rockhausildgr 20121118 1867695564Man stelle sich vor, eine Band hätte einen eifrigen PR-Mann bei der Plattenfirma und ein starkes Rockalbum am Start. Der PR-Mann macht seine Arbeit richtig, mit Lust und Einsatz, legt sich ins Zeug und bewirbt die Scheibe in der Form, dass viele Musikfreunde darauf aufmerkam werden. Er geht zu Radiostationen und macht dort Termine für seine Schützlinge, damit sie zur besten Sendezeit über ihr Album plaudern und einzelne Songs vorstellen können. Dazu macht er sich die Mühe, eine Tour richtig zu planen, was u.a. auch Pressetermine am jeweiligen Spielort beinhaltet. Und weil das halt auf dem Weg liegt, organisiert er Autogrammstunden, damit "seine" Band auch einen engeren Kontakt zu den möglichen Fans bekommt. Das Ergebnis einer solchen Arbeit hätte ähnliche Erfolge vorzuweisen, wie es zu gleicher Zeit z.B. bei Jule Neigel, Rainhard Fendrich oder der Gruppe OKAY zu bemerken war. Leider hatte die Band Rockhaus im Jahre 1988 keinen so fleißigen und pflichtbewussten PR-Mann von ihrer West-Plattenfirma an die Seite gestellt bekommen. Trotz einer Tour und hartem Einsatz der Musiker blieb die Platte mangels anständiger Werbung im Westen ein Insider-Tipp, während sie im Osten ab ging wie ein Flummi.
Dem "bequemen" Wessi, der es in den 80ern gewohnt war, dass ihm das Radio oder Fernsehprogramm (z.B. "Formel Eins") zeigte, was man hören musste und was nicht, entging somit eine der geilsten Scheiben, die das Jahr 1988 zu Tage gefördert hat. Aufgrund oben genannter Fehler der Plattenfirma hatte die Platte "I.L.D." nicht wirklich eine reelle Chance, gleiche Erfolge wie "Der blaue Planet" von Karat oder "Das Buch" der Puhdys einzufahren. Der kleine, aber nicht unbedeutende Unterschied war, dass bei der Pool (dem Unterlabel der Teldec), bei dem Karat, Puhdys & Co im Westen unter Vertrag waren, ein emsiger Musikmanager oben angesprochene Arbeiten für jeden seiner Schützlinge erfolgreich verrichtet hat, während Rockhaus bei der Teldec nur eine von vielen "Nummern" war und man sich dort nicht sonderlich ansträngte...
Kommen wir zum Album selbst, das ohne Zweifel eine großartige Scheibe ist. Starke Lieder und inhaltsreiche Texte vom ersten bis zum letzten Ton. Handwerklich zeigt es die fünf Rockhäuser gereift und im Vergleich zu den beiden Vorgänger-Alben wesentlich erwachsener. Bei jedem gespielten Ton hört man die fachliche Kompetenz jedes einzelnen Musikers heraus. Sei es der Tastenmann beathoven, der Gitarrist Petereit, der Drummer Haberstroh, der Basser Repke oder der Frontmann Kilian... jeder einzelne Musiker zelebriert die Töne, zeigt Spielfreude und vermittelt dem Hörer die Lust an der Musik. Gerade ein Mike Kilian singt hier diverse 08/15-Sänger/innen, die zu gleicher Zeit mit ihren Ergüssen in den Charts waren, handwerklich in Grund und Boden. Hier ist ein Superstar zu hören, dessen Kunst im Jahre 1988 im Westteil der Republik kaum einer zu Gehör bekam. Im Osten hingegen lagen die Fans der Kultkapelle zu Füßen und feierten sie, wo sie auch auftauchten. Die Stärken von "I.L.D." sind die grundsoliden Rocksongs und Balladen, die wirklich überzeugen und die über die Dinge und Gefühle des täglichen Lebens "berichten". Die Nähe zum Fan und seinen Gefühlen und Gedanken sind das große Plus dieser Scheibe. Aus der Sicht des Rezensenten zählt "I.L.D." zu den besten Deutschrock-Alben der 80er Jahre. Was abschließend aber noch erwähnenswert ist: Die Songs auf "I.L.D." sind zeitlos schön, und haben im Gegensatz zu anderen, inzwischen schon längst "verwitterten" Produktionen des gleichen Jahres keinerlei Patina angesetzt. Rock(haus)music at it's best!
(Christian Reder)

VÖ: 1988; Label: Amiga & Teldec; Titel: Hör zu · Wenn das so ist · Ohne Dich · Rettung · Bleib Cool · Gefühle · Armer Irrer (100 000 Weiber) · Nur aus Liebe · Träume, Träume · Mich zu lieben · Irgendwann · I.L.D. Bemerkung: im Westen bei der Teldec (siehe Cover) und im Osten bei AMIGA veröffentlicht. Inzwischen gibt es schon mehrere Neuauflagen auf CD; Musiker: Mike Kilian (voc., git.) · beathoven (key) · Michael Haberstroh (dr) · Reinhardt Repke (bg) · Reinhard Petereit (git)