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Ein Konzertbericht von Hans-Peter Lauschke mit Fotos von M. & S. Ziegert


Bereits zum zweiten Male in diesem Jahre gastierte die famose Berliner Kapelle in Leipzig. Großer Worte bedurfte es nicht, kurz nach acht ging es plötzlich einfach los. Noch waren längst nicht alle Fans in Bühnennähe versammelt, das ändert sich aber sofort. Musiker und Zuhörer gelangten nahezu ohne Abstand oder Zwischenraum miteinander ins Einvernehmen.a 20141125 1370148406"Kille, Kille Pankow", gefolgt von "Ich bin ich", "Es gibt keine besseren Zeiten" und "Wetten, du willst" markierten erste Positionslichter, zelebrierten den typischen Bandsound und sorgten für Hochstimmung. Viele Besucher erinnerten sich nach und nach der originellen Texte, die sie vor Jahren noch auswendig konnten.

Die Band präsentiert sich ausnahmslos hervorragend besetzt: Stefan Dohanetz ist ein versierter Drummer, der die "Felle" ungemein dynamisch bearbeitet. Lexa Schäfer fühlt sich sichtbar wohl in seiner Rolle als PANKOW-Basser, bewegt sich gern und ausufernd, während er die tiefen Töne zupft. Stefan und Lexa bereiten das stabile rhythmische Fundament, welches die Kollegen dankbar aufgreifen. Andreas "Kulle" Dziuk fungiert als Keyboarder, dessen zuweilen freie Improvisationen irgendwo zwischen Rock, Blues und Boogie die eh schon guten Songs zusätzlich veredeln. Jürgen Ehle ist gewiss einer der besten Gitarristen hierzulande, gehörte Mitte der achtziger Jahre zu den hoch gelobten GITARREROS; gelegentlich erinnert sein Habitus an Keith Richards. Angesichts der gelieferten Performance wirkt dies nicht einmal aufgesetzt oder übertrieben, ein gewisses Augenzwinkern ist aber sicher dabei. Ich habe wiederholt erlebt, wie sich Cover-Bands mehr oder minder redlich an den Songs derer um Ehle und Herzberg versuchten. So nah sie ihnen technisch auch gekommen sein mögen, mit einem Schlag sind der Zauber, die Poesie und Magie verschwunden, die den Werken innewohnen. Offenbar ist und bleibt es Chefsache bzw. den Originalen vorbehalten, die eigenen Stücke in gültiger Form von der Bühne zu schmettern.

Mit "Dieses Drehen im Bauch" war das aktuelle Konzert überschrieben, man könnte auch von Kribbeln sprechen angesichts der gebotenen Spielfreude. Die Band hält in ihren wunderbaren, sperrigen, oft "derb"-direkten Texten und der Art des Agierens auf der Bühne konsequent an der Perspektive des "Milieus" in einstmals lichtschwachen Hinterhöfen fest, kleine Leute und vermeintliche Underdogs, wie sie weiland durch Alfred Döblin beschrieben und Heinrich Zille gezeichnet wurden. Diskretheit und Distinktion sind es eher nicht, was vor Ort die Wortwahl prägt. Dort macht man sich seinen ganz eigenen Reim auf den Gang der Dinge, die Wirren der Zeitläufte und keltert immer wieder eigentümlich-speziellen Lebensmut daraus. "Neuer Tag in Pankow" spürt mit subtiler Sensorik aktuellen Befindlichkeiten an den eigenen Wurzeln nach. André erzählte sinngemäß, dass er früher die Provinz, was auch immer man darunter verstehen mag, gehasst habe, sich aber "im Laufe der Jahre" solchen Lebensräumen und -weisen durchaus annähere.b 20141125 1662995131Jugendliche Schwärmerei, Hoffnungen und Erwartungen werden gewichtet und überprüft, immer wieder tauchen Kunstfiguren auf, bei denen mancher Fan sich fragte, was aus denen wohl geworden sein mochte. "Langeweile" gerät zum Fest, zum Über-Hit, zur musikalischen Quintessenz dessen, was die Formation einst war und glücklicherweise immer noch darstellt.

Das alles erscheint vertraut und verlässlich, aber man muss das hohe künstlerische Niveau erst einmal erreichen und über die Jahre halten. Ein besonderes Kapitel: PANKOW und die Frauen! Vier der Damen, deren Namen unterdessen fast das gesamte Alphabet abdecken, wurden an diesem Abend besungen: Marilyn, Isolde, Gabi und (natürlich, möchte man meinen) Inge Pawelczik. Um ein nicht minder berühmtes, einflussreiches und prägendes Weibsbild zu nennen, dem an diesem Abend ausnahmsweise einmal nicht gehuldigt wurde: Dann wäre dies die Doris ...

André Herzberg überzeugt als Frontmann auf ganzer Linie. Bot er vor Jahren ab und an, etwa in Interviews, noch die "preußische Kratzbürste", agiert er jetzt souverän, ungemein sympathisch, mit beeindruckender stimmlicher Ausdauer, physischer Präsenz und sparsamen Bewegungen. Der schwarz gewandete Barde trägt Hut und tradiert die Kunst des Weglassens. Dagegen hüpfen die Fans vor der Bühne umso mehr, feiern die zahllosen Klassiker der Band-Historie gebührend ab, erklatschen sich vier Zugaben und übernehmen hin und wieder komplette Refrainzeilen. Obwohl die ROLLING STONES ästhetisch "assoziiert" werden, ist mir in letzter Konsequenz die "PANKOW"-Mugge lieber, denn ihre Lieder handeln nicht von den allenthalben präsenten angloamerikanischen Mythen, sondern von unserem Alltag hier. Da man in Leipzig gastierte, bot sich zudem ein Blick über den Tellerrand an in Gestalt eines Songs aus der Feder von Pannach & Kuhnert. Fazit: Großartiges, mitreißendes, sozial stimmiges Rock'n'Roll-Kino! "... es schwingt und scheppert her und hin, da ist irgendwie Leben drin."



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Termine:

• 28.11.2014 - Stralsund - Kulturschmiede
• 29.11.2014 - Berlin - Postbahnhof

Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos und weitere Termine auf bandeigenen Homepage.



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von PANKOW: www.electrocadero.de/pankow
• Portrait über PANKOW: HIER




Fotostrecke:

 
 




   
   
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