lad2014 20141113 1782427302 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Was wenn alles gut geht"
Laith Al-Deen
RCA (SONY)
31. Oktober 2014

1. Lass es los
2. Alles bleibt
3. Frühling
4. Was wenn alles gut geht
5. Steine
6. Immer wieder
7. Nur wenn sie daenzt
8. Wo gehen wir hin
9. Das kannst nur Du
10. Volle Kraft
11. Wenn gestern heute wär
12. In meiner Nähe
13. Outro





Schnell passiert es ... manchmal auch lange unentdeckt ... und man verfällt in einen Zustand, der mit "Burn Out" beschrieben wird. Burn Out ... Ausgebrannt. Dunkelheit in der Seele, Müdigkeit, Antriebsschwäche, Lebenskrise. Die Vorstufe zur Depression. Wer glaubt, einem selbst passiere sowas nicht, ist gewaltig auf dem Holzweg. Inzwischen ist man aber schon soweit, dass diese Reaktion des Körpers auf Stress, Überarbeitung, Schicksalsschlägen und anderer negativer Einwirkungen von außen kein Tabu mehr ist. Burn Out und Depression sind Volkskrankheiten und lassen sich nicht mehr so einfach als Krankheiten von nur wenigen Menschen abtun. Manche finden schnell und scheinbar leicht wieder zurück ins Leben, andere kämpfen jahrelang mit dem Problem und schaffen es nur schwer - im schlimmsten Fall gar nicht - aus der Krise, dem tiefen Loch, wieder heraus zu kommen. Sting, Ozzy Osbourne, Britney Spears, Franz Liszt ... sie alle haben den Kampf gegen diese seelische Erkrankung aufgenommen. Auch Laith Al-Deen hat gekämpft und sich von der Umklammerung lösen können. Nicht zuletzt hatte auch die Musik einen großen Anteil am so wichtigen Schritt zurück ins Leben und in den Beruf. Das neue Album "Was wenn alles gut geht" ist ein Beweis dafür, wie man Musik als Therapie nutzen und damit auch anderen helfen kann.

Laith Al-Deen zeigt sich nach einer überstandenen Krise wieder aufgeräumt und optimistisch, und das spiegelt sich auch in der Musik wider. Der Musiker rechnet aber auf seinem Album auch an mehreren Stellen mit der erlebten Erschöpfung und dem Ausgebranntsein ab, die ihm in den letzten drei Jahren mächtig auf der Seele lagen. Das Gefühl der Kraft- und Lustlosigkeit hat er abgeschüttelt, und schon im ersten Song, "Lass es los", wird das zum Thema gemacht. Laith Al-Deen singt hier nicht über sich, sondern spricht in seinem Text eine Person an. Eine Person, die sich zurückgezogen hat, weil es ihr nicht gut geht. Der Songtext bringt diese Situation mit nur wenigen Zeilen treffend auf den Punkt. Sowas kann nur jemand zu Papier bringen und in Musik kleiden, der es selbst erlebt hat, und nur dieser Mensch kann das so treffend beschreiben, wie die dunkle Phase auf andere Menschen und einen selbst wirkt. Es ist der Blick von außen auf das Thema, und doch steckt man mitten drin. Schwere Gitarren und ein druckvoller Basslauf nebst gleichförmiger Klavierfigur im Hintergrund sind die musikalische Untermalung für den leicht gesagten, aber absolut richtigen Tipp, wie man den Schmerz los wird und das Dunkel verlassen kann: "Damit Du wieder Licht siehst - lass es los | Und es wieder leuchtet - Lass es los, in Dir | Damit Du wieder Luft kriegst - lass es los | Endlich wieder Platz hast - lass es los, in Dir". Loslassen - für viele leichter gesagt als getan, aber ein Anfang. Verpackt als Ballade in Moll spricht der Musiker aber nicht irgendeine fiktive Person an, sondern all die, die das gleiche erleben oder schon erlebt haben. Eine zu Musik gewordene Bedienungsanleitung und gleichzeitig Therapie-Gruppe, wenn man so will.
Das Thema findet man auch in dem Stück "Steine" noch einmal in aller Deutlichkeit. Hier ist die musikalische Grundstimmung die gleiche wie beim Opener. Eine träge Klavier-Figur läuft im Hintergrund, ein schwerer Bass setzt ein. Johannes Falk hat den Text zum Song geschrieben. Es wird die Übergangsphase vom seelischen Tief zurück auf die Beine und dem festen Stand beschrieben, und sobald die befreiende Botschaft, "Doch ich bin wieder am Leben", die Überhand gewinnt, wandelt sich die Musik wie ein aufklarender Himmel nach einem morgendlichen Grau in Grau. Mehr noch. Wie eine Wand türmt sich die Musik zum Schluss auf und Laith Al-Deen legt alles in seine Stimme und ruft die Zeile "Ich bin wieder am Leben" voller Lust und Kraft heraus. Diese Sekunden lassen bei mir eine Gänsehaut über den Körper laufen. Eine Hymne für alle, die wieder aufgestanden sind und gekämpft haben. Ein absolut starker Song - für mich einer der Besten auf dieser Platte.
All das Positive, das ins Leben zurückgekehrt ist, ist im Song "Alles bleibt" zu hören. Positiver Inhalt und positive Musik nehmen einen gefangen. Es ist ein Lied über einen neuen Anfang, über Optimismus und Stärke, arrangiert mit einem treibenden Beat und zwischenzeitlichen Ruhephasen. Eine Achterbahnfahrt in Sachen Musik und Gefühlsleben. Absolut hitverdächtig, diese Nummer! Das Lied bläst Luft unter die Flügel der Hörer, die sich vielleicht im Sinkflug befinden und einfach nur etwas brauchen, das sie wieder hoch bringt. Laith Al-Deen hilft mit seinem Song dabei.
"Frühling" hätte eigentlich "Herbst" heißen müssen, denn es beschreibt das Ende einer Liebe, aber auch die Tatsache, dass man deshalb nicht unbedingt den Blick nach vorn verlieren muss. "Der Frühling taut den Schmerz auf". In Metaphern beschreibt Texter Johannes Falk die Kälte einer sterbenden Beziehung und die Trennung als Reise vom "Nordpol in den Süden". Auch hier ist musikalisch eine Steigerung vom Anfang bis zum Ende zu hören. Aus anfänglicher Ruhe türmt sich bis zum Ende wieder eine Wand aus druckvollem Sound auf, die die Songbotschaft unterstreicht.
Ebenfalls um eine im Sterben liegende Beziehung geht es im Stück "Wo gehen wir hin". Passend zum Thema ist die Musik arrangiert. Nur zum Klavier singt Laith Al-Deen die ersten Zeilen des Stücks, das die Frage nach dem "Wohin, wenn das Herz am Boden liegt" und "... wenn die Zeit gegen uns läuft" stellt. Das im Mittelteil einsetzende Schlagzeug setzt Beats wie Schüsse aus einer Pistole - offenbar gerichtet auf das Herz und die Seele.
Die Singleauskopplung "Was wenn alles gut geht", die dem Album auch seinen Namen gab, ist musikalisch eine Art Zeitreise. Retro-Sounds der 80er paaren sich mit Brit-Pop und Rockmusik. Eine Mixtur, die richtig Charme hat und ordentlich rockt. Inhaltlich klingt die Frage, "Was wenn alles gut geht", fast schon ängstlich und wie die eines Pessimisten, dem eine Glückssträhne droht.
Ein treibender Beat leitet den Song "Nur wenn sie daenzt" ein. Ein bisschen Funk, ein bisschen 70er ... das alles mit ordentlich Druck und passend zum Songinhalt arrangiert. Tanzbar und mitreißend. Ein Song, der laut gehört werden will (und muss).
Und so geht's abwechslungsreich und tiefgründig weiter auf der Scheibe, die noch weitere Songs dieser und ganz anderer Art für den Hörer bereit hält.

Insgesamt wirkt dieses Album wie ein Befreiungsschlag. Je öfter man es hört, desto mehr bekommt man den Eindruck, dass hier jemand die Segel neu gesetzt und das "Tote Meer" in Richtung tosende und aufgewühlte See verlassen hat. Raus aus der Dunkelheit und rein ins pralle Leben mit seinen Höhen und Tiefen. Auf der einen Seite eine Abrechnung mit sich selbst und der durchlebten Krise, auf der anderen Seite ein trotziges "Hallo, ich bin wieder da und stärker als vorher". Musikalisch ist "Was wenn alles gut geht" ein munterer Ritt durch die Gefühle und Arten populärer Musik. Mal laut, mal leise. Mal rockig, mal soft. Mal aufgekratzt, mal entspannt. Laith Al-Deen zeigt gesanglich wie inhaltlich viele Gesichter, und liefert mit dieser CD - für meinen Geschmack - sein bestes Album ab. Die Scheibe gibt's als CD im Handel. Eine Auflage auf Vinyl (Schallplatte) gibt es erstmal leider nur in der Deluxe Editon (siehe Foto unten), die ausschließlich bei einem großen Online-Händler erhältlich ist. Eine Unsitte, die man möglichst bald wieder abschaffen sollte, denn Leute, die ihre Musik noch im Laden beim Händler ihres Vertrauens kaufen, gucken so erstmal in die Röhre ...
(Christian Reder)




Beitrag kommentieren: Dieses Album oder die Rezension kommentieren? Das kannst Du HIER




lad2014b 20141113 1222044939




   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.