Dieter "Quaster" Hertrampf
 
Quartrmasters 70. Geburtstag
 
Ein Beitrag von Hartmut Helms (Fotos: Pressematerial)



004 20141129 1252545365In jenen fernen wilden Jahren, als eine Kapelle namens BEATLES sich aufmachte, die Welt zuerst umzukrempeln und anschließend zu erobern, hatte ich gerade meine ersten Griffe in C-Dur für das schöne Liedchen "Clementine" einstudiert. Plötzlich sangen die BEATLES "Yeah, Yeah, Yeah" und ich übte mir die Finger an "Cry For A Show" wund. Das war damals so üblich und wer von diesem Virus besessen war (und außerdem den Mädchen imponieren wollte), der musste das einfach tun, denn die vergötterten den schönen Paul McCartney, Es folgte eine turbulente Zeit des Ausprobierens, des Verbietens und des Versteckens vor Verboten. Heute weiß ich gar nicht mehr so genau, in wie vielen Besetzungen ich die Berolina Singers, die Uve Schikora Combo oder das Henry Kotowski Quantett, als Tarnung für Puhdys, zum Tanz in Elsterwerda, in Plessa oder Hohenleipisch erlebt habe. Nur ein paar Fotos, Autogrammkarten und aus Schaukästen gemopste Plakate habe ich bis heute irgendwie aufbewahren können. Eines davon dokumentiert die Puhdys in der Besetzung Jeske, Jacob, Meyer & Hertrampf als Begleit-Combo und mit Unterschriften. Zudem gibt es Belege, die Herbert Dreilich (Alexanders) und Henry Kotowski (Sputniks) als zeitweilige Mitglieder zeigen. Unser DIETER tauchte zwischenzeitlich bei der Berliner Kapelle Teisco unter. Das alles selbst erlebt zu haben, nennen einige die Gnade der frühen Geburt und deshalb erzähle mir ja keiner einen vom Pferd!während ich mich für John Lennon begeisterte. So ging es vielen jungen Typen damals, die entweder "Cry For A Show" übten oder den "Quartermaster's Store" von den Shadows bis zum Abwinken schruppten. Der das auf seiner Gitarre spielte, hieß damals schon Dieter und damit man ihn von anderen gleichen Namens unterscheiden konnte, nannten sie ihn nur "Quaster", in Anlehnung an jenes Instrumental der Shadows. Dieter übte die Griffe, spielte Gitarre und war von der Idee beseelt, ein bekannter Musikus zu werden, aber mindestens so gut und bekannt wie das deutsche Elvis-Pendant, Peter Kraus.


Doch DIETER ist Berliner und wohnt im Friedrichshain, im Osten der Stadt. Wie alle Jungen in seinem Alter probiert er sich früh aus, aber seine Liebe zur Musik lässt selbst technische Ambitionen, bis auf ganz wenige Ausnahmen, unwichtig erscheinen. Also kauft sich der DIETER von seinen ersten selbst erarbeiteten Märkern eine Gitarre, schruppt für den Hit der Shadows seine Gitarrensaiten und gründet eine Schülerkapelle. Der erste Schritt ist getan und der zweite heißt Lehre, zur Sicherheit und weil alle nach der Schule eine Lehre anfangen.

Im Herbst 1965, ich war gerade in die 10. Klasse gekommen und spielte für meine erste große Liebe wieder die "Clementine", da lernte der DIETER den PETER kennen. Der Peter suchte für seinen gerade ausgestiegenen Kapellenleiter Udo Wedel einen neunen Gitarristen. Unser DIETER, den alle "Quaster" nennen, wurde der neue Gitarrist und die UDO WEDEL COMBO war von nun an nur noch Geschichte. Die verbliebenen vier Herren setzen sich zusammen, würfelten einfach die Anfangsbuchstaben ihrer Namen durcheinander - Peter, Udo, Harry & Dieter - und verzierten das neue Wortgebilde mit einem "ys" am Ende. Die PUHDYS, mit Harry Jeske, Udo Jacob, Peter Meyer & Dieter Hertrampf hatten das Licht der DDR-Welt erblickt. Wir schreiben das Jahr 1965, vier Jahre vor Tivoli, Maschine und Wosylus.

Was danach folgt, kennt jeder, der in der DDR aufgewachsen ist. Das erste Vinyl steht im Jahre 1973 in den Plattenläden. Die PUHDYS singen "Vorn ist das Licht" und teilen sich diese DT64-Single mit der Electra-Combo. Es ist auch das Vinyl mit QUASTER als Sänger, der mit seinem ganz typischen Timbre diesem Song, geschrieben von PETER MEYER, seinen besonderen Reiz verleiht. Der erste Longplayer erscheint 1974 und der zeichnet sich, wie eben genannte Single, dadurch aus, dass sich HERTRAMPF und BIRR den Job des Sängers brüderlich teilen und mit "Sommernacht" eine weitere Melodie mit der Stimme von QUASTER zu hören ist. In ähnlich typischer Weise versilbert das "Spiel zu zweit" (1974) die zweite LP und "Lebenszeit" sowie das wundervolle "Schlafe ein und fang die Träume", ein Cover von Dwa plus Jeden aus Polen, die dritte Platte "Sturmvogel" (1976). Auf "Rock'n'Roll Music" (1976) kann QUASTER noch einmal eine geballte Ladung Rocker vom Stapel lassen und seine Qualitäten als Shouter unter Beweis stellen.

Im Laufe der Jahre allerdings werden diese markanten Beiträge immer spärlicher. Über die Gründe kann spekuliert werden, doch am Ende allen Grübelns steht 1987 die erste Solo-Platte von QUASTER in den Regalen. "Liebe pur" vereint in 11 Liedern all das, was Gitarrenspiel und Stimme des Musikers für viele unverkennbar macht.003 20141129 1851042380 Diese Platte dokumentiert den zaghaften Versuch, ein wenig aus dem Schatten der übermächtigen Band herauszutreten, bleibt aber irgendwie auf halber Strecke stehen. Mehr war damals sicher nicht drin.

Mein persönliches Interesse an den Puhdys war spätestens mit "Ohne Schminke" (1984) auf einem Tiefpunkt angelangt und ließ sich auch mit "Neue Helden" (1989) nicht mehr wecken. Gleichmaß und ein Mangel an Inspirationen standen im krassen Gegensatz zu den Platten von Silly und City, die sich klar und deutlich zum Zeitgeist äußerten. Eher durch Zufall entdeckte ich Anfang der 1990er das Vinyl von "Wie ein Engel" und nahm es der Vollständigkeit halber mit nach Hause. Mit "Schwarz und weiß" findet sich darauf noch einmal ein typischer Song von QUASTER, von dessen Art ich mir stets mehr gewünscht und erhofft hätte.

In meiner Erinnerung existieren einige Episoden, die ich mit den PUHDYS verbinde. Darunter einige Versuche, die Band Ende der 1970er Jahre für ein Konzert auf die Bühne zu bekommen. Ich hatte das seltene Glück, 1978 beim Interpretenpreis des "Neuen Leben" dabei zu sein und beim Essen neben Quaster sitzend, einiges zu hinterfragen und mir von allen das Cover des "Sturmvogel" signieren zu lassen. Das Glück erlaubte mir, ein Mal bei der Werkstatt in Suhl dabei sein zu können und dort ein furioses Konzert der Puhdys, mit Rockhaus als Vorband, in der Stadthalle erleben zu dürfen. Mit der Wende allerdings hatte ich das Kapitel Puhdys, und das vieler anderer Bands aus diesem Landesteil, für mich persönlich abgehakt. Aus und vorbei. Dass ich trotzdem wieder süchtig wurde, habe ich anderen Umständen zu verdanken. Die PUHDYS spielten dabei keine Rolle und doch stand ich 2008 wieder vor der Rampe. Es ist nicht zu vermeiden, wenn Freunde gleiches tun und auch nicht, dass es zu weiteren Begegnungen kam. Doch inzwischen ist es weniger die Musik, sondern das Erinnern an eine gemeinsame vergangene Epoche, an unsere Jugend.

Was die PUHDYS angeht, war mir QUASTER gefühlt stets am nächsten. Er war der Paradiesvogel der Kapelle, derjenige, der stets Klamotten trug, die auch mein Geschmack waren. Ich besaß sogar auch so einen Jeans-Anzug (Hose, Jacke, Weste, Schlips), wie er ihn beim Interpretenpreis 1978 getragen hatte. Sein warmes Timbre war mir emotional stets näher, als die laute Stimme des Rufers neben ihm und wenn er dann listig "Schau einer schönen Frau nicht so tief in die Augen" anstimmt, könnte ich mich wegschmeißen. Er ist jener Typ Rocker, der sich wohl selbst nicht so tierisch ernst nimmt, wie andere es tun. Ich mag seinen Humor, der stets auch ein Stück "Lebensgefühl Rockmusik", statt den angeblichen Star, spüren lässt. Das ist mir sehr sympathisch und das schätze ich an ihm.

Ich gehöre zu denen, die sich mehr seiner Gesangsbeiträge gewünscht hätten, um das fest gefahrene Gerüst einer Puhdys-Platte aufzubrechen. Ob es noch einmal zu einem Projekt wie "Liebe pur" reicht, muss QUASTER, nach dem Ende der PUHDYS als Band, selbst entscheiden. Mit einer Lebenserfahrung von 70 Jahren auf dem Buckel und frischen Ideen abseits einer alten Kapelle, sollte noch die eine oder andere Überraschung möglich sein. Der Frontmann von OMEGA macht das gerade vor, um ein Beispiel zu bemühen. Dann könnte er auch noch einmal "alte Säcke", wie ich einer bin, motivieren und auch sich selbst beweisen, dass die Rockerrente auf dem Sofa keine Option für einen "Quartermaster" sein kann. Einen guten Start in diese Zeit nach Deinem 70. Geburtstag wünscht Dir ein alter Sack, der Dir, wie in alten Zeiten zuruft: "Let's have a party, have a party tonight!" und vielleicht singen wir die schöne alte "Clementine" auch noch einmal gemeinsam.



 

   
   
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