Damals bei...
 

Rosalili

Interview aus dem Monat Mai 2010



002 20121223 1233895689Rosalili gab es netto nur fünf Jahre. Die Band um die Puhdys-Söhne Andy Birr (Vater Dieter Birr) und Hendrik Röder (Vater Peter Meyer) gehörte zur jüngeren Generation von Bands, die in der DDR-Musikszene der späten 80er für reichlich frischen Wind sorgten. Ihre Musik war eine Mischung aus klassischem Rock und zeitgenössischer Popmusik mit hohem Wiedererkennungswert. Trotzdem es einige Produktionen für den Rundfunk und Sampler-Veröffentlichungen gab, die auch sehr erfolgreich gelaufen sind, kann die Formation leider kein eigenes Album vorweisen. Lediglich eben erwähnte Sampler-Beiträge und eine AMIGA Quartett-Single gab es. Dafür kann Rosalili aber auf erfolgreiche und gut besuchte Konzertreisen im In- und Ausland zurückblicken. Bis nach Cuba führte die jungen Musiker der Weg. Wieviel man in nur fünf Jahren erleben kann, was für schöne Erinnerungen es noch gibt und ob es Rosalili vielleicht noch einmal geben wird, erzählten uns Hendrik "Henne" Röder, Jörn "Gütt" Güttler und Henry Finkenwirt in unserem neusten Interview ...






Es wird bei verschiedenen Beiträgen über Bell Book & Candle immer wieder mal gesagt oder geschrieben, Rosalili sei der Vorgänger von Bell Book & Candle. Seht Ihr das genauso, oder hat Rosalili mit BBC nichts zu tun?
Henne: Das kann man so nicht sagen. Ich habe so was auch noch nicht so gelesen.

Die Gruppe Rosalili wurde offiziell 1985 gegründet. Die Musiker von Rosalili haben alle vorher schon Musik gemacht. Bitte erzählt den Lesern mal, woher die Musiker kamen, was sie vorher gemacht haben, was "Marathon" und "Mayday", aus denen Rosalili hervor ging, für Bands waren, und wie es letztlich dazu kam, dass man sich zu Rosalili zusammenschloss.
Henne: Rosalili entstand als Schülerband, die sich 1980 gründete. "Rockblitz", "Nosferatu", "Marathon" und "Mayday" waren die Namen vor Rosalili, die aus verschiedensten Gründen nicht genommen und auch teilweise verboten wurden. "Mayday" war z.B. ein Hilferuf, worauf wir gefragt wurden, wonach wir nach Hilfe rufen würden. 1985 war dann der Name "Rosalili" geboren. Wir waren aber schon immer die gleichen Musiker. Holger Jagsch, Jörn Güttler und Hendrik Röder waren alle in einer Schul-Klasse. Andreas Birr war zwei Klassen unter uns, aber auch auf der gleichen Schule. Später mit dem ersten Erfolg von Rosalili 1986 kam noch Alexander Dietz als Keyboarder dazu. Den kannten wir alle aus der Musikschule Friedrichshain.

Woher kam eigentlich der Name "Rosalili"? Welche Bedeutung hatte er und wer von Euch hat sich den ausgedacht?
Gütt: Der Name entstand eigentlich bei der Produktion des Songs "Rosalili".
Henne: Die Idee stammt von meinem Vater, Peter Meyer, der genauso wie Dieter "Maschine" Birr (beide Puhdys) großen Anteil an den ersten Produktionen von Rosalili hat.

Ihr habt sofort damit begonnen, eigene Songs zu schreiben. Die Texte dazu kamen von Werner Karma. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit zwischen Rosalili und Karma? Wie habt Ihr Euch kennengelernt?
Gütt: Von Werner Karma stammen die Texte zu "Rosalili", "Süße Sünde" und noch einem weiteren Titel, der mir aber gerade nicht einfällt, also insgesamt zu drei Songs. Alle anderen Texte stammen von uns. Die Kompositionen zu den Songs sowieso. Kennen gelernt haben wir Werner Karma in den 80ern über Silly und die Puhdys. Damals zu Ost-Zeiten war es doch so, dass irgendwie jeder jeden kannte.

Woher kamen die Ideen zu den eigenen Liedern? Gab es für Euch damals Vorbilder und/oder habt Ihr Euch von irgendwas inspirieren lassen?
Gütt: Jeder hatte von uns andere Idole. Einflüsse kamen sicherlich auch aus der auslaufenden "Neuen Deutschen Welle". Aber auch von Bands wie Van Halen oder Police.

Wann wurde es Euch ermöglicht, Eure Songs in einem Studio zu produzieren, und wo genau habt Ihr Eure Lieder eingespielt?
Henne: Ich glaube, das erste Mal waren wir 1984 bei Dieter "Maschine" Birr und Peter Meyer im Studio. Wir nahmen dort ein Lied auf, das hinterher aber nie gespielt wurde. Der Titel hieß "MayDay", und er wurde deshalb nicht gespielt, weil der Text wurde verboten. Inhaltlich ging es in dem Lied um Generationsprobleme. Verboten wurde der Text weil es die wohl in der DDR nicht gab. Es war schon seltsam ;-)

Jede Band musste damals vor einer Kommission vorspielen und wurde dann eingestuft. Wann war das bei Rosalili, und wie verlief Eure Einstufung?
Henne: Wir mussten auch vor Einstufungskommissionen vorspielen. Das fanden wir aber damals total spannend, und überhaupt waren wir doch zum Anfang froh, dass wir mit unserer Band irgendwo auftreten konnten. Im Jahre 1983 bekamen wir die Einstufung zur Oberstufe, 1984 dann die Sonderstufe, und 1986/87 die Sonderstufe mit befristeten Berufsausweis, mit der Auflage, dass alle Musiker von Rosalili Musik studieren mussten.
Die Einstufungen verliefen eigentlich immer toll. Wir waren immer sehr aufgeregt, haben uns aber schon immer bemüht, etwas Besonderes zu bringen, wie zum Beispiel Lichteffekte oder eigene gute Tonleute, also nicht die, die vor Ort tätig waren. Die Kommission war immer beeindruckt. Zur Sonderstufe gibt es auch eine Geschichte: Es war so, dass unser Sänger Jagsch´n (Holger Jagsch) an dem Tag sehr hohes Fieber hatte und auszufallen drohte. Das konnten wir aber nicht zulassen, denn wir hatten uns doch so intensiv vorbereitet. Also sind wir zu Jagsch´n nach Hause, zerrten ihn aus dem Haus und zum Arzt. Der gab ihm eine riesengroße Spritze, und was soll ich sagen: Holger sang mit 40 Fieber wie ein Gott, und wir bekamen an dem Abend die Sonderstufe ;-)

Es ist ja bekannt, dass bei Rosalili der Nachwuchs der Puhdys spielte. War das für die Band ein Vorteil, dass zwei Väter der kreative Teil einer DER Ostbands überhaupt waren?
Gütt: Es war Fluch und Segen zugleich. Die Puhdys haben uns zwar von Anfang an unterstützt, aber dadurch wurde immer unsere Eigenständigkeit in Frage gestellt.
Henne: ...was sich übrigens bis heute teilweise durchzieht, auch was Bell Book & Candle betrifft. Obwohl wir es als Bell Book & Candle dann doch ohne die Puhdys immerhin bis in die USA geschafft haben. Und da haben die Puhdys ja nun wirklich keinen Einfluss, obwohl manche Leute das glauben ;-)

In wie weit haben die Puhdys den jungen Musikern von Rosalili unter die Arme gegriffen? Gab es da Hilfen von den Profis und wenn ja, in welcher Form?
Gütt: Sie haben uns am Anfang ziemlich viel geholfen, z.B. haben sie uns schon vor der Zeit als "Rosalili" mal als Vorband mitgenommen. Wir haben dann zum Dank den Technikern teilweise beim Abbauen mitgeholfen, und das Equipment der Puhdys war ja damals schon viel und groß. Dann folgten - wie schon erwähnt - die ersten Produktionen im Studio von Maschine und Peter Meyer. Aber im Großen und Ganzen kann man sagen, dass uns die Puhdys im Bereich Produktion und Live-Konzerte-mäßig sehr viel unterstützt und geholfen haben. Das Laufen mussten wir aber alleine lernen ;-)

Gab es umgekehrt Hilfen von Euch für die Puhdys, quasi als frischer Wind in der Puhdys-Musik durch die eigenen Söhne?
Henne: Nein, gab es nicht.
Gütt: Dann wären die Puhdys heute nicht das, was sie sind (ein kleiner Scherz) ;-)

Haben Rosalili und die Puhdys eigentlich jemals gemeinsam auf einer Bühne gestanden, oder wurde das strikt getrennt?
Henne: Sehr oft sogar!
Gütt: Das war immer ein Erlebnis.

Die ersten Lieder von Rosalili waren produziert und erschienen dann auf dem Mini-Sampler "Startschuss 2" (1986). Wann habt Ihr erfahren, dass Ihr auf Platte gepresst werdet und was war das für ein Gefühl damals?
Gütt: Von dem Mini-Sampler weiß ich gar nichts.
Henne: Viel wichtiger war für uns damals, uns das erste Mal im Radio zu hören. Das war ein tolles Erlebnis. Wir waren gerade dabei meinen Trabi neu zu streichen - wir haben ihn komplett mit roter Farbe gerollt - als plötzlich unser Lied im Radio gespielt wurde. Wir waren total happy :-)

Ein Jahr später wurde von Rosalili eine eigene Platte veröffentlicht. Es war eine Amiga Quartett-Single und sie beinhaltete vier Songs. Wieviel Einfluss hattet Ihr auf die Platte und die darauf enthaltenen Songs, und geht man als Musiker dann in einen Laden und schaut, wie sich das eigene Produkt im Regal macht?
Gütt: Für uns war damals der Live-Bereich viel wichtiger. Wir waren zwar froh die Platte gemacht zu haben, aber das war auch alles. Wir sind nicht in den Laden gegangen um zu gucken.
Henne: Das war übrigens später, als wir dann schon "groß" waren, mit Bell Book & Candle anders. Da sind wir wirklich zu dritt los, und konnten uns nicht vorstellen was für Leute unsere CD kauften. Das waren dann auch noch so viele, die sich die Scheibe gekauft haben. Bis zu ca. 1000 Leute am Tag. Da musste man ja auch nicht lange warten bis ein Käufer kam :-)

Es gab dann noch Songveröffentlichungen auf Kopplungen, aber eine eigene LP bekam Rosalili nicht. Woran lag's, und hättet Ihr überhaupt genug Songs für ein ganzes Album gehabt?
Gütt: Songs für ein Album hatten wir genug. Amiga war aber der Meinung, wir wären zu jung für ein komplettes Album gewesen, und wir sollten noch warten :-(

Rosalili war auch live sehr angesagt. Woran erinnert Ihr Euch besonders, wenn Ihr an die Konzerte mit Rosalili zurück denkt? Gütt: An die ersten Konzerte nach dem Erfolg, als allein wegen uns bis zu 5000 Leute gekommen sind.

Es gab auch Auslands-Einsätze: In welchen Ländern habt Ihr Konzerte gespielt?
Henne: Wir hatten damals in Polen und in der CSSR vereinzelte Konzerte. Im April 1986 waren wir mit Scheselong für längere Zeit auf einer Polentour. Wir waren gerade in Warschau, als sich die Katastrophe in Tschernobyl ereignete.
1988 waren wir dann mit der Gruppe Zebra sieben Wochen in der gesamten damaligen UdSSR unterwegs. Und im selben Jahr durften wir auch noch nach Kuba. Das war für uns schon etwas Besonderes.

Was habt Ihr für Erinnerungen an Eure Konzertreisen? Welche schönen Erinnerungen sind geblieben, welche sind weniger schön?
Gütt: Die Tourneen waren alle klasse, es gab keine großen Unterschiede für uns. Weniger schön war damals die Tour in Russland. Es war für uns die Hölle.
Henne: Heute aber, wenn man darüber nachdenkt, war eigentlich alles super schön und lustig. Damals waren eben doch andere Zeiten. Es war grad die Umbruchstimmung in Russland und wir wussten teilweise nicht, wie wir uns verhalten sollten. Die Konzerte waren unterschiedlich gut oder nicht so gut besucht. Wir mussten quasi schon damals gegen die große Westwelt antreten, denn die waren plötzlich auch alle in Russland.

Wie habt Ihr speziell die Wende erlebt? Wo seid Ihr gewesen als die Mauer fiel und wie war die Zeit danach für Euch?
Gütt: Holger, Andy und ich sind gleich rüber...
Henne: Ich habe im Fernsehen die Grenzöffnung mitbekommen, aber nicht wirklich ernst genommen und mich dann ins Bett schlafen gelegt. Erst am nächsten Morgen bekam ich die plötzliche Leere vor meiner Haustür in Berlin mit und bin dann auch mal abends rüber gucken gefahren ;-)
Wir spielten zu der Zeit noch einige Konzerte. Vorher waren wir gerade auf Inka-Tour. Am 17. Dezember 1989 waren wir das erste Mal im Westen, zu einem Konzert in Paderborn. Dieses Konzert war schon sehr lange geplant, schon vor der Wende. Für uns war es dann sehr komisch, so ohne weiteres nach Paderborn fahren zu können. Dieses Konzert kann man eigentlich auch als Abschluss bezeichnen, denn ab da gab es dann eine Menge Unstimmigkeiten in der Band, und es gab den eigentlichen Bruch. Jeder wollte was anderes machen.

Von Rosalili war erst drei Jahre später wieder etwas zu hören, da habt Ihr nämlich die Maxi CD "Endlich lieben" produziert und veröffentlicht. Die Songs auf der Maxi sind absolut toll, zeitlos und könnten ohne weiteres auch heute erscheinen. Wie ist sie entstanden?
Henry Walter (zu der Zeit Bassist bei Rosalili, er saß während des Interviews mit am Kneipentisch, Anm. d. Red.) "Endlich Lieben" war eine Single mit einer B-Seite und wurde von Maschine geschrieben. Zu der Zeit waren Gütt und Henne nicht mehr dabei. Dem zu Folge können sie ab hier nicht mehr so viel dazu sagen.

War damals auch ein Album geplant?
Henry: Nein, ein Album war nicht geplant.

Warum glaubst Du, ist die CD kein Erfolg geworden. An der Musik kann es kaum gelegen haben. War es die Herkunft der Band und der Stempel "Ost", den man den Musikern früher gerne mal aufgedrückt hat, oder ist die einfach nicht ausreichend beworben worden? Und warum ging's danach nicht weiter?
Henry: Die CD ist nicht ausreichend bekannt gemacht worden und wurde dementsprechend schlecht verkauft. Danach kam Luci van Org mit dem Projekt "Lucilectric" ins Spiel. Andy Birr und ich spielten ab sofort dort und hatten keine Zeit mehr für Rosalili. Die Band löste sich deshalb auf...

Zwischen dem Ende von Rosalili und der Gründung von Bell Book & Candle lag nicht viel Zeit. Gab es die Idee zu BBC schon zu Zeiten von Rosalili?
Henne: Die Idee zu Bell Book & Candle entstand 1994. Ich hatte die Idee dazu, denn Jana wollte zu der Zeit singen. Ich rief Andy an, ob er nicht Lust hätte wieder mit mir Musik zu machen. Er sagte "Ja" und wir kauften uns eine Akustik-Gitarre, ein Keyboard, einen Computer und eine Bandmaschine. Dann fingen wir an zu komponieren, was für uns totales Neuland war. Wir waren ja zu Rosalili-Zeiten beide nicht wirklich die Schreiber und Komponisten. Das heißt, damals wurde anders Musik gemacht. Man probte und entwickelte die Musik als Band gemeinsam. Wir beide mussten uns erst mal mit dem neuen Zeug vertraut machen und komponierten zwei Jahre lang. Dann kam plötzlich der Hit dabei raus. So einfach ist das... :-)

Was habt Ihr Euch damals von "Bell Book & Candle" versprochen?
Henne: Wir wollten mit der Idee so schnell wie möglich berühmt werden. Jana fragte sich gleich zum Anfang was Sie denn bei unseren Preisverleihungen anziehen solle????? ;-)
Das hat sie uns damals wirklich wörtlich gefragt!

Wenn man auf die recht kurze Zeit von Rosalili zurückblickt, was waren für Euch die schönsten Momente mit der Band und was die weniger schönen?
Henne: Das schönste an der Rosalili-Zeit waren allgemein das Bandgefüge, der damalige Zusammenhalt und eben unsere Freundschaft, die ja schon aus der Schulzeit da war. Wir haben ja irgendwie alle unsere schönste Zeit zusammen erlebt, und zwar unsere Jugend mit Erfolg und totaler Unbefangenheit...

Würdet Ihr heute alles noch mal so machen, wie Ihr es gemacht habt, oder würdet Ihr das eine oder andere möglicherweise anders machen?
Henne: Ich würde alles noch mal so machen. Es war alles wunderschön.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Gruppe Rosalili noch mal gemeinsam auf der Bühne stehen wird, bzw. besteht die Chance auf ein Comeback?
Gütt: Ich denke nicht.

Möchtet Ihr abschließend noch ein paar Worte an unsere Leser richten?
Henne: Es gibt immer Höhen und Tiefen im Leben, es kommt bloß darauf an, was man daraus macht.


Interview: Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Archiv Rosalili, Herbert Schulze


 

   
   
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