ep 20121118 1656163345Es gibt Platten, die muß man gar nicht oft hören - sie sind dennoch stets präsent und kommen einem sofort in den Sinn, wenn man sich in einer ruhigen Minute mal darüber Gedanken macht, welche Scheiben einen im Laufe der Jahre geprägt haben und einem besonders ans Herz gewachsen sind. Eine solche Scheibe ist für uns die Mini-LP "Extended Power" der Ruhrpott-Metaller RAGE aus Herne. Das liegt nur zum Teil daran, daß wir mit ihr bestimmte Erinnerungen verbinden und daß sie die erste RAGE-Veröffentlichung war, die den Weg in unseren Plattenschrank fand. (Es sollten noch viele folgen...) Es hat auch damit zu tun, daß die darauf enthaltenen Songs einfach eine Klasse haben, die sie auch nach so vielen Jahren immer noch über die Masse herausragen lassen. Sie haben sich in unsere Seelen gebrannt, so daß wir jeden einzelnen Ton jederzeit im Kopf abrufen können. Dabei hat unsere Beziehung zu "Extended Power" etwas holprig begonnen. Gekauft hatten wir die Scheibe in Vorbereitung auf ein Live-Konzert von "U.D.O.", der Band um den Ex-Sänger von Accept Udo Dirkschneider, dessen Vorprogramm eben RAGE bestreiten würden.

VÖ:
Label:

Titel:

 

 

 

Line up:

 

1991
NOISE/SPV

Woman
Ashes
Bottlefield
Waiting For The Moon
What's Up?

Peavy (bg, voc)
Manni (g)
Chris (dr)

Der erste Höreindruck gehörte eher in die Kategorie "Hm, naja...". Der Sound klang merkwürdig gepreßt, der Sänger hörte sich ziemlich monstermäßig an und alles hatte einen recht seltsamen Touch. Ziemlich experimentell, dachten wir. Aber vielleicht Gewöhnungssache, wer weiß... Trotzdem schien an der Sache etwas faul zu sein. Über des Rätsels simple Lösung lachen wir heute noch Tränen, wenn wir daran denken! Auf der Platte war nämlich schlicht die falsche Geschwindigkeit angegeben. Als wir die von 33 1/3 auf 45 Umdrehungen umschalteten, geschah das Unfaßbare: Glasklarer, fetter Sound dröhnte uns entgegen. Bollernde Drums, grummelnder Baß, schneidende Gitarre und variabler Gesang zogen uns umgehend in ihren Bann und ließen uns nicht mehr los. Von einem Moment auf den anderen wich der Zweifel der Überzeugung. Geschichten, die das Leben schreibt...
Zum Inhalt: "Woman" knallt zunächst voll auf die Zwölf, überrascht aber immer wieder mit fast balladesken Einschüben, in denen Sänger Peavy von hoher Kopf- auf mittlere Bauchstimme umschaltet (und umgekehrt). Ein Fest für Metaller! "Ashes" kommt etwas experimenteller daher und wimmelt von interessanten Wendungen und Breaks, ohne in reines Prog-Gefiedel zu verfallen. Ebenfalls Höchstnote! "Bottlefield" ist ein nicht ganz ernst gemeintes Remake des AVENGER-Stücks "Battlefield" (AVENGER war der Vorläufer von RAGE.), das nicht nur die Nackenmuskeln, sondern auch das Zwerchfell beansprucht. "Waiting For The Moon" ist ein catchy Melodic-Metal-Piece, das von der vorangegangenen LP "Reflections Of A Shadow" übernommen wurde (Über dieses Album wird in dieser Rubrik auch noch zu reden sein!). Und bei "What's Up?" handelt es sich um ein locker flockiges Instrumentalstück, mit dem sich die Musiker Peter "Peavy" Wagner (bg, voc), Manfred "Manni" Schmidt (g) und Christos "Chris" Efthimiadis (dr) gerne mal "warmspielten", worüber einem als fassungsloser Normalhörer immer wieder vor Staunen die Kauleisten auseinanderdriften.
Wenn es an "Extended Power" überhaupt einen Kritikpunkt gibt, dann ist es die Tatsache, daß RAGE daraus nicht eine reguläre LP gemacht haben. Als lediglich "Tour-EP" ist das fast schon eine unglaubliche Verschwendung. Doch vielleicht ist es ja gerade die Kürze der Platte, die ihr diesen wahnsinnigen Drive beschert hat, alle Stärken der Band gebündelt und zur vollen Entfaltung gebracht hat... Das läßt sich aus heutiger Sicht schwer verifizieren. Fakt ist: Die Mini-LP hat uns mit Macht überrumpelt und den Namen RAGE auf unsere Favoritenliste katapultiert, wo er bis heute einen festen Platz hat.
Zu kaufen gibt es "Extended Power" leider nicht mehr, die Songs sind lediglich als Bonustracks zur LP "Reflections Of A Shadow" auf CD wiederveröffentlicht worden, was Neuentdecker nicht nur um das geile Cover bringt... (kf)

Manni über "Extended Power": Huuuuuu, das ist aber lange her! Ich weiß nur noch, dass das kurz vor der besten Phase damals war. Wir probten eh jeden Tag und irgendwann rief Karl Walterbach an und wollte "mal eben" 'ne EP von uns haben. Wir haben dann eine ganz neue Nummer ("Woman") geschrieben, mit "Ashes" einen "Leftover" vom "Secrets..."-Album verbraten und mit "Bottlefield" und "What's Up" noch zwei Spaßnummern zusammengeschraubt. Auf der CD steht zwar drauf, dass wir die in Berlin aufgenommen haben, aber ich bin mir da gar nicht mehr so sicher. Ich glaube, dass wir dafür nach Ulm gefahren sind, ins Studio der "Spider Murphy Gang". Lange her... Von der Stimmung her war damals alles bestens! Die Bedingungen stimmten, wir hatten gute Platten draußen und kamen allgemein gut an. Und das haben wir mit den Nachfolgern ja auch noch steigern können. Also, für eine spontan eingeworfene Scheibe haben wir, finde ich, gute Arbeit abgeliefert.

 


   
   
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