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Ein Konzertbericht mit Fotos von Bodo Kubatzki



Am Freitag, den 6. Juli machten wir uns von Rostock aus mal wieder auf den Weg ins beschauliche Schmadebeck, dem kleinen Dorf mit 86 Einwohnern nahe dem Ort Kröpelin, unweit der Ostseeküste gelegen. Bereits kurz hinter Bad Doberan entdeckten wir die ersten Plakate mit Werbung für die 23. Ausgabe des Dorfrock Schmadebeck.a 20180709 2068046978 Je näher wir kamen, desto intensiver wurde das Event beworben. Kurz vor Schmadebeck war ein Banner über die Allee gespannt, auf dem in großen Lettern zu lesen war: WILLKOMMEN IM ROCKDORF. Da haben die Leute von der LPG ganze Arbeit geleistet, dachte ich so bei mir. LPG? Damit ist nicht eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gemeint, sondern die Land-Projekt-Gemeinschaft Schmadebeck e.V., die seit 1996 für die Organisation des Dorfrock verantwortlich zeichnet. Detlef Kropp, der Vorsitzende des Vereins, begrüßte mich freudig am Einlass und wies mich als Erstes auf den Merchandise Stand hin, an dem T-Shirts, Tassen und Sticker des Dorfrock Schmadebeck käuflich erworben werden konnten. Ja, der Dorfrock hat ein eigenes Logo, das richtig gut aussieht. Eine Gitarre verschmilzt mit einem Notenschlüssel und wird auf Adlerflügeln getragen, der Schriftzug DORFROCK ist in die Mitte gesetzt. SCHMADEBECK kann man unten links lesen. Um den Kauf eines Stickers kam ich natürlich nicht umhin. Die Idee des eigenen Logos wurde bereits zum 10. Jubiläum umgesetzt, verrät mir Detlef anschließend.

Obwohl ich Rostocker bin, habe ich den jährlich stattfindenden Dorfrock Schmadebeck erst vor drei Jahren für mich entdeckt. Seitdem versuche ich, regelmäßig dabei sein zu können. Immerhin bietet sich in Schmadebeck die Möglichkeit, Jahr für Jahr mindestens eine der sogenannten Ostbands live erleben zu können. Für dieses Jahr wurde die Ostrock-Legende KLOSTERBRÜDER MAGDEBURG angekündigt. Eine Band, die ich weder als KLOSTERBRÜDER, noch als MAGDEBURG jemals live erlebt hatte.

b 20180709 1469673393Rechtzeitig in Schmadebeck angekommen, fand sich ausreichend Zeit für ein Bierchen und diverse Gespräche mit Freunden und Bekannten. Als das Jugendblasorchester Kühlungsborn die Veranstaltung eröffnete, befand ich mich gerade im Gespräch mit Reinhard Dankert, der am Abend zuvor mit seinem PROJEKT 60:40 die Buchlesung von RENFTs CHRISTIAN KUNO KUNERT in Kröpelin eröffnete. So erfuhr ich, dass das Jugendblasorchester Kühlungsborn, hervorgegangen aus der Bläserklasse des Schulzentrums Kühlungsborn, von dem sehr engagierten Musiklehrer Christian Paplowski geleitet wird. Dieser versucht, mit hörbarem Erfolg, die Jugendlichen an verschiedene Musikrichtungen heranzuführen. Die Jungs und Mädels des Blasorchesters spielten mit sichtbarer Freude ein Repertoire aus Filmmusiken und Rockklassikern, mehr im Big-Band-Gewand, als im typischen Blasmusiksound. Egal ob es sich um die Titelmusik aus dem Film "Fluch der Karibik" oder den DEEP PURPLE Klassiker "Smoke On The Water" handelte, die jungen Musiker legten sich bei allen Genres ins Zeug. Leider befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch keine 80.000 Menschen auf dem Platz, wie es der Lehrer seinen Schülern versprochen hatte. Doch die aufmerksamen Zuhörer, unter denen sich natürlich stolze Eltern und Großeltern der Schüler befanden, sparten nicht mit Beifall.

Die KLOSTERBRÜDER sind, ähnlich wie RENFT, eine Band, die zu den sogenannten DDR-Zeiten Repressalien seitens der damaligen Staatsführung ausgesetzt waren. Unangepasst, wie sie sich stets zeigten, entwickelten sie sich zum Anfang der 1970er Jahre sowohl vom Habitus, als auch musikalisch zu einer der angesagtesten und härtesten DDR-Rockgruppen.c 20180709 1352124563 Ihre wilden Konzert-Shows wurden legendär. Das wiederum rückte sie zunehmend ins Visier der DDR-Behörden. 1975 kam es nach einer gemeinsamen Tour mit der STERN-COMBO MEISSEN zu Spannungen in der Band, was zu einer Umbesetzung führte. Fortan nannte sich die Band MAGDEBURG.Doch die Probleme mit den DDR-Behörden blieben bestehen und steigerten sich soweit, dass die Band 1981 geschlossen Ausreiseanträge stellte. Daraufhin wurde den Musikern die Spielerlaubnis entzogen und die Band MAGDEBURG wurde verboten. Bandchef DIETRICH KESSLER und Sänger HANS-JOACHIM KNEIS landeten sogar für 18 Monate im Stasiknast, bis sie vom Westen freigekauft wurden.

Die Band, die seit dem Jahr 2000 unter ihrem alten Namen KLOSTERBRÜDER wieder aktiv ist, war nun zum ersten Mal Gast beim Dorfrock Schmadebeck. Mit sakralen Klängen eines Mönchschores wurde ihr Konzert eröffnet. DIETRICH KESSLER und HANS-JOACHIM KNEIS betraten die Bühne, wie schon früher, in langen Ledermänteln. Als Gast brachten sie Gitarrist GISBERT "PITTI" PIATKOWSKI mit, der schon bei MAGDEBURG die Saiten der Gitarre anschlug. PITTI, der fest zur aktuellen RENFT-Besetzung gehört und auch bei vielen anderen Bands aktiv ist, hatte die Sympathien vieler Fans auf seiner Seite. Die KLOSTERBRÜDER warteten mit einem Mix aus eigenen Songs und Rockklassikern auf, die sie schon zu ihren legendären Ostzeiten gespielt haben. "Wenn ich zwei Leben hätt'", "Fieber" oder "Verkehrte Welt" gesellten sich zu JETHRO TULLs "Locomotive Breath" und natürlich zu FRUMPYs "How The Gipsy Was Born".

HANS-JOACHIM KNEIS, mit seinen 73 Jahren logischerweise nicht mehr ganz so gut bei Stimme, wie in jüngeren Jahren, wurde gesanglich von Keyboarder PETER EICHSTÄDT unterstützt. Als weitere Unterstützung kam die als Gast angekündigte BEATA KOSSOWSKA auf die Bühne. Mit ungeheurer Präsenz und sympathischer Ausstrahlung überzeugte die aus Polen stammende Künstlerin als Sängerin und an der Blues-Harp. Dabei griff die Band auf Bluesklassiker, wie z.B. den "Stormy Monday Blues" zurück. Der wohl bekannteste Song der Band "Was wird morgen sein" beendete das denkwürdige Konzert der legendären Band. Bei den ca. 400 Fans, die vor allem wegen der KLOSTERBRÜDER nach Schmadebeck gekommen waren, spürte man eine Welle der Sympathie und Zuneigung für die Band. Diese bedanke sich natürlich mit einer Zugabe und der Entschuldigung, dass das Stück "Lied einer alten Stadt" nicht gespielt wurde. Dies würde die Band bei ihrem nächsten Auftritt in Schmadebeck nachholen, beteuerte DIETRICH KESSLER.

Nach einer kurzen Umbaupause wurde es Zeit, den Dorfrock richtig abzufeiern. Die CCR REVIVAL BAND aus Minden griff in die Mottenkiste und kramte dort Musik heraus, wie sie tatsächlich in vielen Dorfclubs im Osten und Westen der Republik seit Beginn der 1970er Jahren zu hören war. CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL, die kalifornische Band um die Brüder JOHN und TOM FORGETY, produzierte zwischen 1967 und 1972 einen Hit nach dem anderen. Diese Musik wurde von der CCR REVIVAL BAND sehr authentisch gecovert. Die Musiker verstanden es, das Publikum immer wieder mit in ihre intensive Show einzubeziehen, tanzende Pärchen auf dem kleinen Catwalk inbegriffen. Trotz aufkommender Abendkühle harrten die meisten Gäste bis zum Schluss aus, sangen lauthals mit und schwangen das Tanzbein. Kein Wunder bei Hits wie "Hey Tonight", "Proud Mary" oder dem mit komplett deutschem Text vorgetragenen "Bad Moon Rising". Ob man die deutsche Nachtdichtung mit dem Schlusssatz "Abschied, denn wir müssen zur Armee" im Westen der Republik tatsächlich kannte, weiß ich nicht. Hier im Osten war sie hinlänglich bekannt.

Gut gelaunt machten wir uns gegen Mitternacht wieder auf den Heimweg. Auch in diesem Jahr empfand ich den Dorfrock Schmadebeck als besonderes Erlebnis. Schon jetzt bin ich gespannt, womit der Verein LPG uns im nächsten Jahr überraschen wird.






 
 
 
 
 

   
   
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