rocktreib 20121016 1869617307 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:

"Treibstoff"
Rockhaus
BuschFunk
3. Februar 2012

1. Wir
2. Leben
3. Blutrot
4. Universum
5. Chaos
6. Allein
7. Geh
8. Jahr
9. Wo
10. Wie
11. Welt
12. Gold 13. Besseres

 
 
 
Zu Beginn erst einmal eine kleine Entschuldigung für die etwas verspätete Besprechung. Im Prinzip wollte ich ja das Album allumfassend besprechen, wie ich das gewohnt bin, jedoch hat es mich aus Gründen, die ich nicht kenne, bis heute nicht erreicht. Um nicht allzu verspätet diese Besprechung "abzuliefern", konnte ich mich zumindest auf die Titel beschränken, dank der Hilfe von Christian Reder. Insofern ist es - so folgt aus der ersten Bitte um Entschuldigung noch eine zweite - eine dezidierte Besprechung, die sich ausschließlich auf die Titel beschränkt.
 
Bereits vom ersten Ton an ist das Album "Treibstoff" das, was es sicher auch sein soll, ein ROCKHAUS-Album. Musikalisch sich treu bleibend, inhaltlich einen kleinen Zacken filigraner vielleicht, was mit dem Produzenten Rainer Oleak zusammenhängen könnte. Sie ist sauber, geschliffen, rund. Im Großen und Ganzen. Die - so meine mir mündlich übermittelten Informationen, Coverinfos habe ich ja leider nicht - vorrangig von Mike Kilian und Reinhard Petereit geschaffenen Werke sind gerade heraus, stetig dynamisch, auch da wo die Band es ruhiger angehen will und die Texte wollen uns zu denken geben. Zum Teil schaffen sie das auch. Und zwar so intensiv, stark und gut, dass fast die Titel nicht ins Gewicht fallen mögen, in welchen sie dies nicht schaffen. Das sind einige.
 
Ob es die existentiellen gesellschaftlichen Fragen sind wie beim Album-Auftakt-Titel "Wir" oder - ganz groß und stark aus meiner Sicht - in "Blutrot". Oder ob es die scheinbar ganz privaten Katastrophen wie auch guten Momente sind. Es ist alles wohl durchdacht und ganz und gar nicht meinungsfrei. Überraschend, wenn sie mir dann auch noch gefühlt musikalisch ein wenig von der Seite kommen ("Leben"). ROCKHAUS setzt Punkte. Das haben sie schon immer so gemacht. Jedenfalls seit ich von dieser Band weiß. Und es hat der Band und den Menschen, die sich mit ihr vertraut machen konnten, gut getan. Vielleicht sollen manche Punkte auch Ausrufungszeichen sein. Zumindest empfinde ich dies so, wenn ich feststelle, dass alle Titel des Albums aus einem einzigen Wort bestehen, was ja mit Sicherheit nicht absichtslos gesetzt wurde. Denn akzentuiert ist diese Scheibe auf jeden Fall. Und das gefällt mir außerordentlich. Warum die Scheibe "Treibstoff" heißt, hinterfrage ich erst einmal gar nicht. Ich bilde mir ein, es gefühlt zu haben.
 
Im Prinzip ist jeder Titel eine Punktlandung für sich, selbst dann, wenn mir einer nicht ganz so zusagt. Die Härte, die Direktheit der Klänge sind eben jener Treibstoff, den ich empfinde. Das Album zündet und entzündet. Mir richtig nahe gehen die Songs, die - um diesen klischeehaften Begriff der Einfachheit halber einmal überzustülpen, auch wenn diese Schubladenmasche dem überhaupt nicht gerecht wird - sich mit metaphysischen Themen beschäftigen ("Blutrot", "Universum", "Chaos", "Jahr", "Welt" oder "Gold" - dieser auch ein saustarker Titel!). Und dies nicht weltentrückt oder um sich selber kreisend vergeistigt, sondern immer auf eben jenen besagten Punkt gebracht. Für mich hat ROCKHAUS mit diesem Album eine teilweise recht starke und interessanteste Werksammlung vorgelegt. Interessant werden sie auch mitunter dann, wenn sie etwas auf die Bremse treten wie in "Universum". Da mögen sie den Refrain gerne abfackeln, sie lassen uns aber zuhören. Und das ist sicher so gewollt.
 
Kann sich noch jemand an "Bonbons und Schokolade" erinnern? Wir würden diese Band wohl nur noch als Fußnote der deutschen Rockgeschichte kennen, wenn nicht dieselbe Band mit "I.L.D" eine der grandiosesten Platten der DDR-Rockmusik veröffentlicht hätte zu seiner Zeit. Umso beeindruckender, dass die Band diese selbst geschaffene Höhenmarke nicht nur zu halten, sondern auch ab und an zu reißen vermag.
 
Ein wenig schwächeln sie - und ich weiß nicht, woran das liegt, auch nach mehrmaligem Hören nicht - bei den leiseren Titeln. Sie kommen mir zu unsicher daher. Als würde den "Balladen" die notwendige Konsequenz fehlen. Am deutlichsten empfand ich das da, wo sie es scheinbar nicht lassen können, plötzlich wieder unnötig laut zu werden ("Chaos"). Das haben sie mit etlichen HardRockBands gemeinsam. Vielleicht ist das aber auch alles so gewollt und ich bin nur einem eigenen Klischee erlegen. Bei einigen wenigen Titeln nervt mich die mir seltsam unpassend erscheinende Infantilität ("Geh!", "Wo" und - ganz schrecklich - "Besseres"). Ich glaube jedoch auch ein wenig, dass dies eine eingeschliffene Marotte von ROCKHAUS ist. Der Genialität des Gesamtwerks, wenn dies auch widersprüchlich klingen mag, tut dies keinen Abbruch.
 
Der schwächste Titel aus meiner Sicht ist der letzte auf diesem Album ("Besseres"). Ich kann diese "Ich-hab-dich-nur-mit-dem-Schwanz-betrogen"-Jammereien nicht mehr hören. Es sei denn, sie sind witzig, aber dieser Titel ist es nicht. Ich hoffe ja sehr auf den Tag, an dem mal eine toughe Sängerin singt "Ich hab nur deinen Schwanz betrogen". Das wär mal was. Musikalisch fand ich ihn auch fade. Eigentlich soll man ja dann aufhören, wenn es am schönsten ist. Aber es muß ja nicht sein.
 
Die Härte ist dieser Band zuzueignen. Da sind sie kräftig, stark, da können sie mal funkig, mal grungig, ja sogar punkig sein. Da sind sie gut, da ist ROCKHAUS mir nahe, da nehme ich ihnen alles ab. Unschlagbar ohnehin der Gesang Mike Kilians, aber der alleine macht es nicht. Das Gänze wäre allerdings ohne diesen sicherlich nicht so denkbar. Wenn sie Treibstoff geben oder Gas, fühle ich mich nicht von ihnen verlassen, dann gehen sie tief in mich hinein.
 
Alles in allem ein Meilenstein. Ein Meisterwerk als Ganzes ist es nicht. Ich bin aber sehr gespannt auf Kommendes.
(Andreas Hähle)
 

 
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