lp1 20130307 1344259769 lp2 20130307 1790301454 lp3 20130307 1850097225 lp4 20130307 1296225896 lp5 20130307 1284308527

 

Sandra

 

 
Wenn ein Künstler in mehreren Ländern und sogar auf anderen Kontinenten erfolgreich Platten verkauft hat und in den Hitparaden ganz oben zu finden war, dann kann man wohl nur von einem Weltstar sprechen. Und das ist Sandra auch! Die gebürtige Saarländerin wohnt inzwischen seit vielen Jahren auf Ibiza. In den 80ern gehörte sie zu den Pop-Musikerinnen, die eine ganze Dekade stilprägend mitgestaltet haben. Sei es optisch oder künstlerisch: Sandra setzte Trends! Bis Mitte der 90er war sie aus den Hitparaden überhaupt nicht weg zu denken.003 20130307 1428642488 Dabei fing es für sie in Deutschland gar nicht so vielversprechend an...Eine erste Schallplatte als Kinderstar erschien bereits Mitte der 70er, wurde kommerziell gesehen aber kein Hit. Ende der 70er bis 1984 gehörte sie zur Formation "Arabesque", die überwiegend in Japan Erfolge feiern konnte, in Deutschland aber immer ein "Insider-Tipp" blieb. Als Frontfrau dieser Mädchenband war sie maßgeblich am Sound und am Stil dieser Gruppe beteiligt. Mitte der 80er war sie dann als Solokünstlerin aktiv und sehr erfolgreich. Produziert von ihrem langjährigen Ehemann Michael Cretu wurden Lieder wie z.B. "Maria Magdalena", "Hiroshima", "Secret Land" oder "Johnny Wanna Live" zu Hits. Inzwischen sind sie Klassiker, die nach wie vor im Radio ausreichend und sehr gut vertreten sind. Auch nach über 30 Jahren Showgeschäft ist Sandra immer noch aktiv und produziert neue Alben. Die letzte CD ist in diesem Jahr erschienen und trägt den Titel "Back To Life". Endlich ist es soweit, und eine der großartigsten Sängerinnen unseres Landes ist Gast bei Deutsche-Mugge. Der "Exportschlager" in Sachen "deutsche Popmusik" hat große Pläne, eine starke CD im Gepäck, und viele Überraschungen parat. Wir trafen auf eine lebenslustige, freundliche und gut aufgelegte Künstlerin, die uns jede Eurer und unserer Fragen zu ihrer Karriere, ihrer Musik und ihren Plänen für die Zukunft beantwortete...
 

 

Hallo Sandra, Dein im März erschienenes Album "Back To Life" schaffte es zwischenzeitlich sogar bis auf Platz 26 der deutschen Album-Charts. Wie zufrieden bist Du mit dem Abschneiden der CD bis jetzt?
Ich habe mir ehrlich gesagt eigentlich mehr erwartet. Ich habe aber die Hoffnung, dass sich da noch einiges ergibt. Aber Platz 26 in den Charts... ich glaube, dass es höher war?!
 
 

Das kann sein, ich habe die Info aus dem Netz...
Soviel ich weiß, war das Album kurzzeitig auf Platz 16 und ist dann auf Platz 26 zurück gefallen.

 

Für die Leute, die Dein Album bis jetzt noch nicht kennen erzähl uns doch bitte etwas über die Songs und die Arbeit an dem Album.
Die Arbeit an dem Album war sehr interessant und ganz anders als sonst. Zum einen, weil ich mit einem ganz neuen Team gearbeitet habe. Ich war ziemlich oft in New York und habe dort mit Tobi Gad gearbeitet. Das ist der Produzent u.a. von Fergie und Beyoncé, er hat auch die meisten Songs für die beiden geschrieben und ist der Bruder meines Produzenten Jens Gad, mit dem ich auch schon seit Jahren zusammen arbeite. Ich habe mich bei diesem Album dazu entschlossen, das Ganze ein wenig zu amerikanisieren, ein paar Elemente von R'n B mit rein zu bringen und auch die Balladen etwas anders abzustimmen, als man es sonst von mir kennt. Ich glaube, dass mir das auch sehr gut gelungen ist. Es stellt sich aber die Frage, ob man in Deutschland so was von mir hören möchte oder nicht. Die neuen Lieder klingen durch meine Stimme immer nach Sandra, und jeder weiß sofort wer das ist. Aber die Musik ist sehr modern geworden, und wir haben mit Minimalismus gearbeitet. Die Stimme ist trocken und nicht mit so viel Hall wie man das früher von mir kannte. Es war ein Experiment, das ich unbedingt mal ausprobieren wollte. Ich bin sehr stolz auf das Album. Meiner Meinung nach ist es das beste meiner Alben geworden.

 

olaf 20130307 1516109969Für die Platte hat es sogar ein Duett mit Thomas Anders gegeben. Wie kam der Kontakt zu ihm zustande? Kanntet Ihr Euch schon oder ist es nur für dieses Album zu einer Zusammenarbeit gekommen?
Nein, das war nur für dieses Album. Wir haben uns hier auf Ibiza getroffen und dadurch hat sich das ergeben. Thomas ist inzwischen ein sehr lieber Freund von mir. Damals als ich mich dazu entschlossen habe, das mit ihm zu machen, habe ich ihn am Strand getroffen und wir haben uns ganz allgemein unterhalten, "Hallo, wie geht's?" und so weiter... Ich habe ihm erzählt, dass ich an einem neuen Album arbeite, und dass ich für einen Song einen Duett-Partner suche. Ich sagte zu ihm: "Eigentlich sind unsere Stimmen aus den 80ern doch sehr bekannt. Deine als der männliche Part und meine als der weibliche Part. Lass uns doch mal was zusammen machen." Er fand die Idee gut und wir haben uns ganz kurzfristig entschlossen, uns deshalb zu treffen. Wir sind in mein Studio hier auf Ibiza gegangen und haben das zusammen mit Jens Gad aufgenommen. Das passte auch ganz gut, denn Jens war zu dem Zeitpunkt auch hier, und so kam es dann zu diesem Duett mit Thomas.

 

Wie erwähnt trägt die CD den Titel "Back To Life". Welche Botschaft steckt im Album-Titel?
Ganz einfach: Ich habe mich von meinem Ex-Mann, Michael Cretu, getrennt und arbeite jetzt seit knapp drei Jahren alleine. Vor zwei Jahren habe ich meinen neuen Freund kennen gelernt. Der kommt übrigens bei Dir aus der Ecke, nämlich aus Lünen...

 

Das ist ein Ort weiter von hier...
Genau! Er ist ein gebürtiger Lünener und hat drei Jahre auf Palma gelebt. Wir haben uns hier auf Ibiza kennen gelernt, und er hat sich irgendwann dazu entschlossen, zu mir nach Ibiza zu ziehen. Wir sind jetzt seit zwei Jahren zusammen und werden auch im nächsten Jahr heiraten.

 

Ach so, und deshalb bist Du "Back To Life", also zurück im Leben?!
Ja, genau! Wieder zurück im Leben mit einem anderen Lebensgefühl, denn diese Traurigkeit ist vorbei. Für das erste Album nach der Trennung, das ich alleine gemacht habe, "The Art Of Love" (2007), waren die Texte ziemlich traurig. Mit etwas Abstand betrachtet hört man das auch. Ich glaube, das ist auch nicht das, was die Leute von mir hören wollen. Aber ich habe mir meine Probleme von der Seele geschrieben mit dem "Art Of Love"-Album, und jetzt ist alles wieder gut. Ich bin wieder glücklich, und deswegen "Back To Life". Auch rein musikalisch!

 

Ich glaube aber, dass es einem Künstler zustehen sollte, sich die Sorgen von der Seele zu texten und zu singen...
Ganz genau! Das war damals meine persönliche Therapie (lacht).

 

Kann man Sandra eigentlich auch noch live bei einem Konzert erleben, und wenn ja, wann und wo wäre die nächste Gelegenheit dazu?
Ja, ich hatte mein allererstes Live-Konzert mit sehr sehr guten Musikern vor kurzem in der Schweiz zusammen mit DJ Bobo. Das war am 1. August und ich habe dort ein 60-minütiges Programm gemacht, komplett live mit Chorsängern und fünf Musikern. Daraufhin habe ich mich ein Jahr lang vorbereitet und gearbeitet, und das war der absolute Wahnsinn! Jetzt habe ich da Blut geleckt und will das öfters tun. Ich bin auch sehr viel in Moskau unterwegs und ab jetzt wird's mich auch sehr viel live auf der Bühne geben.

 

andy 20130307 1372466153Du bist schon sehr früh ins Showgeschäft eingestiegen. Wenn ich richtig gerechnet habe, hast Du schon im Alter von 12 Jahren eine Platte eingesungen...
Richtig!

 

Wie ist es damals dazu gekommen? Bist Du entdeckt worden? Wie war das?
Ich habe immer gewusst, was ich kann. Irgendwann war bei uns eine Veranstaltung, wo ich meine Platten unter den Arm genommen habe, damit zum DJ gegangen bin und gesagt habe: "Ich will jetzt singen." Das war ein Kinderwettbewerb und ich war mit meinen Eltern dort. Ich war zu dieser Veranstaltung aber nicht angemeldet und habe das heimlich gemacht. Ich bin ans Auto, habe meine Platten rausgeholt und bin damit zum DJ gegangen. Dieser Song Contest für kleine Kinder war so schlimm, da habe ich gedacht: "Was die können, kannst Du schon lange und noch viel besser." Dann habe ich das einfach gemacht, stand dort auf der Bühne und habe gesungen. Als ich zu meinen Eltern zurück kam, waren da schon ein paar Produzenten, die mit mir zusammen arbeiten wollten. Und so kam es, dass wir einen Titel aufgenommen haben. "Andy mein Freund" hieß der damals, und war noch auf Deutsch. Das war der Beginn meiner Karriere, die dann mit 16 richtig professionell wurde.

 

Was passierte, als die Platte veröffentlicht wurde?
Naja, ich war damals noch ein Schulmädchen. Dadurch war es natürlich schwierig, die Platte richtig zu promoten, weil ich immer in die Schule musste. Deswegen fand damals auch gar nicht viel Promotion statt. Das waren ein paar Besuche bei Radiostationen in Mannheim und um Saarbrücken herum. Weiter weg durfte das wegen der Schule nicht sein. Das hat mir damals aber richtig viel Spaß gemacht und ich habe mich dann entschlossen, dass ich nur Sängerin werden wollte, und sonst nichts anderes. Ich war zwar auch Ballett-Tänzerin, habe mich dann aber nur noch auf den Gesang konzentriert.

 

Knapp vier Jahre später kam dann schon die Gruppe Arabesque, bei der Du sehr lange Leadsängerin gewesen bist.
Ja, das stimmt. Ich war sieben Jahre dabei.

 

Als Du dazu gestoßen bist, gab es die Gruppe aber schon, richtig?
Die gab es schon, ja! Sie hatten auch schon einen Song veröffentlicht, der hieß "Hello Mr. Monkey", bei dem habe ich noch nicht mitgesungen. Die damalige Leadsängerin wurde schwanger und deshalb suchte man eine neue. Es wurde ein Casting mit 3000 Mädchen gemacht, die aber alle nicht meine Tonart hatten. Und da kam man dann wieder auf mich zurück. Mit 16 war ich mit meiner Ausbildung beschäftigt, und meine Eltern hatten es mir gar nicht gesagt, dass da ein Produzent aus Frankfurt angerufen hatte. Die haben dann tatsächlich drei Monate später noch mal angerufen und wollten es mit mir unbedingt ausprobieren. Daraufhin bin ich nach Frankfurt ins Studio gefahren und habe dort den Test gemacht. Danach haben die mich sofort genommen und schon zwei Monate später ging's nach Tokio. Ich war damals 16 Jahre alt und es ging da schon richtig ab mit dem Erfolg.

 

Und wie war die Stimmung in der Band damals?
Die Stimmung war sehr gut. Ich war das "Küken", denn ich war die jüngste. Das war Superklasse. Wir sind sieben Jahre lang wie Geschwister zusammen gewesen.

 

Bevor sich die endgültige Besetzung herausgebildet hat, gab es noch einige Personalwechsel. Ist es richtig, dass Arabesque keine gewachsene Gruppe sondern eine zusammengestellte Band war?
Das ist eine sehr gute Frage! Im Prinzip wurden wir damals genauso gecastet, wie die Jungs und Mädchen in den heutigen TV-Shows auch. Zuerst waren es die drei Mädchen, dann ging die Leadsängerin wegen Schwangerschaft und deshalb kam ich. Im Prinzip wurden wir gecastet, ja! Michaela Rose wollte unbedingt eine Band gründen, und sie hat das Ganze so ein bisschen ins Leben gerufen. Deshalb wurden weitere Mädchen gesucht. Man darf bei Arabesque nicht vergessen, dass ich die Leadsängerin war, die auch die Chöre im Studio eingesungen hat. Die Rollen der anderen beiden Mädchen waren deshalb nicht so wichtig wie mein Part. Ohne die Leadsängerin wäre die Band sofort auseinander gegangen.

 

Wie sind die Songs von Arabesque entstanden? Wer war für die Kompositionen und die Texte verantwortlich? Wie kann man sich das Arbeiten innerhalb der Gruppe vorstellen?
Für die Songs war Jean Frankfurter, der mit richtigem Namen Erich Liessmann heißt, zuständig. Das war ein Arrangeur aus der Frankfurter Gegend, der auch heute noch Songs schreibt, z.B. für Claudia Jung. Außerdem dabei war Wolfgang Mewes, der Chef vom Verlag "Melodie der Welt" in Frankfurt. Das war so eine Art Vaterfigur für mich, ein richtiger Grand Seigneur. Ich musste damals sofort nach Frankfurt ziehen, war ja noch keine 18 und hatte trotzdem meine eigene Wohnung. Meine Eltern wollten sich absichern, dass ich da in guten Händen bin, und deshalb hat sich Wolfgang Mewes da um mich gekümmert.

 

Ihr habt mit Arabesque in Deutschland einige TV-Auftritte gehabt, und die Single "Marigot Bay" war ein kleiner Top 20 Hit. So richtig wollte das in Europa aber nicht zünden. In Japan hingegen wurde jede Single praktisch ein Hit und Ihr seid dort gefeierte Stars gewesen. Warum funktionierte das in Japan, aber nicht in Deutschland mit dem Erfolg?
Wenn ich das wüsste... Warum ist in Hiroshima die Bombe gefallen und hier nicht? Da steckt man nicht drin. Die Japaner sind ausgeflippt auf meine hohe, piepsige Stimme die ich damals hatte. Das ist ein sehr verspieltes Volk, und die fanden das damals ganz toll. Es ist mir ein Rätsel, warum das hier nicht geklappt hat. Der erste Song wurde in Japan sofort eine Nummer 1 und wir wurden dort gefeiert. Das war unglaublich, wir konnten dort nicht mehr auf die Straße gehen. Nur noch vermummt. Was in Japan und Korea wegen Arabesque los war, war Wahnsinn! Und das über mehrere Jahre. Wir waren jedes Jahr in Japan und haben dort unsere Konzerte gegeben, d.h. zwei bis drei mal sogar im Jahr. In Deutschland waren wir Platz 8 mit "Marigot Bay" und Platz 11 mit "Take Me Don't Break Me", und damit auch im "Musikladen" und anderen Sendungen, die es damals gab. Aber wir waren den größten Teil des Jahres in Japan und weniger in Deutschland.

 

Das richtig große Interesse an Arabesque in Deutschland kam - glaube ich - auch erst später, als es die Band schon gar nicht mehr gegeben hat.
Ja, das stimmt!

 

japanistweit 20130307 1066378781Mal abgesehen von dem Hype: Was waren die größten Unterschiede zwischen Japan und Deutschland für Dich persönlich?
Es ist schon ein sehr großer Unterschied, wenn Du in Japan vor 40000 Leuten aufgetreten bist und dann nach Deutschland zurück kommst und hier in einer Diskothek vor 30 Leuten auftrittst, wovon Dir 10 noch den Rücken zukehren. Da lernst Du ganz schnell, mit den Füßen auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Das war einer der größten Unterschiede und das war auch grundsätzlich so. In Deutschland wollte man von uns nicht so richtig etwas wissen. Da gab es zu der Zeit Bananarama und Cloud, und die waren mehr angesagt, und bei den Fernsehstationen hat man zuerst diese Bands gebucht. Ich wollte dann irgendwann aber auch in Deutschland und Europa erfolgreich sein, und bin dann bei Arabesque ausgestiegen. Danach habe ich als Solokünstlerin mit Michael Cretu zusammen gearbeitet, und gleich die erste Single "Maria Magdalena" ist dann so explodiert. Und wenn ich heute nach Japan komme, habe ich immer noch mit meinen Solosachen den gleichen Erfolg wie mit Arabesque. Dazu dann eben auch - anders als mit Arabesque - in Europa.

 

Du hast Anfang der 80er, das muss noch zu Zeiten von Arabesque oder kurz danach gewesen sein, eine Coverversion des Alphaville-Hits "Big In Japan" veröffentlicht. Er hieß "Japan ist weit". War das eine Hommage an das Land, in dem Du mit Deiner Gruppe so einen großartigen Erfolg hattest, oder welche Idee steckte hinter diesem Song?

Nein, das hatte damit eigentlich nichts zu tun. Mir hat nur der Song von Alphaville damals sehr gut gefallen. Die Coverversion entstand in der Testphase, in der wir geschaut haben, wo wir mit meiner Solokarriere eigentlich hin wollen. Wir haben da einige Sachen auf Deutsch aufgenommen, ich hatte mich aber schon entschieden, unbedingt auf Englisch weiter zu machen, denn wenn es erfolgreich werden sollte, sollte es auch international und nicht nur in Deutschland laufen. Ich wollte mich da nicht selbst der Sprache wegen limitieren. Ich bin deshalb als allererstes, weil mein Englisch auch so schlecht war, nach London gegangen, habe mir dort eine Wohnung gesucht und habe dort in einem Crash-Kurs sieben Stunden am Tag eine Gesangsausbildung und dazu noch zwei Stunden am Tag eine Schlagzeugausbildung gemacht. So habe ich meinen Tag verbracht. Das habe ich ein Jahr lang gemacht, und direkt im Anschluss kam "Maria Magdalena".

 

Bei wem hast Du Gesangsunterricht gehabt? War das eine Schule oder ein einzelner Lehrer?
Das war privat bei Helen Chanel. Die hat auch schon Paul Young Gesangsunterricht gegeben.

 

Arabesque löste sich offiziell im Jahre 1984 auf. Du hast gesagt, Du bist aus persönlichen Gründen gegangen. War der fehlende Erfolg in Europa der einzige Grund dafür, oder gab es noch weitere? Und warum haben die anderen beiden Damen nicht weiter gemacht?
Naja, ich glaube, die hatten nach sieben Jahren auch ein bisschen die Nase voll. Etwas später haben Jasmin und Michaela unter dem Namen "Rouge" weitergemacht und mit Ralph Siegel zusammen gearbeitet. Das hat aber nicht funktioniert. Ich habe gehört, dass Michaela unter dem Namen "Arabesque" in Russland wieder unterwegs ist. Von der letzten Besetzung ist aber nur noch Michaela dabei, denn Jasmin ist in Arabien verheiratet und hat inzwischen drei Kinder. Und Michaela ist jetzt viel in Russland unterwegs. Sie doppelt meine Stimme und lässt das Band im Halbplayback laufen. Es ist schon unglaublich, was die sich einfallen lässt, um wieder mit Arabesque auf die Bühne zu können. Sie geht auf die Bühne und singt meine Stimme, das ist schon witzig. Naja, aber ich glaube, den Russen ist das auch egal, Hauptsache da steht Arabesque.

 

Das habe ich auch gelesen, dass Deine ehemalige Kollegin Michaela die Gruppe mit diesem Namen wieder belebt hat, aber dass außer ihr keines der Originalmädels mehr dabei ist. Hast Du da im Vorfeld nichts mitbekommen?
Mitbekommen habe ich das, weil ich auch in Moskau viel unterwegs bin, und fand das schon ziemlich empörend, dass sie da mit meiner Stimme auf die Bühne geht (lacht).

 

Normalerweise versucht man bei einem Comeback doch, so viele Originalmitglieder wie möglich mit auf die Bühne zu holen...
Aber sie weiß ganz genau, dass ich das nicht machen würde. Aber wer's braucht und nötig hat... Ich lache darüber und stehe auch drüber.

 

Was anderes kann man ja auch nicht, denn Arabesque ohne Sandra ist nicht Arabesque. Wie auch immer... Du selbst hast - wie schon erwähnt - 1985 mit der Single "Maria Magdalena" voll abgeräumt. Es wurde ein internationaler Hit. Wie überraschend war dieser Erfolg für Dich, der sich nach dieser Single ja weiter fortsetzte?
Was heißt überraschend… Meine Schallplattenfirma, die Virgin, hatte vorher in Deutschland versucht, mit dem Song ins Fernsehen und Radio zu kommen. Das war aber kaum möglich, weil immer die Antwort kam: "Wer ist denn diese Sandra? Die kennt man nicht. Warten wir mal noch ab", und so was. Wir hatten es aber durchgesetzt, dass dieses Lied in ganz Europa veröffentlicht wird, später auch in Südamerika. Das Witzige war, dass die Single im August in Italien, Spanien und in weiteren Ländern, wo die Deutschen in Urlaub waren, auf Nummer 1 ging. Die Urlauber sind zurück nach Deutschland gekommen und wollten da die Platte kaufen, und deshalb wurde die Single erst Ende August die Nummer 1 in Deutschland. Erst dann haben die TV-Sender gesagt: "Jetzt ist es die neue Nummer 1, jetzt müssen wir sie holen." Auch die Radiostationen haben dann den Song gespielt, weil sie sich gesagt haben: "Das Lied ist Nummer Eins, wenn wir das nicht spielen, sind wir nicht aktuell." Ich wurde am Anfang damit total abgelehnt und man kann sagen, dass "Maria Magdalena" erst über das Ausland zum Hit wurde.

 

Damit bist Du nicht alleine. Da gab es noch andere Künstler, die die gleichen Erfahrungen machen mussten, wie z.B. unser "Stargast" aus 5/2008, The Twins mit ihrem "Ballet Dancer". Ich glaube, so was ist auch typisch Deutsch...
Ja, das ist typisch Deutsch: Der Prophet im eigenen Land gilt nichts. Man muss schon Engländer oder Amerikaner sein. Das fand ich schon immer so was von lächerlich. Aber es hat am Ende dann doch funktioniert (lacht).

 

Der Song ist - so kann man lesen - in Zusammenarbeit mit Hubert Kah entstanden. Wie hat diese Zusammenarbeit ausgesehen? Er ist sogar im Background auf der Platte zu hören...
Ja, Hubert singt die Chöre, und das auch bei einigen anderen Songs. Michael Cretu hat Hubert Kah Mitte der 80er produziert. Er war bei uns auch ständig zu Hause, denn Michael und er haben zusammen Songs geschrieben. Irgendwann hatte Hubert einen Song geschrieben, der "Maria Magdalena" hieß, und Michael sagte: "Oh, das klingt sehr gut, ich mache den Vers dazu. Sandra setz dich mal hin und sing mal die Melodie." Wir haben ihn demomäßig aufgenommen und Michael und Hubert haben entschieden, dass er mit mir als Sängerin am besten klingt. Daraufhin haben wir den aufgenommen. So ist der Song und die Zusammenarbeit mit Hubert entstanden.

 

Deine Solokarriere und die Erfolge sind ja unweigerlich auch mit dem Namen Michael Cretu verknüpft, der auch lange Jahre Dein Ehemann war. Wie hast Du Michael kennen gelernt, und wie kam es dazu, dass er Dich produziert hat?
Michael war mein Keyboarder in Japan. Er gehörte zur Crew, die für Arabesque live gespielt hat. Da waren der ehemalige Rattles-Schlagzeuger Dicky Tarrach, Tissy Thiers aus Hamburg am Bass, Max Björklund aus München (Gitarre, Anm. d. Verf.) und eben Michael Cretu. Das war die Vierergruppe, die damals im Studio für Arabesque die Playbacks aufgenommen hat.

 

001 20130307 1772178582Aha, das ist ja auch fast die Besetzung der später von Michael Cretu unterstützen Gruppe MOTI SPECIAL...
Ja genau, das war praktisch MOTI SPECIAL. Es war praktisch eine Studio-Clique, die auch für uns die Musik eingespielt und uns in Japan auf der Bühne begleitet hat. Wir waren 1982 zusammen auf Japan-Tournee, und da habe ich mich in meinen Keyboarder verliebt. Dann haben wir zusammen gelebt, ich habe mich 1984 von der Band getrennt und ab 1985 mit ihm zusammen auch gearbeitet. Wir waren fast 24 Jahre liiert.

 

Du hast ab 1985 bis zum Ende des Jahrzehnts jedes Jahr ein neues Album veröffentlicht, und die daraus ausgekoppelten Singles waren durch die Bank erfolgreich. Haben Du und Michael damals überhaupt ein Privatleben gehabt? Das muss ja alles sehr zeitaufwändig gewesen sein...
Unser Privatleben gestaltete sich sehr sehr schwierig und bestand fast ausschließlich aus Arbeit im Studio. Es gab praktisch kein Privatleben. Es gab die Musik, das war unser Privatleben und unser Thema Tag und Nacht. Wir haben uns aber geliebt, das darf man dabei nicht vergessen, und wir waren ja auch sehr lange zusammen. Wir haben in einem gemeinsamen Haus zusammen gelebt, und in diesem Haus befand sich auch das Studio. Das war unser Leben. Dazu kam, dass ich damals, seit dem ersten Hit "Maria Magdalena", auch sehr viel unterwegs war. Ich habe das mal für 1991 ausgerechnet, weil es das erfolgreichste Jahr meiner Karriere war, und habe festgestellt, dass ich da 359 Tage im Jahr unterwegs war. Das war natürlich hart. Es gab eine TV-Sendung nach der anderen, ich war sehr viel in Frankreich unterwegs, wo ich die meisten Platten verkauft habe, außerdem in Italien und sieben Wochen am Stück in Südamerika, insgesamt 3 ½ Mal um die Welt, dabei auch noch mal in Japan und Korea. Es war ja nicht nur Deutschland, wo ich unterwegs war.

 

Du hast es vorhin schon erwähnt, dass Dich die Japaner auch solo ins Herz geschlossen hatten und der Erfolg dort genauso groß war wie mit Arabesque... Die haben Dich da nicht vergessen, oder?
Nein, bis heute nicht.

 

Das Lied "Everlasting Love" wurde 1988 in England ebenfalls auf Single veröffentlicht, allerdings in einem anderen Mix als in Deutschland. Die Mischung der Scheibe hat das Produzententeam Stock-Aitken-Waterman teilweise übernommen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit, und hat es einen persönlichen Kontakt mit der Hitschmiede aus UK gegeben?
Das war eine Sache zwischen den Managern. Mein Manager sagte zu mir: "Stock-Aitken-Waterman haben einen Hit nach dem anderen. Die wollen unbedingt was mit Dir machen." Zuerst hatte ich das abgelehnt, weil ich ja einen sehr guten Produzenten hatte, aber mein Manager meinte, dass das vielleicht gar nicht schlecht wäre, wenn die "Everlasting Love" abmischen würden. Dann haben wir das Songmaterial zu Stock-Aitken-Waterman rüber geschickt, und ich habe mich bis heute darüber geärgert, dass die während der Produktion meine Originalstimme gelöscht haben. Aber das ist am Ende ganz witzig geworden. Inzwischen habe ich "Everlasting Love" neu aufgenommen und das ist für mich überhaupt kein Problem mehr.

 

Neben Deiner Solokarriere hast Du Dich aber auch an dem Projekt "Enigma" von Michael Cretu ab 1989/1990 beteiligt, stimmt das? Wie umfangreich war die Mitarbeit Deinerseits an diesem Projekt, mal abgesehen vom Gesang?
Wenn man davon ausgeht, dass die Platte bei uns zu Hause entstanden ist und ich dabei Tag und Nacht im Studio war, ich das gehört habe, was Michael da macht und es genauso auswendig kenne wie meine eigene Musik, dann ist mein Anteil daran schon sehr groß. Die ganzen Ideen dazu sind ja auch in meinem Beisein entstanden. Ich kenne das alles in und auswendig. Natürlich ist das wie mein eigenes Projekt gewesen. Auch die Sprachstimmen auf Französisch, habe ich immer sehr gerne gemacht. Deswegen war ich für Enigma auch sehr viel im Studio in den ganzen Jahren. Auch nach 1995, als die Kinder kamen und ich gesagt habe: "So, jetzt kannst Du nicht mehr so viel unterwegs sein. Jetzt ist Schluss", ich diese acht Jahre Pause gemacht, und mich für die Kinder entschieden habe, war ich trotzdem die ganze Zeit mit im Studio. Wenn die Kinder im Bettchen waren, war ich im Studio.

 

Also war das doch nichts mit dem kompletten Rückzug?
Nein (lacht).

 

"Fading Shades" war im Sommer 1995 erstmal das letzte Album von Sandra. Du hast Dich dann wie gerade erwähnt ins Privatleben zurückgezogen. Gab es neben der Familienplanung noch andere Gründe für den kompletten Rückzug aus dem Showgeschäft?
Nein, ich wollte zusammen mit den Kindern ein Familienleben haben. Und dieses Hopplahopp und zwischen Tür und Angel, das wollte ich nicht mehr.

 

Viele Leute machen in kreativen Pausen einen Strich unter ihre bisherige Karriere und ziehen eine Bilanz. Hast Du das auch getan? Welche Momente in Deiner Karriere bis zu diesem Zeitpunkt waren für Dich die schönsten, welche die weniger schönen?
Also die schönsten Jahre waren natürlich die 80er! Da komme ich gar nicht drum herum, denn das war wirklich eine wunderschöne Zeit. Die schönste Zeit meines Lebens war dann die mit meinen Kindern. Die habe ich sehr genossen, und im Moment leide ich sehr, denn sie sind jetzt auf einem Internat in England und ich sehe sie nur noch in den Ferien oder alle drei Wochen mal für zwei Tage. Das ist etwas ganz Schlimmes für mich. Aber die Zeit davor habe ich sehr genossen. Wenn man Vollblutmusiker und Sängerin ist so wie ich, dann zieht es einen immer wieder auf die Bühne zurück. Ich habe auch immer wieder neue Ideen, und so lange ich einen so großen Fan-Club habe, die Fans immer wieder nach mir rufen und man mich noch haben will, solange gehe ich dann auch gerne auf die Bühne. Aber mit 60 oder 70 noch auf die Bühne gehen, das ist wohl nicht mein Ding.

 

Oder Du wechselst das Fach und machst Jazz oder Blues, dann kannst Du Deinen Beruf auch noch bis ins hohe Alter ausüben...
Das könnte ich auch machen, ja. Ich könnte ja alle Songs mal als Jazznummern aufnehmen. Das war übrigens mal eine Überlegung (lacht).

 

Du hast in der Zeit Zwillinge bekommen. Welcher Job ist anstrengender? Der der erfolgreichen Popsängerin oder der der Mutter von Zwillingen?
Ach, das kann man doch gar nicht vergleichen. Man macht beides aus dem Herzen. Man erzieht die Kinder aus dem Herzen und damit ist man 24 Stunden am Tag beschäftigt, vor allem auch mit so kleinen Babies. Mit der Musikbranche ist es das selbe. Man tut es aus Liebe, und man tut es, weil man seinen Beruf und die Musik liebt. Aber man kann die Erziehung eines Kindes nicht mit einem Beruf vergleichen. Das hat mir beides sehr viel Spaß gemacht.

 

Ich denke auch, dass beides ein Traum ist. Kinder sind es, und die Tatsache, dass man sein Hobby zum Beruf machen kann, ja auch...
Die Kinder waren wirklich ein Traum, der in Erfüllung ging. Wir haben schließlich auch sieben Jahre gekämpft bis ich endlich schwanger wurde. Ich war eben viel unterwegs. Aber als ich meine Zwillinge bekam, war ich die glücklichste Frau der Welt. Da war die Musik erstmal zweitrangig.

 

Die sieben Jahre Pause hast Du im Jahre 2002 beendet und mit dem Album "Wheel Of Time" Dein Comeback gefeiert. Waren die Langeweile und die Sehnsucht, den Beruf wieder ausüben zu können, so groß, dass Du wiedergekommen bist?
Nein, es waren eigentlich die Fans, die mich dazu animiert haben. Immer wieder die Briefe und die eMails, die wir hier bekommen haben mit den Fragen: "Wann kommt endlich ein neues Album?" oder "Kommt bald ein neues Album?". Außerdem habe ich immer sehr gerne mit Jens Gad zusammen gearbeitet, der für mich wie ein Bruder ist. Er hatte immer sehr gute Ideen und ganz spontan immer mal wieder was gemacht, und aufgrund dieser Umstände hat sich das Ganze dann so ergeben. "Wheel Of Time" im Jahre 2002 war das letzte Album, das ich mit Michael zusammen gemacht habe.

 

Auf der Platte befindet sich auch die Coverversion des Talk Talk-Hits "Such A Shame", die gleichzeitig auch eine Singleauskopplung war. Warum hast Du ausgerechnet diesen Song für ein Cover gewählt?
Das war in den 80ern ein Lieblingssong von Michael und von mir, nachdem wir uns kennen gelernt hatten. Außerdem mochte ich die Gruppe TALK TALK immer sehr gerne. Dazu kam, dass es bei mir schon fast eine Tradition war, dass es auf meinen Alben immer eine Coverversion gab. Meine Fans haben das auch immer gerne akzeptiert, und damals kam die Idee, eine von TALK TALK zu machen.

 

E008 20130307 2014488415s gibt ja Coverversionen und Coverversionen. Deine waren immer sehr durchdacht und anspruchsvoll. Außerdem stets eine eigene Interpretation des Original, die ganz anders war. Es gab aber speziell in den 90ern nahezu zu allen Hits der 80er eine Dance- oder Techno-Version, wovon 90% wirklich Müll waren. Wie stehst Du generell zu Coverversionen, wenn z.B. einer kommt und von Deinen Hits eine Coverversion veröffentlichen will, die nicht Deinen Geschmack trifft?
Das finde ich grausam! Ich bin der Meinung, dass wenn man eine Coverversion macht, man niemals in Konkurrenz zum Original stehen sollte. Das ist das Geheimnis. Ich kann z.B. niemals die Konkurrenz von TALK TALK sein, weil ich eine Frau bin. Das gleiche bei "Everlasting Love", das ich damals gemacht habe. Manche Songs aus den 60ern klingen so düster, und das mag ich irgendwie nicht. Andererseits würde ich mich niemals trauen, einen Beatles-Song zu covern. Das steht mir einfach nicht zu. Und es gibt da sehr viele Künstler, die das einfach verkennen. Ich habe mir bei jeder Coverversion gedacht, dass ich das Lied anders präsentieren kann. Nicht besser als das Original, aber vielleicht besser als das, was man kennt oder im Ohr hat. Ich wollte es immer anders verpacken und ich glaube, dass mir das immer sehr gut gelungen ist. Wenn jetzt jemand z.B. "Maria Magdalena" covern will, wird das schwierig. Es kann auch nur ein Mädchen oder eine Frau singen, und es gibt kein anderes Mädchen, das meine Stimme hat. Eine Stimme ist ja immer einmalig. Das soll jetzt nicht arrogant klingen, aber das ist nun mal so. Meine Stimme ist auch einmalig und sie hat einen Wiedererkennungswert. Man erkennt sie aus 1000 Platten heraus und man weiß sofort, dass da Sandra zu hören ist. Und ich weiß nicht, ob es noch gut klingt, wenn man "Maria Magdalena" mit einer tieferen Stimme singt. Das könnte sein, man müsste es pobieren. Aber man muss sich immer überlegen, ob das dann besser ist als das Original.

 

Wirst Du eigentlich vorher gefragt, wenn jemand einen Deiner Songs covern will?
Die Anfragen gehen immer an mein Management. Viele der Songs habe ich selbst ja nicht geschrieben, darum hätte ich eigentlich gar kein Mitspracherecht. Ich werde aber trotzdem gefragt, weil es meine Hits waren. Und zu manchen Songs sage ich "Ja", zu manchen aber auch "Nein". Das wird dann akzeptiert. Aber im Prinzip könnte das jeder machen, ob ich wollte oder nicht.

 

Du bist einer der wenigen deutschen Künstler, der mit all seinen Alben in den Album-Charts einsteigen konnte. Dagegen stehen einige Singles - speziell aus der Zeit nach 1992 - die keine oder eine eher abgeschlagene Chartnotierung vorweisen können. Würdest Du mir zustimmen, wenn ich sage: Sandra ist inzwischen eine Albumkünstlerin geworden, die nicht unbedingt einen Singlehit braucht um erfolgreich zu sein?
Ja, ich bin ein Album-Act. Ich habe damals in den 80ern schon mehr Alben verkauft als Singles. Das stimmt.

 

Du, ich und viele Deiner Fans sind Kinder der 80er. Du hast vorhin ja schon erwähnt, dass das auch mit die schönste Zeit Deines Lebens war. Hast Du an diese Dekade besondere Erinnerungen?
Es waren wirklich die schönsten Jahre meines Lebens. Ich konnte ich selbst sein, ich konnte mich selbst verwirklichen, ich konnte meine Musik endlich so machen, wie sie mir gefallen hat, nicht so wie mit Arabesque, wo ich mich praktisch in einer Band anpassen musste. Ich hatte mir damals ein sehr gutes Team zusammengestellt, was auch sehr gut funktioniert hat. Ein gutes Team muss man immer haben, wenn man erfolgreich sein will. Ich war in dieser Zeit sehr glücklich, auch weil ich sehr viel unterwegs war und die ganze Welt gesehen habe. Ich war überglücklich in meiner Beziehung mit meinem späteren Ehemann. Ich war sehr glücklich in dieser Zeit.

 

Ein Fan hat uns eine Frage geschickt, der wissen möchte, ob es eigentlich von Dir in den 80ern Auftritte in der damaligen DDR gegeben hat...
Ja, aber nur ein einziges Mal, und das war noch mit Arabesque.

 

Als Solokünstlerin nicht?
Nein, als Sandra nicht. Das lag aber nicht an mir. Das hat sich einfach irgendwie nicht ergeben. Ich hätte das sehr gerne gemacht, denn ich war auch in der DDR sehr bekannt. Ich habe sehr viele Fans in den neuen Bundesländern. Das sind ganz ganz liebe Menschen und ich komme sehr gut mit ihnen klar. Ich sehe die auch bei jedem meiner Auftritte, denn sie reisen mir immer hinterher. Ganz süss!

 

In den 80ern war es noch üblich, sich Schallplatten zu kaufen. Ab Mitte der 80er kam die CD. Die Kids heute haben für sich das Medium MP3 entdeckt, das vielen Musikern Kopfzerbrechen bereitet. Wie siehst Du die Lage auf dem "Tonträger-Markt", wenn man davon im Hinblick auf MP3 überhaupt noch sprechen kann?
Weißt Du, was es in 10 Jahren geben wird?

 

Nein.
Dann sprechen wir über genau das gleiche Thema noch mal. Das ist immer das gleiche. Alle fünf bis zehn Jahre gibt es irgendwas Neues. Erst gab es die Schallplatten, dann die Kassetten und die CDs und jetzt ist es die MP3. Ich habe in den letzten Jahren nur mit MP3 gearbeitet, allein schon im Studio. Alles was wir aufgenommen haben, habe ich auf MP3 gezogen, damit ich es in meinem Auto auch hören konnte. Das mache ich sehr gerne, dass ich Songs oder Mixe beurteile, wenn ich Auto fahre. Aber trotzdem… es entwickelt sich immer wieder weiter. Man muss schauen, was es neues gibt, das mitmachen und schauen, dass man den besten Sound irgendwie zu Hause hat.

 

Da wirst Du den Fans der Schallplatte, die ja in den letzten Jahren wieder ein regelrechtes Revival erlebt, nicht aus dem Herzen sprechen...
Ich übrigens auch. Ich liebe auch noch die Schallplatten. Als Künstler - finde ich - gibt es nichts Schlimmeres als die CD. Du konntest dafür nie ein schönes Cover machen. Ein schönes Cover konntest Du nur bei einer Schallplatte machen, in diesem Format. Da konnte man sich was Tolles einfallen lassen. Heute gibt es das Kleine und Minimalisierte, das finde ich einfach nicht mehr schön, nicht mehr edel. Es gibt nichts Schöneres als ein Album. Ein Doppelalbum ist viel edler als so ein kleines Plastik-Ding in der Hand.

 

Ein immer wieder gern diskutiertes Thema sind die Casting-Shows im TV...
Ja, davon halte ich gar nichts!

 

Wenn Du noch mal ein Teenie wärst, würdest Du an so etwas teilnehmen, und wie stehst Du im Allgemeinen zu diesem Format?
Wenn ich ein Teenie wäre, würde ich es machen, denn Teenager sind unerfahren. Wenn man so einen großen Traum hat und richtig was von sich hält, dann versucht man alles, um sein Ziel zu erreichen. Bei mir funktionierte das damals anders. Ich halte auch deshalb nichts davon, weil wenn es funktioniert, wirst Du hinterher so schnell wieder wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen, so schnell kannst Du Dich gar nicht umdrehen. Ich bin der Meinung, dass eine Karriere entstehen muss, sie muss wirklich wachsen. Arabesque war für mich die Lehrzeit. Durch die Zeit mit der Band habe ich sehr viel gelernt und konnte dann später solo erfolgreich arbeiten. Ansonsten kann ich von Casting-Shows nur abraten, denn die zerstören auch Seelen. Von der Schulbank weg zum Superstar werden, die Nummer 1 in den Charts sein und hinterher ist das Ganze nach zwei Jahren wieder vorbei. Das ist leider das Spiel, wie es im Moment läuft. Aber ich hab ja auch leicht reden, denn ich bin inzwischen 30 Jahre erfolgreich im Geschäft. Aber ich habe auch sehr viel dafür gekämpft, gearbeitet und immer darauf geachtet, dass die Qualität der Musik gut ist. Ich habe ja nicht umsonst so viele Alben verkauft, denn jeder wusste, dass man sich meine Alben von vorne bis hinten anhören konnte. Man kann sie alle komplett durchhören, und das kann man bei einigen anderen heute leider nicht. Die machen einen Hit, und der Rest ist Schrott, nur um sagen zu können: "Ich habe ein Album auf dem Markt." Und so bekommt die Karriere natürlich schnell einen Knick.

 

Ich schätze, dass diese riesengroße und aufgeblähte PR-Maschinerie des TV-Senders für die Künstler tödlich sind. Sie werden erst gepusht, sind überall vertreten und werden dann vom nächsten "Superstar" abgelöst.
Das ist genau das Problem. Das gab es damals z.B. gar nicht. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das bei mir abgegangen wäre, wenn ich diese riesengroße PR-Maschine im Rücken gehabt hätte. Das war aber damals nicht so, und die Promotion lief ganz anders. Promotion fand über TV-Sendungen statt...

 

Die gibt es ja leider gar nicht mehr...
Die gibt es kaum noch, richtig! Und dass einen die Radiostationen gespielt haben, war alles. Sonst hättest Du Deine Musik gar nicht an den Mann bringen können. Heute das ganze Getue mit RTL und Sat 1 ist natürlich wichtig. Diese Sender sind inzwischen richtig "volksbildend". Dadurch haben sie auch eine gewisse Arroganz und überlegen sich ganz genau, wen sie heute nehmen und wen nicht. Das ist wie die BILD-Zeitung. Nichts anderes...

 

Von Marianne Rosenberg und der Münchener Freiheit sind diesen Monat 3er CD Boxen mit Maxi Versionen und raren Songs erschienen. Besteht die Möglichkeit, dass es so was auch von Dir geben wird? Hast Du auf so was überhaupt einen Einfluss?
Natürlich! Witzigerweise hat die Münchener Freiheit das gleiche Management wie ich. Was jetzt auch ganz neu ist, was ich seit zwei Wochen weiß und worüber ich mich sehr freue ist, dass eine "Platinum CD" von mir geplant ist und es diese bald geben wird. Dafür gestalten wir gerade das Cover...

 

Wird das eine "Best of" mit Single- und Maxi Versionen, oder was wird da drauf sein?
Da überlegen wir derzeit noch, wie wir das am besten machen. Das wird chronologisch sein, und es werden sämtliche Hits von 1985 bis heute darauf enthalten sein. Maxi Versionen werden da wahrscheinlich auch drauf sein.

 

Was liegt als nächstes bei Dir an? Wirst Du zur Freude Deiner Fans weiter aktiv bleiben, oder wird es wieder eine längere Kreativpause geben?
Nein, es wird keine längere Pause mehr geben. Ich arbeite derzeit sogar schon am neuen Album! Aber dazu verrate ich noch nichts (lacht).

 

Du hast keine eigene Webseite. Warum eigentlich nicht?
Doch, ich habe eine eigene Webseite. Da bist Du nicht gut informiert.

 

Asche auf mein Haupt, da bin ich wirklich nicht gut informiert!
Seit diesem Sommer habe ich eine eigene Webseite, sie ist aber momentan nicht aktuell, weil ich zuletzt sehr viel zu tun hatte. Es ist aber chronologisch schon sehr viel drauf, auch sämtliche Texte und so. Ich glaube, die ist auch ganz hübsch geworden. Meine Seite ist unter www.samoqi-music.com zu erreichen. Meine Webseite wird übrigens von meinem Fanclub gepflegt. Die werden von uns mit Informationen und dem neusten Material versorgt. Das war den ganzen Sommer über so wahnsinnig viel Arbeit mit der Internetseite und wir kamen überhaupt nicht nach, z.B. mit dem Konzert und dem Hintergrund und und und. Der Fanclub hat uns vor zwei Tagen bestätigt, dass die die Pflege der Seite ab sofort übernehmen. Darüber freue ich mich sehr, denn die machen das mit Liebe und auch sehr gerne.

 

Liebe Sandra, ich danke Dir herzlich für die Zeit und die interessanten Antworten auf die vielen Fragen. Möchtest Du noch ein paar Worte an unsere Leser richten?
Was soll ich sagen? Ich freue mich darauf, demnächst jemanden zu heiraten, der bei Euch um die Ecke gewohnt hat (lacht). Olaf hat in Lünen auch zwei Kinder, und deshalb sind wir dort auch öfter mal. Ich kannte die Ecke Deutschlands eigentlich bis jetzt weniger, und es gefällt mir dort sehr gut.

Interview: Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Pressematerial und Privatarchiv SANDRA, EMI, Virgin
 

   
   
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