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Ein Beitrag von Christian Reder mit Fotos von Bodo Kubatzki und Reinhard Baer



Nein ... einfach ist er nicht und es scheint so, als wolle er seinem Spitznamen mit Gewalt alle Ehre machen. Mit Monster in einer Band spielen, würde ich z.B. nicht wollen. Ich liefe Gefahr, auf offener Bühne von ihm zusammen geschissen zu werden, wenn ihm mein Spiel auf Gitarre, Bass oder Schlagzeug nicht gefällt oder mein Instrument zu laut eingestellt sein sollte.001 20200627 1658585268 Vor der Bühne in direkter Reichweite zu ihm zu stehen ist auch so eine Sache und nur zu empfehlen, wenn man während des Konzerts keine Kritik äußert. Da kannst Du Dir von Herrn Schoppe auch einen einfangen, wenn es ganz dumm läuft und Du nicht auf seiner Welle funkst. Insgesamt gesehen also eine schwierige Sache, ein Verhältnis "Musiker - Fan" oder "Musiker - Musiker" mit Thomas Schoppe alias Monster einzugehen.

Aber wir wollen nicht allzu hart mit ihm ins Gericht gehen, denn immerhin verdanken es ihm die Fans der Gruppe RENFT, dass sie die Lieder ihrer Band von früher heute noch live hören können. Viel ist ja von der Klaus-Renft-Combo, ab 1974 dann nur noch kurz "RENFT" genannt, nicht mehr übrig. Kuno stieg schon vor Jahren aus und konnte schon damals aufgrund seiner Probleme mit dem Gehör ein Comeback definitiv ausschließen. Peter Pjotr Kschentz, der viele Texte schrieb und auch später zur Besetzung gehörte, starb 2005. Ihm folgte mit Klaus Renft nur ein Jahr später der Mann, der Ende der 1950er die Idee zur Band hatte und ihr lange seinen Namen lieh. Der Krebs suchte ihn sich als Opfer aus. Im Jahre 2008 erlag auch Cäsar Peter Gläser einem Krebsleiden und ließ die letzte Option auf sowas wie eine Vereinigung der verbliebenen Musikanten aus der Anfangszeit zerplatzen, denn auch Jochen Hohl, der ehemalige Drummer, mag nicht noch einmal die RENFT-Jacke überstreifen. Zumindest nicht als festes Mitglied. Es sind also nur noch der Name und eben Monster übrig, der - wie er in einem Interview mit unserer Redaktion vor ein paar Jahren schon einmal anmerkte - die alleinige Verantwortung hat, das Erbe von RENFT weiterzutragen. Vielleicht ist er ja gerade deshalb so, wie ich ihn eingangs beschrieb. So eine Verantwortung ist groß, und ein Perfektionist soll er auch sein … munkelt man. Ist das Der Grund, dass das temperamentvolle Herz so oft überläuft oder liegt die Wurzel gar woanders?

In der Kindheit oder Jugend gar? Thomas Schoppe hatte zumindest eine schöne Kindheit - die Jugend war nicht so prall. Alles lief zuerst gut für ihn, an die Kindergartenzeit erinnert er sich gern, ebenso an die Zeit in der Grundschule, wo er eine "fantastische" Lehrerin hatte. Dann kam ein Schulwechsel nach der dritten Klasse, der ihm erstmals die andere Seite der Medaille aufzeigte. Die neue Schule war wohl nicht so toll. Näheres ist nicht bekannt. Trotzdem hatte er abseits der Schule eine tolle Zeit bei den Großeltern in Eisleben und während der Schulferien bei der Tante in Cuxhaven, wo er jedes Jahr Urlaub machte. Dort hätte er sich ein Leben vorstellen können und bat seine Mutter immer wieder, dorthin ziehen zu können. Für den Fall, dass der Mutter etwas zustoßen sollte, verfügte sie in ihrem Testament, dass der Junge zur Tante ziehen darf. Im Jahre 1960 trat dann das Schreckliche ein: Die Mutter starb und die schöne Kindheit und Jugendzeit war auf einen Schlag vorbei. Thomas musste lernen, stark zu sein, denn statt dass der 15-jährige Teenager nun zur Tante ziehen durfte, steckte man ihn in ein Kinderheim im Vogtland. Zwar mit dem Versprechen, dass er bald zur Tante ziehen dürfe, aber an dieses Versprechen hielt sich letztlich niemand. Es kamen das Jahr 1961 und der Mauerbau und Thomas - so sagte er im gleichen Interview - hatte "ausgeträumt".

Die Musik erwischte ihn aber schon davor wie ein Virus. Elvis war in den 1950er Jahren der Auslöser. Radio Luxemburg und der US-Soldaten-Sender AFN, die man in seiner Heimat auch empfangen konnte, machten es möglich. Bis in die Nacht saß er als 11-jährger vor dem Radio und hörte den King, aber auch Eddie Cochran, Fats Domino, Jerry Lee Lewis oder Ray Charles. Oft zum Ärger seiner Mutter, die den Stöpsel zu der Zeit lieber schlafend im Bett gesehen hätte, aber das heißeste Zeug kam eben erst, wenn die Sonne untergegangen war. Das wollte Thomas auch mal werden … Musiker! Später, im Heim, lernte Monster dann mit der Hilfe eines Freundes die Gitarre zu spielen. Nach seiner Ausbildung zum Feinmechaniker und nach der Armee-Zeit wurde die Sache mit der Musik vertieft. Im Jahre 1968 gehörte er dem Axel-Kühn-Quintett an, die seine erste Station war. Mit ihr fuhr er über die Dörfer und spielte Muggen in den dort gelegenen Kulturhäusern. Mit dem Nachspielen von Songs der Beatles, Stones, Pink Floyd und anderen schwer angesagten Bands aus dem Lager des Klassenfeindes verfeinerte er sein Gitarrenspiel. Im Jahre 1969 lernte Thomas nach einem Konzert seiner Band den Chef der Klaus-Renft-Combo kennen. Man saß noch am Tresen des Kulturhauses, unterhielt sich und ehe er sich versah, machte Klaus ihm das Angebot, in dessen Band einzusteigen. Der Rest ist Geschichte ...

Knapp sechs Jahre war Thomas ein RENFT'ler, dann wurde der Betrieb auf Verordnung des Staates eingestellt. Nach dem Verbot von RENFT im Jahre 1975 heiratete Schoppe, wurde erstmals Vater und als das mit dem Musikmachen in der DDR nicht mehr möglich war, verließ er seine Heimat. Wie manch ein Kollege zuvor, führte sein Weg nach Westberlin. Hier gründete er zusammen mit anderen Musikern, z.B. Eberhard Klunker und Christiane Ufholz, die ebenfalls ausgereist waren, die Gruppe WINDMINISTER. Dort spielte er Bass. In dieser Zeit verlor er durch einen Unfall die Beweglichkeit eines seiner Finger, der steif blieb. Musikmachen ging (und geht) aber trotzdem noch. Später - als das zweite Kind zur Welt kam - ließ er die Musik sein und wurde Hausmann. Bis zur Wende und der anschließenden Gelegenheit, die alte Band wieder auf die Beine zu stellen um die DDR Konzerte gebend nochmal zu bereisen, ehe sie von der Landkarte verschwindet. RENFT sollte wieder auf die Bühne und Musik machen, und er gehörte wieder mit dazu. Mitte der 90er gab es gleich zwei Bands mit dem Namen RENFT, eine davon war "seine", die andere gehörte dem Namensgeber.004 20200627 1289653141 Verschiedene Sichtweisen auf die Ausrichtung ihrer Kapelle ließen dieses Kuriosum entstehen. Doch schon Ende der 90er gab es wieder sowas wie Einigkeit und nur noch eine RENFT-Band, die dann im Laufe der Jahre die eben schon beschriebenen Schicksalsschläge hinnehmen und noch weitere davon kassieren musste.

Wie schon gesagt, ist Monster noch heute in Sachen RENFT aktiv. Das kostbare Gut in Form von Liedern und Zeitgefühl, das bei Konzerten seiner Band immer wieder aufs Neue erweckt wird, trägt er mit seinen Mitstreitern durch das Land. Obwohl in seinen Schubladen laut Aussage ehemaliger Mitmusikanten Songmaterial schlummert, das das Zeug zu echten RENFT-Songs hat, bringt er die Ideen zu neuen Liedern aber nicht zum Abschluss. Seit Jahren feilt er wohl schon daran rum, kommt über bestimmte Punkte nicht hinaus und lässt die Skizzen dann einfach wieder in besagter Schublade verschwinden. So spielt die Band eben diese alten Songs, und sonst nichts. Lediglich die Improvisationen, die in die einzelnen Lieder eingebaut werden, verändern sich, aber das Programm im Großen und Ganzen ist gleich. Also kann man wohl sagen, dass Thomas "Monster" Schoppe heute der Chef einer RENFT-Revival-Band ist. Cover-Band wäre falsch, denn immerhin ist er ein Original-RENFT'ler … Aber von eben dieser Band erwarten inzwischen wohl nur noch die Wenigsten etwas Neues. Aber auch viele von diesen "Wenigen" gehen noch heute zu Konzerten, füllen die Säle und feiern das Leben, die Lieder und auch den Monster, der manchmal eben auch einen Anschiss verteilt, wenn er meint, es ist mal wieder an der Zeit. Hauptsache, er hat heute gute Laune, denn heute (28.6.) wird der Mann mit der Gitarre, der uns vom Gänselieschen, knapper werdenden Ketten, vom kleinen Otto, Glaubensfragen und vom Apfeltraum singt, und den Leuten immer noch "ein Lied auf den Weg" gibt, 75 Jahre alt. Möge er an diesem besonderen Tag genug Sonne für die nächste Zeit einfangen. Auch wenn ich nicht mit ihm in einer Band spielen möchte, wünsche ich ihm alles Gute, die beste Gesundheit und die Kraft, noch etwas weiter zu machen und das RENFT-Erbe zu pflegen. Herzlichen Glückwunsch, Monster!






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