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Ein Konzertbericht von Christian Reder mit tatkräftiger
Unterstützung von Bodo Kubatzki (Fotos: Bodo Kubatzki)



Wie an jedem ersten Wochenende des Monats Juli in den vergangenen Jahren, so fand auch in diesem Jahr wieder der DORFROCK in Schmadebeck statt. Genau vor 20 Jahren gab es die erste Ausgabe dieser zweitägigen Sause, die in diesem Sommer zum 21. Mal auf die Beine gestellt wurde. Kontinuierlich, 20 Jahre lang, eine Festivität dieser Art und dieser Größenordnung auf die Dorfwiese zu zaubern, muss man erstmal schaffen ... 20 Jahre Kulturpflege, Nachwuchsförderung und Zusammenführung von Menschen. Blut, Schweiß und Tränen inklusive. Vater dieser "20-jährigen" ist Rüdiger Kropp, Vorsitzender der LPG (Land-Projekt-Gemeinschaft) Hügelland Schmadebeck e.V., die Veranstalter dieses Dorffestes ist. Der Verein mit seinen 25 Mitgliedern organisiert alles ehrenamtlich,a 20160722 1793005469 und vielleicht ist es gerade dieses reine Herzblut und dieser ehrliche Idealismus, der die DORFROCK-Veranstaltungen immer zu einem - im wahrsten Sinne des Wortes - Fest werden lässt. Inzwischen gibt es sogar ein Ostrockmuseum in Kröpelin (wir berichteten im letzten Jahr), das man - wenn man schonmal vor Ort ist - bei der Gelegenheit gleich mal besuchen kann. Im Jahre 1996 fing alles mit einem Konzert der Gruppe RENFT an, die in eben erwähntem Museum natürlich auch reichlich vertreten ist, und RENFT stand auch am ersten Freitag im Monat Juli 2016 wieder hier auf der Bühne. Aber nicht nur RENFT ...

Zuerst einmal müssen wir uns entschuldigen. Dieser Beitrag hat etwas länger auf sich warten lassen. Eigentlich sollte ein anderer Kollege unserer Redaktion über den diesjährigen DORFROCK berichten, doch der ist seit einiger Zeit wie vom Erdboden verschluckt. Kein Lebenszeichen mehr von ihm und wir hoffen, dass mit ihm alles ok ist ... Darum erählen Euch Bodo und ich heute von dem, was vor knapp drei Wochen auf der Festwiese in Schmadebeck abgegangen ist.

Knapp 700 Konzertgäste hatten an diesem Freitag den Weg nach Schmadebeck, einem Ortsteil der Stadt Kröpelin in Mecklenburg-Vorpommern, gefunden. Sie waren gekommen, um sich die Auftritte des Atlas Revival Projekts, sowie der Gruppen ENGERLING und RENFT anzuschauen. Und der DORFROCK wäre nicht der DORFROCK, wenn sich Chef-Organisator Rüdiger Kropp dafür nicht wieder etwas Besonderes hätte einfallen lassen. Zusammen mit RENFT traten alle noch lebenden Musiker der Ur-Besetzung und ein "Nachwuchsmusiker" aus dem RENFT-Nest auf. Doch dazu später mehr. Den Anfang machte nämlich das Atlas Revival Projekt.

Hierbei handelt es sich um eine Amateurband aus Kühlungsborn, die bereits in den 80er Jahren als ATLAS den ostdeutschen Ostseeraum bespielt hat. Gitarrist der Band ist Reinhard Dankert, Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit in Mecklenburg-Vorpommern. Mit ihm zusammen musizieren Harry Kronwald (Keyboard, Gitarre, Gesang), Hartmut Götting (Schlagzeug), Lutz Lemcke (Bass) und Robert Frahm (Gesang, Percussion) beim Projekt. Die Herren haben sich den Oldies aus den 60er, 70er und 80er Jahren ("Hang on sloopy", "Poor boy", "Baby, come back", "Sultans Of Swing" etc.) verschrieben, und brachten diese in Schmadebeck handwerklich perfekt rüber. Ihr Vortrag und auch sie selbst kamen bei den Leuten sehr gut an.

Die nächste Band im Ablaufplan war ENGERLING. Obwohl es - wie schon erwähnt - die 21. Ausgabe des Dorfrock war, hatte die Band um Boddi Bodag hier bisher noch nicht gespielt. Umso erfreulicher war es, dass die ENGERLINGe einer der beiden Headliner der diesjährigen Ausgabe war. Für viele Konzertbesucher, u.a. auch für meinen Kollegen Bodo, war der Auftritt der Band das Highlight des Abends. Die vier Herren aus Berlin verbanden eigene Hits ("Legoland", "Die weiße Ziege", "Herbstlied", "Mollblues") mit Coverversionen von Bob Dylan oder den Rolling Stones, diese versehen mit eigenen Texten ("Es kommen andere Zeiten", im Original "The Times They Are A Changing" von Bob Dylan). Außerdem spielten sie eigene Fassungen von Fleetwood Macs "Albatross" und dem Doors-Klassiker "Riders on the Storm". Ein besonderer von ganz vielen Höhepunkten im Programm der Band war der Song "Mama Wilson". Handwerklich ist ENGERLING eine der besten Kapellen aus dem Blues-Bereich. Immer wieder verliert sich die Band in kleine und größere Improvisationen, und schert auch gern mal aus, in dem in einzelne Songs andere, Fremde Kompositionen verwoben werden. So machten Boddi und seine Kollegen dem Publikum schonmal damit Appetit auf das folgende Programm, in dem man eine kurze Sequenz von RENFTs "Apfeltraum" in eines der eigenen Lieder geschickt einbaute.

Und mit RENFT ging es dann auch weiter. Allerdings nicht mit der Band, sondern mit dem Ex-RENFT'ler Christian "Kuno" Kunert, der solistisch und sich selbst auf der Gitarre begleitend Auszüge aus seinem Repertoire als Liedermacher zum Besten gab. Gewürzt wurden diese mit kurzen Anekdoten aus der Zeit mit seinen Weggefährten von RENFT. Den letzten Song seines Sets spielte Kuno zusammen mit den Musikern der Gruppe RENFT, mit Ausnahme von Monster, der erst anschließend dazustieß. Ob dies als ein Zeichen zu werten war? Beim vorab entstandenen Gruppenfoto, für das sich die Band mit den beiden ehemaligen Musikern Jochen Hohl und Kuno Kunert, sowie dem Cäsar-Sohn Moritz Peter Gläser, aufstellte, hatte man irgendwie das Gefühl, dass die Chemie zwischen Monster und Kuno so gar nicht stimmt.

d 20160722 1587602611Kunos Auftritt ging dann nahtlos in den RENFT-Teil über. Hier zeigte sich Monster einmal mehr von seiner unangenehmen Seite. Als seine Monitoranlage für ihn nicht laut genug war, brüllte er den an Arroganz kaum noch zu überbietenden Satz, "Man kann ja wohl erwarten, dass die Technik funktioniert, wenn eine Band wie RENFT spielt!", ins Mikrofon. Das kam beim Publikum jedenfalls nicht so gut an. Als Gäste auf der Bühne waren für einen kurzen Auftritt der eben schon erwähnte Moritz Gläser, Sohn von ex-RENFT-Sänger und -Gitarrist Cäsar Peter Gläser, und der ehemalige Schlagzeuger Jochen Hohl zu erleben. Hohl saß aber nicht hinter der Schießbude, sondern war zum Ende hin, u.a. beim Song "Als ich wie ein Vogel war", an den Keyboards zu erleben. Mein Kollege Bodo meinte am Ende zum Auftritt der Band, dass dies nicht mehr RENFT sei, was dort zu hören und sehen war, auch wenn so tolle Musiker wie Pitti und der Basskran Marcus Schloussen dort mitspielen. Gerade der Habitus von Monster habe für ihn kein Niveau. Insgesamt war der Auftritt von RENFT historisch gesehen eine interessante Kiste, musikalisch jedoch eher fragwürdig.

Auch der 21. Dorfrock in Schmadebeck hat gezeigt, dass noch längst nicht alles hier gespielt hat, was vor mehr als 26 Jahren in einem nicht mehr existierenden Land auf den Bühnen für Aufsehen gesorgt hat. ENGERLINGs Premiere in Schmadebeck war längst überfällig und sie haben auch gleich gezeigt, warum! Ein toller Auftritt, der für den doch eher enttäuschenden Part der Gruppe RENFT entschädigte. Daraus hätte man mehr machen können, schon allein deshalb, weil alle noch lebenden Ur-Musiker vor Ort waren. Ansonsten kann man auch über den DORFROCK 2016 wieder sagen, dass es eine gelungene Veranstaltung war, für die sich der Weg in den kleinen Ort Schmadebeck gelohnt hat. Man darf bereits jetzt schon gespannt sein, was bei der 22. Ausgabe am ersten Wochenende des Jahres 2017 aus dem Hut gezaubert wird.


Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage des Atlas Revival Projects: www.atlasrevival.de
• Off. Homepage von Engerling: www.engerling.de
• Off. Homepage von RENFT: www.renft.de
• Homepage des 'Dorfrock Schmadebeck': www.kroepeliner.de/dorfrock




Fotostrecke:

 
 
 
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