delgr 20121118 1397848644Liebe Gemeinde, kommen wir nunmehr zu Teil zwei unserer Predigten-Serie "Verkannte Meilensteine". Auch "Das einzige Leben" von Karussell müßte im Grunde in einem Atemzug mit den besten Alben von Puhdys, Karat, City & Co. genannt werden, denn es steht ihnen in nichts nach. Mehr noch: Es ist auf ihre Art eine einzigartige Platte voller wunderbarer Ideen, großartiger Momente und manifestierten Sternstunden der Rockmusik aus der DDR.
Dabei hatten die Musiker um Wolf-Rüdiger Raschke bei ihrem zweiten Album gar nicht so viel anders gemacht als beim Vorgänger "Entweder-oder", der Grundstock oder die Basis blieb gleich. Man musizierte weiter linientreu in den Fußstapfen der Klaus-Renft-Combo, trieb es aber diesmal noch besser auf die Spitze. Es ist eine wahre Freude, zu hören, wie verschiedenste Stilarten miteinander verwoben und homogen ausbalanciert wurden, ohne dabei jedoch den Identifikationsfaktor außer acht zu lassen. Letzterer liegt zu einem großen Teil an Cäsar Peter Gläsers Handschrift, die den Songs den notwendigen Wiedererkennungswert verleiht (seine Gitarre ist einfach nicht zu überhören), aber auch an den schon gewohnten Stimmen Cäsars und Reinhard Huths, die - gleichberechtigt in der Anzahl - die einmal mehr hochinteressanten und beschäftigungslohnenden Demmler-Texte zu Gehör brachten. Demmler, wie Gläser und Jochen Hohl mit Renft-Vergangenheit, übertraf sich selber in Form und Verklausulierung der Themen, legte klug den Zeigefinger auf Dinge, die jeder nachvollziehen und denen jeder auch zustimmen konnte - egal von welcher Seite aus. Und im Prinzip ist das auch das "Geheimnis" von Karussell (in der Erstbesetzung wohlgemerkt) im Allgemeinen und "Das einzige Leben" im Besonderen: Jeder, der sich für Musik aus der DDR interessiert, wird hier etwas für sich finden. Und wenn es auch erst der letzte Titel der Platte, die Neueinspielung von "Wer die Rose ehrt", sei ... Kurz gesagt: Wer unsere Seiten regelmäßig aufsucht und dieses Album nicht kennt, sollte sich bewußt sein, einen der wichtigsten Teile des Ostrocks bisher übersehen zu haben und das Versäumnis schnellstens nachholen zu müssen! Alle anderen: Vielleicht geht es euch wie uns und ihr seid lange nicht mehr dazugekommen, "Das einzige Leben" mal wieder in den Player zu schieben. Nutzt die Gelegenheit einfach und tut es jetzt - man ist sofort auf's Neue von den majestätischen Strukturen überwältigt. Ganz sicher! Amen ... (kf)

VÖ: 1980; Label: AMIGA; Titel: Jungs · Wiedersehen im Traum · Ein Leben lang · Doch wenn die Hähne krähn · Lieb ein Mädchen · Halte durch · Nämlich bin ich glücklich · Das einzige Leben · Und der Wind endet nicht · Wer die Rose ehrt; Bemerkung: Auch auf CD erhältlich; Musiker: Peter Gläser (voc, g, ac-g) · Reinhard Huth (voc, 12 str-g) · Bernd Dünnebeil (g) · Jochen Hohl (dr) · Wolf-Rüdiger Raschke (keyb, org) · Claus Winter (bg)


Cäsar zu "Das einzige Leben": Für mich persönlich das beste der drei Karussell-Alben, an denen ich beteiligt war. Vom ersten bis zum letzten Ton stimmig und in sich ausgewogen. Herausragend der Titelsong, der der Platte zu Recht den Namen gab. Er ist auch ein gutes Beispiel dafür, daß die Renft-Combo so ein wenig als "Opferlamm" fungierte, nach dessen "Schlachtung" alles wieder ein bisschen offener wurde. Nachdem man Renft schon in den Anfangstagen wegen "religiöser Tendenzen" und der "Augen zu"-Zeile (In der DDR schauten wir schließlich mit offenen Augen frohgemut in die Zukunft!) den Titel "Besinnung" gestrichen hatte, obwohl er, nebenbei bemerkt, schon dreimal auf Platz 1 gelandet war, konnten wir den nicht nur problemlos erneut aufnehmen, sondern eben auch ein Lied mit einer so eindeutig pro-christlichen Botschaft wie "Das einzige Leben" machen.