falkenberglive2014 20141231 1291834360 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Live im Neuen Theater Halle"
Falkenberg
Mollwerk/BuschFunk
9. Dezember 2014

1. Ihr
2. Freiheit
3. Das mächtigste Mittel
4. Da ist die Angst
5. Du willst das nicht hörn
6. Vor den Kathedralen
7. Zwischen Erde und Mond
8. Wolf unter Wölfen
9. Das eigentlich Unmögliche
10. Ein weises Kind
11. Songs und Schlaf
12. Im Schlaf
13. Wo alle sind
14. Osten 3.1
15. Inflationäres Wohlbefinden
16. Agonie und Ekstase
17. Für Krieger wie uns
18. Nichts
19. Still und schön
20. Meine Eltern
21. Immer bei mir
22. Auf den Wiesen der Kindheit
23. Eine neue Stadt
24. Die Stadt die keiner kennt
25. Das letzte Lied
26. Taufrisch





Das neue Live-Album von FALKENBERG (The Artist formerly known as IC) startet mit "uns". Richtig ... Es sind wir, die die ersten Töne der Platte abliefern. Also nicht wir alle, sondern nur die, die bei der Live-Aufzeichnung von "Falkenberg live im Neuen Theater Halle" auch zugegen waren und ihm gleich zu Beginn kräftig Applaus spendeten. 23 Sekunden dauert der Applaus, bzw. das Stück "Ihr", bevor es mit dem musikalischen Teil losgeht. Und "wir" machen dabei wirklich eine gute Figur! Aber "wir", die da im Booklet auch namentlich alle erwähnt wurden, sind weder die Musiker noch die Programmgestalter. Das ist FALKENBERG selbst, und das zeigt er auch sogleich mit dem unserem Beitrag folgenden Lied "Freiheit". Das Titelstück von FALKENBERGs letzter, gleichnamiger CD aus dem Frühjahr 2012 macht den Anfang einer Mugge, die musikalisch auf das Nötigste reduziert wurde.

Es ist der Mitschnitt des Konzerts vom 12. und 13. Oktober 2013, das der Musiker im Neuen Theater seiner Heimatstadt Halle/Saale gab. Ohne Band und ohne viele Fiesematenten spielte er seine Lieder für sein Publikum. In voller Wirkung und in voller schlichten Schönheit. Dabei ist "Freiheit" nicht nur das politischste Album, dass FALKENBERG bis jetzt veröffentlicht hat! Auch das dazugehörende Live-Programm ist wohl das bis dahin politischste, was er je auf eine Bühne gebracht hat. Dabei bediente er sich der Themen, die uns in den Tagen und Monaten alle beschäftigten und überschrieb das Ganze eben mit dem Wort "Freiheit". Und so finden sich natürlich viele der Lieder dieses Albums auch auf dieser Live-CD wieder. Geschickt vermengt mit einzelnen Stücken seiner vorher veröffentlichten Alben, z.B. "Wolf unter Wölfen", "Agonie und Ekstase" oder "Zwischen Erde und Mond", wirkt das Programm wie aus einem Stein gehauen. Die eine oder andere Anmoderation wurde auch eingefangen und passend dazu gereicht. So beschreibt FALKENBERG z.B. die Ideen hinter dem Stück "Ein weises Kind" ("Hautlos", 2010), in dem es eigentlich um eine gute Freundin von ihm geht. Nicht wer weiß wie ausufernd und langatmig, sondern kurz und auf den Punkt. Ebenso die Einleitung zum Song "Im Schlaf", in der FALKENBERG darüber erzählt, wie Songs entstehen können. Man wacht des Nachts auf und hat eine Idee. Man steht auf, greift zur Gitarre und schreibt die Idee auf, denn schliefe man weiter, wäre sie morgens schon wieder weg. Bei dieser Einleitung habe ich besonders hingehört, denn FALKENBERG erzählt über Nächte ohne richtige Ruhephasen. Von völlig durcheinander gewirbeltem Biorhythmus und innerer Unruhe. Von Schlafstörungen über einen längeren Zeitraum, die den Schlaf nur oberflächlich halten. Vielleicht passt ja gerade das auch zu dem, was nur wenige Tage nach der Aufzeichnung dieses Konzerts geschah, als ein gesundheitlicher Tiefschlag den Musiker ins Jetzt und Hier zurückholte. Ihn - wie er schreibt - aus einer glücklichen Zeit heraus riss und zu einem Umdenken brachte.
Mit "Osten 3.0" beschrieb FALKENBERG im Jahre 2000 auf dem Album "Zwischen Mond und Erde" das Gefühl eines in der DDR Geborenen so dermaßen verspielt und doch so greifbar, wie seinerzeit die Gruppe SILLY die Wiedervereinigung im Song "Traumpaar". Metaphernschwanger wird die Zeit der Wende, davor und danach, so gut dargestellt, dass es kein einfacher Songtext, sondern schon große Dichterkunst geworden ist. Auf der Live-CD gibt es eine nur vom Klavier getragene Version, in der sich die Botschaft voll beabsichtigt in den Vordergrund schieben kann. Ein echter Höhepunkt auf dieser Scheibe!
Das Stück "Immer bei mir" leitet FALKENBERG mit ein paar persönlichen Worten über seine Eltern ein. Hier lässt er sich Zeit und so wird diese Einleitung auch zur längsten, die sich auf der CD befindet. Es zeigt, wie sehr seine Eltern, die er schon mit Anfang 20 verlor, noch immer in seinem Herzen sind und er sagt es auch deutlich, wie er seine Freunde beneidet, die ihre Eltern noch haben und sie auch mal anrufen oder besuchen können. Das, was er selbst eben nicht mehr kann, fehle ihm. Er erzählt auch über seine Kindheit und darüber, dass er Schlagzeug spielen lernen wollte. Seine Mutter meinte dazu nur, dass dieses Instrument zu laut sei, und man deshalb vielleicht aus der Wohnung fliegen könnte. Darum bekam er ein Klavier und FALKENBERG erzählt recht kurzweilig, wie er seinen Eltern zeigte, dass auch ein Klavier laut und nervend sein kann (insbesondere, wenn man 12 Stunden immer nur die kurze Eröffnungsfigur von Deep Purples "Smoke On The Water" spielt). Seine Eltern wohnen nicht in der "Stadt der Toten", wie er anmerkt. Sie seien immer bei ihm, so auch in dem Moment, in dem er das Lied für seine Eltern, "Immer bei mir", anstimmte. Gänsehaut und ein Klos im Hals, auch wenn man diesen Moment nur über der CD lauschen kann.
Nach all den ernsten Themen, der wichtigen Inhalte und der Zeit des Zuhörens und Eintauchens, beendet FALKENBERG das Konzert mit dem STERN MEISSEN-Hit "Taufrisch", und einer Rückkehr in die Pop-Jahre der 80er.

Taufrisch ist auch FALKENBERG immer noch. Auch wenn er sich mit seinem Vollbart selbst um Jahre älter macht, klingt er noch wie eh und je. Jung, frisch, kraftvoll und manchmal auch trotzig-wütend, wie ein junger Heißsporn. Musikalisch und inhaltlich ist er in den 26 Jahren seiner Solokarriere natürlich deutlich gereift und erwachsener geworden, aber die Wiedererkennbarkeit ist geblieben und das Feuer in ihm ist immer noch spür- und hörbar da. Heute ist er der Mann am Klavier oder an der Gitarre, der den Menschen Botschaften übermittelt, die weit über die Landesgrenzen und das Private hinaus gehen. Oft ist er inzwischen auch der nachdenkliche Sänger, der sich nicht mehr scheut, sein Innerstes nach außen zu kehren. Das tun sicher viele andere Künstler auch, aber so glaubhaft und nachfühlbar wie FALKENBERG? Ich meine nein! "Live im Neuen Theater Halle" zeigt einen Sänger, der nur ein begleitendes Instrument braucht, um sein Publikum mit seinen Texten zu erreichen. Es muss nicht immer laut und arrangementmäßig verschachtelt oder verspielt sein. Man darf von einem Musikfreund auch durchaus erwarten, dass er sich mal zwei Stunden fallen lässt, zuhört und begreift. Ob es dieses Live-Album wirklich bedurfte, mag jeder für sich selbst beantworten. Ich persönlich hätte hier (endlich mal) eine DVD vorgezogen, um auch visuell nacherleben zu können, was da im Oktober 2013 auf der Bühne in Halle passierte. Aber FALKENBERG erreichte mich auch so. Danke!
(Christian Reder)




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