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Ein  Bericht mit  Fotos  und  Videoclip von  Petra Meißner
+ zusätzliche Fotos von Mary Musikfreak (Textillustration)



Der Mensch will immer das, was er nicht so einfach haben kann. Auch Fans ticken so. Als vor einigen Wochen die Gruppe electra zum Stadtfest in Dresden nach langer Bühnenabstinenz zwei Stücke der Band JETHRO TULL vor tausenden von Leuten zum Besten gab, wurden Erinnerungen an die vielen tollen Konzerte der Dresdener Lokalmatadoren des sächsischen Ostrocks wach. Die Leute vor der Bühne konnten es nicht fassen, dass nach sieben Minuten der Zauber vorbei war und der Spruch von "seelischer Grausamkeit" machte die Runde. Klar, es war nicht anders angekündigt, das muss man fairerweise sagen. electra hat sich vor drei Jahren von den Bühnen dieses Landes verabschiedet und ist in Ruhestand gegangen. Aber die Lieder der Band sind so einmalig und sie sollten gespielt werden. Dieser Aufgabe stellen sich zurzeit die CRAZY BIRDS aus Dresden. Um es mal sehr flapsig auszudrücken: die "verrückten Vögel" sind electra light. Während bis vor einigen Jahren diese Band nur internationale Rocknummern coverte, verlagert sich der Schwerpunkt der Jungs und Mädels immer dann in Richtung Ostrock, wenn sie als CRAZY BIRDS & FRIENDS auftreten. Dann bringen sie Verstärkung mit. Zum Weinfest in Pesterwitz bei Dresden rockten sie die Bühne.

Um die Band zu beschreiben, trifft es ein Wort: Die Musiker sind alle alter "Ostrock Adel". Jeder der Mitspieler bringt einmalige musikalische Werte und Erfahrungen mit. Das macht diese "Vögel" so bunt. Die Seele der Band ist die Schlagzeugerin Angela Ullrich, die die Crazys 2002 auf den Weg brachte. Angela gründete in den 80er Jahren als Teenager die erste DDR Mädchenband NA UND in Dresden und hat seither in diversen Gruppen Schlagzeug gespielt. Ebenfalls viele Jahre dabei ist der Basser Tom. Er spielt auch noch bei Olaf Schubert und ist ein ganz besonders witziger Piepmatz. Und da er "Vogel" mit Nachnamen heißt, ist die Band vielleicht sogar nach ihm benannt. Neben seinen Künsten am Bass kann er noch toll moderieren und singen. Außerdem hat er ein sehr loses Mundwerk und ist für ausgefallene Sprüche gut. Zur Stammbesatzung gehört auch Ecki Lipske, der auch schon zu seinen electra-Zeiten dort spielte.b 20180920 1852194115 Der Mann an der singenden Gitarre prägt mit seiner Spielweise die Band. Er ist ein Ausnahmekünstler und für mich in der Sparte Ostrock der "Gitarrenmann" schlechthin. Auch schon zu Glanzzeiten von electra spielte "Gisbird" Koreng ab und zu bei den "verrückten Vögeln" mit. Da ihm sie Sparte klassischer Rock'n'Roll besonders liegt, kann er sein Talent schon viele Jahre bei den CRAZY BIRDS ausleben. Ich kann mich gut erinnern, als Gisbert Koreng 2007 wieder zu electra kam. Stefan Trepte hatte einen Unfall und Gisbert half in Magdeburg beim Klassik Open Air das erste Mal aus. Wir waren dabei. Dann blieb er dort kleben. Er hatte schon zu Anfangszeiten bei dieser Band gesungen. Da er auch keinen Bock aufs Altenteil hat, erfreut er die Menschen bei nun hier mit seinem Tirili Tirila. Neu zugeflogen ist der ehemalige electra-Tastenmann Andreas "Bruno" Leuschner. Er ist die perfekte Ergänzung. Außerdem ein vielbeschäftigter Künstler, der Gastkeyboarder bei verschiedenen Projekten ist und als gefragter Arrangeur arbeitet. Seit etlichen Jahren als Gast dabei ist das ehemalige ZWEI WEGE-Mitglied H.C.Schmidt, der auch viele eigene musikalische Projekte am Laufen hat. Nicht jeder weiß es, auch er war ganz früher mal bei electra.

In der genannten Zusammensetzung starteten die CRAZY BIRDS ein musikalisches Feuerwerk zur 950 Jahrfeier und dem traditionellen Weinfest in Pesterwitz. Nach dem Umzug fanden sich die Besucher im Festzelt ein und warteten geduldig auf die Dinge, die da kommen sollten. Wer von euch konzerterfahren ist, der weiß, dass die Muggen sonntags nachmittags oft nicht der Bringer sind. Die Leute sind vom Wochenendprogramm erschöpft, wollen ihr Käffchen oder Weinchen trinken, und quatschen.c 20180920 1120677043 Das unmittelbare Fan-Publikum meidet solche Sachen und Kultur hat um die Zeit nicht den Stellenwert. Für Künstler oft eine recht undankbare Aufgabe. Es sei denn, es glückt, das Interesse der Leute zu wecken. Wie es den "verrückten Vögeln" dort gelungen ist, Punkte zu machen, berichte ich euch.

Zu Beginn herrschte eine gewisse Grundunruhe. Wenn man in meiner Zunft tätig ist, würde man gern mal streng in die Runde blicken und sagen "Psssst ...". Nach dem zweiten Titel hatte sich dieser Drang bei mir gelegt. Man hörte aufmerksam zu. Für mich war es ein kleines Wunder, wie die Leute mit solch anspruchsvollen Sachen wie "Einmal ich, einmal du" oder "Nach Süden" und "Wenn die Blätter fallen" sonntagnachmittags gefesselt wurden. Das Spiel und die Bühnenpräsenz der CRAZY BIRDS vollbrachten dieses Wunder. Es begann ein Streifzug durch die sächsische Geschichte des Ostrocks, Titel von electra und Lift erklangen. Das Zauberwort hieß Abwechslung. Der Joker war H.C. Schmidt. Er hat eine derartige Bühnenpräsenz und singt die Songs so glaubhaft, dass den Leuten gar nichts anders übrig bleibt, als zuzuhören. Gemeinsam mit Gisbert Koreng ließ er die alten Klassiker auferstehen. Dieses Gesangsduo hat mir total gut gefallen. Mich erstaunte, dass so viele Menschen diese Titel mitsingen konnten. Es war, als ob sie drauf gewartet hätten. Wir Ossis sind eben auf die Hits unserer Jugendzeit konditioniert.

H.C. Schmidt hatte zu Ostzeiten ein eigenes Projekt namens ZWEI WEGE. Von dieser Gruppe erklangen die zwei bekanntesten Titel "So komm" und "Halt mich fest". Für mich einer der Höhepunkte des Nachmittags. Das Motto des Tages gab auch Hans Christian aus. "Never too old" ist Programm bei der spielenden Band. Leute jenseits der 50 oder 60 haben Spaß, proben und spielen zusammen. So entwickelt sich das Projekt ständig weiter. Diesmal hatten sie einen Titel im Programm, gesungen von Andreas Leuschner, der für mich einer der schönsten aus der Vergangenheit ist. "Wind trägt alle Worte fort", eine Komposition von Franz Bartsch, die Bruno sehr schätzt. Er sang ihn gemeinsam mit Angela. Für eine Überraschung sorgte Angela Ullrich, als sie ihren angestammten Platz hinter dem Schlagzeug verließ. Mit der "Wilden Mathilde" von SILLY konnte die Drummerin die Leute begeistern. Es war, als sei Tamara Danz auferstanden. Sie ähnelt ihr nicht nur optisch, Angela ist auch so eine Powerfrau. Ich würde mir noch mehr Titel wünschen, für die sie den Platz am Schlagzeug verlässt. Drauf hat sie auch "Zieh die Schuhe aus", den Nina Hagen gemeinsam mit der Stern-Combo Meißen für einen Film produzierte. Der müsste wieder mal gespielt werden. Um ihre Vertretung am Schlagzeug muss sich Angela ja auch keine Sorgen machen, H.C. Schmidt ist wie sie auch Drummer.

d 20180920 1912422574Die Band hat wenige eigene Titel, aber sie hatten nach einem großen Unglück in ihrem privaten Umfeld das Bedürfnis, sich zu Wort zu melden. Wenn ein Mord geschieht, ist das schlimm, ganz besonders wenn ein so junges Mädchen wie die Anneli aus Meißen ihr Leben lassen musste. Es ging damals durch alle Zeitungen. Tom Vogel schrieb für sie den Titel "Song für Anneli" um ihr Andenken zu bewahren. Diese würdige Art des Gedenkens klappt auch in Sachsen, falls ihr wisst, was ich meine. Auch Ecki Lipske bekam die Chance auf ein Solo. Mit seinem Titel "Little pink dream" lud er zum Träumen mit seiner Gitarre ein. Er muss nicht selbst singen, dies tut er mit seinem zauberhaften Gitarrenspiel.

Auch die ganz großen Klassiker von electra gab es auf die Ohren. "Nie zuvor" und "Tritt ein in den Dom" begeisterten die Besucher. Trotz nachmittäglicher Stunde gab es Beifallsstürme und Zugabe-Rufe. Manchmal wird man zu einem Stadtfest auch angenehm überrascht. Man kann die Veranstalter nur beglückwünschen, diese Band ausgewählt zu haben. Gefreut haben sich CRAZY BIRDS & FRIENDS auch, dass Bernd Aust sich die Zeit genommen hat, zu ihrem Konzert zu kommen. Schade, dass er seine Querflöte nicht dabei hatte. Vielleicht das nächste Mal?



Termine:
• 24.11.2018 – Landsberg - tba (zusammen mit BERLUC)

Alle Angaben ohne Gewähr!


Bitte beachtet auch:
• off. Homepage der Crazy Birds: www.crazy-birds.com




Fotostrecke:

 
 





Videoclip:







   
   
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