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Ein Konzertbericht von Dajana Gehn mit Fotos von Reinhard Baer



Am 23. März 2019 fand das erste Konzert zum 50. Bühnenjubiläum von Angelika Mann im Neu-Helgoland statt. 50 Jahre. Was für eine Leistung. Für mich ist das unvorstellbar. 50 Jahre. Egal ob auf den Brettern, die die Welt bedeuten, wie man so schön über Theaterbühnen sagt, im Fernsehen z.B. als Märchenhexe Ratesumbria, wo wir sie alle sehr schmerzlich vermissen, oder als Sängerin in den Konzerthallen Deutschlands. Unsere Lütte war immer präsent.

g 20190325 1963193881Wenn gar nichts mehr geht, meint Angelika: "Schweinische Lieder zur Laute" gehen immer. Alles lacht. Und ich habe dabei immer ihren Song über Emils unanständige Lust im Ohr. Im Original von Claire Waldoff ende der 20er Jahre gesungen. Erst vor kurzem hörte ich von der Gruppe PinaLola eine neuere Version davon. Dieses Lied ist wirklich zeitlos.

Im Publikum fanden sich einige Wegbegleiter und Freunde von Angelika ein wie z.B. Monika Herz, Jörg Stempel, Ute Freudenberg, Dagmar Frederic, Adele Walter und Charlotte Heinke. So erfuhr man fast nebenbei, dass Angelika und Ute sich seit über 47 Jahre kennen. Sie verbindet eine tiefe Freundschaft und Angelikas Tochter Ulrike singt bei Ute Freudenberg außerdem im Background.

Schon im letzten Jahr platzte das Neu-Helgoland aus allen Nähten. In diesem Jahr wurde noch vier weitere Tische hingestellt. Auch das schien nicht zu reichen. Der Saal war gefüllt bis zum letzten Platz. Dadurch war es auch extrem warm. Ich glaube, ich spreche im Namen aller Anwesenden des Konzertes, dass es eine enorme Leistung war bei diesen Temperaturen solch ein Wahnsinnskonzert zu spielen.

Pünktlich um 20:00 Uhr betrat zunächst die Band die Bühne. Wenig später folgte Angelika und das Publikum empfing sie mit einem tosenden Applaus. Der erste Song des Abends hieß "Was treibt mich nur" (Bicking/Gertz). Ein kleiner Abriss aus ihrem Leben in einem Song verpackt. "Mir geht gerade der Arsch auf Grundeis" - Worte, die eine Angelika Mann sagen darf. Sie ist so herrlich bodenständig. Sie redet offen und frei und dafür lieben wir sie. Sie ist halt eine von uns. Angelika schaute an die Wand vom Neu Helgoländer Saal und da hängt ein Bild von Reinhard Lakomy. Den Abend möchte sie ihm widmen und singt "Das Küßchenlied", wo aber auch jeder im Publikum mitsingen kann. Jeder fühlt sich wieder in seine Kindheit versetzt oder in die Zeit, wo die eigenen Kinder staunend, neugierig und interessiert der Geschichte vom "Traumzauberbaum" lauschten.

"Dieses Mal hab ich mir eine Band geborgt" - Und nicht irgendeine Band. Ein Teil der Zöllner Band bestritt mit ihr gemeinsam den Abend. André Gensicke war nicht nur am Keyboard sondern auch der musikalische Leiter. Der begnadete Gitarrist aus Dresden Lars Kutschke sowie der immer gut gelaunte Schlagzeuger Stephan Salewski unterstützen Angelika und gaben dem ganzen noch eine besondere Note. Mit "Und der Meister kommt nachher auch noch" meinte sie ihren Gast Dirk Zöllner. Aber auch ihr langjähriger Begleiter Uwe Matschke am Keyboard sowie ihr Schwiegersohn Richard Müller am Bass durften nicht fehlen. Die Band in ihrer Verschiedenheit harmonierte phantastisch gemeinsam.

Fred Gertz schrieb viele Texte für die Lütte. Er brauchte nicht lange zu überlegen, was er schreiben musste. Die ganze Art von ihr ließ nur eins zu, Texte zu schreiben, die genau zu ihrem Wesen passten. Mit dem Lied "Ich wünsche mir ein Baby sehr", welches sie mit Anfang 20 sang, schaffte sie es sogar in den STERN. Dort wurde geschrieben wie emanzipiert die jungen Frauen aus dem Osten seien. Aus dem Text hört man klar heraus, dass man dazu nicht erst heiraten muss. Es reicht schon, wenn man einen Mann hat. In der damaligen Zeit sicherlich ein recht offener Text zum Thema. Aber Lütte kann das singen. Lütte kann das sagen. Lustig war, dass sie erst mit 36 Jahren dann ihre wundervolle Tochter Ulrike bekam: "Manche guten Sachen brauchen halt eine Weile."

Angelika holte Ulrike auf die Bühne. Ganz ungeniert sagte sie, dass sie im Alter die hohen Passagen nicht mehr so singen kann, dafür hat sie eine Tochter und sie singt jetzt die Stellen in den Liedern, die höher sind, und sie die tieferen. In diesem Zusammenhang kam sie wieder darauf zu sprechen, dass ihr immer noch die schweinischen Lieder bleiben. Dabei fiel ihr ein, dass sie damals bei den Soldaten von der Armee sehr beliebt war. Sie liebten schweinische Lieder und dort sang sie "Sieben Zwerge". Zwischendurch unterhielt sich Angelika auch kurz mit Ute Freudenberg über die Sendung "Sechs Mädchen und Musik" damals von Gabi Munk sowie Ingo Krähmer moderiert, später dann von Ute Freudenberg.

Mit dem Lied "komm, weil ich dich brauch" zeigte Angelika eine nachdenklichere Seite. Das Lied war ein Wunsch von einem Fan. Normalerweise singt sie dieses nicht mehr. Nicht weil es nicht gut ist, sondern weil es ernster ist, und sie möchte eher positive Energie ins Publikum übertragen. Danach erzählte sie von Wolfgang Biermann, dem 1976 die Wiedereinreise in die DDR verwehrt wurde. Sie und andere Künstler unterschrieben die "Biermann-Erklärung". Danach hatte sie eine Weile Berufsverbot.

Von 1966 bis 1999 fand im Bulgarien das "Goldene Orpheus Festival" stand. Angelika Mann und Reinhard Lakomy nahmen teil mit dem Song "Behalt mich lieb, wenn du nun gehst". Sie hatte das kleine Schwarze an und Frau Lakomy schnitt ihr vorher die Haare sehr kurz. Was Angelika bis dahin nicht wusste, dass ein schwarzes Kleid mit weißem Kragen die Schulkleidung in Bulgarien war. Wie das alles ausging, bekamen die Lütte und Reinhard nicht mehr mit. Sie verließen vorsichtig das Festival mit einer Flasche Rosenthaler Kadarka und tranken diese am Strand aus. Danach sang sie "Kutte". Es klingt total funky und hat doch solch einen nachdenklichen Text zum Inhalt. Irgendwie wollte man mittanzen, auf der anderen Seite lauschte man dem Text, der absolut zeitlos ist. Irgendwie.

Nach einigen Jahren der Zusammenarbeit wollte Lakomy sich zurückziehen und sich nur noch dem Komponieren von Filmmusik widmen. Eines Nachts rief er bei Angelika an und meinte, sie müsse unbedingt schnell kommen, er habe eine neue Band für sie. Und ehe sie sich versehen konnte war sie in der Gruppe Obelisk von Andreas Bicking. Mit dem Lied "Nun lieb ich dich" ging es in die Pause. Komponiert von Andreas Bicking und getextet von Monika Lakomy.

Nach der Pause begrüßte die Lütte ihren Gast Dirk Zöllner. Sie sangen gemeinsam "Will mit dir zusammen sein". Ein wunderschönes Lied wie für die beiden gemacht. Den nächsten Song umschrieb Angelika ein wenig. Als ein "Angstlied" für viele Keyboarder/Pianisten. So auch für Gensi. Auch wenn es sich einfach anhöre, so ist doch gerade der Anfang von "Mir doch egal" extrem schwierig zu spielen. Reinhard Lakomy war ein begnadeter Pianist und schrieb in den Songs immer lange Klaviermomente ein. In dem Lied "Mir doch egal" jedoch komponierte er eine sehr komplexe Passage und außer Reinhard traf Angelika noch auf niemanden, der diese so wie Reinhard einhändig spielte.d 20190325 1987413587 Jeder schaute nun auf Gensi und die Lütte meinte gleich, "Ach spiel es mit zwei Händen." So wurde es gemacht und es war super. Eins meiner absoluten Lieblingsduette in der deutschsprachigen Musik.

Anschließend sangen Dirk und Angelika das Liebeslied aus Dirk Zöllners Album "Dirk und das Glück", komponiert von André Drechsler und getextet von Werner Karma. Ich durfte dieses Lied schon von verschiedenen Künstlerinnen hören. Ich muss gestehen, so wie die Lütte hat es noch niemand interpretiert. Einzigartig. So ganz anders und so besonders. Gefiel mir und dem Publikum sehr gut.

Nun setzte sich Angelika hin und überließ Dirk Zöllner und der Band die Bühne. Sie spielten "Idylle im Krieg" sowie wie von Angelika gewünscht ein "Sauflied": "Wenn der Himmel mir am Arsch hängt". Normalerweise ein Song, wo das Publikum singend und tanzend vor der Bühne steht. Aber heute war es so voll, da wippten und klatschten wir im Sitzen mit. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Die Lütte packte die Gelegenheit beim Schopfe und handelte gleich einen Deal für das Konzert am 1. Februar 2020 aus. Dirk Zöllner und seine Bandmitglieder werden auch dann wieder dabei sein und das ganze Publikum kann es bezeugen, dass sie zugesagt haben. Auf dem Album "Dirk und das Glück" ist ein Song, welchen Gensi singt, weil er textlich so gut zu ihm passt. Es war eine kleine Premiere. Ulrike Weidemüller sowie Gensi sangen "Leicht sein" im Duett. Ein Gänsehautmoment.

Wenn man jetzt dachte, dass die Lütte aufsteht, um zu singen, lag man falsch. Sie sagte zu ihrer Tochter Ulrike: "Stell dich hin und sing was." Wir mussten alle unwillkürlich lachen. Das kam so unverhofft und locker. Ulrike hörte brav und meinte, ansonsten bekomme sie kein Taschengeld, dann singe sie lieber was. Sie wählte das Lied von der Gruppe Ewig "Frei".e 20190325 2005462646 Sie verwies auch auf ein Youtube Video von diesem Lied, welches nur von ihr und ihrem Freund Richard Müller performt wird. Das Lied passte hervorragend zu Ulrikes Stimme. Einfühlsam gesungen und wunderbar von der Band mitgetragen. Wow. "Jetzt bekomme ich wieder Taschengeld." sagte Ulrike freudestrahlend.

Beim nächsten Stück wollte Angelika, dass die Band mal zeigen kann, was sie drauf hat, und das tat sie. Jeder einzelne erhielt seine Chance. Ein großartiges, fast rein instrumentales Stück erklang. Anschließend verließen alle die Bühne, nur noch Uwe Matschke sowie Angelika waren da. Es begann der Chansonteil. Angelika sang nur begleitet von Uwe. Sie sind ein wahnsinnig gut eingespieltes Team. Die Lütte bemerkte noch ganz witzig nebenbei, dass man halt Chansons singt, wenn die Stimme immer weiter runtergeht.

Die Chanson-Titel waren grandios. Hammer was Angelika stimmlich und technisch aus sich herausholt. Die Texte lustig und immer aktuell. Man findet sich wieder. Egal ob sie singt, dass der Bauch bleiben muss oder von der Rolle Maria Stuart, die sie so gerne spielen würde. Im nächsten Jahr steht Angelika Mann wieder auf der Bühne in der Dresdner Staatsoper mit dem Stück "Der Mann, der lacht" von Victor Hugo. Und endlich darf sie eine Königin spielen. Für uns, liebe Angelika, bist du schon seit Jahrzehnten unsere Königin.

 Bei dem "Champuslied" kam Dagmar Frederic und überreichte der völlig überraschten Lütten eine Flasche Champagner. Ein wundervoller Moment. Ein weiteres Highlight war für uns alle, aber vor allem für Angelika, als Jörg Stempel auf die Bühne trat und sie als facettenreichste Künstlerin auszeichnete.h 20190325 1410795709 Er traf es auf den Punkt. Sie kann alles singen, was sie auch tat und kann auch alles spielen, was sie auch tat. Sie ist sich für nichts zu schade und setzt es in Perfektion um. Gratulation für eine längst überfällige Auszeichnung.

Nach knapp zweieinhalb Stunden kam das Ende des Konzertes doch viel zu schnell. Angelika meinte, sie sei jetzt in dem Alter, wo sie es sich erspart, die Bühne zu verlassen, um dann doch wieder zu kommen. Da bekommt man es ja mit den Füßen. Also bleibt sie und singt gleich eine Zugabe. Natürlich stand der Saal bei "Highway to hell" sowie ihrer Janis Joplin Nummer. Mit "Liebes Tagebuch" verabschiedeten sich Angelika Mann und Band vom Publikum. Beim Rausgehen sagte die Lütte noch "Es war mir ein Fest." Es war uns ebenso ein Fest und eine Ehre mit dir dieses Konzert zu erleben.



Termine:
• 29.03.2019 - Pirna - Q24 (Bandkonzert)

Angaben ohne Gewähr! Nähere Infos und weitere Termine auf Angelikas Homepage



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Angelika Mann: www.angelika-mann.de
• Homepage des Neu Helgoland in Berlin: www.neu-helgoland.de








   
   
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