pákos: "Engel" (Album)

pakos 20191024 1053395028VÖ: 28.06.2019; Label: Eigenvertrieb; Katalognummer: ohne; Musiker: Bernd Pakosch (Gesang, Gitarre, Ukulele), Christian Mögel (Piano), Ulrich Thiem (Cello); Bemerkung: Ausschließlich auf CD erschienen. CD im aufklappbaren Pappcover inkl. Booklet mit Abdruck der Songtexte;

Titel:
Willkommen/Abend • Und so ist unser erstes Schweigen • Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort • Die Engel • Ich ließ meinen Engel lange nicht los • Heb mich aus meiner Abfalls Finsternissen • Die Liebenden • Empfange nun von manchem Zweig ein Winken • Einsamkeit • Du musst das Leben nicht verstehen • Wilder Rosenbusch • Im flachen Land war ein Erwarten • Herbst • Ich finde Dich in allen diesen Dingen • Spatziergang/Abschied


Rezension:
Du brauchst eigentlich nur eine Gitarre oder ein Klavier, eine gute Stimme und interessante Inhalte, um ein Publikum mit Musik für Dich zu gewinnen. Eigentlich ... Es kommt aber darauf an, wie Du die Inhalte verpackst und in welcher Form Du sie zu Deinen Hörern transportierst. Und wenn Du nicht unbedingt selbst Texte schreiben willst, dann vertone doch einfach Werke Deines Lieblingsdichters und bringe ihn Deinen Zuhörern so etwas näher. Dies hat Bernd Pakosch alias pákos auf seinem Album "Engel" auch getan. Über einen längeren Zeitraum hat er sich mit dem Schaffen Rainer Maria Rilkes beschäftigt und eine Auswahl dessen Gedichte mit seinen eigenen Kompositionen verbunden.

Rainer Maria Rilke gilt als ein Vertreter der literarischen Moderne, dessen Werke dem Impressionismus und Symbolismus zugeordnet werden können. Manch ein Text greift aber auch Motive des Jugendstils auf. Nicht für jedes Ohr geeignet, aber mit etwas gutem Willen, sich auf eine andere Zeit und eine andere Ausdrucksform einzulassen, sind sie auch heute durchaus noch eine spannende Sache für jedermann, der einen solchen Willen besitzt. Immerhin waren Rilkes Texte auch schon Vorlage für den Club der toten Dichter und ließen dort ebenfalls ganz neue Lieder entstehen. Allerdings präsentierte der CdtD diese in einer anderen Form, nämlich als Band und mit einer Sängerin.

Ein ganz wichtiges und herausstechendes Merkmal bei den "Vertönungen" des pákos ist die Kombination aus Vortrag und musikalischer Verkleidung der Rilke-Texte. Denn genau das dürfte alles andere als einfach gewesen sein. Man weiß zuerst auch gar nicht, auf was man sich ausrichten soll. Schon beim ersten Hören der CD ertappt man sich als Konsument dabei, sich konzentriert auf die Stimme des Sängers und somit auch auf die hier ausgewählten Gedichte einlassen zu wollen, sich aber immer wieder auch von den mittels Klavier, Cello und Gitarre gespielten Kompositionen davon ablenken und "aus dem Konzept bringen" zu lassen. Es ist eben nicht nur die nette Untermalung und weiche Umrahmung der Inhalte, sondern schon ein attraktiver Hauptdarsteller im Programm, wenn Christian Mögel (Piano), Ulrich Thiem (Cello) und Bernd Pakosch (Gitarre, Ukulele) das Instrumentarium bedienen. Manch ein Melodielauf wirkt wie ein zerbrechliches Kleinod, deren filigrane Ausarbeitung die Sinne für die hier zu entdeckenden Feinheiten schärft. An anderer Stelle tanzen die Takte förmlich und verlassen die ruhigen Pfade, die man kurz zuvor noch gegangen ist. Dazu kommt die angenehm warme Stimme des Bernd Pakosch, der die Gedichte des Dichters Rilke leben lässt und ihnen eine zusätzliche Attraktivität verleiht. Mehr noch: Seine Art des Vortrags ist mit ein Grund dafür, dass man sich mit der alten Sprache beschäftigen will und der Aufforderung zum Denken folgt.

Man lässt sich hier auf Gedichte wie "Die Engel", "Die Liebende", "Einsamkeit" oder "Herbst" ein, obwohl sie allesamt Jahrzehnte alt, teilweise gut bekannt und auf den ersten Blick nichts Neues mehr bringend sind. Und dann hört man z.B. im Stück "Heb mich aus meines Abfalls Finsternissen", wie sich aus den Klavier- und Gitarrentönen plötzlich ein Orgelsound erhebt, um die leidenschaftliche Vortragsweise des Sängers noch zusätzlich zu unterstreichen. Das lässt einen interessiert und aufmerksam zuhören und die Leidenschaft der Künstler für ihre Musik und die Texte Rilkes hautnah miterleben. An anderer Stelle, so wie im Stück "Einsamkeit", fällt die Schlichtheit auf, mit der der Text musikalisch begleitet wird. Trotz aller Zurückhaltung, die in der nur vom Klavier gespielten Melodie steckt, wird sowohl das Aufgewühlte als auch das Zerbrechliche im Gesang ganz wunderbar dargestellt. Ein Stück weiter wird dem Hörer der "Wilde Rosenbusch" mit Gitarre präsentiert. Er klingt wie einer dieser anspruchsvollen Schlager aus den 70ern, dem Elemente des Jazz und der Liedermacher hinzugefügt wurden. Egal auf welche Art und Weise hier ein Text sein Kleid bekommen hat, die verwendeten Schnittmuster sind so vielfältig, dass trotz der gleichen Stoffe (nur drei Instrumente) 15 verschiedene und einzigartige Gewänder entstanden sind.

Es braucht wirklich nicht viel Technik, Instrumente oder Musiker, um ein Publikum mit Musik abzuholen. Und man kann auch mit längst bekannten Inhalten noch Spannung erzeugen. Eigentlich braucht es nur Bernd Pakosch mit dieser angenehmen Stimme und seine Musikanten, die Altes in neue Schaufenster stellen. Wenn man dabei zuhört, wie Gedichte eines alten Meisters in neue Klangideen eingefärbt werden, hat man das ideale Programm für lange Herbst- und Winterabende. Auf "Engel" befinden sich die idealen Begleiter für eine Stunde Gemütlichkeit mit einem Glas Wein oder 'ner Kanne Tee und dem Blick auf den Wechsel der Jahreszeit vor dem Fenster. Genuss pur!
(Christian Reder)





Videoclip:








   
   
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