Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:
Titel:
"Men in Blues"
Richard Bargel & Klaus Major Heuser
TRC / AL!VE
03. Februar 2012
1. Don Quijote
2. All Talker And Stalker
3. The Heat
4. Poisoned
5. How Can I Go On
6. The Devil Cant Stop Me
7. Where I Belong
8. Got To Start From Zero
9. High Speed Train
10. Wrinkles And Scars
bargel2012 20121016 2009277200
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Da verirrte sich doch neulich eine CD auf meinen Tisch, von der ich dachte:
Wer muss denn da seine Blueswurzeln ausleben?
Was ist das denn für ein Duo: Bargel und Heuser?
Ach so - der 'Major' Klaus Heuser mit einem musikalischen Partner.
Naja, Gitarre konnte er ja wohl spielen, aber kann er auch Blues?
Muss denn das jetzt auch noch sein?
Und... Wen hat er sich denn da an die Seite geholt, wer ist Richard Bargel?

Ja, zugegeben, ich mag mich damit als unwissender Banause geoutet haben, aber gelungene Sidesteps großer, bekannter Musiker gibt es ja doch einige (aber nur wenige gute) und Blues ist eigentlich nicht mein bevorzugter Musikstil. Also legte ich das unlängst erschienene Album "Men in Blues" mehr pflichtbewusst als begeistert ein und war mir fast sicher: einmal und nie wieder. So falsch lag ich schon lange nicht mehr.
 
Nach dem dritten Titel ärgerte ich mich bereits, dass die CD nur 10 Titel und eine Gesamtspielzeit von nur 54 Minuten hat. Gleich beim ersten Song "Don Quichote" sagte ich mir noch, "Ok, anhören scheint man sich die Platte ja zu können." Erfreulicherweise singt da keine falsche, schwarze Bluesstimme. Vielmehr besticht Richard Bargel mit seiner sehr markanten, etwas knarrigen aber auch warmen Stimme, die zudem eine für Blues sehr passendes Vibrato hat. Dazu eine schöne, eingängige Bluesmelodie. So klingt ein echter, schwermütiger Blues. Nicht angestrengt und krampfhaft bemüht, sondern ganz natürlich. Eine perfekte Harmonie zwischen Melodie, Instrumenten und Stimme mit dem Höhepunkt der einsetzenden E-Gitarre des Major... WOW! - im Grunde eine grandiose Komposition.
 
Danach, wie um mein Vorurteil zu bestätigen, ein Hillbilly Stück, nur ohne Geige. Etwas das nach Amerika passt, aber nicht ins biedere Deutschland. Doch was machen die "Verrückten" daraus? Bauen einen spitzenmäßigen Rock'n Roll dazwischen. Damit wird das Stück zur "gute Laune Musik" auf allerhöchstem Niveau. Dennoch - trotz interessanter Steel Guitar und gekonnten Slidings hatten mich Bagel und Heuser noch nicht wirklich. Noch dachte ich an Blues im konventionellen Sinne, für den man Muße braucht und der nur in einer besondere irgendwie melancholischen Atmosphäre richtig wirkt.
Allerdings dauerte es nur noch 30 Sekunden, dann war es um mich geschehen. Das Stück "The Head" ist einfach der Hammer. Dazu will ich gar nicht viel sagen. Das muss man einfach hören. Ein geniales Arrangement. Das mit Besen gespielte Schlagzeug, die Percussions, die Steel Guitar und immer wieder diese ein wenig knarrende Stimme machen daraus ein perfektes Lied. Zum Heulen schön, auch wenn das Stück stellenweise an das bekannte "Ist all over now baby blue" erinnert.
 
Als wollten Bargel und Heuser noch einen drauf setzen, schließt sich für die Freunde der härteren Töne "Poisoned" mit einem bretthartem E-Gitarrenriff, das ZZ Top zur Ehre gereichen würde, an. Echter Rock'n Roll - oder eben E-Blues. Ganz hohe Schule. Der Major in bester Form. Spätestens hier wird klar, wie breit man Blues auslegen kann, denn jedes der bisher gehörten vier Stücke unterscheidet sich deutlich von einander. Dennoch gehorchen sie alle kompositorisch dem Bluesmuster.
 
Nun war meine Neugier endgültig geweckt. Was würden die Beiden noch zaubern? Dazu gesellte sich aber auch die traurige Gewissheit: da kommen nur noch 6 Titel. Schade! Das hättest Du viel länger ausgehalten. Natürlich ist der nächste Titel geradezu der Kontrapunkt zu "Poisoned". Ein ganz verhalten beginnender, leiser Slow Blues, der nach und nach Fahrt aufnimmt und mit jeder Sekunde die er dauert, spannender wird. Stellenweise wurde ich an Achim Reichels Volxlieder erinnert, und erkannte im nächsten Moment Pink Floyd - und David Bowie Motive. Als Zugabe ein großer Gitarrenpart.
Solche Titel hielten vor einigen Jahren wochenlang vordere Platzierungen in den internationalen Charts und gelten heute als absolute Klassiker und Standartwerke des Rock. Vielleicht, weil es noch keinen richtigen Square gab, kommt der als sechstes Stück auf dieser CD. Herrlich zu hören, dass man keine 16-tel Noten und schnelle Beats braucht, um einen eindringlichen, dynamischen Titel zu schreiben, der einfach mitreißt. Wer bei dem Lied die Füße still hält, muss mindestens zum Arzt.
 
Doch der richtige Hammer kommt mit "How I can go on". Das ist kein Gastauftritt von Carlos Santana, auch wenn es so klingt. Mit solchen Songs hat Santana seinen Weltruhm begründet und alle Auszeichnungen der Welt eingefahren. Was Klaus 'Major' Heuser hier zelebriert, steht dem in nichts nach. Ganz, ganz großes Kino. Nicht geklaut, nur stilistisch angelehnt. Klassische Blueselemente neben den lateinamerikanischen Klängen, die grandiose Stimme mit ihrem Vibrato - ein Hammersong.
 
Mittlerweile bin ich so tief in dieser Musik versunken, dass mir auch ein echter amerikanischer Country and Western Song gefällt, ein Stil, der mir bis auf wenige Ausnahmen eigentlich gar nicht zusagt - "High Speed Train" jedoch ist hohes C. Schon wegen der Art, wie die Instrumente gespielt werden. Da hört man geradezu den Zug über die Schwellen rattern. So kann ich sogar Country etwas abgewinnen.
 
Mit "Where I belong" folgt noch ein klassischer, schwermütiger Südstaatenblues, bevor dann der letzte Titel beginnt, der prompt eine weitere Überraschung in sich birgt. Wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich sagen, "Wrinkles and scars" ist wie eine Hommage an den Ostrock. Mit etwas Phantasie erinnert der Titel stellenweise an einen Song der Gruppe TRANSIT, und man kann Motive der Ostrockklassiker "Tochter Courage" und "Chilenisches Metall" erkennen. Klar ist das Zufall, da sich nun mal jede Melodie aus den bekannten 8 Tönen zusammensetzt, und Instrumente hin und wieder ähnlich klingen. Wahrscheinlich habe ich mir das ja sogar nur eingebildet. Dennoch besticht der Gedanke irgendwie, zumal der Titel der finale Höhepunkt des Albums ist. Denn aus dem Intro entwickelt sich ein Reggae im Bluesmantel. Das ist ungeheuer hörenswert.
 
Ein Gedanke erschreckt mich jedoch. Keiner dieser großartigen Titel wird wohl je im Radio in Rotation laufen, allenfalls mal huldvoll gespielt werden. Da sich heute Trallaliedchen von kleinen Mädchen besser verkaufen als ein erdiger, ehrlicher Rock oder Blues, dröhnt man uns halt mit seichtem Plastikpop voll, statt grandioser, handgemachter, ehrlicher Musik eine Chance zu geben. Jammerschade! Welch eine Verschwendung. Und welch ein Glück, dass ich das Album "Men in Blues" hören und entdecken durfte. Für mich eines der genialsten Alben das mir in letzter Zeit untergekommen ist. Fantastische Bluesvarianten in x-Spielarten, von einer grandiosen Band virtuos und vielfältig dargeboten. Gekrönt von einer markanten Stimme und Klaus 'Major' Heusers unglaublich virtuosem Gitarrenspiel. Das Album ist ein Muss für Musikfreunde mit Geschmack. Selten hab ich einen Silberling in der Hand gehalten, der so vielfältig und gleichzeitig brillant ist. Auch wenn ich durch die CD vielleicht nicht gleich zum Bluesfan werde, zum begeisterten Fan von Bargel und Heuser wurde ich auf jeden Fall. Und jetzt leg ich dieses Meisterwerk gleich nochmal in den Player.
(Fred Heiduk)
 

 
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