Tipps für Wilhelm: "Put Your Head On My Shoulder" (Album)

tipps2018 20181209 1189534442VÖ: 09.11.2018; Label: Motor Music; Katalognummer: 4260085876693; Musiker: Guillermo Morales (Gesang, Gitarre), Thomas Wosnitza (Bass), Ruud van der Zalm (Schlagzeug); Bemerkung: Nur digital und auf CD erschienen. CD im aufklappbaren Digipak inkl. Booklet mit Abdruck der Songtexte;

Titel:
Intro • Die Verwandlung der Susanne O. • Ich sehe dich du mich nicht • Das Summen • Bitumen • In den Slums von Disneyland • Weiße Weste • 1993 • Pepsi und Cola • Zwischen Windrädern


Rezension:
Eine Indie-Band aus Berlin mit ungewöhnlichem Namen. Wie man liest, stand es so auf Mixtapes, die Guillermo Morales, der Musiker mit bolivianischen Wurzeln, von einem Freund geschenkt bekam. Und schon war der Bandname geboren. Nach ihrer ersten, 2014 von Simon Frontzek produzierten Scheibe "Hornissen" reisten sie quer durch Deutschland und besuchten sogar die Schweiz. Das Debütalbum fand durch lyrische Texte, ausgefeilte Arrangements, die sanfte Stimme von Sänger und Gitarrist Guillermo Morales und teilweise durch tanzbare Songs eine entsprechend positive Resonanz. Ihr Konzertauftritt beim "Secrets Festival" wurde sogar auf ARTE TV ausgestrahlt. Danach war weitgehend Funkstille. Kreative Stille allerdings, um ungestört am aktuellen Album arbeiten zu können. Und sie touren wieder, jetzt statt mit fünf Gruppenmitgliedern zu Dritt, um Ihre aktuelle CD zu promoten. Den letzten Halt machen sie übrigens am 15. Dezember in Hof. Ungewöhnlich ist auch der Name des Albums. Kommt Ihnen bekannt vor? Genau, es war ein Song von Paul Anka. Hier hat er wohl die Funktion einer versöhnlich umspannenden Klammer zu den engagierten Inhalten.

Was also ist das Besondere dieser Formation, wie heben sie sich aus der fast unüberschaubaren Masse an guten Interpreten heraus, die praktisch nie im Rundfunk gespielt werden? Das muss letzten Endes jeder Käufer für sich selbst entscheiden. Egal, ob die Geschichten ausgedacht oder selbst erlebt wurden: Es ist aber wohl der im Prinzip positive Grundton, wie auch nachdenkliche Themen in Kurzgeschichten eingebunden werden, obwohl die Welt dunkler geworden ist.
Von den insgesamt 10 Titeln greife ich einige heraus, was aber beileibe keine Wertung bedeutet. Beispielsweise beschreibt die Song-Auskopplung "Ich sehe dich du mich nicht" die Gedanken, wenn man der Liebsten beim Schlafen zusieht. Ein rockiger Hammersong, der sofort mitreisst.
Hinreissend schön mit atmosphärischen Passagen wird "Bitumen" - teilweise mit elektronisch verfremdeter Stimme - dargeboten.
Kann man die Flüchtlingskrise poetisch besingen? Man kann, die Band kann es einfühlsam. "In den Slums von Disneyland" gelingt es Ihnen, die unguten Erlebnisse eines Pärchens auf der Flucht glaubhaft zu schildern.
Von einer wunderschönen Zeit handelt "Weiße Weste", die wohl nie mehr wiederkehren wird. Eine wohlklingende Komposition, die teilweise im Prog-Rock-Stil eingespielt wurde.
Nach dem fetzigen Song "Pepsi und Cola", ein wilder Tanztitel im Stil der Neuen Deutschen Welle, fasziniert der aufwändig arrangierte Song "Zwischen Windrädern", der auch von einem A..... handelt. Begleitet von schillernden Gitarreklängen und Backgroundgesang wird der Hörer langsam wieder in die Wirklichkeit entlassen. Wow, welch ein Ohrwurm-Song!

Resümee: Eine ungewöhnliche Platte, die ich in einem Durchgang begeistert anhörte. Die selbst auferlegte Stille hat sich gelohnt! Die erlesenen Texte und einfallsreichen Arrangements im Indie-Pop und -Rockstil machen es leicht, eine Band zu entdecken, die es absolut verdient. Sie verstehen ihr Handwerk mit vielen überraschenden musikalischen Einfällen perfekt. Die Clips sprechen für sich.
(Gerd Müller)





Videoclips: