AMIGA Blues Band: "Not Fade Away" (CD + DVD)

lp02 20170402 1631090130VÖ: 07.04.2017; Label: Sechzehnzehn/BuschFunk; Katalognummer: BF 06682; Musiker: Cäsar Peter Gläser (g, voc), Michael "Lefty" Linke (g, voc), Frank "Gala" Gahler (harp, voc), Wolfram "Boddi" Bodag (p, voc), Gerhard "Hugo" Laartz (org, ld), Georgi "Joro" Gogow (g, voc), Herbert Junck (dr); Bemerkung: 1 CD Album und 1 DVD im aufklappbaren Digipak mit Vorwort von Christian Hentschel und Fotos;

Titel:
CD: Walking By Myself • Ramblin' On My Mind • Crossroad Blues • Help Me • I Believe I'll Dust My Broom • Maggie's Farm • Little Red Rooster • Hoochie Coochie Man • Not Fade Away
DVD: I Believe I'll Dust My Broom • Ramblin' On My Mind • Hoochie Coochie Man • Maggie's Farm • Little Red Rooster/Albatross • Crossroad Blues • Help Me • Boom-Boom • Not Fade Away • Nobody Knows


Rezension:
Knapp ein Jahr hat es sie gegeben: Die AMIGA BLUES BAND. Wie die Ansagerin gleich zu Beginn des Auftritts dieser Kapelle am 9. November 1983 im Leipziger "Haus der heiteren Muse" bemerkte, geschah dies in Zeiten, in denen Musiker immer weniger Musiker waren, und statt Instrumente zu spielen vermehrt nur noch Knöpfe drückten, um Musik zu machen. Die Elektronik hatte längst Einzug gehalten und das, was sich mit ihr anstellen ließ, beherrschte die Hitparaden. Der schon oft totgesagte Blues stand einmal mehr von seinem Totenbett auf und rückte wieder in den Fokus, als sieben Größen der DDR-Blues-Szene ihre Instrumente auspackten, eine Platte aufnahmen und damit dann auf Tour gingen. Premiere hatte das Live-Programm Ende Januar 1983 beim Festival "Rock für den Frieden". Die anschließende Tour führte das Ensemble quer durch die ostdeutsche Republik. Am Ende des Jahres 1983 beendeten die Sieben dann ihre Zusammenarbeit wieder und gaben an eben schon erwähntem 9. November ein letztes Konzert, das vom Fernsehen der DDR aufgezeichnet wurde und lange Jahre im Deutschen Rundfunk Archiv vor sich hin schlummerte. Diesen Mitschnitt hat Jörg Stempel vom Label Sechzehnzehn nun wiedergefunden und für die Neuveröffentlichung des Albums "Not Fade Away" der AMIGA BLUES BAND überarbeitet. Am 7. April 2017 kommt dieses Doppel-Pack aus Album und DVD in den Handel.

Über das Album mit den vielen großen Nummern der Bluesgeschichte im Klanggewand der AMIGA BLUES BAND muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Es ist inzwischen ein Klassiker und unter den Blues-Fans bestens bekannt. Für Leute, die westlich der innerdeutschen Grenze lebten oder erst nach 1980 geboren wurden, dürfte der Mitschnitt des Konzerts in Leipzig jedoch völlig neu sein (so wie für mich). Nach kurzen einleitenden Worten startet das Konzert, und Cäsar Peter Gläser mit seiner legendären Gibson-Gitarre, Michael 'Lefty' Linke (Monokel) mit seiner "Slide-Guitar", Frank 'Gala' Gahler mit der Mundharmonika, Wolfram 'Boddi' Bodag (Engerling) und Hugo Laartz (Modern Soul Band) an den Keyboards, Georgi 'Joro' Gogow (vormals und heute bei CITY, damals bei NO55) am Bass sowie Herbert Junck (damals ebenfalls NO55, später SILLY) am Schlagzeug präsentieren - mit Ausnahme des Stücks "Walkin' By Myself" - das komplette Album "Not Fade Away" live. Dazu kommen noch die Songs "Albatros" von Fleetwood Mac und "Boom Boom" von John Lee Hooker, die nicht auf dem Album zu finden sind, die Setlist der Leipziger Mugge aber ergänzen. Wie ein Kraftwerk rockt und rollt die Band und es ist ein echtes Vergnügen, den legendären Cäsar nicht nur Gitarre spielen sondern auch singen zu hören. Als Sänger dürfen sich hier - neben Cäsar - gleich mehrere der Herren von ihrer besten Seite zeigen. Ebenso spannend ist es, dem jungen Gala auf die Pfoten zu schauen und seinen Vorträgen an Mikrofon und Mundi zu lauschen. Auch 'Lefty' hat seinen Auftritt als Sänger, fällt aber eher durch sein tolles Gitarrenspiel - mit und ohne Bottleneck - auf. Die Rhythmus-Abteilung Gogow/Junck sorgt souverän und druckvoll für den richtigen Takt und Bumms, und die beiden Tastenmänner steuern einen ordentlichen Orgelsound unterschiedlicher Couleur bei. Und so drücken die sieben Herren den Liedern von Bob Dylan ("Maggie's Farm"), Willie Dixon ("Little Red Rooster", "Hoochie Coochie Man"), Robert Johnson ("I Believe I'll Dust My Broom", "Ramblin On My Mind", "Crossroad Blues"), Sonny Boy Williamson ("Help Me"), "Not Fade Away" (Buddy Holly) und "Nobody Knows" (James "Jimmy" Cox) ihren eigenen Stempel auf. Die knapp einstündige Aufzeichnung macht mächtig viel Spaß, und dafür sorgen neben der Band auch die ausgesprochen gute Bild- und exzellente Tonqualität - letzteres auch auf der CD. Hier ist seitens der Mastering-Abteilung gute Arbeit geleistet worden. Aber schon bei den Aufnahmen zeigte sich die Regie wunderbar aufgelegt, so dass man über verschiedene Kameraeinstellungen die Totale und reichlich Einzelaufnahmen der Musiker zu sehen bekommt. Etwas gewöhnungsbedürftig wirkt beim Schauen der DVD die für das Konzert gewählte Location, die wie eine voll ausgeleuchtete Turnhalle wirkt, und so gar nichts von einem geeigneten Veranstaltungsort für ein typisches Blues-Konzert hat. Aber was soll's ... Dafür kann man die musizierenden Akteure deutlich sehen und hören, und sich von den Qualitäten eines jeden Musikanten und den geilen Songs mitreißen lassen.

Das Album "Not Fade Away" und die Live-DVD sind in einem aufklappbaren, dicken Digipak zu Hause, das mit einem Vorwort von Christian Hentschel (SCHALL. Musikmagazin) versehen und zahlreichen, teils noch nie gesehenen Fotos illustriert wurde. Das Ganze gibt es - wie beim Label Sechzehnzehn halt üblich - für einen schlanken und konsumentenfreundlichen Taler. Alles unschlagbare Argumente für einen Einkauf beim Händler Eures Vertrauens, oder?
Achso: Das mit den "Knöpfchendrückern" ist über die Jahre noch schlimmer geworden. Den Blues hat aber auch das nach wie vor nicht töten können. Gott sei Dank!
(Christian Reder)


Kommentare (1)

"Die LP, und jetzt auch die CD, ist sehr gut produziert. Aber die DVD ... Das muss das Sendeband von damals sein. Ich kann mich erinnern, dieses Konzert damals auch im DDR-Fernsehen gesehen zu haben. Ich muss danach auch einen "Protestbrief" ans Jugendfernsehen geschrieben haben, denn ich habe das Antwortschreiben mit den verbalen Eiertänzen und lauwarmen Entschuldigungen jetzt im LP-Cover wiedergefunden. Der Grund: Ich war obersauer, denn so eine mies produzierte Konzertaufzeichnung hatte ich noch nicht gesehen. Wie konnte man Bildschnitt und Tonmischung nur derart gegeneinander "bürsten"? Ich sehe z.B. Cäsar ein Solo spielen, höre ihn aber nur ganz indirekt. Erst fast am Ende des Solos hatte der Tonmann den richtigen Regler gefunden. Oder, ich höre deutlich Boddi Bodags Keyboard, der Bildschnitt bietet ihn aber nicht einmal an, sondern irrt im Rest der Band umher. Und damit nicht genug - der Untertitel von "Crossroads" kommt in schönstem Sächsisch-Englisch daher: "Grossroads" lese ich. Heute könnte da locker eine Klage wegen Geschäftsschädigung anhängig werden. Den Jörg Stempel trifft da keine Schuld. Das Deutsche Rundfunkarchiv wird nur noch das Sendeband von damals im Bestand gehabt haben. Und das hat eben alle diese Unzulänglichkeiten - leider. Fazit: Die CD ist top, die DVD nehmen wir Fans und Sammler als Dokument. Mehr können wir nicht tun."
(Carsten Gebhardt)
 
 
 
 
 

   
   
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