Katharina Franck: "Musik! Musik!" (Album)

lp11 20180914 1620521854VÖ: 07.09.2018; Label: Sans Soleil; ISBN: 978-3-88030-054-5; Musiker: Katharina Franck (Gesang, Gitarre), Christopf Bernewitz (Gitarre), Markus Runzheimer (Bass), Fred Sauer (Tasteninstrumente), Tim Lorenz (Schlagzeug, Percussion) u.a.; Produktion: Katharina Franck und Clemens Matznick; Bemerkung: Das Album ist regulär nur digital als Download/Stream in den Handel gekommen. Eine CD-Version im aufklappbaren Pappcover (leider ohne Booklet und somit ohne Abdruck der Songtexte) ist über die Homepage von Katharina Franck und auf ihren Konzerten erhältlich;

Titel:
Die Masse tobt! • Jenseits der Daten (Die Unsichtbare) • Weltenende • Gespenster • Meilenstein • NY Loves me • Sieben Tage Regen • Der Himmel und hier • Salz in der Suppe der Sehnsucht • Tiefenschärfe • Koma Amok • Wohin gehst Du wenn Du schläfst


Rezension:
Man kann es kaum glauben, dass die Veröffentlichung des Songs "Blueprint" von den RAINBIRDS schon 30 Jahre zurück liegt. Diesen fantastischen Song konservierte sie mit ihrer Wahnsinnsstimme für die Ewigkeit. Mit ihrer ersten Solo-CD „Hunger“ baute sie konsequent bis heute auf anspruchsvolle Lyrik. Mich beeindruckte besonders ihr Album „On the Verge of an Autobiography“ (2008), das sie zur Abwechslung in englischer Sprache einspielte. Oder „Zeitlupenkino“ (2002), wo gesprochene Erzählungen mit Instrumentalparts unterlegt sind.

Einige Songs der neuen CD möchte ich herausgreifen. Gleich im ersten Lied „Die Masse tobt!“ setzt sie markante Akzente, die aktueller nicht sein könnten:

„Die Sorgen die euch
Auf die Straße treiben
Und Molotowcocktails
In Fensterscheiben
Sind nur der Anfang
Vom Ende der Freiheit
Freiheit unsere Zuversicht“

Und: „Freiheit du machst mich lahm“.

Ein starkes Statement, Aggressionen nicht gegen die Schwächsten zu richten.

Ich empfehle, beim Anhören ihrer Lieder die anspruchsvollen Texte auf ihrer Webseite mitzulesen (sie liegen der CD nicht bei). Ein intensives Eintauchen in ihre Gedankenwelt lohnt dann umso mehr! Müßig zu erwähnen, dass sie fast alle Songs komponiert und getextet hat.
„Gespenster“: Mit einem langen Text nimmt uns die Künstlerin mit auf eine vieldeutige philosophisch anmutende Reise. Gegen Ende spürt man durch ihre anschwellende Stimme förmlich, was sie an- und umtreibt.
„Meilensteine“: Bei sparsamer Klavier- und Rhythmusbegleitung fragt sie sich u.a., „wer du bist oder wer ich bin“. Daraus ergeben sich viele Fragen, die sie in der ihr eigenen Lyrik versucht zu beantworten.
Ein besonderer Reisebericht zeichnet den Song „NY Loves me“ aus, den sie wie alle übrigen Kompositionen in deutsch interpretiert. Sie erzählt in Schlagworten von Empfindungen in Städten wie Paris, New York, Madrid und sogar Gera. Es scheinen keine Luxusunterkünfte gewesen zu sein, wenn sie zum Beispiel beschreibt: „Das Laken ist spröde, der Tisch ist ein Koffer, die Stille wiegt Tonnen“. Faszinierend, auf welche Umschreibungen sie kommt.
Mit fetziger Bandbegleitung gibt sie in „Sieben Tage Regen“ Tipps, wie man die Zeit kreativ verbringen kann. Selbst der sprechende Butt, ein Fisch aus dem bekannten Roman von Günter Grass wird als Parallele herangezogen.
Eine sanfte Posauneneinleitung öffnet den „Himmel und hier“. Mit hingebungsvoller, glockenklarer Stimme singt Katharina Franck diese Ballade.
Man könnte noch weitere Songs beschreiben, doch es soll lediglich Appetit auf ein akustisches Erlebnis mit einer wirklichen Ausnahmekünstlerin machen.
Einen letzten Song möchte ich noch erwähnen, denn eine wunderbare Poesie durchströmt den Song „Salz in der Suppe der Sehnsucht“, wenn sie eingangs singt: „Ich bin der Blüten Duft im Wind + Der Glanz in deinem Haar!“

Es sind lyrische Lieder mit einer besonderen, manchmal melancholischen Atmosphäre, aber auch gefüllt mit Wut, mit Sinnfragen befrachtet. Manchmal stellt sich erst beim zweiten Anhören der Aha-Effekt ein. Katharina Franck versteht es vortrefflich, nicht nur private Themen zu behandeln, sondern ihr Augenmerk auch auf aktuelle Ereignissen zu richten. Wieder eines der raren Alben, die sich zum Glück nicht dem „Mainstream“ anbiedern. Man kann Katharina Franck zu diesem musikalischen Kunstwerk nur gratulieren und ihr den gebührenden Erfolg wünschen!
(Gerd Müller)