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Ein Konzertbericht von Christian Reder mit
Konzertfotos von Adam Zegarmistrz Glagla



"Konzert mit Berliner Schnauze" titelte die Lokalpresse in der vergangenen Woche und berichtete vorab ganz wunderbar über unser anstehendes Konzert mit dem Sänger, Autor und Texter André Herzberg. Und seine Herkunft kann Herzberg wirklich nicht verleugnen. Sein Dialekt verriet schon bei der Begrüßung am Bahnhof, dass sein Zug mit ihm als Passagier aus der Bundeshauptstadt angerollt kam. Aber nicht nur wegen seines Dialekts macht es Spaß, dem PANKOW-Frontmann bei seinen Erzählungen zuzuhören.a 20170423 1432458251 Er hat in seinen fast 40 Jahren als Musiker bei der GAUKLER ROCKBAND, bei PANKOW, den 3HIGHligen und natürlich als Solist eine Menge erlebt, von dem er meiner Frau Nicola und mir auf der Fahrt vom Bahnhof ins "Mythos", und später auch beim Essen, einiges erzählte. Allein das wäre ein abendfüllendes Programm, für das es sich lohnt, ihm ein paar Stunden lauschend in einem Konzertsaal zu verweilen. Aber zum Geschichtenerzählen war der Musikant nicht hierher angereist. Herzbergs Besuch in Castrop-Rauxel, mitten im Ruhrgebiet, diente der Erschließung eines neuen und für ihn noch unbekannten Publikums, dem er seine Lieder live präsentieren wollte. Herzberg solo - ohne PANKOW - und quasi unverfälscht ...

Eigentlich habe ich mir mit dieser Mugge selbst einen Wunsch erfüllt. Seit gut 30 Jahren kenne ich die Gruppe PANKOW. Das "Aufruhr in den Augen"-Album war meine erste Berührung mit der Kapelle, deren Stimme und Frontmann Herzberg ist. Im Jahre 1994 fiel mir dann - eher durch Zufall - das Album "Tohuwabohu" in die Hände. In einem Bochumer Plattenladen lag die Scheibe als Promo in einer "Grabbelkiste". Ich nahm sie mit, hörte sie bereits auf der Fahrt nach Hause im Auto und war von den Socken, was für ein hammergeiles Deutschrockalbum der mir bis dahin nur als PANKOW-Sänger bekannte Vokalakrobat im Studio zusammengeschraubt hatte. Ein von vorne bis hinten durchweg erstklassiges Album, das ich heute immer noch gerne auflege und höre, und über dessen schlechtes Abschneiden in Bezug auf die Verkaufszahlen ich mich bis heute frage, ob die Menschen Mitte der 90er die Gehörgänge mit schnelltrocknendem Zement ausgefüllt hatten oder warum da kaum jemand Notiz von genommen hat. Herzbergs Debüt-Album von 1991 fand dann auch schnell seinen Weg in meinen Plattenschrank und ich gehörte fortan zu den Anhängern seiner Musik. Nur live war es mir bisher nicht vergönnt, ihn einmal auf einer Bühne erleben zu können. Mit seiner Gruppe PANKOW gibt es immer nur Tourneen, deren Konzerte grundsätzlich unter der Woche und dazu noch weit weg von meiner Heimatstadt stattfinden. Bei seinen Solokonzerten sieht das nicht anders aus, und seitdem André als Autor arbeitet und Bücher schreibt, finden diese auch immer seltener statt.b 20170423 1794900499 Aber zur Lösung dieser Probleme gibt es ja auch unsere Konzertreihe, zu der ich André Herzberg im vergangenen Jahr schon für ein Konzert hierher eingeladen hatte. Zu meiner Freude sagte er auch gleich zu, und gastierte am Samstagabend im "Mythos". Für ihn ebenfalls eine Premiere, denn im Zentrum des Ruhrgebiets hatte er bis dahin noch nie gespielt.

Um 20:30 Uhr kündigte ich André Herzberg dem sich im kleinen Saal eingefundenen Publikum an, und stelle ihn kurz vor. Hier gab es dann auch eine echte Überraschung. Konzerte in meiner Stadt zu veranstalten ist - das habe ich in den letzten drei Jahren feststellen müssen - eine echte Wundertüte. Bei Konzerten, wo man sich absolut sicher ist, die Leute rennen einem die Bude ein, ist man über den Zuspruch am Ende doch eher enttäuscht. Bei Konzerten, von denen man glaubt, man wird in einer kuscheligen Runde fast ein Privatkonzert erleben, stehen plötzlich mehr Leute vor der Tür als erwartet. Und so war es auch am Samstagabend. Die für das Publikum bereitgestellten Stühle reichten nicht, und es musste noch Nachschub beschafft werden. Zu Beginn hatte aber jeder einen Platz und die Neugier auf den eingeladenen Künstler war spürbar. Als ich den Arbeitsplatz von André Herzberg geräumt hatte, legte dieser gleich mit seinem Song "Märchen der Freiheit" los. Dieses Stück stammt von Herzbergs bisher letzten Studioalbum "Das kalte Herz" aus dem Jahre 2008. Dass André am Anfang des Konzerts eher wortkarg war, lag aber keineswegs an einem "kalten Herz", sondern an der Tatsache, dass die angekündigte "Berliner Schnauze" eher zurückhaltender als andere Künstler ist und deshalb zuerst nie viel redet. Es liege auch am Publikum selbst, so Herzberg, ob sich das im Laufe des Abends ändere, und setzte mit dem Titel "Losgelöst" aus dem gleichnamigen Album von 2004 die musikalische Reise durch sein Schaffen als Solist fort. Auch zu seiner Arbeit als Solist und der als Sänger der Gruppe PANKOW sagte Herzberg zwischendurch immer wieder mal etwas. In seinem Soloprogramm geht es jedoch hauptsächlich um ihn und seine Lieder. Nur zwei Songs seiner Gruppe PANKOW hätten sich in die Setlist verirrt, ansonsten lege er Wert darauf, dem Publikum seine eigenen Geschichten zu erzählen. Und da ist der Sänger auch erfrischend konsequent und bat im Zugabe-Teil einen Konzertbesucher dafür sogar um Verständnis, dass er dessen Wunsch nach "Inge Pawelczik" aus dem PANKOW-Repertoire nicht nachkommen wollte. Allerdings lässt man André Herzberg von keiner Bühne, wenn er nicht den Klassiker schlechthin vorgetragen hat:c 20170423 1798667576 "Langeweile" vom wohl erfolgreichsten und eingangs schon von mir erwähnten PANKOW-Album "Aufruhr in den Augen" von 1987. Dieses Stück und die unverwüstliche "Doris" ("Nach 50 gefühlten Jahren klingt dieser Song heute etwas pennälerhaft", O-Ton Herzberg) waren besagte zwei Vertreter seiner Band, die er im Gepäck hatte. Ansonsten waren das Songmaterial der vier bisher erschienenen Soloscheiben sowie "Alle Verkäufer" von seiner Best-Of-Scheiblette Hauptzutaten des von ihm zusammengestellten Programms.

Das Publikum in Castrop-Rauxel muss dann doch wohl ein Besonderes gewesen sein, denn die anfängliche Zurückhaltung des vortragenden Künstlers wich sehr schnell einer erfrischenden Offenheit. Herzberg wusste zu vielen Liedern, aber auch zu sich selbst etwas zu erzählen, und das Publikum hing von Anfang an an seinen Lippen. Nach dem zweiten Song "Losgelöst" mit seinem hoch gesungenen Refrain merkte er an, dass es gar nicht so weit hergeholt sei wenn man glauben würde, der eine oder andere Song stamme von einem, der gerade der Anstalt entsprungen wäre. Die Leute im Saal waren amüsiert ... Nach einer wirklich kurzen Eingewöhnungsphase - immerhin waren sowohl der Künstler als auch seine Musik für das Publikum größtenteils völliges Neuland - war das Eis jedenfalls gebrochen, und nach zwei eher ruhigen und dezent arrangierten Nummern ("Ich wart' heut Nacht" und "Ras Abu Galum") wagte sich das Auditorium beim Song "Du hast es nicht bemerkt" sogar ans rhythmische Klatschen. Diesen Schwung nahm Herzberg mit und winkte unübersehbar mit dem Zaunpfahl, als er im Anschluss mitteilte, dass der nächste Song einen gut einprägsamen und leicht mitsingbaren Refrain hätte. Da ließen sich die Leute im Saal nicht lumpen, verstanden den Wink sofort und sangen beim Titel "Ich will mit dabei sein" den Refrain lautstark mit. Am Ende des Stücks sangen sie sogar komplett alleine und ohne Herzberg. Das soll ihm mal einer nachmachen, ein "unwissendes" Publikum so schnell in Stimmung zu versetzen. Einmal in Fahrt verriet uns der Künstler seinen noch immer bestehenden Wunsch, einmal in einer Samstagabend-Show im TV auftreten zu wollen. Er sei da ein Nostalgiker und könne sich durchaus vorstellen, mit einer blond-gelockten Perücke und blauen Haftschalen dort einen Schlager zu singen, zu dem man auch Schunkeln könne. Dies tue man dort ja nun mal sehr gern.d 20170423 1514003520 Einen solchen Song habe er auch dabei. Es folgte "Wir sind alle Verkäufer" und siehe da ... Das Publikum machte den Spaß mit und schunkelte. Fast wie in der Carmen Nebel-Show, bei der man als Zuschauer stets seine eingeschlafenen Füße beneidet. Es fehlte nur das Fernsehballett ... Im Saal schlief allerdings niemand, und auf dem Höhepunkt der guten Stimmung läutete der Sänger das Ende des Konzertabends ein. Vor den Zugaben öffnete er schnell seinen "Devotionalienkoffer" und setzte sich für insgesamt drei Nachschläge nochmals auf seinen Hocker.

Seine Songs präsentiert André Herzberg in seinem Soloprogramm auf einer eher "entkernten" und teilweise auch direkteren Art und Weise. Kein Wunder, dass Lieder, die im Studio einst mit kompletter Band eingespielt wurden, in einer Fassung, bei der er sich selbst nur auf der Akustikgitarre und mit einer Auswahl an Mundharmonikas begleitet, komplett anders klingen, als auf den bisher erschienenen CDs. Aber sie klingen so nicht weniger spannend und lenken den Zuhörer allein durch diese Schlichtheit im Arrangement ohne Umwege auf die Inhalte. Neben den Inhalten steht bei dieser Art der Instrumentierung vor allen Dingen auch Herzbergs Gesang im Vordergrund, mit dem er einige Male zu überraschen wusste. So hält der inzwischen über 60-jährige Künstler im Song "Wunderbar" einen Ton sehr lange aus, wo unsereinem schon nach wenigen Sekunden die Luft (und vor allem auch die Stimme) wegbleiben würde. Mein Freund Adam, der an dem Abend wieder fotografierte, verglich Herzbergs Art des Vortrags mit dem vom Britischen Singer-Songwriter Roy Harper. Da mag er Recht haben. Ich meinte mehr als nur einmal, Bob Dylan auf der Bühne entdeckt zu haben. Nur mit dem Unterschied, dass André deutlicher zu verstehen ist und deutsch singt. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte, oder auch ganz weit weg, denn es ist schon eine Klasse für sich, was der "Berlin Poet" seinem Publikum zu Gehör bringt. Wie auch immer man es sehen möchte, man war gut unterhalten und die tiefgehenden Texte erreichten ein aufgeschlossenes Castrop-Rauxeler Publikum, das am Ende mit Beifall und Forderungen nach Zugaben nicht geizte. In Gesprächen nach dem Konzert deckten sich meine Eindrücke dann auch mit denen verschiedener Gäste im Saal. Damit reiht sich der Sänger in die Riege derer ein, die als Unbekannte in die Europastadt im Grünen gereist kamen und das Publikum mit nur einem Konzert für sich eroberten.e 20170423 1240923747 Herzberg stand für die Leute anschließend sowohl für Gespräche als auch für Geschäfte am "Devotionalienkoffer" zur Verfügung. Ein Typ zum Anfassen ohne Berührungsängste. Weg waren sie, die Zurückhaltung und der erste schüchterne Eindruck, den der Musiker und Autor anfangs hinterließ. Und da war sie, die von der Presse angekündigte "Berliner Schnauze", die lustig und locker plauderte und scherzte. Nachdem das Equipment zusammengeräumt war, saßen wir mit André Herzberg und einer Hand voll Leuten noch bis zum Sendeschluss des "Mythos" beisammen und lauschten weiteren Anekdoten und Geschichten aus 40 Jahren Karriere. Ein rundum spannender und gelungener Abend. Mal sehen, wann er wiederkommt. Ein Wiedersehen ist jedenfalls erwünscht!

Zum Gelingen des Abends trug neben dem Künstler aber auch die Crew des "Mythos" bei, darum möchte ich an dieser Stelle noch ein paar Worte und ein Dankeschön verlieren. Dieses Konzert war das erste in über drei Jahren, bei dem nichts schief ging, alles in geordneten Bahnen ablief und bei dem einfach alles stimmte. Dazu trugen das Betreiber-Ehepaar und ihr Team einen sehr großen Anteil bei. Beim Eintreffen des Künstlers war alles vorbereitet, der Saal glich einem gemütlichen Wohnzimmer und kleine Änderungswünsche des Musikers bei der Technik waren ruck-zuck umgesetzt. Licht und Ton kamen vom Haus und waren perfekt eingestellt, das Serviceteam versorgte die Konzertbesucher (sowie Künstler und Veranstalter) über den ganzen Abend sehr gut mit Speisen und Getränken. Wir haben uns sehr wohl gefühlt - vielen Dank!




Setlist:
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Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von André Herzberg: www.andreherzberg.de
• Homepage des "Mythos" in Castrop-Rauxel: www.restaurant-tanzpalast-mythos.de




 
 
 
 
 
 
 




   
   
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