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Eric Fish (Subway To Sally)

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f01 20130107 1979822381Auch wenn das letzte Studioalbum von Subway To Sally aus dem Jahre 2009 stammt, war die Band in der Zwischenzeit nicht untätig. Ihr Frontmann Eric Fish schon gar nicht, denn mit ERIC FISH & FRIENDS hat er neben Subway To Sally schließlich noch ein eigenes Band-Projekt, mit dem er erfolgreich durch die Lande zieht und sowohl 2009 als auch 2010 je ein Album (Studio + Live) veröffentlicht hat. Dazu haben der blonde Frontmann und seine Musiker-Kollegen von Subway To Sally viele Live-Konzerte gespielt, passend dazu mit "Nackt II" auch ein Live-Album veröffentlicht und scheinbar so ganz nebenbei mal eben ein neues Album produziert, das jetzt in den Startlöchern steht (VÖ 23.09.). Das alles ist genug Material innerhalb von nur 24 Monaten, mit dem eigentlich mehrere Bands oder Solisten über Jahre auskommen würden. Seit über 20 Jahren ist Eric Fish nun mit Subway To Sally aktiv. In dieser Zeit hat Fish eine stetige Weiterentwicklung seiner Band erlebt und selbst mit vorangetrieben. Die Gruppe hat sich immer wieder verändert (mehr musikalisch als personell) und sich dabei peu a peu eine treue, beachtliche und immer noch wachsende Fangemeinde erspielt. Wer das Geheimnis dieses Erfolges ergründen möchte, sollte das nicht nur anhand ihres Outputs festmachen, sondern muss sich die Band auch mal live anschauen und sich einlassen auf die Einladung in die musikalische Welt von Subway To Sally. Aufmerksames Hören der Songtexte natürlich vorausgesetzt. Eine Formel für ihren Erfolg gibt es nicht. Es ist auch nicht alles mit Zufall zu erklären, schon gar nicht die Verkaufszahlen ihrer Platten und Zuschauerzahlen ihrer Konzerte. Wieviel Arbeit steckt denn nun in der neuen Silberscheibe "Schwarz in schwarz"? Was steckt denn überhaupt in dem neuen Album? Was hat sich in den letzten zwei Jahren seit ihrem letzten Besuch bei uns getan? Sänger Eric Fish hat uns die Antworten auf diese, aber auch auf viele andere Fragen in einem Gespräch mit Christian gegeben. Dabei war der Künstler erfrischend offen und ehrlich und ließ tiefe Einblicke zu...
 

 
 
cd 20130107 1330183892Ihr habt Euer neues Studio-Album fertig. Es heißt "Schwarz in Schwarz" und kommt am 23.9. in die Läden. Bitte erzähl den Lesern etwas über das Album. Was erwartet den interessierten Musikfreund, wenn er sich Euer Album kauft?
Ich würde hierbei schon das Wort Überraschung verwenden. Meiner Meinung nach hatten die letzten beiden Alben "Kreuzfeuer" und "Bastard" eine gewisse Tendenz. Sie kamen vielleicht nicht so locker, leicht und geschlossen daher, wie man es bis dahin eigentlich von uns gewohnt war. Ich will die Alben damit nicht in ein schlechtes Licht rücken, ich mag sie sogar mehr als manches andere, sie waren aber doch eher ein Nummernprogramm. Das kam ganz einfach durch die Konstellation, in der sie entstanden sind. Zum einen durch den Ausfall von Ingo beim Album "Bastard". Das war sehr schwer zu verkraften. Ingo hatte die "Nord Nord Ost" fast im Alleingang gestemmt. Er hat in diese Platte soviel von sich selbst reingefeuert, dass der Ofen danach schlicht aus war. Es war eine sehr ungewöhnliche Situation, die wir aber mit der Kraft des Restes der Band gemeistert haben. Bei der "Kreuzfeuer" gab es andere Gründe, aber sei's drum. Wir wollen ja auf das neue Album schauen, und da kann ich sagen, dass dort etwas zu beobachten ist, was mir sehr große Freude bereitet, denn die gesamte Kapelle arbeitet wieder enger zusammen. Das sieht man auch an den vielen verschiedenen Komponisten, die dieses Album zusammen erarbeitet haben. Und genauso klingt es auch. Da lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster wenn ich sage, es ist das Subway To Sally-Album geworden, das der Fan erwarten würde, wenn er sich eines wünschen dürfte, mit allen Stärken, die diese Band zur Verfügung hat. Es ist ein tolles Album mit 11 Stücken geworden, wobei ich den Bonustrack noch mit am besten finde. Das ist der 12. Song, den es leider nur auf der limitierten Auflage gibt, und der eigentlich viel zu schade für einen "Bonus" ist. Ich bin der Meinung, das ist mehr Subway To Sally als die letzten drei Alben zusammen, um mal ein bisschen auf den Putz zu hauen (lacht).

 

 

sts01 20130107 1507692625Um mal konkret zu werden: Ihr habt Euch musikalisch über all die Jahre immer wieder weiterentwickelt und verändert. Wo siehst Du den größten Unterschied zwischen dem neuen Album und seinem direkten Vorgänger "Kreuzfeuer"?
Ich sehe den größten Unterschied in einer gewissen Gelassenheit und in einem gewissen Ankommen in uns selbst, um es mal philosophisch auszudrücken. Die letzten Alben waren durchaus auch immer geprägt von einem Schielen nach Größerem und nach neuen Ufern. Es war dieses "lass es uns hier moderner machen" und "lass uns hier doch mal das versuchen". Man hat dabei auch immer eine Plattenfirma im Rücken gehabt, auf die man sich vielleicht so ein bisschen verlassen hat. Die Konstellation ist jetzt eine ganz andere. Jetzt sind wir unsere eigene Plattenfirma, und "Schwarz in schwarz" ist das erste Album, das auf diese Art und Weise produziert wurde. Außerdem kann ich behaupten, dass so etwa seit zwei Jahren - ich würde es zeitlich an unserer China-Reise festmachen - gewissermaßen ein neuer Geist bei uns eingekehrt ist. Da kann man das Wort Gelassenheit benutzen oder das Wort Selbstbewusstsein, man kann aber auch von einer neu erwachten Kollektivität sprechen. Es gibt wieder mehr Respekt voreinander, mehr Freundschaft, mehr Reden miteinander, auch über Musik - aber nicht nur über Musik. Da hat sich bei uns in den letzten zwei Jahren einiges getan. Wir sind wieder enger zusammengewachsen und zusammengerückt, und so ist das neue Album auch ein "Sich darstellen" in einer ganz komfortablen Position, in der wir uns sehen. Wir wissen genau, was wir können. Wir wissen durch die erwähnten Gespräche in langen Nächten mit viel Wein und viel Bier genau, wo wir hingehören. Das ist für uns die schwarze Szene. Und wir wissen inzwischen auch, dass es vielleicht ein Fehler war, nach vollen Stadien und Goldenen Schallplatten zu schielen. Das haben wir uns dieses Mal einfach mal nicht auf den Plan geschrieben, was aber nicht heißt, dass es nicht passieren kann, aber wir haben es nicht als Ziel ausgegeben. Wir haben einfach mal Musik gemacht, und zwar so, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Da ist kein einziger Song dabei, der irgendwie nach scheinbaren Pop-Gesetzmäßigkeiten gestrickt worden ist. Die meisten Songs sind über 5 Minuten lang, das sagt eigentlich schon vieles. Beim Kompositionsprozess, der wie ich schon sagte von vielen Schultern getragen wurde, sind jegliche Tabus abhanden gekommen. Und so kam es, dass unsere Stärken, die ich schon erwähnt habe, zum Vorschein kamen, z.B. eben einen der besten Gitarristen, ich würde sogar sagen den besten der Welt an Bord zu haben und ihm seinen Freiraum zu lassen oder die ganze Instrumental-Fraktion, die schon immer in der Lage war, schöne Melodien zu spielen und zu erfinden und das alles mal wieder zu koppeln. Ganz abgesehen von den sowieso vorhandenen Songwritingfähigkeiten, die wir ja haben und die - so denke ich - zu hören sind. Das ist eine neu gewonnene Lust am Musikmachen, gepaart mit einer Lockerheit und Gelassenheit, die eben daher kommt, dass wir gesagt haben: "Hey, wir sitzen auf einem guten Platz im Musikbusiness dieses Landes. Das kann uns keiner nehmen. Wir haben außerdem eine große Fanschar. Also machen wir jetzt mal ein Album, als würden wir es konkret für die Fans machen."

 

f02 20130107 1024950078Hat der Album-Titel "Schwarz in Schwarz" etwas damit zu tun, dass Ihr Euch mehr zur schwarzen Szene hin orientiert fühlt?
Ja, ganz sicher. Wir, die schwarz sind und schwarz denken, in Mitten der Fans, die sich der schwarzen Szene zugehörig fühlen. Eine schwarze Szene, die aber wenig definiert sein muss. Das wissen wir ja alle, da gibt es in alle Richtungen Auswüchse, aber dennoch herrscht eine große Gemeinsamkeit in der schwarzen Szene, die ich meine. Egal, ob es nun Metal-Freaks oder die ganz ausgefeilten Gothic-Jünger mit den verrückten Klamotten sind. Ich glaube, dass sich der gemeinsame Nenner darin findet, dass die Leute, die sich zu uns hingezogen fühlen, noch bereit sind, Musik sehr nachhaltig zu konsumieren, also wirklich zuzuhören, zu analysieren, auch in den Texten aufzugehen und sich in den Songs selbst wiederzufinden. Das ist ja eine Sache, die beim normalen Pop-Konsumente durchaus seltener zu beobachten ist.

 

Wie lange habt Ihr insgesamt an dem Album gearbeitet?
Ausgehend von der Tatsache, dass wir dieses Mal alles selbst organisieren mussten, und das war echt ein Experiment und eine große Herausforderung, begann das schon vor fast zwei Jahren, wissend, dass wir uns jetzt nicht drei Wochen konzentriert hinsetzen und dann mal eben 20 Songs schreiben. So läuft das bei uns nämlich nicht. Vor zwei Jahren ging das schon los mit dem Songwriting. Kurz danach gab es die ersten Brainstormingrunden, bei denen dann auch die ersten Demos gehört wurden. Ganz viele Songideen sind gleich in den ersten Wochen des Anhörens und Diskutierens wieder über Bord geflogen. Wir hatten ohne Ende Material, das darf ich sagen, aber es ist wirklich nur das beste und konsensfähigste übrig geblieben. Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, wir haben zwei Jahre gearbeitet. Die eigentliche Produktion, also die Aufnahmetätigkeit, haben wir direkt am Anfang dieses Jahres begonnen. Dieser Prozess wurde nur durch die "Nackt-Tour" im Frühjahr unterbrochen. Es war auch ganz gut, dass durch die Tour eine zwangsläufige Pause entstanden ist. Nach der Tour haben wir dann weitergemacht. Wir haben dafür in verschiedenen Studios gearbeitet. Wir haben uns ja alle inzwischen ein eigenes Studio aufgebaut, aber das größte Studio hat unser junger Schlagzeuger in der Nähe von Bamberg. Dort lässt es sich auch sehr gut mit drei oder vier Leuten arbeiten, und genauso haben wir es auch gemacht. Wir haben dort quasi an den Demos gearbeitet, und sie dort auch aufgenommen. Und beim Aufnehmen war sukzessive auch alles drin, was Veränderungen oder neue Ideen betrifft. In dem Zusammenhang auch ein Kompliment an unseren erneut vorhandenen Produzenten Fabio Trentini, der gerade unter der neuen Maßgabe sehr wichtig war. Da brauchst Du schon jemanden, der mit möglichst viel Respekt von allen versehen von außen drauf schaut und hier und da auch mal ein Machtwort spricht oder mal eine Tendenz vorgibt. Jemand, über dessen Ansagen man vielleicht auch mal eine Nacht lang nachdenkt und ihm am Ende Recht gibt. Manchmal hast Du, gerade wenn Du da mit fünf oder sechs Leuten sitzt, schonmal vier Meinungen und findest erst nach ewigen Diskussionen zu einem Konsens, mit dem nicht alle wirklich glücklich sind. Aber wenn Du so einen Typen hast, der auch so ein unglaubliches musikalisches Feeling hat, vom Fachwissen und seinem instrumentalen Fähigkeiten mal ganz abgesehen, dann gibt es für ihn auch die Möglichkeit, hier und da mal das letzte Wort zu haben, was wir ihm auch gestatten.

 

sts02 20130107 1343079194Jetzt mal abgesehen von dem von Dir eben erwähnten Bonustrack: Gibt's auf "Schwarz in Schwarz" einen weiteren Titel, der Dir aus einem bestimmten Grund besonders am Herzen liegt?
Viele der Songs haben ganz besondere Geschichten. Das ist aber mit "am Herzen liegen" vielleicht falsch beschrieben. Sicher gibt es das eine oder andere Lied, das mir besser oder schlechter gefällt. Ich bin z.B. auf den Eröffnungssong, also das erste Lied auf dem Album "Das schwarze Meer", sehr stolz. Ich habe damit kompositorisch nicht viel zu tun gehabt, habe daran also nicht mitgewirkt und keinen Anteil daran, außer dass ich ihn gesungen habe, aber er stammt aus der Feder unseres bereits erwähnten jungen Schlagzeugers Simon Michael, der damit sozusagen seine Reifeprüfung abgelegt hat. Er ist also inzwischen komplett in unserer Welt angekommen, was er mit diesem Song bewiesen hat. Er hat unglaubliche Fähigkeiten, denn es ist für einen Schlagzeuger nicht das Normale, dass er auch Klavier spielt, Streicher setzen kann und Orchester studiert hat. Der junge Mann hat schon einiges drauf. Es ist echt bemerkenswert, dass er gerade mit so einem großen Fundus an Wissen so einen Song gemacht hat, der für die Musikerpolizei sehr sehr interessant ist und für den normalen Hörer gleichzeitig total reingeht und genau das vermittelt, was der Plattentitel letztendlich ausdrückt - es ist ja auch ein Zitat aus dem Song. Das ist sehr sehr gut gemacht. Deswegen, weil das so eine runde Sache ist und das Album sehr konsequent eröffnet, finde ich ihn mit am stärksten und darum liegt er mir auch mit am meisten am Herzen. Ich glaube, dass ich ihn auch live sehr mögen werde, das wird sich aber erst noch zeigen. Ich habe aber jetzt schon ein sehr gutes Gefühl. Einmal haben wir den Song schon gespielt, nämlich diesen Sommer in Wacken. Es gibt aber auch noch ein paar Geschichten zu anderen Songs auf dem Album, z.B. "Mir allein". Das ist eine sehr mutige Subway-Story, bei der Bodenski mal wieder ein Thema aufgegriffen hat, an dem sich sicher nicht viele gerne die Finger verbrennen. Es ist ein Thema, das durchaus sehr präsent in den Medien umher geistert, nämlich Missbrauch in seiner schlimmsten Form. Der Text lag da und die Musik entstand dazu, und dann kam die Reihe an mich, den Gesangspart mal zu testen. Ich hatte sofort eine richtige Aversion dagegen, in diese Haut zu schlüpfen. Ich mache das eigentlich seit Jahren schon ständig, mich in ein bestimmtes Gefühl zu begeben und in eine Person zu schlüpfen, die der Protagonist des Liedes ist. In dem Falle wollte mir das zuerst nicht gelingen, denn ich bin in dem Song der Bösewicht und tue dort Dinge, die ich als Privatperson zu 100% verurteile und zwar auf's Schärfste! Ich bin da in meiner Beurteilung und Kritik sehr harsch. In diesem Fall war es aber notwendig, ich musste es machen. Ich habe mich da sehr lange gesträubt und ewig mit Bodenski darüber geredet. Wir haben auch versucht, den Text in eine dritte Person umzuschreiben, haben letztendlich aber gemerkt, dass das nicht geht. Wenn man so etwas thematisiert, so ein harsches Thema, kann man - glaube ich - nicht darauf verzichten, die brutalste Form der Darstellung zu wählen. Das ist die Erkenntnis, die ich dabei gewonnen habe. Ich habe mich auch im Studio später mit meiner Gesangsproduzentin sehr lange noch damit beschäftigt und habe das Stück dann so gesungen, wie es mir möglich war. Ich will damit sagen, dass man manchmal so ein bisschen wie ein Schauspieler agieren und über seinen Schatten springen muss. Man muss die Position, die man eigentlich zu so einem Thema einnimmt, verlassen, um es so nach außen bestmöglich darstellen zu können. Man muss sich dann darauf verlassen, dass der Zuhörer erwachsen genug ist, die Botschaft dahinter zu sehen. Die kann bei uns ja nur positiv sein, ist ja logisch. Nicht in der ersten Regung den Fehler machen, mich als Sänger, der in dem Moment in dieser Haut steckt, zu verurteilen. Um Gottes Willen, das wäre eine Reaktion, die ich mir beim besten Willen nicht wünschen würde. Ich will hier nur sagen, wie intensiv und schwierig das manchmal ist. Du hast mich in Deiner Frage nach bestimmten Songs gefragt, und dieser beschäftigt mich nach wie vor sehr.

 

f03 20130107 1899186434Du hast es vorhin schon angesprochen: Ihr habt ein eigenes Label gegründet. Da stellen sich mir zwei Fragen: Was sind die Gründe für Eure "Selbstständigkeit" und warum erfolgte sie so spät? Immerhin gibt's STS schon seit über 20 Jahren...
Wir sind keine Band der schnellen Entscheidungen. Alleine schon die Siebenköpfigkeit... Manchmal wünsche ich mir, wir wären ein bisschen verrückter oder mutiger, um hier und da auch mal was zu machen, was auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen unvernünftig erscheint. Aber so ist das nunmal nicht bei uns. Wir haben bei den jeweiligen Plattenfirmen immer eine bestimmte Zeit ausgehalten und dabei auch alle durchgearbeitet, von der BMG zur Universal bis hin zu Nuclear Blast. Gerade die letzte Station war für eine Band wie uns absolut top. Wir waren da die Nummer 3 im Stall - oder Nummer 4, das weiß ich nicht genau - und hatten wirklich ein tolles Arbeiten bei den Jungs. Die haben so ziemlich alles für uns getan. Insofern war der Grund für die Entscheidung zu einem eigenen Label nicht, dass wir uns woanders unwohl gefühlt haben, sondern eher das Gefühl kurz vor dem Jubiläum - wir haben im nächsten Jahr unser 20. Bestehen, man kann es kaum glauben - etwas zu brauchen, was uns selbst nochmal so ein bisschen kickt. Nur 'ne neue Platte machen ist da nicht genug, dachten wir uns. Alles auch im Zuge dieser neuen Ehrlichkeit, sag ich mal so. Dieses Miteinander-reden, was ich vorhin schon erwähnt habe. Es war klar, dass auch mal neue Reizpunkte gesetzt werden müssen, und ein eigenes Label - so dachten wir uns - könnte so ein Reizpunkt sein. Im Nachhinein kann ich sagen, das ist es auch! Das ist einfach eine unterbewusste Motivation, die da passiert, ein anderes Wissen um die Prozesse und Abläufe, die man alle sehr viel näher begleitet. Natürlich haben wir in der Band jetzt jemanden bestimmt, der das Label leitet und der sich um das alles kümmert. Zum Glück hatten wir auch jemanden dabei, der dieses Buchhalter-Gen hat, nämlich unser Basser Sugar Ray. Der macht das wunderbar. Das Entscheidende ist aber dieses "Kick ass", nämlich zu wissen, dass man sich, wenn es gut läuft, selbst einen Strauß überreichen kann, genauso wie man weiß, wer schuld war, wenn's nicht gut läuft, nämlich wir selbst. Das ist vielleicht so ein bisschen die Lust an der Selbstkasteiung, aber auch an dem vielleicht notwendig werdenden Eigenlob. Ich glaube, dass das ein wesentlicher Grund war. Wer so lange im Business war, der glaubt auch zu wissen, was zu tun ist. Da geht's dann um Sachen, die immer wieder bei einer Plattenveröffentlichung auftauchen: Was für Promo machst Du? Wieviel Promo machst Du? Wie läuft der Vertrieb und wie motivierst Du die wiederum? Wie motivierst Du die Fans? Alles Dinge, die auf uns genauso zukommen, wie auf jede Plattenfirma, mit der wir gearbeitet haben. Da wir das so oft gemacht haben, glauben wir, genug darüber zu wissen, um es richtig entscheiden zu können. Es war ein Experiment, aber kein unglaublich mutiger Schritt, denn man kennt ja auch selbst genug Partner. Wenn wir Fragen haben, die bei uns intern keine Antworten finden, sind wir immer noch so gut Freund mit Leuten gerade bei Nuclear Blast, dass man da ruhig mal anrufen und eine Frage stellen kann. Da hilft man sich gegenseitig, und von dieser Coleur kennen wir noch viele andere Leute, z.B. Agenturen oder freie Leute aus dem Promotion-Bereich, mit denen wir zusammenarbeiten und die auch alle Ahnung haben. Insofern ist das ein spannender Schritt. Ob sich das alles so entwickelt, wie wir uns das vorstellen, wird sich im Grunde das erste Mal jetzt nach der Album-Veröffentlichung zeigen. Dann sieht man, wie die Reaktionen sind und natürlich auch, wie sich das Album verkauft. Das wird sicherlich - und da nehme ich kein Blatt vor den Mund - ein entscheidender Punkt in der Beurteilung unserer eigenen Arbeit sein. Aber mir ist davor nicht bange. Ich habe das Gefühl, wir haben eine Menge gemacht und vor allem, und das ist bei einer Band wie uns das Entscheidende, haben wir eine gute Platte gemacht.

 

Den Vertrieb Eurer Scheibe übernimmt die Universal, richtig?
Das ist richtig, ja!

 

sts04 20130107 2037397861Du hast gerade gesagt, Ihr feiert nächstes Jahr Euer 20-jähriges. Nun steht überall zu lesen, dass sich STS 1990 gründete und Du im Jahre 1991 dazu gestoßen bist. Das wäre eigentlich dann dieses Jahr für Dich das 20-jährige und für STS wäre es das im letzten Jahr gewesen...
Das stimmt zwar alles, aber wir hatten 1992 das erste Konzert in dieser Besetzung mit sieben Musikern. Das ist verbürgt und verbucht, deswegen sollte man das Datum des ersten Konzerts auch als Gründungsdatum nehmen.

 

Passend zur CD gibt's auch eine Tour, die im Oktober startet und bis in den Dezember geht. Habt Ihr für diese Tournee etwas Besonderes geplant?
Ich denke, das Besondere an unseren Konzerten, und das wird jeder auch bestätigen können, der bei uns schonmal war, ist immer der Transport von Spaß und Musik und der Spaß an der Musik. Die Synergie zwischen Publikum und Band wird - denke ich - nie verloren gehen. So lange ich der Frontmann bin, bin ich auch Garant dafür. Ich kann nur so arbeiten, indem ich Energie aus dem Publikum fordere, dann anzapfe und zurück gebe. Andererseits weiß auch jeder, dass wir uns immer sehr viele Gedanken über das Bühnenbild machen und Sachen, die man quasi choreographiert als Licht- und Musikspektakel sehen kann. Das wollen wir auf jeden Fall auf eine neue, spektakuläre Stufe heben. Da wird es Neues und Beeindruckendes zu sehen geben, das kann ich ruhig schon verraten. Das Programm steht im Grunde auch schon, wir sind dafür gerade bei Einzelproben. Auch das wird sehr interessant. Es ist immer ein spannender Moment, wenn man sich hinsetzt und überlegt, wie man das neue Programm strickt. Natürlich will jeder von uns alles von der neuen Platte spielen, aber Du kannst natürlich keine 12 neuen Songs in einem 2-stündigen Programm unterbringen. Man weiß ja schließlich auch, was die Leute hören wollen, wenn sie zu einem Subway To Sally-Konzert kommen. Die wollen sicher hier und da auch einen neuen Song hören, um zu checken wie das live klingt, aber ich bin sicher, dass die Masse einfach auf ganz bestimmte Lieder wartet. Die wiederum auszuwählen ist ein langer Prozess, bei dem wir uns oft die Köpfe heiß reden. Ich glaube, wir haben für die kommende Tour eine sehr gute Auswahl getroffen und haben ein paar Überraschungen eingebaut, zu denen ich aber an dieser Stelle naturgemäß nichts sagen möchte. Ich kann nur soviel verraten, dass man hier und da überrascht sein wird, und ich glaube positiv überrascht. Es ist ein sehr schönes Programm, und was Bühnenbild und -show betrifft, kann ich eine ganze Menge versprechen..

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f04 20130107 1445704944Abgesehen von je einem Termin in Österreich und der Schweiz gibt's nur Konzerte in Deutschland. Ist ein Auslandseinsatz im Moment nicht vorgesehen? Oder kommen da noch Termine dazu?
Nein, eigentlich nicht. Das ist seit Jahren so, dass wir das so machen. Klar ist, was die Plattenverkäufe betrifft, dass das sowieso nur in den deutsch-sprachigen Ländern funktioniert. Wir hatten trotzdem ein paar wundervolle Ausflüge in fremde Länder, wo es live sehr gut funktioniert hat. Gerade Russland und China waren sehr beeindruckend. Spanien und Mexiko waren auch spannend, aber nicht so, dass man davon ausgehen könnte, dass man dort Superstar wird, wenn man da ein Jahr richtig powert. In China wäre das schon eher möglich, aber dafür fehlt einfach die Zeit. Es wäre berechtigter zu fragen, warum so wenig Termine in Österreich und der Schweiz geplant sind. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass wir beschlossen haben - das siehst Du auch an der Tour, die nicht sehr umfangreich ist, und eher auf große Städte begrenzt wurde - weniger Termine zu spielen, um dafür mehr Leute in den Hallen zu haben. Das ist so eine kleine Philosophie, die sich bei uns entwickelt hat. Wir haben früher 130 Konzerte im Jahr gespielt und waren in jedem Winkel des Landes anzutreffen. Von da bis jetzt ist das eine enorme Entwicklung, und das kontinuierlich über 20 Jahre. Es kann nun wirklich nicht jeder von sich sagen, dass über so einen Zeitraum die Zuschauerzahlen immer noch in die Höhe gehen. Zwar nicht explosionsartig aber doch stetig wachsend. Das kann man sich natürlich auch sehr schnell kaputt machen, wenn man zuviel spielt. Das hört sich doof an, aber es ist so. Das ist die Philosophie, die dahinter steckt. Der Österreicher aus dem Hinterland fährt für ein gutes Konzert auch schonmal nach Wien. Das ist ja alles nicht so weit dort. Pratteln in der Schweiz ist für uns die Hochburg. Da kommen wir jedes Jahr einmal hin. Dann spielen wir bei einer zweiten Tour auch nochmal in Zürich, aber dann ist dort auch abgedeckt.

 

friends 20130107 1416672149Eben weil Du über all die Jahre so viel und häufig mit STS Konzerte gegeben hast und Du auch als Eric Fish & Friends seit einiger Zeit unterwegs bist, erwächst der Eindruck, dass Du das ganze Jahr über immer "on the road" bist. Liege ich da richtig oder gibt es auch noch Phasen, in denen Du über einen längeren Zeitraum einfach nur Privatmann sein kannst?
Leider nicht! Ich habe mich da auch ein bisschen übernommen. Das habe ich spätestens Anfang 2010 gemerkt. Im Jahre 2009 habe ich neben der Subway To Sally-Veröffentlichung (Album "Kreuzfeuer", Anm. d. Verf.) im Herbst noch einen "Fish-Film" und eine "Fish-Platte" veröffentlicht. Das hat mich fast gekillt und war schon fast zuviel. Dann hat man vielleicht gemerkt, dass wir 2011 mit Eric Fish & Friends bis jetzt gar nichts gemacht haben. Wir haben nur ein paar Festivals gespielt. Es war auch sehr schön, aber wir haben eben keine Tour gespielt, was ich mir auch ausgebeten habe. Das stieß jetzt nicht auf große Zustimmung meiner "Fish-Kollegen", aber meine Kollegen von Subway To Sally haben auch ein bisschen ein Auge auf meinen Zustand, seelisch und körperlich. Die haben angemahnt, dass ich ein bisschen aufpassen muss, und ich muss ihnen absolut Recht geben. Hinterher ist man immer klüger, das habe ich auch erst schwer erfahren müssen. Es bringt nichts, immer aus dem Kühlschrank was rauszunehmen ohne etwas Neues reinzutun. Dann ist er irgendwann leer. Und so war das bei mir 2010. Jetzt fühle ich mich schon viel besser, obwohl in diesem Jahr auch wieder kein Urlaub drin war, was mir vor allem für meine Frau tierisch leid tut. Die Produktion des neuen Albums hat alles an Zeit verschlungen was da war. Aber ich habe das im Hinterkopf. Eric Fish & Friends ist eine Sache, die ich nicht missen kann und nicht missen möchte. Sie ist inzwischen auch sehr wichtig für mein ganzes Dasein und mein Selbstbewusstsein. Das jetzt so einfach mal zwei Jahre wegzulegen, das geht nicht! Vielleicht würde das dann auch in Vergessenheit geraten; die Gefahr besteht ja. Außerdem ist das für mich ein Nebengleis, das mich manchmal an Orte bringt, die ich sonst nicht sehen würde, aber brauche. Deswegen ist es für mich sehr wichtig, das auch weiterzumachen. Ich muss in Zukunft halt nur aufpassen, dass ich es richtig dosiere. Wir sind auf einem guten Weg. Das Fish-Management und das Subway-Management arbeiten eng zusammen, und die passen beide auf, dass es nicht in den Bereich geht, dass ich irgendwann mal ausgebrannt bin. Das kommt inzwischen alles in einen Rhythmus, den man auch schaffen kann, gerade auch deshalb, weil ich im Moment nicht vorhabe, ein neues Fish-Album zu machen. Dafür ist es noch nicht an der Zeit. Wenn das passiert, muss man auch wieder aufpassen, dass sich nichts überschneidet. Aber im Grunde geht es jetzt ein bisschen gelassener von statten. Es wird im nächsten März wieder eine Fish-Tour geben. Aber ohne neues Album im Gepäck und einfach nur so. Trotzdem mit einer Besonderheit, die ich jetzt auch noch nicht verraten möchte. Was die Tour betrifft, sollen die Leute mal ruhig immer wieder auf unsere Webseite schauen (www.ericfish.de), das wird demnächst veröffentlicht. Es wird eine ganz besondere Tour werden, aber das nur nebenbei. Wichtig ist, dass man gut plant, dosiert und sich nicht übernimmt. Meine Jungs von Eric Fish & Friends würden natürlich gerne das ganze Jahr durchspielen, aber ich bin letztlich der, der alles wegtragen muss, der alles organisiert und die Songs schreibt. Es ist für mich also ungleich mehr Arbeit als für die Musiker, insofern muss ich ihnen auch Verständnis abverlangen, wenn wir mal - so wie jetzt - ein Jahr lang nichts machen.

 

sts07 20130107 2011969245Sowas wie das, was Du gerade geschildert hast, bekommt der Fan vor der Bühne in der Regel ja gar nicht mit. Das merkt man Dir auch gar nicht an, denn besonders bei den Konzerten von STS fällt die immer wieder auf's neue an den Tag gelegte Spielfreude auf. Ihr improvisiert, bringt Ideen ein und lasst die Bude immer richtig wackeln. Was ist das Geheimnis, dass Eure Arbeit als Band nach all den Jahren scheinbar immer noch so viel Spaß macht und nicht zur Routine wird, wie bei anderen Bands häufig zu beobachten ist?
Ist das bei anderen Bands zu beobachten? Ich kann da eigentlich nicht viel mitreden, weil ich naturgemäß wegen der Zeitlinie, die ich Dir beschrieben habe, wenig Zeit habe, zu Konzerten zu gehen.

 

Naja, ich werde jetzt keine Namen nennen, aber es ist schon vorgekommen, dass Kollegen von uns von Konzerten am Ende einer Tour oder eines Tourjahres wiedergekommen sind und von einer gewissen Routine und wie auswendiggelernten Abfolgen sprachen, die spürbar von der Bühne kamen. Ich finde, es ist eine Kunst, sich über all die Jahre diesen Spaß an der Musik und letztlich an der Arbeit zu erhalten...
Nein, das ist keine Kunst. Deswegen habe ich auch nicht wirklich eine Erklärung dafür außer die, dass es eine ziemlich glückliche Hand vom Schicksal war, uns Sieben zusammengebracht zu haben. Wir haben über die Jahre ja lediglich auf der Schlagzeuger-Position wechseln müssen, aber selbst dieser Griff vor fünf Jahren mit Simon Michael war ein enorm wichtiger! Diese günstige Konstellation ist, natürlich auch durch die musikalischen Fähigkeiten der einzelnen Leute, für mich immer wieder ein Kick. Dann ist es auch ganz im Allgemeinen so eine Stimmung, und jetzt seit zwei Jahren auch wieder mehr noch als vorher, die den Spaß an der Musik bringt. Es ist keine Kunst, das dann so auf die Bühne zu bringen. Das ist einfach so. Mehr kann ich dazu eigentlich auch nicht sagen. Es gibt noch Lampenfieber vor dem Gig, da ist Lust auf die Halle, Lust auf die Leute und Lust auf die Songs. Das merke ich sogar innerhalb eines Konzerts. Bei dem einen Song hat man mehr Lust, bei dem anderen weniger und bei wieder einem anderen, den man vielleicht schon zum 1.000 Mal spielt, hat man nicht mehr so viel Lust. Das ist dann vielleicht der Song, den die Leute unbedingt hören wollen (lacht). Aber selbst dann kommt dabei wieder die Lust zurück, schon allein die Leute dabei zu beobachten, wie sie dabei abgehen und Spaß haben. Das ist überhaupt kein Problem. Im Gegenteil: Es ist das, warum man eigentlich Musik macht, nämlich auf der Bühne zu stehen und zusammen mit den Leuten eine Euphorie zu erzeugen. So sollte es eigentlich jedem Musiker ergehen. Für mich persönlich ist es wie eine Droge, die in mich fährt, wenn die ersten Töne erklingen. Ich berausche mich selbst daran. Das kann ich aber auch nur, weil ich geil finde, was wir da machen. Wenn ich die Nummer 7 in irgendeiner Band wäre, wo andere die Lieder schreiben und ich als Sänger damit überhaupt nichts am Hut hätte, wäre das vielleicht etwas anderes. Aber bei uns ist das nicht so. Ich kann da jeden einzelnen Ton unterschreiben und vieles davon habe ich mit beeinflusst. Gerade jetzt, wenn wir mit der neuen Platte auf Tour gehen, ist das für mich wie ein Jungbrunnen. Man freut sich auf die neuen Songs oder auf einen alten Titel in einer neuen Fassung. Das kann auch passieren, womit ich schon wieder was verraten habe (lacht). Dieses Problem mit der Routine gibt es für uns nicht. Selbst wenn - und das gibt's bei mir auch mal - man einen schlechten Tag hat. Man hat eine schlechte Nachricht bekommen oder man ist gesundheitlich nicht fit... man denkt eine halbe Stunde vor der Show: "Oh Gott, ich kann mir gar nicht vorstellen, da heute raus zu gehen", und genau in diesem Moment, wenn man dann da oben steht, ist das eine völlig andere Situation. All die Zweifel von vorhin sind weg. Als wenn es klick macht oder wie ein Schuss. Und ich möchte betonen, dass ich gar keine Drogen nehme oder genommen habe. Nicht, dass ich wüsste, wovon ich rede, aber so stelle ich mir die Funktion einer Droge vor, die Dich einfach pusht.

 

f05 20130107 1824168143Der Begriff "Wacken" ist gerade schon einmal gefallen. Ihr habt inzwischen öfter bei diesem Festival im norddeutschen Dorf gespielt. Was ist für Dich das Besondere an diesem Event und was ist das für ein Gefühl, bei so einer Kult-Veranstaltung als Frontmann auf der Bühne zu stehen?
Das ist das Paradies! In diesem Jahr war's allerdings nicht ganz das Paradies, sondern mehr der Vorhof der Hölle. Wir spielen in Wacken immer in einem zweijährigen Rhythmus und hatten bisher immer Glück damit, als letzte Band des Tages zu spielen. Meistens Sonntagmorgen um halb zwei. Nachdem ich anfänglich bei den ersten Terminen dieser Art immer ein bisschen Schiss hatte, dass um diese Zeit keine Leute mehr wären, hat sich diese Befürchtung schnell in Luft aufgelöst. Es ist in Wacken nämlich so, dass die Leute dann erst Recht nochmal gekommen sind, und wir haben zu dieser späten Zeit mitunter auch schon vor 60.000 Menschen gespielt. Dieses Jahr war's so, dass da ein tierischer Gewitterguss runter kam. Es war den ganzen Tag über so unheimlich schwül, dass man praktisch ständig klatschnass war. Und dann kam eben eine halbe Stunde vor dem Konzertbeginn so ein Unwetter runter, dass sich da echt nur noch die Härtesten vor der Bühne getummelt haben. Und das waren schätzungsweise immer noch 20.000, was ja auch nicht wenig ist (lacht). Die große Feier mit allen, die noch da waren, war es nicht. Dennoch war es wieder was besonderes. Ich kann aber nicht auf eine Formel bringen, warum Wacken etwas besonderes ist, aber ich glaube es hängt damit zusammen, dass es über Jahre so eine Entwicklung genommen hat. Wie eine Band, die immer am Start ist und 20 Jahre konsequent ihren Weg geht. Das ist eine absolute "Corporate Identity" und jeder weiß, wovon er redet wenn er sagt: "Ich geh' nach Wacken", und selbst wenn er noch nicht da war weiß er, was ihn erwartet. Natürlich wird immer viel vom Saufen, vom Schlamm oder irgendwelchen Exzessen geredet, aber das ist gar nicht das Prägende. Es ist eher diese unglaubliche Anzahl von Menschen auf der einen Seite und diese unglaubliche Anzahl und Auswahl von Bands, die da spielen, auf der anderen Seite. Als Ergebnis steht eine Synergie, so eine Form des Sich-selbst-feierns. Die Leute feiern nicht nur die Bands, sondern sich auch selbst. Es findet dort auch jede Band ihr Publikum. Dazu kommt dieses bedingungslose Geben und Nehmen. Das merkt man auch bei den Bands, die man backstage trifft oder die gerade von der Bühne kommen. Es ist aufgrund dieser einzigartigen Atmosphäre, die da läuft, für jeden etwas besonderes, dort zu spielen. Das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass da 80.000 oder mehr vor der Bühne stehen, sondern mehr mit einem gewissen Geist, der selbst anerzogen ist.

 

sts05 20130107 1986355776Du siehst das Ganze ja immer von oben. Reizt es Dich nicht, das mal aus der anderen Perspektive zu sehen und mal selbst in Mitten einer solchen Menschenmasse zu stehen und mitzufeiern?
Das hab ich schon gemacht. Vor zwei Jahren habe ich mir das in Wacken mal gegeben. Ich war drei Tage lang dort und habe mir auch einige Bands von unten angeschaut. Es war nicht ganz einfach, mit so einem bekannten Gesicht da rumzurennen, aber das habe ich schon gemacht. Ganz ehrlich? Oben stehen ist viel schöner (lacht)... Das ist schon geil - es ist wie Sex. Da möchte man jeden Moment festhalten und abspeichern. Das kann man leider nicht. Es ist nur der Moment, der da zählt, und der ist immer wieder genial. Sowas ist aber durchaus auch in einer Halle, die mit 2.000 Leuten proppenvoll ist, möglich. Es kommt immer auf die Energieübertragung an. Das kann auch bei 50 Leuten in einem Club passieren. Die Gefühle sind ähnlich und hängen nicht zwangsläufig von der Menge der Leute ab.

 

Ihr seid mit Subway To Sally auf der im letzten Jahr erschienenen CD Single mit der "Wacken Hymne" vertreten. Wie kam es dazu, dass Ihr mit auf die Scheibe gekommen seid? 
Das kam dadurch zustande, dass der Veranstalter Holger Hübner ein Freund von uns ist. Ich kann auch sagen, er ist ein Gönner oder Liebhaber unserer Musik. Er hat uns von Anfang an immer eine Chance gegeben und uns immer wieder nach Wacken geholt. Er hat uns vor zwei Jahren gebeten, den Song einer anderen Lieblingsband von ihm zu spielen. Das war "It's After Dark" von D-A-D (Disneyland After Dark). Das haben wir auch gemacht, einfach nur um ihm eine Freude zu machen. Dass der Song jetzt immer in Wacken gespielt wird, auch wenn wir gar nicht da sind, ist für uns natürlich eine tolle Sache. Im letzen Jahr, als wir nicht vor Ort waren, stand auf der Running-Order (Ablaufplan, Anm. d. Verf.):
"0:30 Uhr bis 1:30 Uhr - Helloween
1:30 bis 1:35 Subway To Sally - Wackenhymne",
und dann kam der Song von Band aus den Lautsprechern. Sowas ehrt einen natürlich und wissend, dass solche Leute den Dank auch verdient haben, haben wir das natürlich gerne gemacht.

 

Abschließend eigentlich nur noch die Frage, was Du Dir persönlich für das Album und die Tour wünschst, jetzt mal abgesehen davon, dass es ein Megaerfolg wird?
Es wäre auch ein bisschen einfach, nur das zu sagen. Ich wünsche mir, dass dieses Feeling in der Band, das wir gerade haben und das ein sehr schönes ist, diese Gemeinsamkeit und das An-einem-Strang-ziehen, das jetzt wieder so ist wie ganz am Anfang, als wir uns alle in die Hand versprochen haben: "Wir ziehen das durch, auch durch die schweren Jahre", die natürlich kommen mussten und auch kamen - dass dieses Gefühl noch verstärkt wird, und dass wir uns alle zusammen bestätigt sehen, diesen Weg, auch mit der eigenen Plattenfirma, gegangen zu sein, und dass wir uns am letzten Gig am 30. Dezember in Potsdam alle in die Augen sehen und sagen können: "Hey, das war's. Es war geil!" Ich möchte den Erfolg, den man sich natürlich wünscht, nicht nur materiell umschreiben. Was ich mir vielmehr wünsche, ist Respekt für die Arbeit, die wir leisten, und die Kunst, die wir machen. Gemeint sind die Platte, das Konzert, das Gesamtkunstwerk Subway To Sally. Dafür Respekt zu ernten ist mir persönlich sehr wichtig, denn ich glaube, den haben wir wirklich verdient.

 

Damit sind wir am Ende unseres Gesprächs. Möchtest Du noch ein paar abschließende Worte loswerden?
Vielleicht ist das ja ein Spruch für meinen Grabstein: "Deutsche Mugge ist cool" oder so... (lacht)

 

 

Interview: Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Off. Fotos mit freundlicher Genehmigung von Subway To Sally und Sandra Eichner von Rosenheim Rocks. Restl. Bilder Patricia Heidrich, André Serfas, Gundolf Zimmermann
 
 

   
   
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