blockfloete50 20150812 1273556762 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Fifty Shades Of Earl Grey"
Blockflöte des Todes
Revolver/Rough Trade
22. Mai 2015

1. Kleines Mädchen
2. Mango
3. Zeitung
4. Amanda Ziller
5. I Kissed A Boy
6. Mein Blog
7. Das Gras auf der anderen Seite
8. Pi
9. Zucker Mutti
10. Wie's im Bücherregal steht
11. Katze / Computer
12. Freyas Schlaflied





BLOCKFLÖTE DES TODES nennt sich der Chemnitzer Singer-Songwriter Matthias Schrei. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich mich nur des Namens wegen nicht an ihn heran getraut. Aber er soll ein Meister des Wortspiels sein und dies ganz wunderbar in seinen Texten zum Einsatz bringen; hat man mir erzählt. Darum habe ich mir auch das neue Album "Fifty Shades Of Earl Grey" in den Player gelegt, um mir diesen "witzigen" Burschen mal anzuhören.

Das erste Stück "Kleines Mädchen" ist eine Liebeserklärung an seine Tochter und vom Text her wirklich erfrischend in Szene gesetzt: "Aber mach was Du willst | Du sollst ja alles probieren | Nur bitte später nicht BWL studieren | Du darfst alles sein, Du darfst alles werden | Du darfst alles machen, nur nicht vor mir sterben". Dazu begleitet sich die "Blockflöte" selbst auf der Gitarre und im Verlauf des Stücks taucht eine Geige auf. Die Geschichte und die Musik passen perfekt zueinander. Ein starker Einstieg in das inzwischen fünfte Album des Meisters.
Der nächste Titel ist dann eine luftig-leichte und launig angejazzte Pop-Nummer, die den musikalischen Rahmen für ein Remake des 70er Jahre-Schlagers "Tanze Samba mit mir" von Tony Holiday bildet. Anders wie in der Vorlage des bereits verstorbenen Sanges-Kollegen, wird hier nicht darum gebeten, die ganze Nacht Samba zu tanzen, sondern die ganze Nacht "Mango zu essen", um die Angebetete zu einer gesünderen Ernährung zu motivieren. Diese Schwärmerei für die Vitamine von Mangos ist ein regelrechter Kacksong. Der ist so herrlich trashig, dass er fast schon wieder gut ist. Aber auch nur fast, denn extrem nervend ist, dass man ihn für Stunden nicht wieder aus dem Ohr bekommt, obwohl man ihn dort am allerwenigsten haben möchte.
Musikalisch in das gleiche Horn stößt das Stück "Zeitung". Auch hier wird kein Geheimnis aus der Sympathie zum Jazz gemacht. Inhaltlich geht es um eine in Routine gefallene und in die Jahre gekommene Beziehung zwischen ihm und ihr. Den männlichen Part übernimmt gesanglich die "Blockflöte" selbst, den weiblichen Part die Sängerin Miu Graf. Und so heißt es im Text dann auch, "Füreinander machen wir uns nicht mehr schick | Das Knistern zwischen uns ist nur die Zeitung | Reich mir mal die Politik", und "Passiert nicht oft, dass wir uns streiten | Dazu haben wir zu viele Gemeinsamkeiten | Zum Beispiel gemeinsame Schulden | Manchmal frag' ich mich | ob Wir uns nur deswegen noch erdulden". Ein ernstes Thema aber ausgezeichnet gut zu einem Song verarbeitet.
Wesentlich frischer ist da wohl noch die Liebe zu der im Hippie-Kleid gewandeten "Amanda Ziller", die Matthias Schrei hier flirtend ansingt. Während diese Amanda die ganze Zeit stimulierende Substanzen in Form von Pilzen zu sich nehmen möchte, macht er ihr verlockende und eindeutige Angebote: "Ich hab' keine Ahnung von Drogen | Doch ich verspreche Dir | Ich werd' Dich sexuell revolutionieren | denn was das angeht, bin ich ein Hippie | Was das angeht, hab' ich's gecheckt | 1968 wurde die 69 entdeckt". Eingepackt in einer sommerlich lockeren Musik mit Gitarren, Rhodes Piano, Bass und Schlagzeug erzeugt das Stück richtig gute Laune und auch der Text birgt noch die eine oder andere amüsante Stelle.
Amüsant klingen auch Textpassagen wie "My Homepage is my castle" oder "Ich wiege 7500 Instagramm" im Song "Mein Blog". Wer aber genauer hinschaut bzw. hinhört, merkt schnell, dass es in dem Lied um Vereinsamung und Internetsucht geht. Die Freunde aus dem echten Leben hat man seit dem Einzug ins Internet verloren, dafür aber jetzt eine Menge Twitter-Follower. Und auch beim Arrangement überrascht Matthias Schrei ein weiteres Mal. Nach Jazz, Latino-Klängen und Popmusik wird sich bei "Mein Blog" kräftig im Bereich Folk und Country bewegt. Banjo, Lapsteel und Violine sorgen für die richtigen Töne und die richtige Stimmung.
Wo wir bei Überraschungen sind: "Das Gras auf der anderen Seite" ist fast schon Poesie, die die "Blockflöte" da zu Musik gemacht hat. Er singt von nach Süden ziehenden Vögeln und dem Wunsch, "raus aus dem Nest und hinterher" zu wollen. Ich schreibe bewusst "fast Poesie", aber warum, das müsst Ihr selbst herausfinden.
Wortspiele gibt es dann wieder in "Pi". Die Zahl "Pi" hat bekanntlich einen Wert von 3,1459 und Schrei outet sich hier als "Pi-gamist", weil er 3,14159 Frauen liebt. Jazzig und angeswingt arrangiert ist "Pi" ein weiterer Gute-Laune-Spender auf dieser CD.
Und so musiziert sich der Mann, der sich selbst nach einem Holzblasinstrument benannt hat, auf seinem neuen Album durch viele Themen des täglichen Lebens und musikalische Genres. In den anderen Liedern geht es z.B. um gleichgeschlechtliche Liebe, und dass das heute eigentlich das Normalste von der Welt sein sollte ("I Kissed A Boy"), um eine "Zucker Mutti", die am Ende gar nicht - wie gedacht - reich ist und all die investierte "Liebe" völlig umsonst war, und um den Vergleich zwischen Katze und Computer. Auch die eigene Tochter bekommt noch ein Schlaflied gesungen und ehe man sich versieht, sind 12 Lieder schon gehört. Egal um was es in den Songs auch geht, verpackt sind die Themen stets in sehr ansprechender, genau auf den Punkt gebrachter und manchmal auch überraschender Musik.

"Fifty Shades Of Earl Grey" ist eine positive Überraschung. Da besteht kein Zweifel. Mag sein, dass manche Reime platt sind, ein paar Wortspiele nicht ins Ziel treffen, aber im Großen und Ganzen beherrscht Matthias Schrei sein Handwerk. Es gelingt ihm außerdem sehr gut, die Botschaften und Geschichten in seinen Songs nicht durch überladene Arrangements oder andere Fisimatenten zu versperren. Die Songs sind - bis auf eine Ausnahme - sehr eingängig, leicht zugänglich, sie machen Spaß und treffen den Nerv schon beim ersten Hören. Die Ausnahme bildet tatsächlich das beschriebene "Mango". Dieses Album ist ein toller Begleiter durch den Sommer. Gute Laune garantiert!
(Christian Reder)




   
   
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