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Ein Beitrag von Christian Reder (Fotos: Nicola Reder, Benjamin Weinkauf, Herbert Schulze)



 

Ein Wochenende in Berlin und dem Umland. Termine, Verabredungen, Begegnungen. Es gibt einiges zu erledigen, einiges zu besprechen und vieles in nur wenigen Tagen unterzubringen. Heute, am Sonntag, geht es zurück ins Ruhrgebiet. Man sitzt bereits in netter Runde beim Frühstück und ist gedanklich schon auf der Autobahn, aber einen wichtigen Termin gibt es noch.001 20160717 1603965292 Diesen Termin kann man eigentlich immer haben, wenn man möchte. Zu jeder Tages- und Nachtzeit, und zu jeder Jahreszeit. Ganz ohne Anmeldung! Und nun, bei meinem zweiten Besuch hier in der großen Stadt, habe ich meinen, nämlich den für einen Besuch am Grab von Herbert Dreilich ...

Das ist jetzt schon fast wieder 12 Jahre her, dass die Stimme von KARAT, Herbert Dreilich, von uns gegangen ist. Zur Beerdigung konnte ich damals nicht kommen. Leider! Das Leben ist inzwischen auch weitergegangen. Wäre auch schlimm, wenn nicht. Aber man muss bei all den Veränderungen und Entwicklungen aufpassen, dass nicht noch mehr stirbt, nämlich die Erinnerung! KARAT spielen längst wieder live, veröffentlichen CDs und haben sogar ihren 40. Bandgeburtstag gefeiert. Ohne ihn, den Herbert, der die Band mit seiner Stimme fast 30 Jahre lang kleidete und stets in gutem Licht dastehen ließ. Die Band, die sein Leben und seine Erfüllung war, und nicht zuletzt auch der Strohhalm, an den er sich klammerte, als er so schwer krank war. Die Aussicht, wieder mit SEINER Band auf der Bühne stehen und den Fans mit den Liedern Freude bereiten zu können, hielt ihn aufrecht. Aber dieser Strohhalm knickte ab, wie wir ja alle wissen. Nicht, weil er nicht stabil genug war, sondern weil die Seuche, die leider auch Herbert angegriffen hatte, ihn runterdrückte. Zum Dagegenstemmen fehlten am Ende die Kraft und die Ressourcen.

Was wäre KARAT wohl heute, würde Herbie noch leben? Gut, die Frage kann keiner beantworten, aber jeder für sich im Kopf weiterspinnen. Und während das "neue" KARAT heute weiterspielt, von Bühne zu Bühne und von Stadt zu Stadt zieht, stehen im Publikum Leute, die die Lieder mitsingen und dazu feiern.002 20160717 2098597201 Doch wie vielen von diesen Menschen ist Herbert noch im Gedächtnis, wenn sie bei den Konzerten "Über sieben Brücken" mitsingen, beim "Albatros" der Urgewalt lauschen oder sich beim "König der Welt" langsam im Takt wiegen? Wenn man das an seinem Grab ablesen müsste, wäre diese Frage leicht zu beantworten: Niemand mehr!

Mir war der eben schon erwähnte Termin wichtig. Ich wollte Berlin nicht ein zweites Mal verlassen und auch nicht wieder auf die Autobahn, bevor ich nicht in Biesdorf vorbeigeschaut hätte. Mein Kumpel Torsten hatte vorher in Erfahrung gebracht, wie man da am besten hinkommt und wie man das Grab findet. Einen Stein sollte es dort laut einer Münchener Freundin und eines Leipziger Freundes nicht geben. So sind eben erwähnter Kumpel und Vereinskollege Torsten und seine Regina, meine bessere Hälfte Nicola (gleichzeitig unsere Kassenwärtin) und ich als Vertreter von Deutsche Mugge zum Friedhof nach Biesdorf gefahren, um auch stellvertretend für all die, die aus welchen Gründen auch immer nicht selbst die Chance haben, dorthin zu gehen, einen Blumengruß zu hinterlassen und still zu fragen, wie es ihm dort, wo er jetzt ist, wohl geht.

Das Grab ist eigentlich keins. Es gibt tatsächlich keinen Stein. Auch kein Holzkreuz oder sonst etwas, was darauf hinweist, wer dort ruht. Die Bepflanzung wurde auch eher der Natur überlassen und der Nummernstein, der wie eine Hausnummer anzeigt, welches Grab man nun gerade vor sich hat,003 20160717 1465309235 wurde auch entfernt. Ein einzelner und inzwischen verwelkter Strauß Rosen zeigt, dass zumindest einer/eine an Herbert gedacht und ihn besucht hat. Der Anblick dieser Stätte lässt doppelte Traurigkeit aufkommen. Zum einen, weil man sich fragt, ob der, der dort liegt, eigentlich weiß, wie sehr er fehlt, und zum anderen deshalb, weil sein Andenken gerade hier so überhaupt nicht gepflegt wird. Das ist - um es mal deutlich zu sagen - eine Schande!

Man darf ihn nicht in Vergessenheit geraten lassen. Dafür müssen wir, die ihn mochten und verehrten, einfach sorgen. Die CÄSAR-Fans tun dies auch. Dort gibt es sogar - auch fast 10 Jahre nach seinem Tod - immer noch Fantreffen. Und auch bei SILLY schwebt Tamara immer noch im Raum, wenn diese Band spielt. Und nicht nur dort, sondern auch bei CITY, wenn Toni & Co. den Titel "Tamara" anstimmen. Wir hatten heute einen Strauß Blumen für Herbert mitgebracht, ihn aufgestellt und ihn von all den Fans unter Euch gegrüßt, die ihn nicht vergessen haben. Ich hoffe, das war in Eurem Sinne! Ich bin sicher, dass ihn das gefreut hat. Er würde sich übrigens auch über den Besuch von Euch freuen, wenn Ihr mal in der Nähe seid. Auch wenn das Grab keine Nummer mehr hat, man kann es finden. Es liegt zwischen der Nr. 299 und 301 auf dem Biesdorfer Friedhof in Berlin. Durch das Haupttor, ganz am Ende, an der letzten Wegkreuzung links, beim nächsten Wasserbrunnen rechts und dann sofort der zweite Gang wieder links. Wenn Ihr hingeht, grüßt Ihn dann auch von uns ...