Achtung: zwei Videoclips am Ende der Seite



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Ein Konzertbericht mit Fotos und Videoclips von Petra Meißner



Meißen anno Juni 2019, die Albrechtsburg wurde von der Nachmittagssonne beschienen und die Straßen waren voll von Menschen, die mit entspanntem Lächeln auf den Gesichtern durch die Stadt flanierten. Diese schöne Atmosphäre verdankten wir neben dem Wetter dem Literaturfest, welches jedes Jahr die Besucher in Scharen in die Stadt zieht. An vielen Stationen kann man drei Tage lang Lesungen und musikalische Programme genießen.a 20190610 1136995827 Aber ausgerechnet wir hatten uns einen anderen Termin vorgemerkt. Passgenau zwischen zwei eigenen Konzerten und Lesungen im Rahmen des Literaturfests hatte sich der Meißener Künstler Bernd "pàkos" Pakosch einen Traum erfüllt. Im Atelier für Porzellankunst Andreas Ehret in der Görnischen Gasse in Meißen wollte er seine neue CD "engel" mit "betönten" Gedichten von Rainer Maria Rilke dem zahlreich erschienen Publikum präsentieren.

Ein toller Rahmen für diese Premiere. Meißen verdankt viel seines Glanzes dem "Weißen Gold". Der Galerist und Künstler Andreas Ehret hat das Porzellanmachen von der Pike auf gelernt und transferiert mit seinen Werken die alte Kunst in die Neuzeit. Porzellan als Medium der bildenden Kunst ist sein Programm. Da lümmeln sich stilisierte Katzen mit dem Bauch nach oben auf den Regalen, es gibt Bierdosen mit Streublümchen, durchbrochene Schalen und tolle Vasen. Alles aus Kaolin und käuflich.

Käuflich ist seit gestern auch die neue CD von Bernd Pakosch. Etliche Jahre hat er sich mit dem Werk von Rainer Maria Rilke auseinander gesetzt und hat nach Gedichten gesucht, die er "betönen" kann. An den Reaktionen des Publikums merkte man, er hat den richtigen Ton getroffen. Getroffen haben wir Bernd Pakosch erstmals bei "Wir singen" in der neuen Bühne von Tilo Schiemenz in Meißen (Bericht siehe HIER). Der "Bühnenbildner" gab sich übrigens im Atelier Ehret auch die Ehre. Bernds Interpretation der dort dargebotenen Volkslieder und sein "Gundermann" hatten es mir angetan.

Was sein neues Thema "Rilke" betrifft, muss ich mich leider als Schreiberin als absolute Fehlbesetzung outen. Kann mich nur schwach erinnern, mal den CLUB DER TOTEN DICHTER mit einem Rilke Programm erlebt zu haben. Ganz in den Abgründen meiner Psyche hatte ich Rilke als düster und sperrig abgespeichert. Es ist der Verdienst von Bernd, mein Vorurteil aus der Welt zu schaffen. Natürlich gibt es "düstere" Sachen, die sind in der Biographie von Rilke begründet.b 20190610 1063270632 Aber die meisten vertonten Texte klangen eher so, als seien sie im Hier und Jetzt entstanden. Erstaunlich für einen Lyriker, der schon 1926 das Zeitliche gesegnet hat. Ich sage es mal diplomatisch: Die Texte sind so, wie zu den besten Zeiten des Ostrocks geschrieben wurde, wo noch Texter am Werk waren, die ihr Handwerk beherrschten und ich möchte ergänzen: Wo es noch ein Publikum dafür gab. Sie sind voller Poesie und zwingen dem Hörer nichts auf, lassen Luft und Raum. Ehrlich, manchmal regt mich diese Direktheit in den Songs der aktuellen Deutschrock-Bands auf. Zielgruppe: Die, die es nicht anders verstehen. *duck und weg*

Bernd Pakosch hat sein Talent hier geschickt genutzt. Er hat sich die Melodien zur Lyrik von Rilke auf den Leib geschneidert. Sie passen ihm perfekt. Er ist studierter Sänger und das merkt man. Liedermacher ist ein stark abgenutzter Begriff. Man bezeichnet Bernd eher als "Liederschmied". Das trifft es, seine Berufsausbildung absolvierte er im Stahl und Walzwerk Riesa. Er ist heute freischaffender Musiker. Pákos, so lautet der Künstlername, hat einige verschiedenen Programme. Aktuell ist er auch mit einem Lene-Voigt-Programm unterwegs und streichelt damit die Seelen der medial gebeutelten Sachsen. Ob träumerisch, tragisch, mal flüsternd, mal laut, für jede Seelenlage hat Bernd Pakosch Musik auf die Lyrik Rilkes komponiert. Dabei hat er es mit der Tragik nicht übertrieben.

Bei manchen Titel begleitete ihn sein Pianist Christian Mögel. Für mich eindeutig die schönsten Nummern. Der Künstler hat die Hände frei und unterstützt damit seine Interpretation der Songs. Schaut mal rein bei den mitgelieferten Clips. Einige Lieder spielte Bernd mit eigener Gitarrenbegleitung oder mit Ukulele. Auch das hatte was. Für mich am schönsten: "Du musst das Leben nicht verstehen". Hier der Text von Rilke dazu:
"Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest. Und lass dir jeden Tag geschehen, so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.c 20190610 1109757898 Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt dem Kind nicht in den Sinn. Es löst sie leise aus den Haaren, drin sie so gern gefangen waren, und hält den lieben jungen Jahren nach neuen seine Hände hin."

Zwischen den Liedern gab es kleine, wohldosierte Texte, die den Zuschauern die Biografie Rilkes näher brachten. Bernd ist der erste Künstler, den ich erlebe, der keine Zugabe verteilt. Er begründete das so: "Mein Programm folgt einem Konzept. Es gibt einen Anfang und ein Ende." Bei diesem Lyrikprogramm von Rilke konnte ich dieser Argumentation folgen. Sonst eher nicht.

Meißners hatten das große Glück, einen anderen netten Liedermacher als Platznachbar bei diesem Konzert zu haben. Wir trafen Bernd Rump, ein Urgestein der DDR Singebewegung. Für uns war es eine Veranstaltung, um mal über unseren musikalischen Tellerand zu gucken. Die Lieder haben uns angesprochen. Diese Galerie in Meißen war auch der perfekte Rahmen dafür. Bernd Pakosch geht mit dem Rilke-Programm auf Tournee und wir wünschen ihm, dass er vielen Menschen durch seine Lieder Rilke näher bringen kann.



Bitte beachtet auch:
• Off. Facebook-Seite von Bernd Pakosch: HIER entlang
• Homepage des Ateiliers von Andreas Ehret: www.ehret-web.de






Fotostrecke:









Videoclips: