WILJALBA: "Blackbird" (EP)

wiljalbaep 20170704 1654838049VÖ: 23.06.2017; Label: Waterfall Records; Katalognummer: ohne; Bemerkung: auf 500 Exemplare limitierte und von Hand nummerierte Auflage im Pappcover;

Titel:
• Blackbird (3:37 Min.)
• Sue Mysterious  (5:04 Min.)
• The Iceman (2:31 Min.)


Rezension:
Wer ein bisschen im Bereich des Schlagers unterwegs ist und gelegentlich der Sängerin Monika Herz über den Weg läuft, wird David vielleicht auch kennen. Es ist der Sohn der Künstlerin, der zusammen mit der Frau Mama schon seit einer Weile auf der Bühne steht und Konzerte gibt. Dies wird bald nicht mehr die einzige Betätigung im Bereich der Musik für David sein, denn er macht sich jetzt mit eigenen Liedern und einem ganz eigenen Stil selbstständig. Seine Mutter singt bei den Konzerten u.a. den Song "Kleiner Vogel", und von einem kleinen Vogel handelt auch die gerade erschienene EP "Blackbird" ihres Sohnes.

Mit dem Schleicher "Blackbird", in dem die Akustikgitarre und Perkussion die tragenden Säulen sind, und das mit Vogelgezwitscher, Mundharmonika und Kazoo angereichert wurde, geht es los. Das Specht-Mädchen wird die Braut der Amsel, wird uns da auf Englisch erzählt, und erstmals hat man Kontakt mit der Stimme des WILJALBA alias DAVID FRIKELL. Ich gebe zu, dass ich beim Erstkontakt so meine Probleme damit hatte. Seine Stimme ähnelt sehr der von Tom Smith (The Editors) und schien auf den ersten Blick nicht zu den Songs passen zu wollen. Dieser Eindruck verschwanden aber mit jedem weiteren Hördurchgang bis er komplett verschwunden war. Diese Nummer hätte gut und gerne auch in der Hochzeit amerikanischer Folk-Musik erscheinen und dort für Furore sorgen können. So kommt sie aber im Jahre 2017 in Umlauf, und stellt ob seiner Machart doch schon etwas Unzeitgemäßes dar. Dies bitte ich aber nicht als Kritik zu verstehen - auf mich wirkt die Nummer absolut erfrischend und andersartig. Überraschend eben, weil man mit sowas heute eigentlich kaum rechnet. Insgesamt kommt "Blackbird" als ziemlich fröhliche Ballade daher, auch wenn sie vom Tempo her eher verhaltene Töne anschlägt.
Beim folgenden "Sue Mysterious" gibt es dann so einiges zum Entdecken. Auch hier steht wieder die Akustikgitarre im Vordergrund, die sich die Hauptrolle im Song jedoch mit einer psychodelisch gespielten Orgel teilt. Der Beat ist deutlich treibender und die eben noch beschriebene "Fröhlichkeit" in der Musik ist einer eher gedrückten Schwermut gewichen. Und auch hier kann man wieder von einer Überraschung sprechen, wenn Banjo, Dobro und Trompete als weitere Zutaten aus "Sue Mysterious" einen unterhaltsamen Mix aus Classic Rock, Folk und Jazz machen. In den 60ern und 70er hätte man solch einen Song sicher nur in Verbindung mit bewusstseinserweiternden Substanzen eingenommen. Kann man heute zwar auch noch probieren, aber ich glaube, das Stück zündet auch ohne das Zeug.
Komplett anders als die beiden ersten Songs kommt "The Iceman" daher. Diese Nummer hat einen deutlich vernehmbaren Einschlag von Irish Folk abbekommen. WILJALBAs Gesang und die Art und Weise, wie die Akustikgitarre gespielt wird, machen da gar keine großen Anstalten, dies auch nur ansatzweise zu verbergen. Besonders gelungen ist hier der Satzgesang, ein Stilmittel, das man heute kaum noch irgendwo findet.

"WILJALBA steht heute für die eingängige Musik des Berliner Singer/Songwriters David Frikell ...", heißt es im Pressetext. Der Autor dieses Beilagezettels scheint aber längere Zeit weit weg vom Geschehen gelebt zu haben, den "eingängig" ist hier nix! Die EP "Blackbird" beinhaltet nicht einen einzigen Titel, der auch nur ansatzweise was mit Mainstream oder Massenkompatibilität zu tun hätte. Hier wird bewusst mit Retro-Elementen gearbeitet, und der Künstler hat ganz offenbar noch eine Rechnung mit der damaligen Zeit offen. Als wolle er Lücken schließen oder für ihn unvollständige Arbeiten von einst zum Abschluss bringen, wirkt seine Musik wie ein Fortführen von längst überholten Stilen. Dies tut WILJALBA aber so, dass seine Lieder absolut ins Heute und das Hier und Jetzt passen. So wie die Songs von Simon & Garfunkel, die eine Patina abweisende Schutzschicht haben und wohl auch in 200 Jahren noch zeitlos sein werden. Schade nur, dass sich der Künstler gegen seine Muttersprache entschieden hat und seine Geschichten auf Englisch erzählt. Ich denke, dass die drei hier veröffentlichten Lieder mit deutschen Texten noch mehr Anziehungskraft hätten. Insbesondere auch deshalb, weil es sowas bisher noch nicht gibt. Die "Blackbird"-EP macht jedenfalls neugierig auf das für den Herbst des Jahres angekündigte Album "Lost Valley".
(Christian Reder)






Videoclips:

Diese  Live-Versionen weichen von denen der EP, die im Studio aufgenommen wurden, ab







 
 
 
 
 

   
   
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