Karel Gott

* 14.07.1939 | + 01.10.2019

Seine Reise in ein unbekanntes Land
Ein Nachruf von Christian Reder (Fotos: Karel Gott privat)



002 20191002 1142473973Man kann ja zum Schlager stehen, wie man möchte, aber in diesem Genre, das in den letzten Jahren durch viele schlecht gemachte Lieder und komische Vögel als Interpreten auf ein Niveau abgesunken ist, wo kaum noch Licht scheint, gibt es doch nach wie vor ein paar Künstler, die ihre Musik und den Auftrag, Menschen gut zu unterhalten, ernst nehmen, und somit strahlend hell leuchten. Dabei handelt es sich ausschließlich um solche, die schon so viele Jahresringe haben, dass man als Normalbürger schon in Rente geht. Gerade diese Künstler treten nun nach und nach ab. Entweder sie setzen sich zur Ruhe oder verlassen den Planeten Erde für immer. Der Kreis derer, die den Schlager noch mit Würde und Qualität vertreten, wird also kleiner. Gestern wurde dieser Kreis noch kleiner und die Schlagerszene verlor einen der größten Edelsteine überhaupt: Karel Gott starb im Alter von 80 Jahren in der Stadt, dessen „goldene Stimme“ er war.

Viele Vertreter aus meiner Generation wuchsen mit Karel Gott auf. Bei mir war es eine Zeichentrickserie, die ich als Kind geschaut habe und für die der tschechische Sänger den Titelsong eingesungen hatte. „Die Biene Maja“ war es, und der Mann aus Pilsen sang dazu die Geschichte aus „einem unbekannten Land“. In dieser Zeit lief auch ein anderer Zeichentrickfilm, nämlich der mit dem kleinen Maulwurf. Produziert wurde der Maulwurf auch in der Heimat von Karel Gott, und in der Episode mit der zerbrochenen Schallplatte hatte er eine kleine Rolle. Natürlich nicht in Person oder als animierte Figur, sondern mit seiner Stimme als Sänger. Als kleiner Junge saß ich vor dem Fernseher und sah mir das an. In der ZDF-Hitparade trat Gott Ende der 70er mit „Babička“, einem Lied über seine Oma, auf und damit gehörte er nun zu den ersten Künstlern, die ihren Beitrag zum Soundtrack meines Lebens beisteuerten. Ich habe nie eine Platte von ihm besessen, weil es am Ende doch nicht die Musik war, die ich mir regelmäßig angehört habe, aber dafür war es die meines Vaters und er hatte Platten von ihm. So verband Karel Gott Generationen von Musikhörern. Ich schätzte ihn als Künstler sehr, auch ohne einer seiner „Stammhörer“ zu sein. Vor allem tat ich dies, weil er schon in den 70ern und 80ern Brücken zwischen den Welten baute und ich sowieso ein Fan der CSSR war. Von dort kam nicht nur ein kleiner Junge, mit dem ich 1983 in einem Urlaub am Balaton Freundschaft schloss, sondern auch die schönsten Filme und Serien für Kinder und Jugendliche, und auch der eine oder andere Musikexport, der dann meinen Geschmack voll traf. In seiner Heimat war Karel Gott eine lebende Legende – zurecht – und hierzulande war er einer dieser bekannten bunten Hunde, die fast jeder kannte. Dies eröffnete ihm als Künstler zahlreiche Möglichkeiten. Auch deshalb, weil er In seinem Job keine Grenzen kannte, machte er 2008 mit dem Rapper Bushido einem Song zusammen („Für immer jung“). Da trafen nicht nur zwei verschiedene Generationen sondern auch zwei verschiedene Arten von Musikern aufeinander (in jeder Hinsicht). Habe ich bis heute keine Platte von Karel Gott, so steht aber ein Buch über ihn in meinem Regal. Es erschien im Jahr 2009 und ich bekam es von einem Freund, der es sogar vom Künstler signieren ließ, geschenkt. Ich habe es mit Begeisterung gelesen. Eine spannende Lektüre, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Auch denen, die – so wie ich - seine Musik nicht regelmäßig hören. Das Buch rundete mein Bild über ihn als Menschen, der mir immer äußerst sympathisch war, und als Künstler ab.

Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Sänger (Goldene und Platin-Schallplatten, Goldene Stimmgabeln, Goldene Nachtigall, Tschechische Verdienstmedaille etc.) hatte in den letzten Jahren mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Vor vier Jahren erkrankte er an Krebs, meldete sich im Jahre 2016 aber mit der guten Nachricht, er habe die Krankheit besiegt, zurück. Er trat wieder auf, u.a. auch im deutschen Fernsehen, und hatte Anfang 2019 zusammen mit seiner Tochter Charlotte Ella Gottová und dem Song „Srdce nehasnou“ in seiner Heimat sogar noch einen Hit (siehe Video unten). Am 12. September folgte dann die schlimme Nachricht: Er ließ seine Fans wissen, dass er akut an Leukämie erkrankt und in Behandlung sei. Wieder drückte ihm die Welt die Daumen, doch zwischen dieser Nachricht und der über seinen Tod lagen nur wenige Tage. Am späten Dienstagabend starb die goldene Stimme aus Prag im Kreise seiner Familie in seinem Haus. Es war die erste Nachricht, die ich am heutigen Mittwoch gelesen habe, als ich den Rechner hochfuhr. Karel Gott wurde 80 Jahre alt und hinterlässt eine Frau, vier Töchter und Millionen von Fans. Der Musiker hat die Reise in ein für uns noch unbekanntes Land angetreten und hinterlässt den Menschen mehr als 300 weltweit erschienene Alben (Live-, Studio- und Best Of-Alben) sowie ebenso viele Singles. Wenn man die Namen so vieler Schlagersternchen dieser Tage schon längst wieder vergessen haben wird, wird man sich an Karel Gott noch gut erinnern. Er war einer der ganz Großen, vor dessen Leistung und dem, was er erschaffen hat, einfach nur den Hut ziehen muss. Danke Karel, und gute Reise!

 

 

Videoclips:





 


   
   
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