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NENA: "Feuer und Flamme" (Album)

nenafuf 20200811 1975372838VÖ: 24.06.1985; Label: CBS; Katalognummer: CBS 26 546 (LP), CDCBS 26546 (CD), 40-26546 (Kassette); Musiker: Nena Kerner (Gesang), Carlo Karges (Gitarre), Jürgen Dehmel (Bass), Uwe Fahrenkrog-Petersen (Keyboards), Rolf Brendel (Schlagzeug); Gäste: David Sanborn (Saxophon), Frank Ricotti (Percussion), Rosemarie Precht, Lisa Dal Bello/Dalbello, Ramesh, Gale Robinson, Ron Randolph (alle Background-Gesang) und das Orchester der Deutschen Oper Berlin (Streicher); Produzenten: Reinhold Heil, Manne Praeker (SPLIFF); Bemerkung: "Feuer und Flamme" wurde in vielen Ländern der Welt veröffentlicht, u.a. in Südamerika, Japan und Europa. Dieses Album ist auch mit englischen Übersetzungen der Texte unter dem Titel "It's All In The Game" erschienen.;

Titel:
Utopia • Haus der drei Sonnen • Jung wie Du • Ein Brief • Feuer und Flamme • Gestern Nacht • Das alte Lied • Du kennst die Liebe nicht • Es wird schon weitergehn • Irgendwie, irgendwo, irgendwann


Rezension:
"Feuer und Flamme" - das letzte von den SPLIFF-Musikern Reinhold Heil und Manne Praeker produzierte Album der NENA Band. Damit endete eine knapp vierjährige und sehr erfolgreiche Zusammenarbeit, die einige Hits und Goldene Schallplatten hervorbrachte. Und für diese Platte wurde nochmals ordentlich aufgefahren … sowohl an technischen Feinheiten, als auch an musikalischen Ideen und großen Namen im Studio.

Neben dem Megahit "Irgendwo, irgendwie, irgendwann" (Platz 3 der deutschen Single-Charts) beinhaltet das Album zahlreiche weitere Perlen! Aus einer Zeit, in der man ein Online-Casino noch nicht kannte, stammt der Song "Haus der drei Sonnen", in dem es um einen Spieler in einer Spielhalle geht. Die "drei Sonnen" stehen hier für eine Art Spielautomaten, bei dem man versuchen musste, drei Sonnen in eine Reihe zu bekommen, um die Chance auf eine Ausspielung zu bekommen. Beim Arrangement wurde Wert auf Authentizität gelegt. Es war halt die Zeit, in der man noch nicht pauschal auf Freund Computer zurückgriff. Hier kommen die Streicher also nicht vom Chip, sondern direkt vom Orchester der Deutschen Oper Berlin. Diese kommen später auch noch bei den Songs "Gestern Nacht" und "Es wird schon weitergeh'n" erneut zum Einsatz.
Laut und mitreißend geht es in "Utopia" zur Sache, das man gleich an den Anfang des Albums gestellt hat. Besonders stechen hier Jürgen Dehmels Künste am E-Bass und das von David Sanborn eingespielte Saxophon heraus, ein Instrument, das heute kaum noch in der Popmusik zum Einsatz kommt. Wer genau hinhört, erkennt im Chor auch die Stimme von Rosemarie Precht, die zu der Zeit schon unter dem Namen COSA ROSA selbst erfolgreich Platten veröffentlichte. Aber ihr Name ist nicht der einzige große in der Liste der Background- bzw. ChorsängerInnen. Auch eine gewisse Lisa Dal Bello alias Dalbello ("Tango", "Talk To Me"), Ramesh und Gale Robinson ("Africa") haben hier ihre Fingerabdrücke hinterlassen.
"Jung wie Du" erinnert vom Chorgesang und auch in Teilen der Musik an das, was später die Münchener Freiheit erfolgreich machte. Die Nummer ist eine Hymne an die Jugend bzw. für junge Menschen ("So jung wie Du, kannst Du machen was Du willst"), versprüht Lebenslust und Kraft, auch in der Musik. Da slappt der Bass, da hämmern die Drums und Herr Karges lässt im Hintergrund dezent seine Sechs-Saiter schreien.
"Du kennst die Liebe nicht" ist das komplette Gegenteil davon. Zwar lässt Carlo Karges auch hier wieder seine Gitarre heulen, aber insgesamt hat man die Schlagzahl hier um ein paar Stufen herunter geregelt. Ein entspannter und zeitloser Popsong, in dem sich auch wieder das Saxophon von David Sanborn wiederfindet.

Musikalisch beeindruckt das Album durch eine soundtechnisch hervorragende Qualität. Kleinere und größere Experimente fanden in den Arrangements ihren Platz und die Platte strotzt so vor Spaß am Musikmachen. Die Kompositionen stammen fast alle von Uwe Fahrenkrog-Petersen, aber auch Rolf Brendel und Jürgen Dehmel steuerten eigene Songs bei. Die Texte kommen - mit wenigen Ausnahmen - von Carlo Karges. Die Rhythmus-Abteilung bestehend aus Rolf Brendel und Jürgen Dehmel pflastern in jedem der Songs den Weg für die Kollegen an Gitarre (Carlo Karges) und Keyboard (Uwe Fahrenkrog-Petersen) mit trittfesten Steinen, und das Ensemble wirkt perfekt aufeinander eingestellt. Und das war es bei den Aufnahmen auch. Das Album ist völlig frei von Füllmaterial - eigentlich hätte jedes der Lieder als Single ausgekoppelt werden können.

Nena selbst ist in ihrer Art zu Singen eher limitiert. Sie ist keine Rockröhre und außer einer lasziven Gesangsstimme hat sie nicht viel mehr anzubieten. Bei ihr ist es mehr das Gesamtpaket, zu dem auch die Entertainer-Qualitäten auf der Bühne und die Kunst, das Publikum abzuholen, schwerer wiegen. Da läuft eine Sängerin oder ein Sänger auch schnell mal Gefahr, den Zuhörer zu langweilen. Auf "Feuer und Flamme" ist es sowohl der Band als auch ihren Produzenten gelungen, der Sängerin den optimalen Background zu liefern, um das Bestmögliche aus sich heraus zu holen. Und in Sachen Musik ist das Album abwechslungsreich, mit vielen überraschenden Momenten ausgestattet und durchaus zeitlos, so dass die limitierten Gesangskünste von Nena Kerner sehr gut aufgefangen und davon auch abgelenkt wurde.

Rolf Brendel hat in unserem Interview im Juli 2020 davon gesprochen, dass das Interesse des Publikums nach den großen Erfolgen der ersten beiden Alben langsam schwand. Trotzdem kam diese Platte bis auf Platz 2 der deutschen Album-Charts und wurde mit Gold ausgezeichnet. Parallel dazu wurde "Feuer und Flamme" unter dem Titel "It's All In The Game" auch für den internationalen Markt mit englischen Texten produziert und veröffentlicht. "Feuer und Flamme" war der letzte große Erfolg für eine Band und ihre Produzenten, die in dieser Zeit mit zur Speerspitze der deutschen Pop- und Rockmusik zählten. Danach trennten sich die Wege von Band und Produzenten-Team, aber damit leider auch die Wege von Band und Erfolg.
(Christian Reder)





Hör- und Sehbar:









   
   
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