hvgdvd2015a 20151114 1715377476 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Anmerkung:
"Brenna tuat's schon lang"
Hubert von Goisern
Blankomusik/SONY
30. Oktober 2015

Lauflänge Film: ca. 93 Min., Lauflänge Bonusmaterial: ca. 85 Min. Den
Inhalt der DVD/Blue Ray (Tracklist) könnt Ihr am Ende der Rezension finden.





Rezension:
Wenn ein renommierter Regisseur wie Marcus H. Rosenmüller mit immerhin einem Dutzend Spielfilmen und etlichen Filmpreisen im Gepäck einen Dokumentarfilm präsentiert, darf man neugierig sein und ein besonderes Werk erwarten. Sein Weg führte ihn zu Hubert von Goisern, der stets hohe Ansprüche an sich, aber auch an die stellt, die ihn porträtieren.

Im 95-minütigen ersten Teil der Veröffentlichung werden aktuelle Interviews mit Rückblicken auf oft schon lange vergangene Auftritte, Begegnungen mit Weggefährten in idealer und vor allem spannender Form verschmolzen. Der zweite (Bonus-)Teil enthält ausführlichere Auftritte ab 1992 und lange Passagen eines Konzertes aus 1993. Siehe Inhaltsangabe unten!

Doch der Reihe nach. Hubert von Goisern ist seit mehr als 25 Jahren in Europa, aber auch anderen Ländern unterwegs. Als musikalischer Botschafter Österreichs. Als ein Künstler, dem nie eine Erfolgswoge genügt, der immer nach Neuem strebt, alles Mögliche auslotet. So kamen Musikrichtungen heraus, die man nur sehr unvollkommen unter den Allgemeinbegriff „Alpenrock“ subsumieren kann. Er ist eigentlich keinem Genre so recht zuzuordnen. Dennoch bleibt er stets seiner Heimat verwurzelt. Längere Auszeiten in verschiedenste Winkel der Erde befeuerten sein Ideenreichtum zusätzlich und ergeben eine faszinierende musikalische Mischung, die hierzulande seinesgleichen sucht.

Der Film beginnt in etwas düsterer Kulisse auf dem See, an dem Bad Goisern liegt. Hubert von Goisern sitzt in einem Fischerboot, spricht nachdenklich und angelt. Untermalt von einem seiner schönsten Kompositionen „Heast as net ... wia die Zeit vergeht“. Seine ersten Worte charakterisieren seine Lebenseinstellung und die Umtriebigkeit treffend: „Das Leben ist eine Reise durch Raum und Zeit mit Begegnungen von anderen Reisenden, mit denen man ein kürzeres oder manchmal auch sehr langes Stück des Weges gemeinsam geht“. Und er sinniert über seine Talente, die man ihm in die Wiege legte, die im zarten Alter von 12 Jahren von einem Lehrer entdeckt wurden. Er wurde sein gutmütiger Mentor, der auch Nachlässigkeiten seines Schülers beim Musikunterricht nicht mit Strenge beantwortete. Die Szene wechselt zu seinem Lehrer in der Jetztzeit. In diesem Rückblenden-Stil ist der Hauptfilm aufgebaut. Man sieht uralte Filmausschnitte aus der Frühzeit, wo er als Mitglied einer Volksmusikgruppe heftig über deren Musikstil diskutiert und eine Weiterentwicklung einfordert. Weiter spricht sein langjähriger Wegbegleiter, der Journalist Bernhard Flieher, bei einem Treffen mit Hubert von Goisern über das Mischen von Volksmusik mit Rock- und Popelementen. In einem Konzertausschnitt sieht man, wie er ein politisches Statement gegen den rechten Politiker Jörg Haider abgibt. Das habe man ihm übel genommen, so Goisern. Neu für mich war seine Feststellung, dass der Künstlername „Hubert von Goisern“ (eigentlich Hubert Achleitner) ein „Racheakt“ gewesen sei, weil er sich nie richtig als Goiserer gefühlt habe. Seine Mutter habe aus dem Sudetenland gestammt.

Wie ging es dann weiter? Vom Großvater habe er eine Ziehharmonika geschenkt bekommen und, weil das ja nur „ewig Gestrige“ spielen würden, jahrelang nicht benutzt. Dennoch fand er, wie wir wissen, dann sehr Gefallen an dem Instrument, dessen Sound er als „geil“ bezeichnete. Hierzu gibt es köstliche Filmausschnitte. Durch den Film ziehen sich Interviewszenen mit seinem Manager Hage Hein. Ein warmherziger Mensch, der mit Hubert auf einer Wellenlänge schwimmt. Idealer kann eine Zusammenarbeit gar nicht sein und sie dokumentiert sich auch in den späteren großartigen Erfolgen. Es ging ja lange nicht alles glatt, bis man nach monatelanger Suche endlich eine Plattenfirma fand, die sich für die erste Scheibe erwärmen konnte. Lachen musste ich über einen Filmausschnitt aus der österreichischen TV-Sendung „Die Nase vorn“ aus den Neunziger Jahren, als er mit stolzgeschwellter Brust „Gern hab’ ich die Frauen geküsst“ vom Operettenkomponisten Franz Lehar intonierte. In entsprechender Bekleidung mit Hut. Hage Hein erwähnte, dass Goisern bei einem frühen Auftritt mit seinem kreierten Repertoire vom Publikum ausgepfiffen worden sei, bis schließlich das „Hiatamadl“ (Hirtenmädchen) mit seiner Band „Alpinkatzen“ endlich den Durchbruch und die erste Goldene Schallplatte brachte. Selbst in New York gastierte er mit dieser Band.

Eine seiner Auszeiten führte ihn zur beeindruckenden Wissenschaftlerin Jane Goodall. Die Britin erforschte das Verhalten von Schimpansen im Gombe-Stream-Nationalpark in Tansania. Bei gemeinsamen Naturbeobachtungen holte er sich wieder neue Anregungen für seine nächsten Projekte. Weitere Begegnungen führten ihn mit tibetanischen Künstlern zusammen, zu gemeinsamen Sessions mit westafrikanischen Formationen in Dakar, Senegall, zu Konzerten in Ägypten u.v.m.. An den begeisterten Reaktionen der Zuhörer zeigte sich wieder sehr eindrucksvoll, dass Musik ein Völker verbindendes Element ist.

Ich möchte natürlich nicht zu viel verraten, aber eine fast schon verrückte Idee verwirklichte er sich in zwei Sommerzeiten mit der „Linz Europa Tour 2007“. Mit einem umgebauten Lastenschiff schipperte er samt Crew zu verschiedenen Anlegestellen entlang der Donau, um Konzerte zu geben und Begegnungen mit den Menschen der angrenzenden Länder zu ermöglichen. Auf dem Oberteil des Schiffes war die Bühne aufgebaut. Mit immer neuen Musikern und begeisterten Zuschauern an Land erfuhr er riesengroßen Zuspruch entlang der Route. Sogar Xavier Naidoo und Konstantin Wecker waren einige Tage an Bord. Dramatische Szenen zeigten, wie knapp man bei einem schweren Gewittersturm gerade noch die Musikinstrumente retten konnte, bevor sie drohten, über das Deck ins Wasser zu rutschen. Die Schiffstournee ging später auf dem Main weiter. Von diesem wohl einmaligen Unternehmen gibt es zwei DVDs: „Goisern goes East“ und „Goisern goes West und Hafenfest 2009“. Alles in allem ist der Film – mit dem ausführlichen Konzert-Bonusteil – in meinen Augen eine Offenbarung mit gut recherchierten Einblicken in die musikalische Welt eines sympathischen Ausnahmekünstlers. Es entstand eine beeindruckende filmische Zeitreise durch 25 Jahre Hubert von Goisern. Rosenmüller sei Dank!
(Gerd Müller)



Inhaltsangabe der DVD/Blue Ray:
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Videoclips: