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Nachrufe von Andreas Hähle, Hartmut Helms, Edmund
Thielow 
und Christian Reder. Fotos: Reinhard Fißler


 

Wenn man schon mehrere Tage eine bestimmte schlimme Nachricht erwartet, nimmt es nichts von dem Schock, den man erfährt, wenn sie eintrifft.

Ich hätte gerne das Konzert zu seinem 67. Geburtstag moderiert, gestaltet von vielen mit ihm befreundeten Künstlern und Wegbegleitern. Das entfiel leider, weil es ihm nicht gut ging. "Reini würde sich aber riesig freuen, wenn Du ihn zu seinem Geburtstag zu Hause besuchen würdest", erfuhr ich. Das hatte ich auch vor. Einen Tag vorher erfuhr ich, dass es nicht ginge, denn er läge im Krankenhaus ...

Reini kenne ich schon viel länger als manche glauben. Wir kennen uns bereits seit meiner Kindheit. Als Zehnjähriger wollte ich ein Autogramm von ihm auf einer AMIGA-LP von Stern Meißen. Ich kann mich seltsamerweise noch sehr gut daran erinnern, wie ich fast an der FDJ-Ordnungsgruppe mit diesem Vorhaben gescheitert wäre, bis einer der Ordner mich "Kleenen" schnappte und in die Bühnengarderobe führte. So kamen Reini und ich das erste Mal ins Gespräch. Später liefen wir uns immer wieder mal so über den Weg, wenn er dort unterwegs war, wo ich lebte. In Stralsund, in Dresden, in Gera und natürlich in Berlin, wo ich ihn öfter zu Hause besuchen konnte. Als er schon sehr krank war, begannen wir, erst ein wenig, dann immer mehr zusammen zu arbeiten. Für mich war er ein Phänomen, als Sänger, überhaupt als Musiker, als Komponist und vor allem ... als Mensch. Seine Fröhlichkeit war ansteckend, sie konnte ganze Menschengruppen infizieren. Ich habe das so oft erleben dürfen. Seine Intensität und seine tiefgreifende Musikalität gaben mit Sicherheit so vielen so vieles mit. Und dies zu teilen und mitzuteilen vermochte er hervorragend. Selten trifft man einen Menschen, der in seiner Kunst und in seinem Menschsein so ausnahmslos und bedingungslos von Freunden und Kollegen respektiert und geliebt wurde. Und er konnte wiederlieben. Er war und blieb neugierig und interessiert, was um ihn herum passierte. 
Bis zuletzt. Ich mochte die leider recht selten gewordenen Gespräche mit ihm sehr. Und es war mir in meinem Herzen persönlich so viel wert, wenn er ausdrückte, wie sehr er meine Arbeit als Texter schätzte. Ich denke, diese Wertschätzung durch ihn hat auch sehr sehr vielen anderen Künstlern sehr viel Kraft gegeben. Das vermochte er auf eine ganz besondere bedeutende Weise. Kraft und Wärme zu verschenken. Tja, und wir waren noch nicht ganz fertig. In Bälde wird ein Werk erscheinen, an dem er und ich gemeinsam mitwirken durften. So gesehen kommt da noch etwas von ihm in diese Welt. Ja, so war er, unermüdlich. Nie hat er sich aufgegeben. Und nie hat er andere aufgegeben.

Heute morgen um 6:20 Uhr schlief Reinhard Fißler zum letzten Mal ein. Wir sehen uns wieder und dann machen wir da weiter, wo wir neulich unterbrochen wurden ... Ich wünsche Dir eine lange erfüllende intensive kreative Reise, Du oller Haudegen.
(Andreas Hähle)


Es ist ein eisiger Samstagmorgen. Auf den Dächern liegt Raureif und ein klarer blauer Himmel spannt sich über die Dächer. Es könnte ein schönes Wochenende werden. Raus in die Natur, in den Harz und abschalten, diese klare Luft genießen und sich des Lebens freuen. Die Sonne steigt langsam aus dem Morgennebel empor und für einen kleinen Moment schient es mir, als hielte sie inne, so als würde sie sich verneigen wollen.

Heute ist der Tag, an dem REINHARD FIßLER seinen jahrelangen Kampf ausgefochten, beendet hat. Reini lebt nicht mehr und der schöne Tag färbt sich traurig, kleidet sich in morgendliche Stille und ich höre in meinem Kopf eine Melodie: Was bleibt nach dem Tode?


Rückblende: Eines der Fusion-Konzerte im Jahre 1975, glaube ich, als der stereofone Sound erstmals durch den Raum jagte und über allem diese soulgefärbte Stimme schwebte, die dich fesseln konnte: „Masterpiece“. Später eines jener Konzerte im Kulturhaus Plessa, die Stern-Combo Meißen bei einem unserer ROCK-MIX-Konzerte im Mai 1979. Wir erlebten die Combo in allerbester Spiellaune und einen Frontmann, der dem Klangbild mit seiner Stimme zusätzlichen Ausdruck verleihen konnte. Ich erinnere mich auch an ein Nachwendekonzert in Meißen. Vor der abendlichen Kulisse eines Autohauses sang der Sänger schon im Rollstuhl, aber seine Stimme war prägnant, wie die Jahre davor auch. Ich denke an einen Abend mit Thomas Putensen und Reinhard sang dort als Gast die Ray Charles–Nummer „Georgia“ aus dem Krankenbett heraus. Mit Dankbarkeit erinnere ich mich an die intensiven Stunden anlässlich seines 60. Geburtstages in Berlin unter Freunden und Musikerkollegen. Wer hätte damals ernsthaft an sieben weitere Jahre geglaubt, die der Kämpfer Reini dem Tod Tag für Tag abzuringen vermochte? Und dann eben auch jener Abend im Theater von Meißen im November 2010. Die Combo erhielt den Kunstpreis der Stadt Meissen und ich durfte, stellvertretend für uns Fans, gratulieren. Für mich gehört dieser Abend im Theater zu den emotionalsten Augenblicken, denn ich tat dies quasi in einem Atemzug mit REINHARD FIßLER, der im gleichen Jahr wie ich geboren wurde.

Bei mir bleiben Erinnerungen, gesammelt über lange fünf Dekaden bei vielen Konzerten, bei mancher Begegnung im kleineren Rahmen und viele Eindrücke, deren schemenhaften Umrisse sich verfestigt haben. So wie jener Moment auf der Bühne des Theaters in Meissen, als Reini zu uns sprach. Was mir bleiben wird, ist vor allem die Achtung vor einem, der als Kranker den gesunden Menschenverstand vor allen anderen Möglichkeiten den Vorzug gab und den Star einfach vergessen machte. Es ist die Erinnerung an einen, der sich trotz schwerer Krankheit nicht verstecken lassen, der dabei sein wollte, der sich engagierte, wie zum Beispiel für den Erhalt des Dresdner Kulturpalastes. So ist er vielen ein großes Vorbild für Lebensmut geworden. Mir wird der Kämpfer mit seinem unheimlich ansteckenden Optimismus in Erinnerung bleiben, der mit dem großen Herzen und mit dem Sinn für die wichtigen Dinge im Leben. Er wird mir fehlen als jemand, an dessen Kampfgeist ich mich orientieren konnte, wenn es mal eng wurde und wenn es wieder einmal dicke kommen sollte.

Es ist ein kühler Samstagmorgen. Meine Gefühle sprudeln nicht, sie kriechen langsam aus mir heraus und verschaffen sich Platz. Ich spüre Traurigkeit und die Tränen, die auf meinen Wangen nach unten kullern. Wenn einer wie REINHARD FIßLER gehen muss, versiegen die Möglichkeiten, sich mit Worten mitzuteilen. Ich habe einen Freund verloren und viele andere Musikbegeisterte werden das gleiche empfinden. Dein irdischer Weg endet hier und heute. Der Weg der Erinnerungen in die Herzen vieler Menschen aber, der beginnt gerade erst. Es wird „Der weite Weg“ werden, der vor uns allen liegt und irgendwann gehen wir dort auch gemeinsam. Es hat aber keine Eile und auch diese Erkenntnis habe ich von Dir lernen dürfen, wie die Antwort auf die Frage, was bleiben wird:

„So ist der Mensch im Suchen und im Wagen
und das wird von ihm in ferne Zeit getragen.“

(Hartmut Helms)

 


 

Edmund Thielow und die Freunde des BEAT ARCHIV Glauchau trauern um einen Freund. Reinhard war oft Gast im BEAT ARCHIV, er unterstützte zahlreiche Glauchauer Fan-Projekte, wie die Benefiz-CD „All you need is love – Artist children aid“, spielte auf einer Fanconvention im Stadtheater Glauchau, lernte im BEAT ARCHIV den Beatle Pete Best, John Lennons Schulfreund Rod Davis, Paul McCartneys Freund aus Hamburger Tagen Hans-Walther Braun und Tony Sheridan kennen. Aber auch umgekehrt, Edmund Thielow besuchte zahlreiche Konzerte und als seine Krankheit Reinhard Fißler ans Bett fesselte, besuchte er ihn regelmäßig in Berlin. Reinhard ließ es sich nicht nehmen, mit einem kompletten Pflegeteam und seinem Spezialbett zur 20 Jahrfeier des BEAT ARCHIVs nach Glauchau zu kommen - es wurde sein letzter Besuch. Seine letzte Veröffentlichung war sein Song „Hey John“, der auf der 3-Track Maxi-Vinyl-EP „25 Jahre BEAT ARCHIV“  im Dezember 2015 erschien. Er erhielt vom Glauchauer BEAT ARCHIV für die beste John Lennon Coverversion  „IMAGINE“  den Mirroraward „One Minute Silence – In Memory Of John Lennon“ verliehen. Unsere Anteilnahme gilt seiner Familie und Freunden! Wir werden ihn nicht vergessen!
(Edmund Thielow)


Heute um 6:20 Uhr ist mit Reinhard Fißler ein lieber Freund und großartiger Sänger gestorben. Er hat viele Jahre tapfer gegen seine ALS-Erkrankung gekämpft, hat ihr manches Schnippchen geschlagen und alle Prognosen, wie lange er damit wohl noch auf Erden bleiben könne, lange ... sehr lange überlebt. Reini war der Optimismus in Person, spendete allein durch seinen Humor und seine blitzgescheiten Bemerkungen Hoffnung und gute Laune. Ob bewusst oder unbewusst, er hinterließ seine Gesprächspartner am Ende des Tages gestärkt und aufgerichtet. Ich werde das Aufleuchten seiner Telefonnummer im Display meines Telefons und die anschließenden Gespräche über alles Mögliche vermissen. Ich werde seine Ideen, was man in der Musikredaktion bei uns noch alles anstellen kann, vermissen. Ich werde seine klugen Wortmeldungen zu den verschiedensten Musikthemen und sein waches Auge vermissen. Ich werde die Sachstandsmeldungen vermissen, die er immer abgegeben hat, wenn er an neuer Musik oder an neuen Projekten gearbeitet hat. Aber vielmehr als alles andere werde ich seine Warmherzigkeit und Güte vermissen. Seinen Charakter, der ihn trotz so vieler Tiefschläge nicht hat böse oder unleidlich werden lassen, und der ihn - in Zeiten, wo er selbst viel Hilfe von außen nötig hatte - immer noch für andere in Not geratene Menschen hat da sein lassen. Ein gutes Herz hat aufgehört zu schlagen und das macht mich unsagbar traurig ... Wir sehen uns wieder. Irgendwann, irgendwo ... Tschüss, Reini!
(Christian Reder)

 



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