heimatsound3cd 20160801 1922716425 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Heimatsound Vol. 3"
Diverse
SONY Music
22. Juli 2016

siehe unten





Titelliste:
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heimatsound3trax


Rezension:
Nachdem die vorangegangenen Ausgaben (die Deutsche Mugge berichtete) sehr gut angenommen wurden, durfte man zu Recht eine dritte Folge erwarten. Der Bayerische Rundfunk und SONY Music sind wieder die Herausgeber dieser Produktion. Mein erster Eindruck: Auf der randvollen Doppel-CD wurde wieder ein großartiger, kurzweiliger Querschnitt dieses Genres mit einer bunten Vielfalt an Stilrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgewählt. Man muss feststellen, dass sich die Szene kreativ weiter entwickelte. Natürlich griff man wie bei den anderen Veröffentlichungen wieder auf einige ältere Titel zurück. Sicher, um die oft kuriosen und den meisten unbekannten Bandnamen und Interpreten verkaufsfördernder einzubetten. So platzierte man bekannte Interpreten wie die Spider Murphy Band, Konstantin Wecker, Ludwig Hirsch mit schon betagten Titeln gut dazwischen. Diese nostalgischen Rückblicke tun dem Vergnügen natürlich keinen Abbruch. Ein Aha-Effekt ist garantiert.

Auf der ersten CD gibt es für mich gleich eine Überraschung. Kannte ich doch den originellen Titel „Gloana Bauer“ schon seit etlichen Monaten aus dem Radiosender Bayern 3. Allerdings war mir der Bandnamen nicht geläufig. Hinter den „D’Hundskribbln“ (Die Hundskrüppel – in Bayern ein Schimpfwort für einen gerissenen, gemeinen Kerl) steckt Hias Riegler, der das Original von WHEATUS' "Teenage Dirtbag" aus dem Jahr 2001 adaptieren durfte. Er schreibt dazu folgendes:

"Der "Gloana Bauer" ist die erste und bislang einzige genehmigte Cover-Version von "Teenage Dirtbag". Um die Erlaubnis zu bekommen, musste der Riegler Hias „Wheatus“ auch eine Übersetzung schicken. Aber wie übersetzt man: 'Was der Bauer nit kennt, des frisst er nit?'. Da hab ich dann einfach bei jeder dritten Zeile statt einer Übersetzung 'traditional Bavarian expression' geschrieben."

Er selbst beschreibt sich so: "I bin da Riegler Hias aus Hiendorf bei Mindelstetten, oiso aus Oberbayern, und a 85er Johrgang. Im richtigen Lebm arwad i ois Mausschubser in da Union (heißt: Er ist Programmierer bei Audi, historisch Teil der Auto-Union, Anm. d. Verf.). I hob weder Frau noch Kind, weil d'Hauptsach is, dass Bayern gwinnt!" D'Hundskrippln sind sechs junge Männer aus Steinsdorf bei Eichstätt im Alter zwischen 18 und 26 Jahren. Kein Wunder, dass ihr köstlicher Videoclip auch auf YouTube einen Lauf hat: Bereits über 4 Mio Mal wurde er angeklickt (Clip siehe unten).

Mit seinem „Soultrain“ macht Stefan Dettl (ehemaliger Sänger und Trompeter bei LaBrassBanda) mit tiefschwarzen Grooves und satten Bläsersätzen auf sich aufmerksam, bevor Hannes Ringlstetter sein Oberammergau bei Vollmond besingt. Natürlich mit authentischem Wolfsgeheul im Hintergrund. Ringlstetter kann man oft im bayerischen Fernsehen erleben. Er ist nicht nur Sänger, Kabarettist, Schauspieler, sondern auch Moderator in einschlägigen Sendungen.

DREIVIERTELBLUT nehmen sich der Flüchtlingsproblematik an mit „Mia san ned nur mia“ (Wir sind nicht nur wir).

Hans Söllner aus Bad Reichenhall („Wia de do drent“) ist als knorriger, unbequemer Liedermacher bekannt, der schon des öfteren mit der Polizei Bekanntschaft machte. In Wikipedia ist u.a folgendes zu lesen: "Bereits Anfang der 1980er Jahre kam er mit der Polizei in Konflikt, als er sich mit einigen weiteren Personen solidarisierte und ein Wohnhaus in München illegal besetzte. Später wurde er verurteilt, weil er bei Auftritten auf der Bühne öffentlich Politiker kritisierte und beleidigte."

Marianne Mendt meldet sich danach mit dem 1970 veröffentlichten Hit „Wie a Glock’n“ zu Wort, bevor die Spider Murphy Band den bisher kaum zum Zug gekommenen „Sommer in der Stadt“ eine neue Chance gibt.

Konstantin Wecker besingt seinen Traum vom friedlichen Zusammenleben aller Menschen und die Sängerin Polina Lapkovskaja von POLLYESTER verrät mit der zunächst ominösen Zahl 2328628 sogar ihren Festnetzanschluss. Der dürfte aus naheliegenden Gründen sicher so nicht mehr existieren.

Ich greife noch einige Male in das Füllhorn der ersten CD. Maria Reiser mixt ihren frechen Titel "O’gricht is" (Es ist angerichtet) mit Elementen aus Elektro, Hip-Hop, Pop-Rock und tanzbaren Beats mit Trend zum Kulinarischen. Die Nürnberger Gruppierung THE ELEPHANT CIRCUS bringt den ersten englischsprachig gesungenen Titel mit einprägsamer orchestraler Melodienführung und besingt "On a sunny day". Der Zither-Manä beschließt mit der Nr. 21 die erste Scheibe mit "Lago di Bonzo". Hier geht es natürlich um den Tegernsee, wo sich bekanntlich einige sehr bekannte Fußballgrößen angesiedelt haben.

Die zweite Scheibe bietet mit weiteren 80 Minuten Laufzeit wieder allerbeste Unterhaltung. Die Österreicher BILDERBUCH wandeln auf den Spuren Falcos mit einer Melange aus großen Rhythmen, tollen Melodien und Texten, wie sie eben Falco noch hätte machen können. Im weiteren Verlauf tauchen Ambros, Tauchen & Prokopetz auf. Ihr Titel "Der Berg" aus dem Alpenrustikal "Der Watzmann ruft" ist die Urfassung aus dem Jahr 1974. Gerade touren die Genannten nach über 40 Jahren ein letztes Mal mit diesem verrückten Musical durch die Lande (Videoclip siehe unten). Wer neugierig geworden ist: Es gibt noch eine DVD mit der legendären Aufführung im Zirkus Krone, München. Mit dem ersten großen Auftritt von Hubert von Goisern samt seinen Alpinkatzen.

Ludwig Hirsch († 2011) lässt man mit "Die Omama", ein rabenschwarzes Lied, wieder auferstehen. Hinter ME + MARIE verbirgt sich neben dem Schweizer Gitarristen und Sänger Roland Vögtli noch Maria Moling, die einige vom Trio Ganes kennen.
Mit Alex Diehl hören wir einen guten Bekannten. "Nur ein Lied" schrieb er am Abend der Terroranschläge in Paris am 13. November 2015 und belegte beim deutschen Vorentscheid des Eurovision Song Contest 2016 den zweiten Platz.
Auch ein in französischer Sprache gesungenes Lied fand Platz. Die französisch-schweizer Band CARROUSEL besingen in "En équilibre" Wechselfälle des Lebens, bei denen man aber die Balance halten sollte. Oft leichter gesagt als getan ...

Ein Urgestein des musikalischen Kabaretts ist mit Dr. Georg Ringsgwandl vertreten. Aus seiner im September erscheinenden neuen CD "Woanders" intoniert er "Sitz de her".
Nach dem Gitarre spielenden Wortakrobaten Fredl Fesl beschließen die Sieger im Heimatsound-Wettbewerb 2016, die GAMSKAMPLER mit dem Zungenbrecher "Schofscheraschorschi" die 42 Titel umfassende Sammlung (Clip am Ende).

Auch wenn für viele „Nordlichter“ die bayerische Sprache auf ewig ein einziges Rätsel bleiben sollte: Wer versteht schon die unzähligen englischsprachigen Lieder auf Anhieb, die auf uns täglich herunterregnen? Na also. Es lohnt, sich mit dieser urigen Kompilation auseinanderzusetzen.
(Gerd Müller)






Videoclips:

Riegler Hias feat. d'Hundskrippln: "Gloana Bauer"


Ambros, Tauchen & Prokopetz: "Der Berg"


GAMSKAMPLER: "Schofscheraschorschl"