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Der 8. April wird nun anders ausfallen ...
Ein Beitrag von Christian Reder. Fotos: Pressematerial



Eigentlich hätte es am 8. April für mich ein Wiedersehen mit Roger Cicero gegeben. "CICERO sings SINATRA" hätte das Programm geheißen, das er in Düsseldorf mit seiner Big Band präsentiert und das ich mir nur allzu gern angeschaut hätte. Doch die Halle wird am 8. April leer bleiben, genauso, wie alle anderen Bühnen, die für die Tour gebucht wurden, denn - so unglaublich es auch klingt - Roger Cicero lebt nicht mehr.

Cicero befand sich auf Werbe-Tour für sein Live-Programm, mit dem er im April und Oktober in Deutschland und Österreich unterwegs gewesen wäre. Dieses Live-Programm war eine Huldigung an das große Vorbild Frank Sinatra, der im vergangenen Dezember 100 Jahre alt geworden wäre. Bereits im September 2015 gab Cicero in Hamburg zwei Konzerte, die im Januar auf CD und DVD veröffentlicht wurden, und die mit der Live-Tour nun ihre Fortsetzung finden sollten. 
Es ist Freitag, der 18. März 2016, und der Jazz-Sänger ist "Zu Gast im Studio" des Bayrischen Rundfunks (siehe Videoclip am Ende dieser Seite). Er performt den Titel "The Best Is Yet To Come" live. Im Anschluss plaudert Cicero mit dem Moderator über die Idee hinter der Tour, darüber, dass er mit den beiden letzten Veröffentlichungen für je einen Echo (Echo-Jazz und Echo-Pop) nominiert ist, über Zukunftspläne und auch darüber, dass er nach gesundheitlichen Problemen im letzten Jahr jetzt wieder gesund und fit ist, um die anstehende Tournee bestreiten zu können. Nicht ahnend, welche Tragödie sich im Anschluss ereignen und diese Aussage schneller als man es sich denken kann, hinfällig werden lassen würde: Einen Tag nach diesem TV-Auftritt erlitt der Sänger einen Hirnschlag. Wer hätte nach diesem lockeren Auftritt eines gut aufgelegten Cicero mit sowas gerechnet? Wohl niemand ... Cicero selbst sicher auch nicht. Man merkte ihm nichts an - er wirkte frisch, lachte viel und hatte ganz offenbar eine Menge Bock auf seine Tour. Der nächste Weg führte ihn aber nicht auf die Bühne, sondern ins Krankenhaus, wo sich sein Zustand nicht verbesserte. Er fiel in ein Koma, aus dem er bis zu seinem Tod auch nicht mehr erwachte. Am Gründonnerstag verstarb Cicero an den Folgen des Schlags ... im Alter von nur 45 Jahren!

Mit Cicero verliert die deutsche Musiklandschaft einen Künstler mit großem Herzen und einen Botschafter des Jazz. Roger Cicero, 1970 als Sohn eines Jazzpianisten und einer Tänzerin geboren, legte sich schon sehr früh auf die Musikrichtung Jazz als das Transportmittel seines künstlerischen Anliegens fest. Verbindet die jüngere Generation den Jazz sonst immer mit alten Männern, die schräges Zeug spielen, brachte Cicero frischen Wind in die Szene und machte immer wieder deutlich, wie viel Pop im Jazz steckt. Er verstand es außerordentlich gut, trotz Ausflügen in den Bereich der populären Musik dem Jazz treu zu bleiben und beides so geschickt miteinander zu verbinden, dass sich auch ein junges Publikum für diese doch sehr anspruchsvolle Musik interessierte. Er brachte die Big Band wieder auf die Bühnen und damit etwas, was sich heute aus Kostengründen kaum noch jemand traut. Die Konzerte mit der großen Kapelle zogen das Publikum magisch an und seine Risikofreude wurde mit Erfolg und ausverkauften Häusern belohnt. Seit 2006 landete jedes seiner Alben zudem in den Top 5 der deutschen Album-Charts - allein das Album "Männersachen" verkaufte sich bis heute fast 1 Million Mal. Er verband Generationen mit seiner Musik, trat in der Sesamstraße ebenso auf wie in der Sendung "Sing meinen Song". In den letzten 10 Jahren stand Cicero mit dem Fuß auf dem Gas und befand sich ausschließlich auf der Überholspur. Es war nicht nur die Musik, die ihn ruhelos hat wirken lassen. Er engagierte sich nebenbei auch für die Kinderhilfsorganisation "Save The Children", hier für Projekte der Organisation in Rumänien, der Heimat seines Vaters Eugen, und für die Tierschutzorganisation "PETA". 
Manche Tage dürften für den Musiker ein paar Stunden zu wenig gehabt haben. Ein erstes Warnsignal für sein energiezehrendes und kräfteraubendes Wirken sendete ihm sein Körper im November 2015, als er wegen Erschöpfung zusammengebrochen war. In unserem Interview im September 2014 fragte ich den Künstler noch, wie man bei diesem Stress nicht irgendwann ausgebrannt liegen bleibt und bekam die Antwort, "Gottseidank liegen bei mir Beruf und Berufung sehr eng beieinander. Und vor allem gibt mir das, was ich mache, auch sehr viel. Natürlich ist das Musizieren Arbeit, dazu kommt die Reiserei und all das. Aber sobald ich Musik mache, ist das etwas, was mich auch mit Energie versorgt. Deshalb sehe ich da für mich im Moment keine Gefahr." Es ist manchmal unglaublich, wie schnell sich Dinge überholen - ebenso, wie plötzlich und aus heiterem Himmel ein noch junger Mensch aus dem Leben gerissen wird. Die Nachricht von seinem Tod versetzte mir heute Morgen einen Schock. Mir persönlich wird der Musiker Roger Cicero sehr fehlen. Seine Musik, sein freundliches Wesen und seine Art, seine Lieder zu präsentieren. Das wird vielen anderen genauso gehen. Ein noch größerer Verlust dürfte es aber für seinen siebenjährigen Sohn sein, der nun ohne Vater da steht. Bleib tapfer, kleiner Mann.

"The Best Is Yet To Come" war eins der letzten Lieder, das Cicero live gesungen hat. "Das Beste kommt noch" heißt der Titel ins Deutsche übersetzt. Man hätte es ihm gegönnt, dass das Beste noch vor ihm gelegen hätte. Aber manchmal ist das Schicksal ungerecht ... Der 8. April wird nun anders ausfallen als ursprünglich vorgesehen. Kein Live-Konzert mit Big Band und Sinatra-Songs in Düsseldorf. Dafür eins in Hamburg, als Aufzeichnung vom September 2015 auf DVD von der heimischen Couch aus. Nicht einmal ansatzweise vergleichbar ...



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Roger Cicero: www.rogercicero.de
• Interview mit Roger Cicero (09/2014): HIER klicken




Videoclips:

"Zieh die Schuhe aus" (Off. Video):


"Du bist mein Sommer" (Off. Video):


"Wenn es morgen schon zu Ende wär'" (Off. Video)





   
   
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