UWAGA

 

live im "Parkbad Süd"

 

Castrop-Rauxel am 14. Januar 2010

 

Bericht: Nicola & Christian Reder
Fotos: Christian Reder

 


Tauwetter im Ruhrgebiet. Matschig und nasskalt war's gestern Abend auf dem Weg zum ehemaligen Freibad im Stadtgarten Castrop-Rauxel. Vor etwas mehr als 25 Jahren ging man den Weg im Sommer öfter, um sich bei über 30 Grad im kalten Nass etwas abzukühlen. So war der Gang durch die Eingangspforte vertraut... Links runter zu den Damen-Umkleiden, rechts zu denen der Herren. Die waren aber nicht mehr da, weil aus dem einstigen Freibad ein Lokal geworden ist! Wo sich einst die weiblichen Besucher in das Badedress geschwungen haben, befindet sich jetzt eine urige kleine Bar, gemütlich und sehr ansprechend. Die Umkleidekabinen der Herren sind einem Veranstaltungssaal gewichen, in dem jetzt Stuhlreihen, ein kleiner Tresen und im "Knick" die Bühne zu finden sind. Im Eingangsbereich befindet sich noch der alte Schaukasten mit den Bäderpreisen aus der Zeit vor (oder während) des 2. Weltkriegs. Eintrittspreise noch in Reichsmark und in altdeutscher Schrift abgedruckt. Das ehemalige Freibad, oder besser "Parkbad Süd", steht unter Denkmalschutz und wird jetzt zum Relaxen bei einem Longdrink in der Bar oder für kulturelle Zwecke genutzt. Neben dem Pächter der Bar, Herrn Baginski, der selbst Musiker ist, wie er uns verriet, und dort auch Musikveranstaltungen in den Räumlichkeiten des Parkbad Süd anbietet, wird das Gebäude und das Gelände des ehemaligen Freibades (incl. Schwimmbecken) vom Förderverein "Hände weg vom Stadtgarten Castrop e.V." genutzt. Letzterer war gestern auch Veranstalter des Musikabends, bei dem die Gruppe UWAGA (siehe unseren "Insider Tipp" aus der vergangenen Woche: HIER klicken) ein Konzert gab.

Pünktlich um 20:00 Uhr eröffnete der Vorsitzende des Fördervereins, Herr Schneider, den musikalischen Abend mit einem kleinen Vorwort und der Vorstellung der Gruppe Uwaga. Die Musiker betraten einzeln die Bühne. Zuerst der Akkordeonspieler Miroslaw Tybora, gefolgt vom Geiger Christoph König und dem Kontrabassspieler Markus Conrads, die praktisch die "Einlaufmusik" für den Frontmann und ersten Geiger Maurice Maurer spielten. Das Quartett legte auch ohne Umschweife mit dem Klassiker "If I Were A Rich Man" los. Das Programm der nordrhein-westfälischen Gruppe bestand überwiegend aus Fremdkompositionen, aber schon der dritte Song, den Maurice Maurer unter dem Titel "Mehr Licht" ankündigte, war eine Eigenkomposition der Uwagas. Bassist Markus Conrads hat ihn vor einem Jahr im Dezember komponiert. "Mehr Licht" war an diesem Abend im Gegensatz zu den anderen vorgetragenen Titeln das Werk eines noch nicht verstorbenen Komponisten, wie Miroslaw Tybora vor dem Beginn des Titels feststellte, denn Markus Conrads stand live und in Farbe vor uns und zupfte einen "flotten Darm". Überhaupt lockerten die Musiker ihr Programm mit Moderationen zwischen den einzelnen Liedern auf. Stets lustig und mit einem kecken Spruch auf den Lippen war dieses Konzert trotz ernster klassischer Musik an keiner Stelle steif. Die Musiker ernteten an diesem Abend also auch einige Lacher zusätzlich zum berechtigten und großen Applaus.

Musikalisch war das Konzert eine Weltreise. Nicht nur, dass Lieder aus verschiedenen Ländern vorgetragen wurden, auch verschiedene Genres wurden über die gesamte Länge des Abends bedient. Neben den klassischen Beiträgen, z.B. Kompositionen von Vivaldi und Brahms, gab es auch Filmmusik, z.B. von Luis Bacalov ("Il Postino") und Carlos Gardel ("Por una Cabeza"), aber auch Russische Volkslieder und ein klezmer-angehauchtes Lied aus den 30er Jahren. So abwechslungsreich das Programm war, so interessant war auch das Geschehen auf der Bühne. Bis auf Miroslaw Tybora, der mit seinem doch eher sperrigen Akkordeon die ganze Zeit auf einem Stuhl sitzen "musste", wechselten die anderen drei Kollegen munter ihre Positionen und gaben die eine oder andere Einlage. Es war immer Bewegung auf der Bühne und man musste schon genau aufpassen, damit man nichts verpasste.

Im Verlauf des Abends bekam jeder Musiker mehrere Gelegenheiten, sich mit einem Solo zu präsentieren. Besonders eindrucksvoll war das gestenreich angekündigte Basssolo Conrads', das am Ende nur aus einem einzigen Ton bestand, und das vom Publikum mit Schmunzeln und leisem Kichern quittiert wurde. Bis zur Pause spielten UWAGA sieben Songs, darunter einige von ihrer aktuellen CD "Rich Man", auf die Maurice Maurer in seiner Anmoderation zum letzten Lied vor der Pause hinwies. Er machte ferner darauf aufmerksam, dass man die CD in der Pause im Kassenbereich kaufen könne. Von diesem Angebot machten einige Leute Gebrauch...
Um 21:15 Uhr ging die muntere Klangreise mit Uwaga weiter, sie eröffneten den 2. Teil des Abends mit einem polnischen Stück, dessen Titel sie aber nicht verraten haben. Zum Tango von Carlos Gardel, der als zweiter Song nach der Pause zum Vortrag gebracht wurde, erzählte Christoph König eine kleine Anekdote. Vor einiger Zeit wurde die Band bei einem Konzert gefragt, ob sie nicht auch "das Lied von Arnold Schwarzenegger spielen könnten". Nun weiß der aufmerksame Leser natürlich, dass Arnie kein Komponist ist und bis heute auch noch keinen Song geschrieben hat. Der fragende Musikfreund konnte sich nur daran erinnern, dass er das Lied in dem Film "True Lies" von und mit Arnold Schwarzenegger gehört hatte. Es handelte sich dabei um "Por una Cabeza" von Carlos Gardel, aber weil diese lustige Szene mit der Frage nach dem Schwarzenegger-Song so im Gedächtnis der Musiker geblieben ist, heißt der Song bei ihnen inzwischen auch nur noch "Schwarzenegger" (So stand er übrigens auch auf der Setlist)... Die Herren König, Maurer und Tybora wußten zu vielen der gespielten Songs kleine Geschichten zu erzählen, und zeigten sich damit als lockere Musiker, deren Spielfreude und Lust an der Musik vom ersten Moment an auch auf das Publikum übersprang. Einzig Markus Conrads kam nicht (oder kaum) zu Wort, überzeugte aber - wie seine Kollegen - durch gekonntes Spiel auf seinem Instrument und diverse kleine Showeinlagen.

Es war erstaunlich, was das Quartett aus ihren Instrumenten herauszuholen vermochte. Die Saiteninstrumente wurden kurzerhand an passender Stelle mal zur Ukulele oder zum Percussion-Instrument umgewandelt. König nutzte im ersten Teil des Konzerts eher selten den Bogen, sondern ließ seine Geige auf andere Art klingen. Überhaupt entlockten Maurer und König ihren Instrumenten die unterschiedlichsten, stellenweise überraschendsten Töne.

Um 22:10 Uhr wurde der letzte Song des Abends angekündigt. Mit dem Klassiker "Bei mir bist du schön" wollten sich die Herren verabschieden, was ihnen aufgrund des großen Applauses aber so einfach nicht gemacht wurde. Sie kamen insgesamt noch 3 mal zurück und spielten Zugaben, ehe das Konzert um 22:25 Uhr endgültig zu Ende war. Im Hinausgehen hörten wir eine ältere Dame sagen: "Die hätten in der Stadthalle spielen müssen", ein anderer Herr meinte: "Das war großartig! Sowas habe ich schon lange nicht mehr erlebt." Wer Uwaga noch nicht gesehen hat, sollte sich die Gelegenheit beim nächsten Konzert in der Nähe nicht entgehen lassen. Uwaga ist inzwischen weit rumgekommen. Sogar in New York haben sie schon gespielt, und im März d.J. führt sie eine Konzertreise bis nach Rußland. Wer also zwischen dem 22.03. und 28.03 in St. Petersburg sein sollte, kann ja mal die Augen nach Uwaga aufhalten. Sie nehmen dort an der "Intern. Terem Crossover Competition" teil. Ansonsten sind sie am 25.01. in Freiburg (Breisgau), am 7.02. in Dortmund, am 19.02. in Bochum und 2.3. in Essen zu sehen. Auch in Castrop-Rauxel wird es in diesem Jahr noch ein Wiedersehen geben, denn am 9.7. gibt es Uwaga live und Open Air erneut im Parkbad Süd.

Abschließend noch ein paar Worte zum Veranstalter und dem Veranstaltungsort. Die Aussage der eben zitierten Besucherin, Uwaga hätte "in der Stadthalle spielen müssen", dürfte ein großes Lob an Herrn Schneider und den Förderverein "Hände weg vom Stadtgarten Castrop e.V." sein. Was die Stadtverwaltung und die Betreiber der Stadt- sowie Europahalle seit Jahren nicht auf die Reihe bekommen, machen ihnen jetzt kleine Vereine und Veranstalter vor: Gute Musik zum "Freundschaftspreis" live in gemütlicher Atmosphäre. Kulturell lag Castrop in den letzten Jahren komplett am Boden. Warum man sich mit der Stadt- und der Europahalle gleich zwei Veranstaltungsorte hält, wenn man sich sowieso nur "Stand up"-Komiker und Volksmusik-Kapellen einläd, erschließt sich einem auch auf den zweiten Blick nicht. Speziell dort fanden seit Ewigkeiten keine brauchbaren Veranstaltungen mehr statt. An anderer Stelle wird das "Ballermann"-Feeling über das komplette Jahr hochgehalten (Besaufen für kleines Geld zu Party- und Mitschunkelmusik der unterirdischen Art), und nahezu jede Woche kann man die einheimische und wenig brauchbare Nachspiel-Brigade "Seven Cent" irgendwo im Stadtgebiet sehen. Fehlender Anspruch, Langeweile und mangelnde Qualität all überall in unserer Heimatstadt. Wie herrlich erfrischend war es gestern, im "Parkbad Süd" zu Gast gewesen zu sein. Mehr davon!
Der Terminplan des "Parkbad Süd" hält für dieses Jahr noch weitere Überraschungen bereit, über die wir Euch hier noch informieren werden. Ein ganz großes Lob an die Macher dort und ein dickes Dankeschön dazu. Wie ausgehungert nach guter Live-Musik und neugierig auch auf Unbekanntes die Mitbürger in Castrop sind, konnte man an der beeindruckend guten Stimmung im Publikum und auch daran erkennen, dass das Konzert gestern ausverkauft war!

Bitte beachtet auch:
- Offizielle Homepage des Uwaga-Quartetts: Hier klicken
- Webseite des "Parkbad Süd" in Castrop-Rauxel: Hier klicken

 


 

Foto Impressionen:

 

 

   
   
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