Musik so gut war, sondern weil sie vielleicht so ein bisschen die Sehnsucht nach dieser Zeit haben, weil es damals alles in allem ein bisschen einfacher war. Es gab noch kein Internet, die Welt war noch nicht so globalisiert und es gab viele Probleme von heute nicht. Es gab andere, aber die waren überschaubarer. Ich glaube, es ist die Sehnsucht der Leute nach einer Zeit, in der es für sie einfacher war, in ihr zu leben. Das spielt ganz sicher eine sehr große Rolle. Darüber schreibe ich gerade übrigens ein Buch (lacht). Ich finde es nicht schlimm, dass es solche Sendungen gibt, aber ich selbst bin kein Mensch, der immer nur zurückschaut. Ich habe das jetzt für die neue "Formel Eins" DVD-Box gemacht, natürlich war das auch für mich eine Retro-Reise, die auch schön war, aber ich gucke eigentlich immer nach vorne.

Du hast es gerade angesprochen: Inzwischen gibt es eine DVD-Box, die den Titel "30 Jahre Formel Eins - die Jubiläumsedition" trägt. Insgesamt drei DVDs, randvoll mit Clips und Moderationen aus der Kultsendung. Dazu vier verschiedene Doppel CDs zu unterschiedlichen Themen. Bist Du an diesen Veröffentlichungen direkt beteiligt, also hattest Du Mitspracherecht, was dort auf die Scheiben rauf kommt und was nicht?
Ein bisschen, ja... Wir haben darüber geredet, was auf die CDs und DVDs rauf soll. Aber da geht es auch sehr viel um Rechte. Man muss für jede CD und jede DVD erst mal die Rechte von den jeweiligen Künstlern oder Plattenfirmen bekommen. Und das war so manches Mal sehr schwierig. Es war eine Ausnahme, dass die Erben von Michael Jackson das "Thriller"-Video freigegeben haben. Sogar eine große Ausnahme. Auch die Toten Hosen mussten extra angefragt werden, ob das Bommerlunder-Lied, welches da jetzt mit drauf ist, überhaupt gezeigt bzw. gehört werden darf. Das war alles ein bisschen schwierig, von daher fielen einige Künstler von vornherein weg. Ansonsten haben wir aber schon darüber gesprochen, was auf die DVDs und die CDs mit rauf soll.

020 20130616 1691209852Wenn Du einen Unentschlossenen jetzt von einem Kauf dieser CDs und DVDs überzeugen müsstest, wie würdest Du ihm diese Produkte schmackhaft machen?
(lacht) Bei den CDs ist die Besonderheit, dass die Stücke darauf von Blank & Jones neu abgemischt bzw. remastered sind. Sie klingen heute also noch besser, als sie früher schon klangen. Und wenn man nicht schon 100 CDs aus dieser Zeit hat, dann ist das hier sicher die ultimative Kollektion. Bei der DVD-Box ist es so, dass sowas über "Formel Eins" ja noch nie rauskam. Es gab vor ein paar Jahren zwar schon einmal eine Pressung, aber die war wirklich schlecht. Die kann man vergessen. Das Programm auf dieser DVD-Box dagegen ist wie eine lange Sendung gemacht, mit Moderationen und ganz vielen Auftritten von Künstlern, live im Studio. Das war so noch nie veröffentlicht und auch ziemlich schwer hinzubekommen, weil die Bänder im Archiv der Bavaria ja fast schon verschimmelt waren. Die mussten also aufwendig restauriert werden. Es ist tatsächlich ein Stück musikalische Zeitgeschichte und das auch noch in relativ guter Qualität... Das ist schon toll. Dass ich da zufällig auch mitspiele, ist eine andere Sache.

Wie schon gesagt, warst Du in den 80ern jemand, der der Jugend die große weite Musikwelt näher gebracht und dabei nicht nur auf den Mainstream geschielt hat. Wo siehst Du zwischen dieser Dekade und der Neuzeit die größten Unterschiede, was die Musikszene betrifft?
Ich habe es gerade ja schon angesprochen: Es gibt heute nicht mehr allzu viel Neues. Selbst die neuen Bands, die jetzt hoch kommen, machen keinen neuen Stil von Musik, den man nicht vorher schon irgendwo gehört hat. Das ist für mich ein ganz entscheidender Unterschied zwischen den 80ern und heute. Schauen wir mal das Beispiel Hip Hop und Rap. Als das rauskam, war es brandneu und brandaktuell. Aber was will man heute für einen Musikstil erfinden, den es bis jetzt noch nicht gab? Das kann nicht funktionieren, weil ich glaube, dass es nichts Neues mehr gibt. Auch die Musik kann in dem Sinne heute niemanden mehr schocken. In den Anfängen der Punk-Musik wollte man das Establishment ein bisschen reizen und schocken. Heute geht das gar nicht mehr, denn die Jugend hat nichts mehr, womit sie die Älteren schocken können, denn die haben ja selber alles mitgemacht. Ob es leichte Drogen, Alkohol oder was auch immer war... lange Haare, kurze Haare... nichts kann heute mehr provozieren. Das ist ein weiterer, ganz entscheidender Unterschied. Ich bin auch niemand, der sagt, "Früher war die Musik besser als heute", denn es gibt heute genauso viel gute und schlechte Musik, wie früher. Aber das ganz Neue fehlt.

021 20130616 1414553302Frankie goes to Hollywood und ihre inszenierten Skandale würde heute keinen mehr jucken, da hast Du wohl recht...
Genau. Oder auch Videos, die damals noch schockierten... Die Toleranzbreite ist heute - Gott sei Dank, kann man da nur sagen - auch sehr viel größer geworden.

Woran, glaubst Du, liegt es, dass es für die Musikfreunde zwischen 30 und 60 im Fernsehen keine Sendungen mehr gibt oder einst sehr erfolgreiche Formate, wie der "Rockpalast" inzwischen erheblich gekürzt im Nachtprogramm verschwunden sind?
Ja, das frage ich mich auch! Diese Frage sollte man mal den Fernsehgewaltigen stellen. Das liegt sicher auch ein bisschen an bestimmten Schemata. Jetzt haben ja gerade einige Sender den Altersdurchschnitt ihrer Zuschauer nach oben korrigiert. Jetzt haben wir nicht mehr die Kernzielgruppe 49, sondern 59, einige sogar noch mehr. Und das ist - glaube ich - auch der richtige Weg. Es gibt nämlich sehr viele Menschen, die in diesem Alter sind und für die wird nichts angeboten. Das finde ich sehr schade und würde es begrüßen, wenn sich das mal ändern würde. Warum das so ist, wie es ist, sollte man die Verantwortlichen beim Fernsehen mal fragen.

Glaubst Du, dass Deutschland das einzige Land ist, das medial so mit der eigenen Kultur umgeht?
Das wird ja nicht generell so gemacht. Ich finde, dass es gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen so gemacht wird. Man hat ja gesehen, als das ZDF Jubiläum hatte, dass dort sehr viele alte Sendungen wiederholt wurden. Auch Musiksendungen und die kamen durchaus auch sehr gut an. Allerdings wurden die teilweise nur auf ZDF.neo ausgestrahlt und nicht auf dem Hauptsender. Das Bewusstsein ist schon da, es sind nur einige von den Entscheidern, die immer noch im Kopf haben, "möglichst jung, möglichst frisch und das Gestern interessiert uns nicht!" Aber das ist nicht die Mehrheit in Deutschland, sondern nur die, die es zu verantworten haben. Das wird sich hoffentlich demnächst mal ändern.

Abgesehen von einem Buch, das Du gerade schreibst: Was macht Peter Illmann heute?
Ich moderiere sehr viel für Firmen und Events, habe z. B. das Führungstreffen der Deutschen Bahn moderiert, also Sachen, die mit Musik gar nichts zu tun haben. Aber ich mache auch Moderationen für Shows, z. B. auf Messen. Das läuft alles nebenher. Ansonsten habe ich ein Fernseh-Konzept geschrieben, welches ich gerade mit einer Produktionsfirma ausarbeite. Aber auch das hat nichts mit Musik zu tun, sondern mit anderen Dingen. Ich habe nämlich in Berlin zwei Jahre lang einen Radiosender mitgestaltet, der heißt "HörbuchFM" und da geht es um Krimis, also Kriminalromane, Kriminalfilme und alles, was damit zu tun hat. Auf dieser Grundlage mache ich gerade ein Fernsehkonzept. Das ist in Arbeit. Dann das schon erwähnte Buch, das sehr viel Arbeit macht. Das habe ich erst in Auszügen geschrieben. Es geht da nicht nur um die 80er, sondern ein bisschen auch um mein Leben in den 80ern und vor allem auch darum, was aus den Idealen und Ideen der 80er geworden ist. Was ist heute noch da? Was ist übrig geblieben? Was ist völlig vergessen? Es geht um die Frage, wie wichtig die 80er eigentlich waren. Ich finde, man sollte sie nicht auf Leder-Krawatten und Modern Talking reduzieren, wie das ja mal gerne gemacht wird, denn da gab es auch einiges, was wichtig war. Und das möchte ich mit dem Buch auch mal zeigen.

Peter, ich danke Dir für das Interview und wünsche Dir für Deine Projekte alles Gute und viel Erfolg.
Ja, vielen Dank!


Interview: Christian Reder
Bearbeitung: mb, cr
Fotos: Peter Illmann privat, Pressematerial (u.a. Wuestenhagen/SONY, WDR, ZDF)






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erhältlich seit dem 22. Mai 2013, insgesamt 452 Minuten Spielzeit. Offizielle Videoclips und bei der Bavaria eigens erstellte Clips u.a. von Gazebo, Falco, Frankie Goes To Hollywood, Michael Jackson, Georg Kranz, Purple Schulz, Fritz Brause, Klaus Lage, Clowns & Helden, Rio Reiser, Camouflage, Roxette u.v.a. Alle Clips mit den originalen Moderationen von Peter Illmann, Ingolf Lück, Stefanie Tücking und Kai Böcking.



...außerdem erschienen:

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