Club der toten Dichter: "So und nicht anders" (Album)

lp6 20190216 1476316912VÖ: 15.03.2019; Label: Argon Verlag; Katalognummer: 9783839816646; Musiker: Reinhardt Repke (Gesang, Gitarre), Katharina Franck (Gesang, Gitarre), Cathrin Pfeifer (Akkordeon), Markus Runzheimer (Bass, Percussion, Gesang); Bemerkung: Vertonte Gedichte von Theodor Fontane;

Titel:
So und nicht anders • Mein Herz • Poesie • Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland (Teil 1) • Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland (Teil 2) • Man hat es oder hat es nicht • John Maynard (Teil 1) • John Maynard (Teil 2) • John Maynard (Teil 3) • Flickwerk • In Hangen und Bangen • Auch ein Herzenstrost • Überlass es der Zeit • Glück von deinen tausend Losen • Alles still


Rezension:
Das Leben des Theodor Fontane war lang und nicht frei von mittleren bis großen Steinen, die ihm im Wege lagen. Er arbeitete u.a. als Apotheker, als Kriegsschriftsteller, als Historiker und auch als Journalist. Egal, in welchem Job er tätig war, es war nicht von Erfolg gekrönt und den am längsten ausgeübten Beruf als Journalist machte er obendrein auch eher ungern. Manch eine Stellung kündigte er schnell wieder und nicht zuletzt auch wegen des beruflichen Misserfolgs und einer daraus zu deutenden Ziellosigkeit, lebte er in sehr armen Verhältnissen. Dass aus ihm mal einer der bekanntesten und beliebtesten Dichter Deutschlands werden würde, war damals noch nicht ansatzweise abzusehen. Er war immerhin fast 60 Jahre alt, als sein erster Roman erschien. Kurz vor seinem 79. Geburtstag starb Fontane in Berlin und hinterließ Schriften, die in Schulen noch heute im Unterricht zum Einsatz kommen. Darunter seine bekanntesten Stücke "Herr von Ribbeck" und "John Maynard", oder - wie in meinem Fall - "Die Brück' am Tay". In diesem Jahr feiert man den 200. Geburtstag Fontanes, weshalb 2019 auch offiziell das Fontane-Jahr ist. Passend dazu kehrt der CLUB DER TOTEN DICHTER mit einem neuen Album und einem neuen Bühnenprogramm zurück, die beide "So und nicht anders" heißen und ausgewählte Gedichte Fontanes in Liedform verwandelt zeigen.

So startet das Album musikalisch eher entspannt und leger arrangiert mit dem aus der Sammlung "Gedichte" stammenden Text "So und nicht anders", das Fontane bereits 1895 - kurz vor seinem Tod - schrieb, und das erst 1905 veröffentlicht wurde. Es ist ein Text über ein eher zurückgezogen und schlicht gelebtes Leben und die Erkenntnis, es genauso noch einmal zu leben, würde es gleich bei null wieder anfangen. Wessen Leben hier in 12 Zeilen verteilt auf sechs Versen gezeichnet wurde, bedarf keiner großen Anstrengung bei der Interpretation. Ein Resümee des Fontane-Lebens gleich zu Beginn der CD ...
Das bereits erwähnte Gedicht "John Maynard" wurde vom Club in drei Teile, der ebenfalls schon genannte "Herr von Ribbeck" auf zwei Teile aufgespalten. Das macht Sinn, wenn man sich die musikalische Gestaltung der einzelnen Teile anhört. Dass sich Reinhardt Repke bei der Ausarbeitung scheinbar richtig viele Gedanken gemacht hat, muss nicht extra erwähnt werden. Das ist hörbar und dies tat er schon bei den Gedichten in den vorherigen Programmen. Warum sollte sich das jetzt ändern? Repke hat ein Händchen dafür ...
Zur persönlichen Hymne der Katharina Franck wird das Stück "Auch ein Herzenstrost" mit seinen Zeilen, "Mein Freund, du frägst, warum ich singe? | Das ist mir eine Frage, das | Ich singe, nun, ich singe, singe | Mir macht einmal das Singen Spaß". So, als hätte Fontane mal geahnt, dass da in Berlin eine junge Sängerin unterwegs sein würde, auf die das so herrlich passt.
Aus dem Roman "Frau Jenny Treibel" löste der Club das Gedicht "Glück, von Deinen tausend Losen", um ihm ein besonderes Kleid aus Noten zu schneidern und so wie das Album begann, so endet es auch: mit einem Gedicht aus der Sammlung "Gedichte". Der Text "Alles still" erschien erst 1905, also nach Fontanes Tod. Wann genau es entstand, lässt sich nicht mehr ausfindig machen. Vorgetragen wird er von Reinhardt Repke und Katharina Franck gemeinsam als zerbrechlich wirkender Satzgesang, die beschriebene Winterlandschaft direkt vor das innere Auge des Hörers zaubernd.

Musikalisch fällt im neuen Programm besonders das Akkordeon auf. Eine Premiere, denn dieses Instrument hatte bisher noch keinen Einsatz in irgendeiner Besetzung des "Clubs". Es gibt den Arrangements der Stücke eine besonders warme Farbe und zeigt ein weiteres Mal, dass dem Ideenreichtum Reinhardt Repkes nicht nur bei der Wahl der "toten Dichter" keine Grenzen gewachsen zu sein scheint. Vielmehr erfand er seinen "Club" mit dieser Besetzung aus zwei Gitarren, zwei Stimmen, einem Bass, einem Akkordeon, dezent eingesetztem Taktschlag und dem völligen Verzicht auf ein Schlagzeug neu. Aber auch ohne das "laute" Instrument im Hintergrund fällt die eine oder andere Liedschöpfung flott und lebhaft ("Poesie", "Herr von Ribbeck Teil 2", "John Maynard Teil 2", "Flickwerk") aus, während andere Lieder die nötige Ruhe verliehen bekommen, um beim Hörer richtig wirken zu können ("Mein Herz", "Man hat es oder hat es nicht", "Glück von deinen tausend losen"). Aus welchen Gründen die Position am Mikrophon für dieses Programm mit einer guten alten Bekannten besetzt wurde, ist nicht bekannt. Normalerweise stünde dort jetzt ein bis dahin beim "Club" noch nicht gesehenes Gesicht. Aber die Wahl der Katharina Franck als Rückkehrerin hätte besser nicht ausfallen können. Mit ihrer sofort wiedererkennbaren Stimme und dem Talent, einen damit ganz sanft zu berühren und zu verführen, ist gerade sie für das Fontane-Projekt ein Glücksfall (ich sage nur "Herzenstrost"). Sie erweckt die Gedichte zum Leben, fährt einem tief unter die Haut und mitten ins Herz - egal ob sie nun gerade singt oder sich des schlichten Sprechens als Ausdrucksform bedient. Kurz: Das sechste Programm - der sechste Volltreffer!
(Christian Reder)





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