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Ein Bericht mit Fotos von Thorsten Murr

 

Der Wotufa-Saal im ostthüringischen Neustadt/Orla ist eine für ihre abwechslungsreiche Programmgestaltung bekannte Location. Hier bekommt man im Laufe eines Jahres so ziemlich alles geboten, was die Rockmusik an Spielarten aufzuweisen hat. Von Punk bis Folk ist alles dabei. Heute nun also die Kundenbluesnacht mit drei Bands: Sirius, Zenit und die Lübben City Blues Connection.

In Memory of The Allman Brothers: Sirius
Zur Eröffnung spielt die Band Sirius. Ein vierköpfiges Ensemble, von dem ich noch nie etwas gehört habe. Die Formation, mit Peter Langheinrich an Gitarre und Gesang, Bodo Walter am Bass, Kurt Richtsteiger am Keyboard und Denis Wils an den Drums, stammt aus dem Erzgebirge und musiziert schon etliche Jahre zusammen: seit 1967, wie ich auf Facebook erfahre.a 20171212 1997679690 Wow, seit 50 Jahren! Und ich habe davon noch nie etwas vernommen? Eine Schande! Dafür bekomme ich heute sofort einen voluminösen und nachhaltigen Eindruck. Sirius verorte ich gleich beim ersten Stück vom Stil und Sound her in den Fußstapfen der Allman Brothers Band, was durch die Songauswahl bestätigt wird. Im Nachhinein erfahre ich auch, dass sie diesen Auftritt explizit unter das Motto "In Memory Of The Allman Brothers" gestellt haben. Verstärkt durch den Gastgitarristen Martin Fankhänel von The Lateriser, der heute Abend auch noch als Mitglied der Lübben City Blues Connection zu erleben sein wird, spielt diese Band mit sichtbarer Freude und erzeugt, auch und insbesondere durch den Einsatz eines Hammond-Keyboards, ein äußerst dichtes und sehr authentisches Klangbild. Mir gefällt das ausgesprochen gut, mit solch zahlreichem Allmann-Material hatte ich heute Abend nun gar nicht gerechnet. Nach den ersten Songs beginnt auch das Publikum in Stimmung zu kommen. Diejenigen, die anfangs noch draußen an einem Grill oder Lagerfeuer standen, sind nun auch drinnen. Der Saal ist jetzt gut gefüllt, und ich treffe auf mehr und mehr Bekannte. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Leute der Blues immer wieder anzieht. Derweil spielt sich Sirius durchs Programm, immer wieder versetzt von spannenden Intermezzos vom Stammgitarristen der Band, Peter Langheinrich, und seinem erzgebirgischen Landsmann Martin Fankhänel. Im Finale gibt es dann auch den vermutlich bekanntesten aller Allman-Brothers-Songs, den Mega-Hit "Jessica" zu hören. Ein sehr feines Opening war das. Sirius merke ich mir jetzt auf jeden Fall.

Let The Good Times Roll: Zenit
Mit Spannung hatte ich dem Auftritt der nächsten Band entgegengesehen: Zenit! In den Achtzigern eine der starken Säulen, auf denen die Szene basierte - doch hatte man lange Zeit nicht all zu viel aus dieser Richtung vernommen. Im Laufe des Jahres hörte ich von einer Reunion, dann vom gefeierten Auftritt beim Open Air in Landsberg, und vor wenigen Wochen hatte mir Eberhard "Big Joe" Stolle am Rande einer Session erzählt,b 20171212 1660349699 wie sehr er sich darüber freue, mit dieser Band wieder auf den Bühnen zu sein. Heute tritt Zenit in der Besetzung Big Joe, Gesang, Gitarre und Mundharmonika, Andreas Schrödter am Bass, Alexander Blume am Keyboard, Frank "Franz" Fischer am Schlagzeug und Mauro Pandolfino an der Gitarre auf.

Die Band legt los, und gleich sind da das hohe Niveau der Mitwirkenden und die musikalische Sorgfalt zu spüren. Der "Müllmannblues" ist das erste Stück und gleich einer der großen Hits aus vergangenen Zeiten. Während das Renommee dieses besungenen Berufes unter dem Aspekt der heutigen modernen Recyclingwirtschaft maßgeblich gewonnen haben dürfte, ist der Song in meiner Wahrnehmung nach wie vor das musikalische Statement dieser Band: Sauberer und präziser Chicago- und Urban-Blues. Als Gast präsentiert Zenit eine weitere Ikone der hiesigen Bluesgeschichte: Bernd Kleinow, den meisten Fans sicherlich noch immer am besten als einstiger Kollaborateur von Stefan Diestelmann bekannt, zaubert mit seiner Mundharmonika gleichermaßen feine wie auch mitreißende Passagen und erweist sich nicht nur als ein Meister seines Fachs, sondern als ein echter und leidenschaftlicher Bluesman, der auch gesanglich überzeugen kann. Über die musikalischen Qualitäten von Alexander Blume muss man nicht ausschweifend werden - die sind über jeden Zweifel erhaben, und auch mit Andreas Schrödter und Frank Fischer sind zwei überaus erfahrene Profis am Werk, die wissen wie es geht und was sie tun. Das Publikum feiert. Mit "Dr. Blues", "Bye Bye Blues", "Let The Good Times Roll" und dem wummernden "Boom Boom Out Go The Lights" kommen ein paar der alten Erfolgsstücke zum Vortrag. Alles klingt souverän und homogen, und wenn man neben der großartigen Stimmung im Publikum gelegentlich auch den Gesichtsausdruck von Big Joe sieht, wird klar, hier haben alle eine große Freude am gemeinsamen Musizieren. Bravo!

Eine Neuentdeckung für die meisten Fans im Saal, die erwartungsgemäß überwiegend aus Thüringen und Sachsen angereist sind, dürfte der Gitarrist Mauro Pandolfino sein. Manch einer hatte ihn vielleicht schon mit dem Cäsar-Tribute-Projekt "Apfeltraum" erlebt, in dem ja auch Big Joe in zentraler Position mitwirkt. Mauro stammt aus Rom, lebt seit etlichen Jahren in Berlin, ist in der Hauptstadtszene eine feste Größe,c 20171212 1934109516 und als ich ihn vor etwa sieben oder acht Jahren das erste Mal bei einer Session erlebte, war ich gleich ein Fan von ihm. Seitdem freuen wir uns immer, wenn wir uns begegnen - wechseln meist nur ein paar Worte im behelfsmäßigen Englisch, aber dieses Mal, wie wir beide feststellen, ist es die Premiere, dass wir uns außerhalb Berlins über den Weg laufen. Mauro sollte man sich merken. Mit einigen sehr virtuosen Solos liefert er heute einen prächtigen Auftritt. Aber was schreibe ich? Der gesamte Auftritt von Zenit prägt sich mir als ein prächtiger ein. Toll, dass man diese Band wieder erleben kann, und sehr schön, dass es gemeinsame Zukunftspläne inklusive Plattenproduktion gibt.

Fulminant: Lübben City Blues Connection
Das Finale bestreitet die Lübben City Blues Connection. Allein der Name dieser im Sommer ins Leben gerufenen Allstar-Band passt zur heutigen "Kundenbluesnacht" wie die Faust aufs Auge. Das Line-up wirkt in Teilen bereits wie ein Zitat aus dem Register der Szene-Bibel "Bye Bye Lübben City": Mit Frank "Gala" Gahler, Sebastian "Buzz Dee" Baur und Bernd "Kuhle" Kühnert sind drei ehemalige Monokel-Mitglieder in dieser Formation zu erleben. Hinzu kommen die "First Lady of Bluesharp", Beata Kossowska, und die Sängerin Steffi Breiting. Der "Nachwuchs" ist mit dem bereits schon am Anfang erwähnten Gitarristen und Sänger Martin Fankhänel bestens repräsentiert, und das rhythmische Rückgrat der Band bilden Tobias Ridder und Philipp Rösch vom Mike Seeber Trio, während Mike Seeber selbst über den gesamten Set über die gitarristische Konstante in einem von ständigen Besetzungswechseln bestimmten Programm bildet. Eröffnet wird die Show mit "Nie wie Vater", mit Frank Gahler, dem Autor des Songs, am Mikro.d 20171212 2011801647 Nun ist das vermutlich nicht so gemeint, aber auf "Galas" Opening folgt in der Tat eine Gala der Blues- und Rockmusik: eine illustre Auswahl von Hits und Standards der internationalen Musikgeschichte, bei der jeder der handverlesenen Akteure Gelegenheit hat, sein jeweiliges Talent eindrucksvoll unter Beweis zu stellen. Von ergreifenden Balladen mit feinem Gesang von Steffi Breiting über die feurigen und furiosen Mundharmonika-Nummern Beata Kossowskas bis hin zum machtvollen "The Boys Are Back in Town", bei dem alle Gitarristen, Kuhle, Buzz Dee, Mike und Martin, ihre zusammengefassten Breitseiten lustvoll auf das Publikum abfeuern. Ein Kracher jagt den anderen, und immer wieder gibt es Überraschendes und Unerhörtes, weil sogar die aus den Repertoires der hier beteiligten Bands bekannten Stücke heute in Besetzungen dargeboten werden, die es so bald nicht noch einmal geben dürfte. Ein einziges Mal noch besteht für den geneigten Musikfreund die Gelegenheit, diese außergewöhnliche Combo zu erleben: Am 27. Dezember 2017 im Berliner Kesselhaus.

Ein frohes Fest war das an diesem ersten Adventswochenende! Danke an die Veranstalter und danke an alle Mitwirkenden - und allen Musikfreunden wünsche ich eine schöne Weihnachtszeit!



Bitte beachtet auch:
• Off. Facebook-Auftritt von Sirius: HIER
• Off. Homepage von Zenit: www.zenitbluesband.com




Fotostrecke:

 
 
 
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Zenit
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

   
   
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