naidoo1 20131227 1466903498 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Danke für's Zuhören"
Xavier Naidoo
Naidoo Records
13. Dezember 2013

siehe unten





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Rezension:

Gut ... ich bin kein Fan vom Musiker Xavier Naidoo. War ich noch nie und werde es wahrscheinlich auch nicht mehr werden. Naidoo ist ein Vertreter der jungen Generation Soul und R'n'B, die in meinen Ohren zu technisch klingt. Hier steht der "Bumms" im Vordergrund und weniger die Verspieltheit. Er verwebt diese Musik u. a. mit Elementen des Hip Hop. So ist nicht selten ein Hip Hop-Chor mit einem nervigen "ah .. yeah"-Geblubber zu hören und auch ein DJ, der lustig mit Platten scratcht, war gerade in der Anfangszeit seiner Karriere immer mit am Start. Das nervt ohne Ende und macht nicht selten eine tolle Song-Idee kaputt. Aber das nur am Rande. Von dem Texter Xavier Naidoo bin ich aber sehr wohl ein Fan, denn an dem Fakt, dass er großartige Geschichten für seine Lieder schreibt, kommt man einfach nicht vorbei. Auch ich nicht. Es ist schon beeindruckend, was er da zu Papier bringt und wie er seine Botschaften übermittelt. Nicht umsonst hat der Künstler bisher schon diverse Preise sammeln können. Seit dem letzten Jahr ist auch eine erste Retrospektive von Naidoo im Handel erhältlich. Sie heißt "Danke für's Zuhören" und wurde vor knapp zwei Wochen nochmals als Sonderedition mit Bonus DVD wiederveröffentlicht.

Es ist also auch für mich ein Rückblick auf die vergangenen 15 Jahre und mein "(Neu-)Entdecken" des Musikers und Texters Xavier Naidoo. Mir fiel er bereits mit seiner Debüt-Single "20.000 Meilen über dem Meer" im Jahre 1998 auf. Ein wirklich toller Song, in dem sich Naidoo die Seele aus dem Leib singt. Schon damals verglich ich den Gesang von Naidoo mit dem von Holger Biege. Obwohl beide Künstler auf zwei unterschiedlichen Baustellen zu Werke gehen, liegen die beiden doch - zumindest vom Gesang her - dicht beieinander.
Ein Song von Naidoo, den ich schon beim ersten Hören ins Herz geschlossen hatte, ist "Sie sieht mich nicht". Die Komposition (im Original "Elle ne me voit pas") stammt aus der Feder des Franzosen Jean-Jacques Goldman, der sie für die erste Asterix-Real-Verfilmung schrieb und der sich in verschiedenen Ländern diverse Künstler angenommen und mit einem anderssprachigen Text versehen haben. Für die deutsche Fassung war das Xavier Naidoo. In dem Film geht es u. a. darum, dass sich der Comic-Held Obelix unsterblich in die hübsche Falbala verliebt, die wiederum seine Liebe aber nicht erwidert und es auch gar nicht bemerkt, dass der große dicke Mann so auf sie steht. Wie punktgenau Naidoo eine Geschichte oder Situation in einen Text verpacken kann, wird in diesem Lied besonders deutlich ("Wenn sie vorbei geht | dann scheint es wie ein Feuerwerk | vor einem Himmel ist es sie, die ich bemerk | Ihre Königlichkeit ist nur ein König wert | und ich bin wenig königlich. | Sie sieht mich einfach nicht"). Wenn ein Soundtrack so richtig 100%ig zu einem Film passt, dann ist es dieses eine Lied! Die wunderbare Komposition Goldmans, arrangiert mit Klavier und Orchester, bildet zusammen mit eben beschriebenen Text und Naidoos Gesang eine wunderbare und sehr harmonische Symbiose. Das Lied ist inzwischen knapp 15 Jahre alt und es geht einem noch immer nicht auf die Nerven - egal wie oft man es schon gehört hat.
Nicht weniger gut ist Naidoos Song "Wo willst Du hin?", in dem er die Verzweiflung, die dieser Text beim Vortrag braucht, sehr beeindruckend über seine Art zu singen rüberbringt. Sicherlich lässt sich der Text verschiedentlich interpretieren, was mir als Hörer besonders viel Spaß macht, aber es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn man hier die Naheliegende wählt ...
Auf der Best Of CD schließt sich das Stück "Bevor Du gehst" an, in dem es auch um eine Trennung geht. Und wieder lässt das Lied mehrere Interpretationen zu. Ganz sicher aber geht es nicht um eine Trennung im Sinne einer Beziehung. In der letzten Strophe des Songs heißt es, "Jetzt steht bald keiner mehr für dich ein | Du bist Tag und Nacht allein | Es kann nur noch wenig, sehr wenig Leben in dir sein | Die Verkäufer und die Käufer deiner Waren, sieh sie dir an | Denn jetzt fliehen sie in Scharen | Sie sind ihres klaren Verstandes beraubt | Denn sie hatten mit der Sicherheit des Todes | so fest an dich geglaubt". Hier könnte es sowohl um jemanden gehen, der im Sterben liegt und von dem sich - aus welchem Grund auch immer - alle abgewendet haben, als auch um eine Kritik an der Kirche ("Wie doch alle an dich glaubten, alle strömten zu dir | Die, die so viele beraubten, teilten mit dir ihre Gier | Herr, lass mich auch mit denen streiten | die ihr ewigen Ruhm prophezeiten, denn sie logen und | phantasierten für die, die mit ihr die Welt regierten").
Und um den Block mit den Trennungen und Verabschiedungen rund zu machen, hat man den beiden zuletzt besprochenen Songs noch das Lied "Abschied nehmen" folgen lassen. Und das Lied hat die geballte Ladung Traurigkeit in sich. Naidoo verarbeitet in dem Stück den Tod eines Freundes oder Familienmitgliedes. Vielleicht hatte man sich beim letzten Treffen im Streit getrennt ... vielleicht musste noch etwas anderes aus der Welt geschafft werden. Irgendwas stand jedenfalls noch im Raume, das nun nicht mehr geklärt werden kann, da der Tod des anderen es verhindert hat. Der Refrain "Und ich wollte noch Abschied nehmen | Das werde ich mir nie vergeben | Mann, wie konntest Du von uns geh'n | Jetzt werde ich Dich nie mehr seh'n" drückt all die Trauer und innere Wut mit nur vier Zeilen aus. Und hier passen Text und Musik ebenso perfekt zueinander, wie bei "Sie sieht mich nicht". "Abschied nehmen" sind sieben Minuten Gänsehaut pur - ein Meisterwerk!
Eines der schönsten Liebeserklärungen dürfte wohl im Song "Ich kenne nichts" stecken. Der Text beinhaltet all die Worte, die man auf dem Höhepunkt des Verliebtseins sicher schon selbst händeringend gesucht hat, um die Liebe zu einer Partnerin/einem Partner zu beschreiben. Das Ganze dann auch noch so zu tun, dass keine Superlative strapaziert werden und das Gefühl frei aus dem Herzen heraus kommt, ist wohl nur Nadioo bisher mit diesem Lied gelungen. "Ich kenne nichts", das eine Liebe so wunderbar beschreibt, wie dieser Text. Und wenn man sich den völlig überflüssigen Rap-Part am Anfang und Xaviers Unternehmen, mit dem Einsatz von englischen Zeilen auch international nach Zuhörern zu angeln, mal wegdenkt, haben wir einen wunderbaren Song. Am Ende der CD befindet sich dann auch noch eine "tanzbare" Version dieses Stücks, die durch sphärische Synthie-Sounds und ausgesprochen ansprechende Keyboard-Melodien ebenfalls überzeugen kann. Eine Version zum Kuscheln, eine Weitere für den Eigentümer einer rollenden Disko auf vier Rädern, um beim Autofahren der Umwelt laut und deutlich seine bevorzugte Musikrichtung über die verbaute Anlage zu Gehör zu bringen.
Dies sind jetzt nur ein paar wenige Stücke, die sich auf der Best Of-CD "Danke für's Zuhören" befinden, und die mir persönlich sehr gut gefallen. Man könnte aber auch noch das durch die Fußball WM 2006 bekannt gewordene "Dieser Weg" oder die Friedens- Schrägstrich Gemeinschafts-Hymne "Was wir alleine nicht schaffen" nennen, denn die CD ist mit 17 Liedern randvoll mit Hits des Musikers. Dieser neuen Edition liegt - wie schon erwähnt - eine DVD bei, auf der einige der Lieder in Live-Versionen zum Anschauen und Anhören gepackt wurden. Hier finden sich Clips mit Live-Songs von verschiedenen Konzerten der Jahre 2002, 2009 und 2013. Der eine oder andere Song, den man auf der Best Of CD finden kann, wurde hier nicht mit übernommen. Dafür bekommt man Clips zu den Liedern "Wenn ich schon Kinder hätte", "Bei meiner Seele" und "Hört, hört" gereicht.

Was ich Xavier Nadioo sofort abkaufe, ist seine Ehrlichkeit in den Worten, "Danke für's Zuhören". Das ist anständig, sich als Künstler auch mal bei seinen Fans zu bedanken. Ein "Danke, dass Ihr meine Best Of auch noch ein zweites Mal kauft, weil ich sie mit einer Bonus DVD ergänzt noch mal auf den Markt geschmissen habe" hätte sich hier gerne anschließen dürfen, denn auch Xavier Naidoo ist der Strategie verfallen, nach dem ersten Abverkauf eines Albums noch eine neue Auflage mit Bonus-Material nachzulegen, um die Kuh gleich noch mal zu melken. Auf der einen Seite möchte man Verständnis zeigen, weil Musiker Dank der Generation Download mit ihren neuen Liedern über den Vertrieb auf Platten und CDs längst nicht mehr so viel verdienen können, dass sie davon auch leben können. Auf der anderen Seite fühlt man sich als Fan dann doch etwas auf den Arm genommen, wenn man an die neuen und tollen Bonus-Beigaben der Neuauflage nur rankommt, wenn man diese auch kauft. Diese Strategie ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Werkschau insgesamt eine gelungene Sache ist. Es macht Spaß, dem gebürtigen Mannheimer zuzuhören. Nicht nur seinen Texten, sondern auch seinem Gesang. Ich gehöre auch zu den Zeitgenossen, die über seinen Gesang einst von "dem Geheul einer Alarmanlage" sprachen. Diese abfällige Bemerkung muss man einfach revidieren, denn es ist weit mehr als das. Über Musik lässt sich bekanntlich streiten und für mich hat dieser aus Amerika eingeschleppte Rap-Scheiß in einheimischen Produktionen nichts zu suchen, aber viele von Nadioos Arrangements sind dann doch durchdacht und machen nicht weniger Spaß, wie seine Texte. Nicht jede musikalische Umsetzung gefällt, aber das muss es auch nicht. Das Gesamtpaket aus Musik und Texten darf hier sehrwohl mit einem "gut" bewertet werden. Auch wenn man kein Fan von Xavier Naidoo ist, sollte man seinen Texten eine Chance geben, denn sie bringen all das mit, was wir doch immer wieder suchen: Inhalt und Tiefgang - Platz für Interpretationen und (und das meine ich ernst) Quelle zum Kraft tanken!
(Christian Reder)





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Videoclips:

"Danke für's Zuhören" (Medley)


"Sie sieht mich nicht" (Off. Videoclip)



   
   
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