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Ein Bericht mit Fotos von Dajana Prosser-Gehn



Ein Abend auf den ich mich sehr freute und dem ich schon lange entgegenfieberte, fand tatsächlich statt. Es wurden so viele Veranstaltungen abgesagt, dass ich mich vorsichtig beim "Goldenen Löwen" in Wandlitz erkundigte, ob die musikalische Lesung von und mit Uschi Brüning stattfinden würde. Auch die Mitarbeiter der Location waren sehr erleichtert und teilten sofort mit, dass sie froh sind, dass sie dieses Event unter Einhaltung gewisser Vorgaben durchführen dürfen.

Uschi Brüning - schon seit Kindheitstagen hörte ich immer diesen Namen und sah sie in späteren Jahren bei Ausschnitten in diversen Dokumentationen über die Musik aus "dem Osten". Diese kraftvolle Stimme … Während ich mit offenem Mund vor dem Fernseher saß und staunte, dass man so singen kann, schien sie mit einer gewissen Leichtigkeit die Songs zu singen. Jazz nennt man die Musikrichtung, in der sie sich bewegt. Als Kind klang dieses Wort noch eigenartig: "Jazz". Und wie kann man da überhaupt singen? Keine gleich bleibende Melodie ... Woher wusste die Sängerin, wann sie anfangen musste zu singen? Es war schlichtweg faszinierend.

Am 12. September 2020 war es dann endlich soweit, sich Antworten auf viele Fragen abzuholen. Auf nach Wandlitz. Für mich ist das eine Art nach Hause kommen. In meiner Kindheit verbrachte ich dort viele schöne Ferien. Ein wunderschönes Fleckchen Erde mit Seen und Wäldern. In diesem idyllischen Ort erlebte ich nun also auch meine erste Begegnung mit Uschi Brüning.

Schon vor Beginn der Veranstaltung kaufte ich mir ihr Buch "So wie ich" und begann auch gleich darin zu lesen. Ich war so vertieft, dass ich erschrak, als auf einmal ein junger Mann die Bühne betrat und ein Gitarrenstück präsentierte. Es war Lukas Natschinski. So außergewöhnlich dieser Name auch klingt, so bekannt ist er auch. Er ist der jüngste Sohn von Gerd Natschinski, einem sehr bedeutenden Komponisten und Dirigenten in der DDR. Sein Bruder Thomas Natschinski ist ebenfalls ein berühmter Komponist und bleibt vielen Menschen u. a. für seine Filmmusik in dem Kultfilm "Heißer Sommer" in ewiger Erinnerung. Auch als Musiker in eigenen Gruppen sowie in der Band KARAT hat er sich einen Namen gemacht.

Lukas Natschinski spielte seinen allerersten Song, den er auf Gitarre komponierte, und nannte das Lied dann auch einfach "Guitar". Nach dem letzten Ton dieses Stücks moderierte er die Grand Dame des Abends an: Uschi Brüning. Tosender Applaus erfolgte. Man konnte sich nicht vorstellen, dass durch die "Corona-Bestimmungen" um die 70 Leute anwesend sein durften - der Applaus klang wie ein vollbesetztes Haus. Uschi Brüning sang begleitet von Lukas den Titelsong ihrer Autobiographie "So wie ich". Absolute Stille. Jeder im Publikum schien genauso beeindruckt zu sein wie ich. Immer noch eine grandiose Stimme, die ganz leise Töne singen konnte und trotzdem so kraftvoll klang.

Nach einer kurzen Begrüßung setzte sich Uschi Brüning und las aus ihrem Buch. Man hing ihr an den Lippen. Sie las die geschriebenen Worte nicht einfach nur vor, sie nahm uns mit auf eine Reise, die schon vor vielen Jahrzehnten begann. Ihr Lesen glich einem Erzählen. Zwischendurch unterbrach sie ihre Reise aus der Vergangenheit, um in der Gegenwart eine kleine Pause einzulegen mit einzigartigen Liedern ihrer Karriere wie z.B. "Nature Boy", "Der Sohn meiner Nachbarin" (eine deutsche Version von "Son of the preacher man", im Original von Dusty Springfield), "Black coffee" oder "Ganz Paris träumt von der Liebe".

Lukas und Uschi Brüning sprachen frei von der Leber, wie man umgangssprachlich sagt. Es wirkte so locker und unkompliziert. Mit ihrem natürlichen Wesen füllte sie den ganzen Saal im Goldenen Löwen. Wenn sie sang, wenn sie las, herrschte immer eine Stille. Eine Stille der Bewunderung für sie und ihr Können. Der Applaus kam immer herzlich und war lang anhaltend.

Lukas Natschinski begleitete die großartige Sängerin mit der Gitarre, am Keyboard und am Klavier. Jedes Instrument füllte er mit einer unbändigen Lebensfreude. Er zauberte Klänge aus ihnen, wo man dachte, die hat man so noch nie zuvor gehört, obwohl man die Lieder kannte. Jedes Instrument schien seine vollste Aufmerksamkeit zu bekommen. Ein Multiinstrumentalist, der perfekt zu Uschi Brüning passt. Während er noch davon ausging, dass es keine Free Jazz Nummer geben würde, meinte Uschi so nebenbei, dass er sich da mal nicht so sicher sein sollte. Beim nächsten Stück ging es damit auch gleich los und wieder blieb mein Mund offen stehen vor Begeisterung wie sowas nur möglich sein kann. Freiheit nannte es Uschi Brüning. In der Improvisation ist man frei. Man kehrt sein Innerstes nach außen. Ein wunderbares Zusammenspiel zwischen ihr und Lukas. Das Publikum dankte es mit einem langen, lauten Applaus sowie wohlwollenden Pfiffen.

Zum Abschluss gab es drei Songs, neu arrangiert von Lukas Natschinski: "Stranger things happening every day", "What a wonderful world" sowie in der Zugabe "Dein Name" aus dem Jahr 1972 (eigentlich ein Schlager, aber heute in einer fetzigen Jazzinterpretation). Der Abend verging viel zu schnell. Er schien gerade erst begonnen zu haben. Auf einmal herrschte wieder Stille. Der Abend war wirklich vorbei. Für mich wird es irgendwann auf jeden Fall eine Wiederholung geben. Ich bin jetzt infiziert von Uschi Brüning. Wirklich eine Grand Dame unserer Zeit.



Termine:
• 20.09.2020 - Leipzig - Kupfersaal („Herzenslieder“)
• 25.09.2020 - Rostock - Café Ringelnatz („So wie ich“)
• 02.10.2020 - Oderwitz - Kretscham Niederoderwitz („So wie ich“)
• 03.10.2020 - Hamburg - Politbüro (Uschi Brüning & Susanne Betancor und Band)
• 10.10.2020 - Batzdorf - Schloss („Herzenslieder“)
• 18.10.2020 - Berlin - Bar jeder Vernunft (Uschi Brüning, Susanne Betancor und Band)
• 23.10.2020 - Dresden - Ostra-Dome ("Hommage an Manfred Krug")

Alle Angaben ohne Gewähr! Nähere Infso und
weitere Termine auf Uschi Brünings Homepage



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Uschi Brüning: HIER klicken
• Off. Homepage von Lukas Natschinski: HIER klicken







   
   
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