Ausstellungseröffnung "40 Jahre Puhdys" auf der Burg Storkow
am 07. Mai 2009

 

Bericht: Andreas Hähle
Fotos: Patricia Heidrich

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Jahrmarkt der Albernheiten
So ein bisschen hatte es etwas von einem Staatsbesuch. Wenn auch in recht lockerer Atmosphäre. Einladungskontrolle schon auf dem Parkplatz. Medien aller Coleur tummelten sich auf dem Hof der Storkower Burg. Die meisten standen vor dem Eingang in die Burg, als gäb´s da Bananen. Einige nahmen es nicht so ernst mit der Befürchtung, etwas zu verpassen und saßen auf dem Hof verteilt. Es waren auch einige andere geladene Gäste dabei. Vor dem Eingang hüpfte ein Mensch in Storchenkostüm mit Gitarre herum. Der Storch ist der Wappenvogel Storkows (wie auch der Name lautmalerisch suggeriert). Und ein dreizackbewaffneter Teufel postierte sich vor einer selbst gebauten Riesen-E-Gitarre. Später fragte ich ihn, ob der Dreizack nicht das Neptunsymbol sei, aber er meinte nein, das ist das Symbol des Teufels. Na, ich kenne den Teufel ja nicht. Und wenn er mal bisweilen in mir weilt, kann ich ihn auch nicht sehen. Wir wurden mit "Puhdys"-Titeln beschallt. Ich hatte gehofft, es kämen die "Perlenfischer", die mir liebste LP. (So, jetzt wisst Ihr ´s.)
Dann kamen die "Puhdys", pünktlich um 18.00 Uhr. Und kasperten im ihnen zugerufenem Auftrag der Fotografen herum. Patti fotografierte auch wie eine wilde, während ich zufrieden eine Bratwurst verspeiste und mich köstlich amüsierte, denn ich hatte als einer der wenigen Nicht-Fotografen die beste Position. Ich konnte alles sehen, wurde nicht geschubst und alberte derweil mit einem Dresdner Fan der harten Schule verbal über alte Männer und neue Zeiten. "20 Jahre Sozialismus, 20 Jahre Kapitalismus, mal sehen, in welchem System die ´Puhdys´ die nächsten 20 Jahre überleben."
Dann ging es wieder raus aus der Burg, aber nicht weg vom Gelände. Es ging um einen Baum, eine Eiche. Eine Stieleiche. Sie wird 1.000 Jahre alt, hat einen Stammdurchmesser von 3-4m und erreicht eine Höhe von 30-40m. Aber nicht der Baum, um den es gerade ging. Noch nicht. Der Baum ist ja noch jung. Dazu gab es eine Gedenktafel an der Burgmauer. Der Baum ist gewidmet, durch die Stadt Storkow und den Landesverband Brandenburg der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. zu Ehren der "Puhdys". Fast direkt an der Burgmauer. Und schon ging es wieder zurück und hinein in die heiligen Hallen der Burg Storkow. Am Eingang zum Hof warben historisch gekleidete Burgfräuleins für die Spendenaktion "Nägel für die Burg Storkow". Ich befürchte, dass dies diesmal ein wenig untergegangen sein wird bei der massiv trubelnden Presse. Denn wir wollten ja heute alle Ausstellung gucken. Zwar wird es dafür vermutlich mindestens ein Jahr Zeit geben, bevor die Ausstellung weiter wandert, was aber keiner so genau weiß, aber wenn man schon unter den Ersten sein kann, weil man dafür mit Verantwortung trägt, noch viele weitere Interessierte folgen zu lassen, dann sollte man das ausnutzen. Es dauerte aber noch eine ganze Weile, ehe es weiter ging. Zwischenzeitlich sammelte ich ausreichende ernährungsspezifische Erfahrungen. Und kann die Kekse der Bäckerei "Schüren" heissestens weiter empfehlen. Nein, ich werde für diese Schleichwerbung nicht bezahlt, ich mache das aus Überzeugung. Bei dieser lukullischen Feinheit kann man auch schnell mal vergessen, dass man nun auch im Inneren des Gebäudes deutschen Schlagern aus dem Hause "Puhdys" ausgesetzt wurde.
Normalerweise finde ich ja Stehpartys doof. Ich habe schon zu viele erlebt in meiner Zeit als SPD-Mitglied. Aber das war nicht der Grund, weshalb ich aus dieser Partei ausgetreten bin, der war politischer Natur. Ich witzelte noch gegenüber einem Journalisten, weil ich langsam keinen Appetit mehr auf die wirklich leckeren Kekse hatte: "Der Parteivorsitzende lässt heute aber ziemlich auf sich warten, vielleicht legt er einem der Burgfräuleins noch einen Keuschheitsgürtel an." Die sonstige Pressewelt bewichtigtutete sich derweil gegenseitig - der zu unser aller Sicherheit an die Wand abgestellte Feuerwehrmann wusste nicht so recht, ob er dienstbeflissen oder einfach genervt schauen wollte. Die Luft im Gebäude wurde allmählich so dick, dass ich fast befürchtete, die Kanzlerin würde gleich um die Ecke kommen. Irgendwer hatte irgendwoher Bier. Das hätte ich auch gern gewollt. Statt der Kanzlerin kam der Matthias Platzeck. Klar, dachte ich, SPD und Stehpartys, ich wusste es. Und immer zu spät kommen. Im wahren Leben wie in der Politik. Ich kann ja verstehen, dass die Bürgermeisterin der Stadt Storkow, Christina Gericke, ein paar wirklich bewegende kurze Worte verlor. Dann hielt der Ministerpräsident auch noch eine Rede und ich wusste plötzlich wieder ganz genau, warum ich nie wieder zurück in die Politik gehen wollte. Genau um das alles nicht mehr hören zu müssen. Diese Allgemeinplatzecke. Der Brandenburger Ministerpräsident philosophierte über das sogenannte "Puhdys"-Phänomen. Das er mit deren Texten begründete. Dass heutzutage zu wenig Augen- und Ohrenmerk auf die Texte gelegt wird, finde ich auch. Und er erwähnte, dass die "Puhdys" 1970 mal verboten werden sollten (was ich gar nicht wusste). Danach mussten sie deutsche Texte singen, um wieder erlaubt zu werden.
Danach sprach Rolf Henning, der Manager der Band. Ich weiß gar nicht für welche Partei. Um die Leistung der Band zu würdigen, vor allem die der beiden Altersrentner. Peter Meyer, der auch - aber ganz kurz - etwas sagen durfte (der größte Teil seiner Rede bestand aus dem Vorlesen von Firmen- und anderen Namen), erwähnte in seiner Dankesrede, wie auch alle schon vor ihm, das Ereignis "800 Jahre Storkow". Und betonte dankend die Rolle von Matthias Platzeck als Schirmherrn der Ausstellung und - Gott sei Dank - die Fans. Danach sprach der Ausstellungszusammensteller, Herr Kessler, über die Art und Weise und den Grund der Zusammenstellung der Ausstellungsgegenstände. Und wies auch auf das Projekt "Natureum/Kultureum" im selben Gebäude hin.
Dann durften wir endlich alle im Gänsemarsch mit den "Puhdys" durch die Ausstellung wandeln. Diese ist eine sehr interessante Zeitreise, nicht nur durch die Geschichte der "Puhdys". Am lustigsten fand ich übrigens Video-Porträts der einzelnen Musiker in klassischen Bilderrahmen. Aber schaut es Euch selber an. Das lohnt sich tatsächlich. Einen Ausflug nach Storkow ist es allemal und die Stadt selbst bietet genügend, um noch mehr Zeit in ihr zu verbringen. Mir wurde es am Abend der Eröffnung allerdings aus verschiedensten Gründen zu stickig. Ich lief mählich zum Buffet, holte mir ein Bier, freute mich still für mich über die liebevoll und spannend gestaltete Ausstellung und pfiff mit der "Puhdys"-Melodie des Titels "Neue Helden" auf alle Arten von Wahlkampf.

 


Foto Impressionen:

 

 


   
   
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