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Ein Beitrag von Christian Reder (Fotos: Pressematerial)



Ein guter Sänger war er nicht. Mit seinen Platten riss Dieter Thomas Heck keine Bäume aus. Ein guter Schauspieler war er ebenso wenig. Seine Auftritte in verschiedenen TV-Krimis hinterließen keine bleibenden Spuren. Aber er war ein ausgezeichneter Moderator und in diesem Fach schon zu Lebzeiten eine Legende. "Schnellsprecher der Nation" und "Mister Hitparade" wurde er vom Volk und der Presse getauft. Und diese Titel trug er zurecht, denn er war einzigartig.

Schwer zu sagen, wann ich Dieter Thomas Heck das erste Mal im Fernsehen gesehen habe. Irgendwann in den 70ern war das, denn er moderierte SEINE Hitparade im ZDF, und die war genauso wie Ilja Richters "Disco" auf dem gleichen Kanal bei uns Zuhause Pflichtprogramm. Bei ihm saß man vor dem Fernseher, denn bei ihm trat stets auf, was in der deutschen Schlagerszene Rang und Namen hatte. Aber auch die Künstler, die gerade erst ihre Karriere begannen, wie z.B. Andrea Jürgens, die noch Kind war, als sie ihre ersten Auftritte in der ZDF Hitparade hatte. Für Heck gab es außerdem keine Grenzen in der Musik. So traten bei ihm auch die Franzosen France Gall und Danyel Gérard, die Ungarin Zsuzsa Koncz (in der BRD als Jana Koncz bekannt), die Niederländer BLUE DIAMONDS und Mouth & MacNeal, die Dänin Nina Lizell und viele andere Künstler aus dem Ausland auf. Wichtig war nur, dass sie Deutsch sangen, denn das war die Grundvoraussetzung für einen Auftritt in seiner Hitparade, ebenso dass ein gewisses Maß an Niveau nicht unterschritten wurde. Auch der eiserne Vorhang war für Heck und seine Sendung kein Hindernis. Karel Gott aus der CSSR war oft sein Gast und 1982 gelang es ihm, die Gruppe KARAT mit ihrem Song "Jede Stunde" in seine Sendung zu bekommen. Das war damals außergewöhnlich und für mich der Moment, in dem ich die Gruppe KARAT für mich entdeckte.

Mit den 80ern und der Neuen Deutschen Welle verbreiterte sich das Angebot der Hitparade und man ließ auch die Künstler auftreten, die eher die Jugend und weniger das ältere Publikum ansprachen. Ich erinnere mich an den ersten Auftritt der Gruppe TRIO mit "Da Da Da" und die seltsame Stimmung im Studio ob dieser doch unmöglich ernst gemeint sein könnenden Darbietung von Remmler, Krawinkel und Behrens. Oder an den Auftritt von Hubert Kah und seiner Kapelle, als das Publikum den Künstler auspfiff und mit Buh-Rufen bedachte. Ließ es das Publikum mal an Respekt mangeln, blieb der Gastgeber aber immer höflich und charmant. War die Darbietung auch noch so mies, Heck verlor nie ein böses Wort über seine Gäste und nahm sie sogar in Schutz, wenn von außen Wind aufkam. Bis 1984 moderierte Heck die ZDF Hitparade und übergab den Staffelstab dann an Viktor Worms. Die Hitparade erlitt danach einen immensen Qualitätsverlust, besonders bei der Moderation. Mit Worms wurde ich persönlich nie warm.

Dieter Thomas Heck lud nach seinem Hitparaden-Rückzug dann in die großen Samstagabend-Shows ein und übernahm auch die Moderation einer Spiel-Show ("Die Pyramide"). In Shows wie "Melodien für Millionen" oder "Die Super-Hitparade" präsentierte er wieder große Namen aus der Musikszene, hatte dann aber auch internationale Künstler im Programm. Seine alten Freunde aus Hitparaden-Zeiten hatte er dabei nie aus den Augen verloren und holte sie in seine Sendungen. Manch einer hatte nur noch bei Heck die Chance auf einen großen Auftritt. Das war auch eine seiner Stärken, Weggefährten nicht zu vergessen und lieber einen von ihnen, als eine internationale Größe für einen Auftritt zu verpflichten. Freundschaft war für ihn wichtiger als Quote und trotzdem funktionierte es genau damit sehr gut. Die Zuschauerzahlen gaben ihm stets recht, dass er mit seinen Entscheidungen und seiner Auswahl an Künstlern immer richtig lag.

Zu seinem 70. Geburtstag im Jahre 2007 nahm er Abschied von der Bühne und Deutschland verlor damit einen der ganz großen Vertreter dieser Zunft. Mit den Worten, "Mein Leben war es, Menschen zu unterhalten. Dass mir dies gelungen ist, macht mich glücklich", verabschiedete er sich von seinem Publikum, das er knapp 50 Jahre gut unterhalten hat. Dankbar und zufrieden sei er gewesen, dass ihn das Publikum so lange hat seinen Beruf ausüben lassen, denn ohne die Sympathie, die ihm die Zuschauer entgegen brachten, hätte er dies niemals tun können. Und seine Zuschauer vermissten ihn bis zuletzt sehr. Die Zeit, die er sich nahm, seine Gäste so vorzustellen, dass man am Ende seiner Ankündigung so richtig neugierig auf den Auftritt war, und die Art, wie er moderierte und sein Publikum ansprach, machten aus ihm einen Gastgeber, dessen Sendungen man gerne einschaltete. Nachfolger, die auch nur ansatzweise die Qualitäten eines Heck haben, gab und gibt es nicht. Mit Heck verschwanden zudem die Formate aus dem TV, in denen sich Künstler und ihre Musik noch vernünftig und ohne das Niveau einer Feierabend-Heim-Nachmittags-Bespaßung präsentieren konnten. Für diese großartige Arbeit erhielt Heck am 4. März 2017 in Hamburg die Goldene Kamera für sein Lebenswerk. Es sollte sein letzter öffentlicher Auftritt sein. Am Donnerstag (23.8.) starb Dieter Thomas Heck im Alter von 80 Jahren. Nach dem Moderator und Showmaster Heck 10 Jahre zuvor, verliert Deutschland nun auch den Menschen Dieter Thomas Heck. Einen Mann, der zu jedem freundlich war, sich selbst in dem ganzen Zirkus nicht zu wichtig nahm und der seinen Beruf eher als eine Mission verstand. Einer der letzten Profis mit Herz, klarem Blick und dem Talent, Inhalte in wenigen Sekunden zu transportieren.

Im Sommer 2003 hatte ich die Gelegenheit, mit Dieter Thomas Heck ein Interview führen zu können. Dies war für die Internetseite der Gruppe KARAT gedacht, und kann HIER nochmal nachgelesen werden.