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Kinder der 80er bekommen sofort ein Leuchten in den Augen, wenn der Bandname CAMOUFLAGE genannt wird. Ende der 80er räumte die Gruppe aus Bietigheim in Baden-Württemberg, bestehend aus Heiko Maile, Marcus Meyn und Oliver Kreyssig, mit Singles wie "The Great Commandment" und "Love Is A Shield" mächtig ab. Von heute auf morgen war die Band in aller Munde und mit ihrer Musik in allen damals bekannten Formaten zu hören und zu sehen. Speziell die beiden genannten Songs gehören heute zum Soundtrack eines Jahrzehnts, von dem die Musikfreunde und auch die Kritiker sagen, es sei das bunteste und musikalisch abwechslungsreichste Jahrzehnt überhaupt gewesen. Ihre Hits sind heute Evergreens und so zeitlos, dass die Radiostationen sie noch immer in ihren Programmen haben. CAMOUFLAGE haben gezeigt, dass elektronische Musik echte Kunst ist und dass man mit Synthesizern auch Musik machen kann, die Trends und Zeiten überleben.

003 20130607 1349568511Was in den 80ern gelang, funktionierte in den 90ern nicht mehr. Zuerst stieg Oliver Kreyssig 1990 aus der Band aus, dann gingen die Verkaufszahlen merklich zurück. Am Ende einer Reihe von Misserfolgen und daraus resultierender Müdigkeit machte die Band Mitte der 90er eine Pause. Vieles sah nach einem endgültigen Ende aus, doch es kam anders. Mit der Rückkehr von Oliver Kreyssig Ende der 90er und einer wahrlich ausgezeichneten neuen Platte ("Sensor") im Jahre 2003 kämpfte sich die Band wieder nach vorn. Der Erfolg kam zurück. Seitdem spielen die Jungs von CAMOUFLAGE wieder in der erfolgreichen Besetzung der End-Achtziger und geben für ihr Publikum auch wieder Konzerte.

In diesem Jahr feiert die Band das 30-jährige Jubiläum. Seit der Bandgründung im Jahre 1983 haben die drei Musiker eine ganze Menge erlebt. Das und die Tatsache, dass CAMOUFLAGE in voller Bandbesetzung in ein paar Tagen (15.06.) in der "Arche" zu Neuenhagen live zu erleben ist, haben wir zum Anlass genommen, mit Sänger Marcus Meyn über die aktuelle Situation von CAMOUFLAGE, die Geschichte der Band und die Zukunftspläne zu sprechen. Christian traf einen sympathischen Musiker, der auskunftsfreudig über seine Band erzählte und mit seiner erfrischenden Ehrlichkeit nicht nur über die Erfolge sprach, sondern auch ungeschminkt die Fehler der Vergangenheit beim Namen nannte...
 



Ihr seid im Mai in Südamerika unterwegs gewesen. Es gab Konzerte in Peru, Chile, Argentinien, Paraguay und Mexico. Wie kam es zu dieser Tour?
Wir haben das jetzt schon zum dritten Mal gemacht. Wir haben eine sehr große Fanbase in Südamerika und spielen da am Abend vor etwa 500 bis 3.500 Leuten. Das ist auch immer ein ganz besonderes Erlebnis. Die Leute sind da sehr enthusiastisch und ein Konzert dort ist was ganz anderes, als eins in Europa.

Welche Eindrücke nimmt man von dort mit? Das ist ja ein ganz anderer Kulturkreis und die Menschen dort leben auch ganz anders, als hier...
Natürlich ist das eine ganz andere Kultur, wobei das dort von Land zu Land wahnsinnig unterschiedlich ist. Peru und Chile sind da eher wie ein Entwicklungsland, wobei Peru da noch am krassesten ist. Argentinien ist dagegen eher europäisch. Das könnte auch Italien sein, man fühlt sich dort sehr wohl. In Paraguay waren wir übrigens die erste Pop-Band aus Deutschland, die dort aufgetreten ist. Vor uns war bisher nur Paul van Dyke als deutscher Vertreter dort.

Wenn Du sagst, Ihr seid schon drei Mal dort gewesen, dann wird das sicher nicht das letzte Mal gewesen sein, oder?
Das hoffe ich doch. Das letzte Mal waren wir im Jahre 2011 dort und wollten eigentlich schon letztes Jahr wieder hin. Das erste Mal waren wir im Jahre 2007 dort. Danach kam ja die große Weltwirtschaftskrise, da war es dann sehr schwierig, dort zu spielen. Es ist also immer abhängig vom Markt.

Drehen wir jetzt mal die Uhr weit zurück: In diesem Jahr jährt sich die Bandgründung von Camouflage zum 30. Mal. Damals noch unter dem Namen LICENCED TECHNOLOGY und mit Martin Kähling als vierten Musiker. Wie genau ist die Band damals entstanden?
Die Idee, eine eigene Band zu gründen, ist relativ spontan entstanden. Wir kannten uns vorher alle schon sehr lange. Vor allem den Martin, der ja schon sehr lange nicht mehr mit dabei ist, kenne ich schon seit dem Sandkasten. Wir haben zusammen in einem Haus gewohnt und unsere Eltern kennen sich schon ewig. Oliver und Heiko kannte ich über die Schule und über das CVJM-Ferienlager. Wir haben uns im Frühjahr '83 bei der Einweihung eines Einkaufszentrums mit begleitender Modenschau getroffen. Bei dieser Einweihung haben mir die drei anderen erzählt, dass sie vorhaben, eine Band zu gründen und dass sie dafür in den Sommerferien arbeiten wollen, um sich Instrumente zu kaufen. Da habe ich ganz spontan - ich weiß gar nicht, was mich damals geritten hat - gesagt, "Da mach ich mit. Ich such' mir auch einen Job und kauf mir dann auch ein Instrument!" So sind wir auf die Idee gekommen, die Band zu gründen und das haben wir nach den Sommerferien auch so gemacht. Im September '83 haben wir uns dann wieder getroffen und haben dann quasi das erste Mal zusammen Musik gemacht. Das war bei Martin Kähling zu Hause, wo wir unseren Übungsraum hatten.

Wenn Du sagst, Ihr habt Euch Instrumente gekauft und einfach losgelegt, klingt das alles so easy und locker, als sei es das Normalste auf der Welt. Hattet Ihr da schon Vorkenntnisse in Sachen Musik oder seid Ihr Autodidakten?
Martin hat vorher über sehr viele Jahre Klavier gelernt. Heiko hatte Gitarre und Olli Schlagzeug gelernt. Ich dagegen nur Blockflöte. Das war das einzige, was ich mal gelernt habe. Wir haben uns nach dem Sommer alle Synthesizer gekauft, von daher waren wir, was dieses Element betraf, alle Autodidakten. Damit hatte vorher keiner von uns zu tun und wir kannten es nur von den Platten, die wir gehört haben.

005 20130607 1327339991Wie weit war dann der Weg zwischen dem ersten Treffen im Proberaum im September '83 und dem ersten Auftritt der Band?
Das erste Konzert fand Ende Januar '84 zum 18. Geburtstag von Martin statt. Das fand in einem Segelfliegerheim statt und war sehr lustig.

Der Bandname LICENCED TECHNOLOGY ist ja sehr speziell. Das klingt so ein bisschen nach den britischen Bands, die zu der Zeit in Sachen Elektronik unterwegs waren. Was für eine Idee steckte dahinter?
Das ist mir irgendwie so eingefallen. Ich wollte was Technoides haben und dann kam mir irgendwann die Idee dazu. Der erste Song, den ich geschrieben habe, hieß "Modern Technology" und da kam das alles irgendwie zusammen. Es war aber so, dass gerade Heiko der Name überhaupt nicht gefallen hat und der kam dann irgendwann mit CAMOUFLAGE um die Ecke, was mir am Anfang nicht gefallen hat. Ich kann aber nicht mehr sagen, ob es wirklich der Name war, der mir nicht gefiel, oder die Tatsache, dass die Idee nicht vor mir kam. Wir haben uns jedenfalls dann dafür entschieden, die Band umzubenennen.

Ihr habt den Namen gewechselt, als Martin Kähling die Band verließ, oder? Ja, das hatte aber nichts mit seinem Ausstieg zu tun gehabt sondern eher damit, dass wir als Band wahnsinnig intensiv gearbeitet haben und Martin sich mehr mit Mädels beschäftigte. Damit haben wir ihn irgendwann konfrontiert und gesagt, dass wir gerne unseren Weg konzentriert weitergehen wollen und wir nicht das Gefühl haben, dass er daran teilhaben möchte. Wir sind dann quasi mit unserem Übungsraum zu Heiko gezogen und er hat eben die Band verlassen. Die Namensänderung ging damit einher, hatte aber nicht speziell was mit ihm zu tun.

Heiko hatte also die Idee mit dem Namen CAMOUFLAGE?
Ja, der ist auch gesichert. Das ist quasi sein Name. Ihm hat damals das Wort gefallen und das kannte er von einer seiner damaligen Lieblingsbands, nämlich YELLOW MAGIC ORCHESTRA. Auf deren Platte "BGM - Background Music" war ein Song drauf, der hieß "Camouflage". Ihm hat einfach das Wort und die vielschichtige Bedeutung gefallen. Deswegen hat er uns den Namen damals als neuen Bandnamen vorgeschlagen.

Du sagst, Martin hat die Band verlassen. Einvernehmlich oder gab's Zank?
Nein, es gab keinen Zank.

Habt Ihr noch Kontakt?
Ja, Martin ist heute mein Rechtsanwalt. Sein Vater leitet eine ziemlich große Kanzlei in Ludwigsburg bei Stuttgart und ist spezialisiert auf Verkehrsrecht. Dieses Fach hat Martin jetzt übernommen und hat damit auch ein sehr solventes Auskommen.

Du hast gerade erzählt, dass Ihr sehr intensiv an der Band und der Musik gearbeitet habt. Wie war damals das Innenleben der Band?
Ich glaube, es war so, dass ich damals jeden Tag Musik gemacht habe. Ich habe innerhalb kürzester Zeit 40 bis 60 Songs geschrieben. Die habe ich den anderen präsentiert, damit sie daran auch noch mitarbeiten konnten. So war am Anfang unsere Rollenverteilung, dass ich da wahnsinnig viel gemacht habe. Das hat sich im Laufe der Zeit dann relativ verschoben, als sich Heiko dann auch in die Pflicht genommen gefühlt hat, weil er sich auch mehr in die Band einbringen wollte. Er hat dann auch viel gearbeitet und wahnsinnig viel gemacht, so dass sich das zwischen ihm und mir sehr ausgeglichen hat. Olli hatte da schon immer so eine Art Sonderrolle. Er hat schon immer sehr wenig geschrieben und dann eher seine Ideen in unsere Songs mit eingebracht. Aber vom reinen Songwriting her war Olli nie der, der so wahnsinnig viel an eigenen Songs gebracht hat.

Wenn Du von "Song schreiben" redest, meinst Du dann Komposition plus Text?
Ja, aber das war damals zum Teil eher rudimentär. Du hast eine Melodie gehabt, hast darauf gesungen und fertig war der Song.

In Eurer Bandvita steht, dass Ihr im Jahre 1985 diverse Demos aufgenommen habt und mit einem Eurer Songs sogar einen Wettbewerb gewonnen habt. Kannst Du uns vielleicht kurz etwas über diese Phase der Bandgeschichte erzählen?
Wir haben immer sehr viele Lieder aufgenommen. Irgendwann haben wir uns dazu entschlossen, Kassetten mit unseren Songs zu machen. Die haben wir dann vervielfältigen lassen, um sie zu verkaufen. Mit der zweiten Kassette haben wir an einem Bandwettbewerb des Hessischen Rundfunks teilgenommen. Olli hat unsere Kassetten an Plattenfirmen und Radiostationen verschickt und zu dem Zeitpunkt, als unsere Kassette beim Hessischen Rundfunk ankam, gab's dort eine Sendung, die "Sounds Of The Synthesizer" hieß und die hatten damals einen Wettbewerb für Newcomer Bands laufen. Diesen Wettbewerb haben wir gewonnen. Der zweitplatzierte Act hat den Song natürlich auch gehört. Die hatten schon einen Plattenvertrag und der Kopf der Band, Markus Gabler hieß der, hat uns seiner Plattenfirma "Westside Records" vorgestellt. Die haben uns zu sich eingeladen und damit hatten wir quasi das erste Gespräch mit einer Plattenfirma.

Irgendwann entstand dann auch das Stück "The Great Commandment", oder?
"The Great Commandment" war auf der eben erwähnten zweiten Kassette auch drauf. Das hieß damals noch "Suddenly Went Away" und klang noch ein bisschen anders. Wir haben das dann extra für das Treffen mit Westside Records noch mal neu aufgenommen und denen auch immer vorgespielt, weil wir gedacht haben, dass das so eine richtig geile erste Single wäre. Das hat ja dann auch entsprechend gut funktioniert.

Allerdings nicht bei Westside, sondern bei der Plattenfirma Metronome, oder?
Ne, ne... das war schon bei Westside. Die haben uns unter Vertrag genommen, die erste Single produziert und auch das erste Album. Wir kamen nur deswegen zur Metronome, weil wir während der Studiosession eine Promoterin kennengelernt haben, die später auch unsere Managerin wurde. Diese Promoterin hat Westside angeraten, mit einem großen Vertrieb zusammen zu arbeiten, um das richtig zu pushen. Sie war der Meinung, dass es das auf jeden Fall wert wäre. Sie wurde von Westside beauftragt, Gespräche zu führen und kam dann irgendwann mit Metronome um die Ecke. Und so kam es, dass die Single und das Album im Vertrieb der Metronome erschienen. Da Westside aber die Philosophie vertrat, "Geld verdirbt den Charakter des Künstlers", haben die uns keine Tantiemen ausgeschüttet. Wir haben das am Anfang gar nicht gemerkt. Schändlicher Weise, weil durch das GEMA-Volumen auch noch andere Gelder geflossen sind, fiel das zuerst nicht auf. Wir hatten damals auch alle keine Ahnung davon. Irgendwann kam dann aber die Frage auf, "Wo ist eigentlich das Geld von der Plattenfirma?" Von denen kamen dann immer wieder Ausreden, von wegen "Es ist auf dem Weg" und was weiß ich noch alles und irgendwann kam eine handschriftliche Abrechnung. Das haben wir dann unserem Rechtsanwalt übergeben. Die Lösung dieses Problems sah dann so aus, dass Metronome gesagt hat, "Passt auf, Westside: Wir zahlen dem Künstler noch mal das, was wir Euch gezahlt haben, dafür kriegen wir aber die Rechte an CAMOUFLAGE!" So sind wir dann dankenswerter Weise von Westside weggekommen und zu einer richtigen Plattenfirma gewechselt.

Als ich mich für dieses Interview vorbereitet habe, war ich überrascht, dass die Single damals "nur" auf Platz 14 der Single-Charts gelandet ist. Ich dachte eigentlich, sie hätte sich höher platziert. Erinnerst Du Dich noch daran, wie die Single erschien und was Ihr dabei gefühlt habt, als sie so weit nach vorn in die Charts aufstieg?
Wir waren zu dem Zeitpunkt, als es in die Charts gegangen ist, beim Sender und hatten ein Radiointerview. Das war total verrückt. Als die uns beim Radio gesagt haben, "Ihr seid von 0 auf 14 in die Charts gestiegen", war das für uns unfassbar. Das kann man gar nicht beschreiben. Auch der ganze Bohei, der damals geherrscht hat, dazu die ganzen Interviews... Ich ging zu dem Zeitpunkt ja noch zur Schule, ich war Abiturient. Unter der Woche war ich in der Schule und am Wochenende immer unterwegs. Das häufte sich dann so dermaßen, dass ich eine Sondergenehmigung vom Kultusministerium gebraucht habe, dass ich eben während dieser Zeit so viel fehlen durfte. Das war alles schon sehr seltsam, wenn Du unter der Woche einer von 2.500 Schülern bist und dann am Wochenende wird Dir der Hintern gepudert. Das war für mich eine sehr seltsame Zeit...

Ich stelle mir das sehr schwer vor, sich unter der Woche auf ein Abitur vorzubereiten und am Wochenende das Leben eines Profimusikers zu leben. Hast Du am Ende denn Dein Abi geschafft?
Ja, aber nur mit 3,4 (lacht). Aber meine Mutter war da auch sehr hinterher, dass ich das schaffe.

Kurz darauf - genauer im Jahre 1988 - erschien mit "Voices and Images" Euer erstes Studioalbum. Wurde das durch den Erfolg der Single "The Great Commandment" erst möglich, oder war die Scheibe schon vorher geplant und vielleicht sogar schon im Kasten?
Also aufgenommen wurde das Album erst nach der Single-Veröffentlichung, also Ende '87 / Anfang '88. Natürlich wurde das auch vom Erfolg der Single beeinflusst. Was dann die zweite Single wurde usw., das hing damals alles zusammen.

Auf dem Album befindet sich auch das Stück "That Smiling Face", für meinen Geschmack eins der besten Lieder auf der Platte. Dieses Stück wurde nur in den USA als Single veröffentlicht. Warum nicht hier in Deutschland?
Das kann nur die Metronome beantworten. In den USA war klar, dass das eine Single wird. Der Song war nämlich mit der Auslöser dafür, dass wir in den USA den Deal bekommen haben. Verantwortlich dafür war in den USA der AR-Mann Peter Köppke. Der kam aus Hamburg von der WEA / Warner Music. Warner Music hat das Label Atlantic Records gekauft, Peter Köppke in die USA geschickt und ihn dann dort zum AR und Geschäftsführer für den Alternative-Bereich gemacht. Und unsere Platten erschienen dann ja in den USA bei Atlantic Records. Natürlich kam die Plattenfirma damals über die Single "The Great Commandment" auf uns, aber als sie das Album und den Song "That Smiling Face" gehört haben, war für sie klar, dass sie den Deal mit uns machen wollen. Das hat die so dermaßen gekickt, dass sie auf jeden Fall einen Plattenvertrag mit uns machen wollten. Und als der Vertrag unterschrieben war, war für die ebenfalls klar, dass "That Smiling Face" als Single veröffentlicht wird. Die sind voll auf die Nummer abgefahren.

Das ist ja auch ein geiles Stück...
Ja, und ich spiele das auch heute noch sehr gerne. Es gibt auch wirklich heute noch Momente, in denen mich das Lied emotional total berührt, wenn wir es spielen und es fast schon auf die Tränendrüse drückt. Ich weiß auch noch, wie das Lied entstanden ist. Als ich es geschrieben habe, hatte ich alle Instrumente der Band bei mir zu Hause. Die anderen Bandkollegen waren in England bei einem Städte-Austausch. Darum hatte ich alle Instrumente bei mir zu Hause. Ich habe dann diese Synthesizer-Melodie programmiert und sie stundenlang laufen lassen. Vorher hatte ich die Jalousien in meinem Zimmer runtergelassen, es war dunkel und dazu dann diese blinkenden Lichter von den Synthesizern und diese Melodie. Ich habe dann einfach angefangen, zu singen und fertig war's. Das war Wahnsinn und so emotional... das erwischt mich heute noch. Es ist auch eins meiner Lieblingslieder.

"The Great Commandment" war auch in den USA sehr erfolgreich. Platz 1 der US-Billboard-Dance-Charts. Welchen Einfluss hatte das auf Eure weitere Arbeit? Wurde ab diesem Zeitpunkt der US-Markt mit in Eure Planungen einbezogen?
Natürlich, wir hatten einen eigenen Vertrag dort. Der war ungefähr dreimal dicker, als unser deutscher Plattenvertrag. Darum waren die USA fest in den Überlegungen mit drin. Uns war klar: Was wir auch machen, es geht auch in die USA, wird dort bewertet und natürlich auch veröffentlicht. Das war auch für unsere deutsche Plattenfirma extrem wichtig, denn wir waren der erste Act, den sie direkt in die USA verdealt hatte. Damit konnten die auch gar nicht richtig umgehen. Unser Rechtsanwalt musste mit der US-Firma den Deal machen, weil die heillos überfordert waren.

Insgesamt gesehen, war "Voices and Images" mit seinen Single Auskopplungen ein beachtlicher Erfolg für Euch. Über die Verkaufszahlen wären heute selbst die Top-Acts froh. Wie haben diese zwei Jahre mit der ersten Single, dem Album und der Tour Euer Leben verändert?
Sowas ist natürlich prägend. Ich kann das wirklich nicht beschreiben, was da damals mit uns passiert ist. Das ist total verrückt, dass Du plötzlich in Amerika unterwegs bist und dorthin Promo-Reisen machst. Es gab damals in der ARD eine VIP-Sendung, die hieß "Bitte umblättern". Darin wurde auch über uns berichtet. Ab diesem Zeitpunkt war es dann auch wirklich so, dass - wenn wir wieder in Deutschland waren - uns gesagt wurde, "Ah, Ihr seid mal wieder da!" (lacht). Die Leute haben gedacht, wir wären nur noch in den USA. Wir waren aber bis heute noch nicht in den USA auf Tour...

Ach, auch keine Promo-Gigs?
Nein, nicht einmal Promo-Gigs. Wir haben dort nur Promotion in Form von Autogrammstunden mit tausenden von Leuten und anderen Aktionen gemacht, aber keine Konzerte gespielt. Aber so wie es aussieht - ich klopfe mal auf Holz - werden wir es im nächsten Jahr das erste Mal schaffen, in den USA auf Tour zu gehen. Das ist auch so ein Traum... Das hat sich damals einfach nicht ergeben. Es war eine andere Zeit und wir waren auch anders drauf. Das hing natürlich auch mit unserem Umfeld zusammen. Alles musste immer perfekt sein. Wir hatten in Deutschland quasi die größten Booking-Agenturen, die es gab - Marcel Avram, Fritz Rau usw. Da ging es eben nur über Superlative. Mit dieser Erwartungshaltung wurden auch Konzerte im Ausland angegangen und das war natürlich nicht möglich. Und so haben wir viele Dinge nicht gemacht, über die wir uns heute sehr stark ärgern. Heute wissen wir, wie einfach es gewesen wäre, es zu machen. Das sind halt Erfahrungen, die man machen muss.

Ihr wart damals aber auch noch sehr jung...
Ja, und wurden auch nicht immer optimal beraten, und haben uns auch nicht immer perfekt beraten lassen. Wir waren da teilweise auch beratungsresistent.

Glücklicherweise, und wenn man die Songs hört auch kein Wunder, wurde aus Camouflage kein "One Hit Wonder". Im Gegenteil, mit der ersten Single aus dem zweiten Album, "Love is a Shield", seid Ihr erstmals mit einer Single in die deutschen Top 10 der Single-Charts gelandet. Auch das dazugehörige Album "Methods of Silence" landete zwei Plätze höher, als das Debüt-Album. Lässt sich sowas planen?
Nein, natürlich nicht. Das Lied "Love Is A Shield" sollte ursprünglich auch eine andere Band spielen. Heiko hat die Musik geschrieben und diese dann einer anderen Band angeboten, die auch bei Westside unter Vertrag war. Die wollten die Nummer aber nicht. Irgendwann waren wir auf einer dieser Promo-Reisen in den USA und ich habe einen Film mit Ernest Borgnine gesehen, in dem er den Satz prägt, "But you know, love is a shield!" Das habe ich mir dann gleich aufgeschrieben und das war denn quasi der Text und der Gesang für dieses Demo. Wir haben das dann fertig aufgenommen und es ging durch die Decke. Das war schon verrückt. Die Amis haben damals überhaupt nicht an die Nummer geglaubt. Die waren der Meinung, dass man eine Komposition nicht so machen kann, wie wir es gemacht haben. Man könne keinen Mittelteil nach dem ersten Chorus machen. Das geht nicht. Der Mittelteil darf eigentlich erst nach dem zweiten Chorus kommen. Das war schon eine lustige Zeit damals.

Und wie lief die Single in den USA?
Sie lief nicht so erfolgreich, wie "The Great Commandment", von daher hatten die Leute bei der Plattenfirma vielleicht sogar recht. Aber dafür lief sie in Europa super.

Anders, als beim ersten Album, wurden aus dem zweiten Album nur zwei Singles ausgekoppelt. Die zweite war "One Fine Day". Mir liegen über diese Single keine näheren Daten vor. Lief die nicht, wie gewünscht?
Nein, die Plattenfirma hatte sich damit nicht so weit aus dem Fenster gelehnt. Es gab damals zwei Probleme: Es gab zum einen wirklich keine gute zweite Single, da hätte man vielleicht noch mal ein bisschen investieren und schreiben müssen, das sag' ich heute auch als Mitarbeiter einer Plattenfirma und zum anderen waren wir damals sehr erfolgreich auf einer ausverkauften Deutschland-Tournee und die Plattenfirma war der Meinung, die Tour promoted die Single. Die Single ist auch zur Tour erschienen, war dann aber nur zwei oder drei Wochen in den Charts. Die Plattenfirma hat auch nicht wirklich viel dafür gemacht. Es war von denen eher so hingerotzt. Das war eigentlich sehr traurig.

Ihr habt zwischen 1987 und 1990 zwei sehr intensive Jahre gehabt...
Ja...

... und 1990, also praktisch auf dem Höhepunkt, war Camouflage plötzlich nur noch ein Duo, denn Oliver Kreyssig stieg aus. Warum?
Das hatte persönliche Gründe. Das war eine Auseinandersetzung innerhalb der Band, die nicht gekittet werden konnte. Es gab nur die Möglichkeiten, dass man die Band komplett auflöst oder dass dieser Weg gegangen wird. Olli ist dann eben diesen Weg gegangen. Das war damals sehr schade.

Ihr habt dann mit "Meanwhile" (1991), "Bodega Bohemia" (1993) und "Spice Crackers" (1995) drei Alben veröffentlicht, die alle nicht mehr an die Erfolge der beiden ersten Platten anschließen konnten. Woran glaubst Du, hat das gelegen?
Also es hat mit Sicherheit auch an der Beratungsresistenz unsererseits gelegen, weil wir natürlich auch sehr erfolgsverwöhnt waren. Wir haben gedacht, dass wenn man zwei so unterschiedliche Alben wie "Voices and Images" und "Methods Of Silence" veröffentlichen kann, es auch möglich sein müsste, dass man wieder in eine andere Richtung geht, nämlich in so eine Live-Band-Ecke. Diese Idee war geprägt durch unsere erste Tournee, die mit Live-Band gespielt wurde. Und wir dachten, dass sowas doch auch auf Platte erfolgreich sein müsste. Unsere damalige Managerin hat das ganz kritisch gesehen und gesagt, "Ne, Du singst da so verkrampft. Das gefällt mir nicht und ich glaube auch nicht, dass das gut ist, was Ihr da macht!" Die Amis haben das dann genauso gesehen, die waren damit auch nicht zufrieden. Und wir sind dann einfach mit dem Kopf durch die Wand. Wir haben gesagt, "Wir wollen das so, wir glauben an die Nummern", haben das Album dann so aufgenommen, aber im Studio schon propagiert, dass wir als nächstes Album wieder ein richtiges Synthie-Album machen wollten. Das war dann 1993 "Bodega Bohemia". Aber da waren die Fans schon weg... Da hatten wir selber Schuld.

Macht man sich in einer solchen Situation besonders Gedanken? Irgendwo müssen die Plattenkäufer von früher ja geblieben sein und nur mit einem schlechten Album kann man die Fans ja nicht so vergraulen...
Naja, Du darfst nicht vergessen, dass bei uns immer viel Zeit zwischen den Alben lag. Es lagen fast drei Jahre zwischen "Meanwhile" und "Bodega Bohemia". Das ist eine verdammt lange Zeit. In dieser Zeit ziehen die Leute einfach weiter. Wenn Du in dieser Zeit auch nicht live spielst oder irgendwas anderes machst, ist das einfach schwierig. Wir haben zehn Jahre lang nicht live gespielt und dadurch einfach auch den Anschluss verloren. Das ist aus heutiger Sicht so dermaßen bescheuert, denn es wäre so einfach gewesen, die Leute bei der Stange zu halten, wenn man einfach von sich mehr nach außen getragen hätte. Einfach Konzerte, Festivals und was auch immer spielen... Das haben wir aber nicht gemacht. Dann war irgendwann der Punkt erreicht, nämlich 1995 nach dem Album "Spice Crackers", dass wir zwischenmenschlich total ausgebrannt waren, so dass wir gesagt haben, "Wir brauchen jetzt echt mal einen Cut". Heiko und ich haben damals in Hamburg gelebt - Olli lustiger Weise auch - und wir haben dann einfach den Stecker gezogen. Ok, Splitt - erst mal Pause. Ich bin dann zurück nach Stuttgart gezogen, habe damals geheiratet und bin Vater geworden. Außerdem habe ich bei der Gründung einer Plattenfirma mitgearbeitet. Ich habe damit quasi die Seiten gewechselt.

In dieser Phase habt Ihr unter dem Namen Areu Areu das gleichnamige Album produziert. Es enthielt Coverversionen und frühe Stücke von Camouflage. War das Album ein Testballon, um zu sehen, ob man unter einem anderen Namen wieder mehr Glück und Erfolg hat?
Nein, gar nicht. Das war eigentlich eine Sache, die wir nur produziert haben, weil wir einen Auftritt bei einem sehr guten Freund von uns, einem Fotografen, hatten. Dafür haben wir extra dieses Projekt aus der Taufe gehoben. Wir sind dort unter diesem Namen aufgetreten und das hat unsere Plattenfirma gehört und gesagt, "Kommt, da machen wir was draus." Die haben uns dann ins Studio geschickt, wo wir die Sachen, die wir eigentlich nur für einen Live-Auftritt gemacht hatten, studiomäßig aufgenommen haben. So ist dieses Seiten-Projekt entstanden. Es war auch nie geplant, es weiter auszubauen oder sowas.

Im Jahre 1999 kam es zur Wiedervereinigung von Camouflage, denn Oliver Kreyssig kam zurück. Habt Ihr ihn überredet?
Es kam irgendwann der Punkt, an dem wir wieder zusammengefunden haben. Also auch Heiko und ich. Das war ja auch ein Wiederzusammenfinden. Im Zuge dessen haben wir auch darüber gesprochen, wie die Zukunft der Band aussehen soll. Dabei kam die Idee auf, dass wir das wieder in dem Maße aufleben lassen, wie es eigentlich ursprünglich mal gestartet ist, nämlich als drei Freunde. Wir haben dann Olli angesprochen, ob er Lust habe, dass man sich mal trifft. Wir haben uns dann auch getroffen und über mehrere Tage nur geredet, Musik gehört und uns dafür entschieden, wieder zu dritt weiterzumachen. Seitdem arbeiten wir wieder zusammen.

Es dauerte aber noch vier Jahre, bis in der alten Besetzung ein neues Album veröffentlicht wurde. Was war der Grund für die lange Zeit und wie lange habt Ihr an dem Album gearbeitet?
Der Grund waren nicht wir. An uns hat das nicht gelegen. Wir hatten damals einen Platten-Deal mit der Virgin und haben dort eine Single rausgebracht, die hieß "Thief". Die Virgin hatte aber meines Erachtens nach den falschen Ansatz. Die wollten, dass das alles sehr 80er-mäßig klingt. Das wollte ich nicht - überhaupt nicht! Wir haben uns dann aber trotzdem gebeugt und es so gemacht. Die Single war aber kein besonders großer Erfolg und deshalb hat die Virgin auch die Option auf ein Album nicht gezogen. Sowas dauert dann immer ewig, bis die sich alle auskäsen, ob sie jetzt wollen oder nicht wollen. Dadurch verging schon mal viel Zeit. Dann war es so, dass wir mitbekommen haben, dass die Polydor eine "Best Of" von uns rausbringen wollte, allerdings ohne mit uns vorher darüber zu sprechen. Daraufhin haben wir den dortigen AR kontaktiert und ihm gesagt, dass wir das Scheiße finden, wenn er das so macht. Er meinte dann, dass wir das ja auch zusammen machen könnten und wir haben ihn dann unterstützt. So kam dann auch der Kontakt zu unserer alten Plattenfirma zustande. So kam man sich wieder nahe und nachdem wir denen unsere Demos vorgespielt haben, hat man einen Album-Deal unterschrieben. Weil denen unsere Demos gefielen, haben wir so das Album "Sensor" veröffentlichen können.

Du sagst, Ihr seid zu Eurer alten Plattenfirma zurückgekehrt... Hatte die Polydor die Metronome geschluckt?
Die Metronome wurde Ende der 90er aufgelöst. Das Label besteht nicht mehr. Die Musikrechte der Metronome wurde in die verschiedenen Bereiche aufgeteilt und die Rechte an Camouflage kamen zur Polydor.

Ich kann mir vorstellen, dass zu diesem Zeitpunkt eine Menge Druck auf Euch lastete. Die letzten Alben liefen nicht und dann soll man im Studio unbelastet arbeiten? Das stelle ich mir nicht einfach vor...
Ich habe da eigentlich keinen Druck empfunden. Mir ist es noch nie - auch seitdem nicht - so einfach gefallen, ein Album zu schreiben, wie bei "Sensor". Da waren so viele Emotionen in mir, dass es mir sehr leicht fiel, die Texte zu schreiben. Ich bin auch zehn Jahre danach immer noch sehr glücklich mit dem Album.

"Sensor" ist im Jahre 2003 auf den Markt gekommen und landete prompt auf Platz 26 der Album-Charts. Wie fühlt man sich dann, wenn nach so einer Durststecke plötzlich sowas passiert?
Super natürlich! Das war echt Wahnsinn. Das war der höchste Chart-Einstieg mit einem Album, den wir je hatten. Dazu kam, dass die Single "Me & You" sehr gut im Radio lief... Für uns war es ein Sieg auf ganzer Linie. Das war wirklich wahnsinnig befriedigend. Auch unser Booker, den wir Ende der 90er kennengelernt hatten, konnte uns entsprechend gut verkaufen, so dass wir wieder angefangen haben, sehr viel live zu spielen. Die Tour lief 2003 auch sehr gut und insgesamt lief es damals perfekt. Das war für uns ein Super-Jahr.

Trotz dieses Erfolgs habt Ihr die Plattenfirma gewechselt. Von der Polydor ging's zu SPV. War das Euer Wunsch oder hat die Polydor damals nicht mehr mit Euch verlängern wollen?
Nein, das war nicht unser Wunsch. Das war wieder mal eine Verkettung von vielen unglücklichen Dingen. Unser damaliger AR hatte sich innerhalb der Firma sehr negativ verhalten und ist daraufhin entlassen worden. Sämtliche Absprachen, die er getroffen hatte, wurden von Seiten der Plattenfirma zurück genommen. Das betraf uns auch, denn es wurde schon die zweite Option zu einem weiteren Album gezogen. Daraufhin haben wir direkt mit der Geschäftsleitung der Polydor verhandelt und dann begann ein unsägliches Katz- und Maus-Spiel. Man hat sich getroffen, man hat sich super verstanden, hat einen ganz tollen Plan entwickelt, hat Absprachen getroffen und dann kam der Vertragsentwurf, der völlig konträr zu dem war, was man abgemacht hatte. So ging das wirklich drei Mal hin und her und dann haben wir gesagt, "Wisst Ihr was? Leckt uns am Arsch! Das ist einfach nur lächerlich!" Wir haben echt den Stecker gezogen. Das war traurig.

SPV ist nun kein Label, das für große Werbeaktionen bekannt ist. Und so war es dann ja auch bei der Albumveröffentlichung von "Relocated". Die Platte wurde nicht großartig beworben und landete trotzdem auf Platz 57. Wie habt Ihr das damals erlebt?
Wir haben uns natürlich mehr davon versprochen, auch weil die Aussagen von SPV andere waren. Wie empfindet man sowas? Man hat große Erwartungen und ist dann hinterher ein bisschen enttäuscht. Wir waren glücklich, dass wir das Album machen konnten und sind auch glücklich, wie das Album geworden ist. Wir haben das dann einfach irgendwann akzeptiert. Wir merken ja auch, wenn wir live spielen, dass die Sachen gut beim Publikum ankommen und dass den Leuten die Sachen gut gefallen. Das ist für uns eigentlich mit die Hauptsache. Heute verkaufen doch sowieso nur noch die wenigsten Bands Platten und CDs. Das ist nun mal leider so. Es gibt noch ein paar Bands, die noch richtig viele Platten verkaufen. Gestern habe ich z. B. gesehen, dass das neue Depeche Mode-Album schon Platinstatus erreicht hat. Die spielen an einem Abend vor 40.000 Leuten. Das ist natürlich eine ganz andere Liga. Aber die meisten Bands in dem Bereich, in dem wir uns befinden, verkaufen alle nicht mehr so viele Platten. Dann geht man eben auf Tour und macht damit sein Geld.

"Relocated" war auch Euer letztes Studioalbum. Die Veröffentlichung ist nun sieben Jahre her. Liegt es an dem, was Du gerade geschildert hast, nämlich dem Plattenverkauf, dass Ihr bis heute kein neues Album mehr gemacht habt. Traut Ihr Euch nicht?
Nein, daran liegt es nicht. Wir haben sehr viele neue Sachen, denn wir haben wahnsinnig viel geschrieben, aber es ist für uns einfach immer ein bisschen schwierig, das umzusetzen. Daran hapert es eigentlich momentan. Zum einen an der Zeit, weil wir alle inzwischen beruflich auch noch anders eingebunden sind. CAMOUFLAGE ist nicht mehr unser Hauptfokus. Leider, aber es ist halt so... Zum anderen ist es eine Geschmackssache. Wenn Dinge nicht so gefallen, dass wir alle drei sagen, "Hurra, das ist es", dann wird's halt nicht gemacht. Das verzögert bei uns wahnsinnig viel und deswegen sind wir auch noch nicht fertig mit einer neuen Platte.

Frage ich mal anders: Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass es überhaupt noch mal ein neues Album von CAMOUFLAGE geben wird?
Im Moment ist es so, dass wir für kommenden Februar eine Veranstaltung planen. Wir werden da eine Feier zum 30-jährigen Bandjubiläum machen. Dafür planen wir dann auch, etwas Spezielles zu haben. In welcher Form das sein wird, wissen wir selbst noch nicht. Das kommt darauf an, was wir bis dahin auf die Reihe bekommen.

Du sprichst das Jubiläums-Konzert an. Nun liegt es ja eigentlich nahe, das Jubiläumskonzert dort stattfinden zu lassen, wo man her kommt, nämlich in Bietigheim in Baden-Württemberg. Ihr aber habt für den 8. Februar zur Jubiläums-Mugge nach Dresden geladen. Warum gerade dorthin?
Wir haben die Planung dieses Konzerts, also wo das stattfindet, ein bisschen auch unserem Booker überlassen. Dresden ist für uns auch ein besonderer Ort. Ich will jetzt nicht sagen, "Dresden ist eine Bank", aber es ist schon so, dass wir im Osten Deutschlands sehr viele Fans haben und mit Dresden eigentlich immer ausverkaufte Konzerte verbinden. Da hat in Verbindung mit der Örtlichkeit alles zusammen gepasst, so dass wir gesagt haben, "Ok, wir machen das dort!" Außerdem ist es auch für uns als Band einfacher, weil die meisten von uns hier in Berlin leben. Aber Du hast natürlich recht, Bietigheim wäre naheliegend gewesen. Aber ich weiß nicht, ob es möglich wäre, sowas in Bietigheim zu stemmen und die Halle dort auch wirklich voll zu bekommen. Das kann ich wirklich nicht beantworten.

Das habe ich jetzt schon oft gehört, dass es schwer ist, im Südwesten Deutschlands Publikum zu ziehen. Sind die Leute in Baden Württemberg keine Konzertgänger?
Nein, wir werden auch in diesem Jahr noch zwei Mal in Stuttgart spielen, aber die Leute sind da musikalisch einfach anders drauf. Im Osten Deutschlands sind die Leute dagegen mehr an Musik interessiert, die in die Richtung geht, wie wir sie machen, als in Westdeutschland. Keine Ahnung, woran das liegt. Rühmliche Ausnahme sind auch hier wieder Depeche Mode, aber die Band ist inzwischen schon sowas wie ein Selbstgänger.

Dieses Phänomen beobachten übrigens auch andere Bands, damit seid Ihr nicht allein...
Ne, das weiß ich. Klar! Wir tauschen uns ja auch untereinander aus, wenn wir andere Bands treffen. Wir sind ja auch mit vielen befreundet.

Wenn Ihr jetzt schon angekündigt habt, dass das Jubiläumskonzert im Februar des nächsten Jahres stattfinden wird, dann habt Ihr doch sicher auch schon konkrete Pläne, was Ihr da machen wollt, oder?
Nein, haben wir tatsächlich noch nicht. Wir haben Ende Juni als Deadline ausgemacht. Bis dahin soll sich jeder von uns überlegen, was man machen könnte. Wir wissen schon grob was passieren soll, z. B. welche Gäste, aber wer jetzt angesprochen wird und was wir letztendlich dort präsentieren wollen, das ist noch gar nicht raus. Aber bis dahin ist ja auch noch Zeit. Wir haben in Sachen Plattenfirma schon Partner angesprochen, mit denen wir unsere Vorstellungen umsetzen könnten. Aber was das eigentliche Event angeht, da ist die Planung noch nicht sehr weit fortgeschritten.

Werdet Ihr auch Martin Kähling einladen?
Mit Sicherheit, klar! Ich hoffe auch, dass er kommt. Als wir 2003 in Stuttgart gespielt haben, war er beim Song "The Great Commandment" sogar mit auf der Bühne. Das war sehr lustig.

027 20130607 2033643733Eins der eher seltenen Camouflage-Konzerte kann man jetzt im Juni in der Arche Neuenhagen erleben. Was wird der Konzertbesucher bei diesem Auftritt von Euch erleben? Wie sieht Euer Programm aus?
Wir haben ein sehr großes Repertoire und damit auch wahnsinnig viele Möglichkeiten, ein Programm zu gestalten. Es wird ein Programm sein, bestehend aus Klassikern, von jedem Album etwas, Raritäten plus zwei oder drei neue Sachen. Das wird umgesetzt mit einer fünfköpfigen Live-Band, die absolut Vollgas gibt.

Wer gehört zur Band dazu?
An der Gitarre spielt Volker Hinkel von FOOLS GARDEN. Er ist schon seit 2003 ein Wegbegleiter von uns. Am Schlagzeug ist Jochen Schmalbach. Der hatte im letzten Jahr sein 10-jähriges Bandjubiläum bei uns. Seit über zehn Jahren spielt er schon bei uns Schlagzeug. Da ist eine Chemie zwischen uns, die ist einfach super. Das ist live wirklich ein Erlebnis.

Auf Eurer Website ist eine Neuaufnahme von "The Great Commandment" zu hören. Ihr habt sie mit Orchester aufgenommen. Ist dieses Crossover möglicherweise ein Vorbote auf ein neues Programm?
Es ist so, dass Heiko in Verbindung mit seiner Filmmusik sehr oft mit diesem Orchester zusammenarbeitet. Die haben ihn angesprochen und gesagt, "Pass auf, als tollem Auftraggeber bieten wir Dir die Chance, dass Du uns eine Komposition einreichst, die wir für Dich kostenlos aufnehmen." Daraufhin haben wir uns besprochen, was wir da machen und Heiko hat aus ganz vielen unserer Stücke das umsetzen lassen, also Orchesterarrangements schreiben lassen. Das haben die dann aufgenommen und das, was bei uns auf der Homepage steht, ist das Ergebnis. Wir haben mit dem Orchester auch in der Vergangenheit schon gearbeitet, z. B. bei den Aufnahmen zu "Relocated". Da gibt's ein paar Aufnahmen, die die gemacht haben, auch vom Chor her.

Sowas kommt live sicher auch gut. Eure Musik bietet sich für sowas ja praktisch auch an...
Ja, stimmt. Aber das ist auch ein Kostenfaktor, der nicht ganz unerheblich ist. Ganz zu schweigen vom logistischen Aufwand. Aber wer weiß... Die Planung ist noch nicht abgeschlossen.

Du hast es gerade schon erwähnt: Ihr habt alle inzwischen auch ein zweites Standbein. Was macht Ihr abseits von CAMOUFLAGE beruflich?
Olli ist ausgebildeter Grafiker. Ihn haben wir 1992 oder 1993 bei unserer damaligen Plattenfirma als Grafiker unterbringen können. Die haben damals jemanden gesucht und wir haben ihn vorgeschlagen. Am Ende haben sie ihn auch genommen und inzwischen leitet er seit Ende letzten Jahres diese Abteilung. Er ist dadurch natürlich auch entsprechend eingebunden. Heiko lebt inzwischen von der Werbe- und Filmmusik. Er hat gerade die Arbeit am Stuttgarter "Tatort", der im Herbst gesendet wird, abgeschlossen. Er macht auch Musik zu Kinofilmen. Ich arbeite bei einem kleinen Berliner Label als Label-Manager.

Über welches Label sprechen wir hier?
MoKoh Music heißen die. (Bei diesem Label sind u. a. auch Sonny Thets Sohn Anthony Thet und Joachim Deutschland unter Vertrag, Anm. d. Red.)

Damit sind wir auch schon am Ende des Interviews. Möchtest Du an dieser Stelle noch ein paar Worte an unsere Leser loswerden?
Ich möchte alle zu unserem Konzert in Neuenhagen einladen. Ich hoffe doch sehr, dass dann auch schöneres Wetter sein wird und wir wirklich mit viel Energie und Enthusiasmus einen tollen Abend zusammen haben werden. Wir freuen uns schon wahnsinnig darauf.


Interview: Christian Reder
Bearbeitung: mb, cr
Fotos: Pressematerial Camouflage