Fährmann: "Neunzig Liter und mehr" (CD Album)

faehrmann2018 20180415 1275773651VÖ: 01.06.2018; Label: DMG/Broken Silence; Katalognummer: DMG 54.218191.2; Musiker: Fährmann (Gesang, Gitarren), Danny Dziuk (Klavier, Cello, Gesang), Karl Neukauf (Gitarre, Orgel, Perkussion, Cajon, Bass), Saskia Inken Rutner (Gesang); Produzent: Karl Neukauf; Bemerkung: CD Album im aufklappbaren Digipak mit Abdruck aller Texte im Booklet;

Titel:
So weit die Füße tragen • Der alte Kirchturm • Im Zimmer • Anna, komm, lass uns verschwinden • Ich sehe was, was Du nicht siehst • Fährmann • Ich steh noch immer hier • Ein Abend in der Bar • Neunzig Liter und mehr • Meine Dunkelheit


Pressetext:
Rezension:
Das Cover mit dem von Kornelius Wilkens gemalten Bild - zu sehen ist ein Musiker mit Gitarrenkoffer von dem man beim Betrachten nicht weiß, ob er gerade kommt oder geht - spiegelt eigentlich genau das wieder, was Fährmann mit seinem Album hier vorlegt: Es ist ein Gesamtkunstwerk. Fährmann, Jahrgang 1964, ist in Dresden geboren, noch vor der Wende aus der DDR nach Westberlin übergesiedelt und heute mitten im Ruhrgebiet zu Hause. Auf seiner langen Reise hat er Erfahrungen gesammelt, Geschichten erlebt und Beobachtungen gemacht, die er zu Liedern hat werden lassen und die er bereits bei unzähligen Konzerten im ganzen Land sowie auf einem Studioalbum ("Nahaufnahmen", 2003) und einem Live-Album ("Live in Briescht", 2012) der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Mit "Neunzig Liter und mehr" liegt nun das neuste, sein zweites, Studioalbum vor, auf dem sich 10 weitere zu Liedern gewordene Erfahrungen, Geschichten und Beobachtungen befinden.

"Für dieses Album habe ich mir erstmals einen Produzenten mit ins Boot geholt", erzählt Fährmann, und meint damit den Berliner Rock-Chansonnier Karl Neukauf, der seinen neuen Liedern den finalen Schliff verlieh und ihn weit weg vom Deutschrock hielt. Fährmann wollte von Anfang an, dass seine Lieder nichts mit dem typischen Deutschrock zu tun haben. Deutlich absetzen von dem, was gerade angesagt und entsprechend inflationär im Umlauf ist. Fährmann wollte musikalisch und vom Sound her dort landen, wo seine Helden zu Hause sind, darum kann man wohl sagen, dass seine Art des Musizierens die dem eines deutschsprachigen Singer-Songwriters mit eher amerikanischer Herangehensweise entspricht. Seine Heroes sind schließlich Johnny Cash, Tom Waits und Ry Cooder, und an sie sollen die Lieder auf "Neunzig Liter und mehr" dann auch erinnern. Da hat Karl Neukauf - und natürlich auch der Fährmann - ganze Arbeit geleistet, denn das ist gelungen. Und so tragen seine Geschichten nun diese wunderbaren Mäntel, die aus Folk, Rock und Blues gewebt sind und noch vieles mehr in sich verbergen, dessen Entdeckung dem Hörer überlassen wird. Fährmanns neue Lieder sind:

"So weit die Füße tragen": Aufgewachsen in der ehemaligen DDR. Übergesiedelt. Dann im Westen wiederum einer unfähigen politischen Elite ausgesetzt, ist dies ein am Ende zufriedenstellender Abschied aus einer vollkommen wertlosen, nur finanziellen Interessen folgenden, marktradikalisierten Gegenwart. Ein Hamsterrad, einem Rattenrennen gleichend, welches Dir vorgaukelt, Dich unentwegt zum Essen einzuladen und, wenn Du am Ende müde und vergeudet bist, zufrieden auf die Speisekarte setzt.
"Der alte Kirchturm": Eine Betrachtung über die Rückkehr in die Heimatstadt, um festzustellen, dass durch immer wieder neue Innovationen und die Aufbereitung der Sehenswürdigkeiten für Smartphone-Touristen, diese einen Großteil an Charme und Seele eingebüßt hat.
"Im Zimmer": ... eine Liebeserklärung an eine Fernbeziehung und das damit zusammenhängende Gefühl, das übrig bleibt, wenn der andere nach einer ungenügenden Zeit der Zweisamkeit wieder geht.
"Anna, komm, lass uns verschwinden": ... ist der zu Musik gewordene Fluchtgedanke aus dieser immer schneller werdenden, rasanten Veränderungen ausgesetzten, nicht mehr zu greifenden überwachungswahnsinnigen Zeit, die nur in „1984“ in dieser Form existierte und heute dennoch so selbstverständlich gelebt wird.
"Ich sehe was, was Du nicht siehst": Viel zu viele Medien, die nichts könnend, weder gut recherchiert noch halbwegs orthographisch grundgebildet, nur Willens der Rechtfertigung Ihrer Daseinsberechtigung über Ereignisse statt über wahrhafte Fakten berichten und versäumen, echte, ernsthafte Nachrichten zu verbreiten. Die mit „Copy & Paste“ Tatsachen verdrehen und dabei ignorieren, dass die Mehrheit der Menschen Schulpflicht gebildet und die Wahrheit doch von Interesse ist.
"Fährmann": In diesem Lied geht es schlicht und ergreifend um Sehnsucht.
"Ich steh noch immer hier": Ein Lied über das Ende einer Beziehung mit dem wirklichen Wissen, dass man auf Grund der Tiefe dieser Liebe jederzeit wieder bereit ist zurückzukommen.
"Ein Abend in der Bar": ... wie es der Titel schon verrät, geht es um einen unsäglichen Besuch in einer Nachtbar, bei dem man feststellen kann, dass es neben der maskulinen Androhung von Gewalt, sobald man sich der femininen Seite des Abends zuwendet, dort wiederum nur um die Habenform und nicht um das Sein geht.
"Neunzig Liter und mehr": Der Song gibt dem Album seinen Namen und handelt von stürmischen Zeiten. Und zwar nicht nur im meteorologischen Sinn. Hier geht es punktuell um die Abkehr von Menschen im eigenen Umfeld, die alternativen Fakten von scheinbar alternativ denkenden Leuten und Parteien folgen, um am Ende darauf hereinzufallen. Speziell gemeint ist hier die PeGiDa-Bewegung gerade (auch) in der Heimatstadt. Traurig. So war das nicht gemeint, 1989. Leipzig. „Wir sind das Volk“. Die einfachen Lösungen und Parolen sind es nicht. Waren es nicht und werden es auch nie sein. Seinem Anliegen schlossen sich Danny Dziuk und Karl Neukauf an und waren deshalb auch aktiv am Text sowie am Entstehungsprozess dieses Liedes beteiligt.
"Meine Dunkelheit": ... ist eine vertonte Autobiographie des Künstlers. Wichtiges und Erlebtes aus dem bisherigen Leben komprimiert in einem Lied.
(Christian Reder)



 
 

   
   
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