Axel Prahl: "Mehr" (Album)

lp05 20181129 1159454391VÖ: 02.11.2018; Label: Buschfunk; Katalognummer: 08032; Musiker: Axel Prahl (Gesang, Gitarre), Danny Dziuk (Keyboard, Gitarre, Ukulele, Banjo, Percussion, Bass, Gesamg), Nicolai Ziel (Schlagzeug, Percussion), Johannes Feige (Gitarre, Gesang), Thomas Keller (Saxophon, Akkordeon), Tom Baumgarte (Bass), Rainer Korf (Violine) + Brandenburger Symphoniker; Gäste: Uschi Brüning (Gesang), Skip Reinhard (Trompete), Björn Werra (Bass), Ali Busse (Bass), Produzent: Danny Dziuk; Bemerkung: CD im Vinyl-Look, verpackt im aufklappbaren Pappcover. Inklusive Booklet mit Abdruck aller Texte. Dieses Album ist auch als Schallplatte (Doppel LP), als CD Sonder-Edition mit den Bonustracks "Heute versauf ich die Heuer (Hans Albers-Version)" und "Vater (Wie alles begann)" und als Limitierte CD-Edition mit Bonus DVD erschienen;

Titel:
Entrée • Heute versauf' ich die Heuer • Zuhause • Besinn' Dich • Da brennt ein Boot • Herr Neugier und Madame Moral • Zu laut gelacht • Scherben • Da brennt noch Licht • Heute fang' ich an • Hallo, Hallo! • Das ist meine Frau • Lass uns flieh'n • Für ein Amt • Der Kapitän • Ritual • Erbarme Dich unser


Rezension:
Axel Prahl ist ein Phänomen: Wenn man seine Biografie liest, staunt man nur noch, in welchen Genres er sich bereits erfolgreich verwirklichte. Rollen in fast 70 Spielfilmen ab etwa 1992, seit dem Jahr 2002 über 30 (Münsteraner-)Tatort-Folgen als Kriminalhauptkommissar Frank Thiel, Hörbücher und Hörspiele. Kein Wunder, dass sich in all den Jahren eine Reihe namhafter Auszeichnungen ansammelte. Neben dem Grimme-Preis z.B. die Goldene Kamera, die Goldene Henne, Preis der deutschen Filmkritik und der Schwerter Kleinkunstpreis. Dass ihn diese Aktivitäten noch nicht ausfüllten, beweisen seine musikalischen Ausflüge.

Er hat's mit MEHR, denn schon die CD "Blick Aufs Mehr" aus dem Jahr 2011 war ein großer Erfolg. Danach "Dresen, Prahl mit Band", eine Hommage auf Gerhard Gundermann und eine Live-Doppel-CD. Die 17 Titel des zweiten Studioalbums, sieben Jahre nach dem Debüt, sind mehr als man erwarten durfte. "Tausendsassa" Prahl bittet auf dem ersten Titel zum klassischen "Entrée" im Dreivierteltakt. Ein unerwartet origineller Einstieg, der nahtlos in das Seemanns-Shanty "Heute versauf' ich die Heuer" mündet und wie die folgenden Songs mit schönen Arrangements des Inselorchesters und der Brandenburger Symphonikern angereichert sind. Ein Song, den er durchaus mit Ina Müller im Duett singen könnte. Hans Albers hätte mit Wohlwollen zugehört, wenn er noch leben würde. Bei der CD "Blick aufs Meer" ist es übrigens eine klassische Ouvertüre, die eine Reise aufs Mehr einleitete.

Einen hohen Wiedererkennungswert hat seine raue, rauchige Stimme, die seine eigenen Texte ideal in die Musiknoten fließen lässt. Fast schon selbstverständlich spielt er auch Gitarre. Die sonstigen Mitwirkenden an der CD - und das ist eine ganze Menge - kann man oben im Kasten nachlesen. Danny Dziuk war als Multiinstrumentalist, Arrangeur und Produzent wieder mit an Bord.

"Zuhause" ist ein nachdenkliches Chanson mit Streicherbegleitung, das uns einen sanften, sehnsuchtsvollen Prahl mit ebensolcher Stimme zu Gehör bringt. "Scherben" im portugiesischen Fadostil singt er im Duett mit Uschi Brüning.
Bei "Da brennt noch Licht" verführt er zum gebannten Zuhören ("ein Gefühl in mir schreit mich laut an, dieses Mal lag es an ihr"). Perfekt in sinfonisches Gewand gehüllt.
Aber gleich bricht sein Seemanns-Faible im "Kapitän" durch. Eine Erzählung von einem stillgelegten Dampfer, auf dem sein Bruder Bootsmann war. Der herzensgute Kapitän war durch einen tragischen Verkehrsunfall schwer gehandicapt und konnte nur noch den achtlos vorbeigehenden Matrosen bei den Landungsbrücken zusehen - bis eines Tages der Rollstuhl nicht mehr da war. Ein berührender Song!
"Das ist meine Frau". Welche Frau könnte diesen duftig vorgetragenen Lobeshymnen widerstehen. (Herrlich: "... und berühre ihre Hügel, nur wenn sie es begehrt"). Die flotte, manchmal leicht jazzige Begleitung untermauert gut seine Worte. Über seine negativen Erfahrung beim Ordnungsamt ("Für ein Amt biste immer eine Null") berichtet er fast schon in Elvis'schem Gesangsstil und prägnanter E-Gitarren-Begleitung.

Ein musikalisch sehr aufwändig produziertes Album, das viele abwechslungsreiche Facetten enthält. Ob Funk, Tango (wie bei "Besinn dich") oder ein Ausflug in die Karibik ("Komm lass und fliehen"): Bei Axel Prahl meint man oft, sein Augenzwinkern zu sehen. Diese musikalische Weltreise gefällt. An seine Gesangsstimme und Intonation gewöhnt man sich sehr schnell, wenn man sie noch nicht kennen sollte.
(Gerd Müller)