30. Bühnenjubiläum: Locke O'Nash + Gäste live am 09. Mai 2009
im GeyserHaus zu Leipzig

 

Bericht: Fred Heiduk
Fotos: Antje Lippert, Frieder Krenzlin

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Ein Leipziger Original rief, und Größen aus Folk und Blues folgten ihm...
Wer die Leipziger Rockszene kennt, der kennt auch Locke. Locke O'Nash, unverkennbares Original, dessen eines Markenzeichen der breitkrempige Hut und ein dazu passender schwarzer oder weißer Anzug ist, den man auf vielen Veranstaltungen nicht nur in Leipzig mal vor, mal auf der Bühne erleben kann, feierte Jubiläum.
30 Jahre steht der Mann nun schon auf der Bühne (Man fragt sich zwangsläufig, wann hat er denn angefangen?)... und weil so ein rundes Jubiläum nicht so ganz alltäglich ist, hatten ihm seine Frau Anette und Freunde einen Abend mit den Großen der Gilde organisiert. Die Großen der Gilde, das sind in Lockes Fall die Größen des Folk und Blues. Allen voran Neil Young, aber auch Bob Dylan, Joan Baez, Joni Mitchell, Melanie oder auch Stefan Diestelmann und Hansi Biebel, um nur einige Namen zu nennen. Und sie alle erlebte man live. Natürlich nicht persönlich, aber die musikalischen Gäste und Freunde Lockes zauberten die Damen und Herren in einer Art auf die Bühne, die die Originale in der Gaststätte "UnterRock" des Geyserhauses in Leipzig geradezu leibhaftig erstehen ließen. Schon der Raum war toll gewählt. Das Geyserhaus ist der vielleicht komplexeste Veranstaltungsort Leipzigs, und der "UnterRock" darin eine echter, sagenhaft stilvoll eingerichteter Blueskeller. In den vielen Räumen ist gleichzeitig Platz für die Künstler, für Gespräche am Rande aber auch ein ordentliches Bier vom Fass oder ein gutes Glas Wein. Und so war die Atmosphäre für dieses Event einfach passend. Bevor der erste Ton erklang begann alles völlig gelöst wie bei einer großen Party auf dem Hof im Licht der Abendsonne mit lockeren Gesprächen über alles und jedes. Der Hof füllte sich nach und nach, und als gegen 20:00 Uhr Locke die ersten Worte an sein Jubiläumspublikum richtete, werden etwa 100 Gäste und Freunde zugegen gewesen sein.
Worum es an diesem Abend gehen würde, wurde den Gästen mit einem Einspiel einiger Videos klargemacht. Locke in Action. Im ersten zeigt er, dass er die alten Liedermacher drauf hat. Ein liedhafter Rock der Marke Young oder Dylan kam da rüber. Das zweite Stück - ein von Locke klasse gesungener schmutziger Blues - war mit Bildern aus Lockes Musikerleben unterlegt. Eine gelungene Idee um den Jubilar besser kennen zu lernen. Dann folgte das 3. Video, der Mitschnitt einer Studioaufnahme eines Neil Young Titels, den Locke mit seinem langjährigen Partner Dilan eingespielt hat. Unglaublich wie gut der Mann das Stück rüberbrachte. Die Gäste die das nicht kannten stellten sich die Frage: "Warum hat der Mann nicht viel mehr Präsenz in den Medien oder ist zumindest viel öfter auf der Bühne zu erleben?". Eine Stimme, die sich hinter den ganz großen nicht verstecken muss. Ein wenig Kansas, ein wenig Supertramp und jede Menge Neil Young. Das ist das, was Locke in seiner Stimme anbietet, als wäre es das normalste der Welt. Ein grandioses Cover. Und Locke erzählte mir, dass er dafür vom Meister selbst den Adelsschlag erhalten habe. Neil Young habe es sich angehört, und als eines der besten Cover seiner Stücke überhaupt gewürdigt.
So eingestimmt ging es in den zweiten großen Raum des "UnterRock", wo eine ordentliche Bühne aufgebaut war. Wer immer den Ton an diesem Abend machte - das passte einfach! Ob die Akustik-Stücke, oder die große Kapelle und Lockes Versuche, mal ordentlich Druck hinter die Gitarren zu bringen, das alles kam im Raum sauber an. Alle Texte waren klar und deutlich zu verstehen. Großes Kompliment. Wie locker das Ganze war, zeigt Lockes offizielle Eröffnung. Eigentlich wäre heute fast ein trauriger Tag. Er wolle nicht nur an sein 30. Bühnenjubiläum erinnern, vielmehr auch an seinen heute gestorbenen Wels, der nicht mal einen Namen gehabt habe. Er Saal lag flach. Die Einleitung passte zum Ersten, der die Bühne erklomm. Ein Freund Lockes, Hagen Eisfeld, den der Jubilar als jemanden ankündigte, den er am liebsten im Bundestag sehen würde. Warum wurde im Lauf des Abends klar. Eine spitze Zunge, die messerscharf Pointen setzen kann. Unglaublich unterhaltsam. Speziell die extra für den Abend entstandene Hommage an Locke - derb und dennoch voller Hochachtung - einfach köstlich. Der so Geehrte lies es sich nicht nehmen, mit "Tonight the night" den Teil mit live Musik selbst zu eröffnen.
Als erster Gast war ein anderer langjähriger Begleiter Lockes an der Reihe: Torsten "Nico" Nicodemus, der mit seinem Partner Detlef Gersch das Holzgitarrenduo ist. Nico, aus Aschersleben, spielte lange in Lockes Band und kommt - wie Locke auch - vom Folk und Blues. Heute singt er vor allem eigene deutschsprachige Songs. Und die haben Klasse. Eine echte Entdeckung für mich. Zudem ist der "Holzkopp", wie ihn Locke gelegentlich liebevoll nennt, ein sehr sehr guter Harpspieler. Das was Nico da ablieferte ist grundehrlicher, gut gemachter deutscher Blues mit ansprechenden Texten. "Mittelmeer" ist etwas anders. Ein genial, frecher Titel, in dem es immer wieder darum geht, dass der ein oder andere keine Mittel mehr hat. Die folgenden Titel "Dran gedacht" und vor allem "Irgendwann" sind ganz, ganz großes Kino. Dass die Musiker des Abends perfekt miteinander harmonieren, beweisen zum Beispiel Nico und Locke, als Locke spontan für das Lied "Irgendwann" eine zweite Stimme spielt und Background singt. Session nach einer halben Stunde. Und der Abend ging genauso weiter. Große Pausen oder ähnliches waren nicht notwendig. Anfangs gab es noch die durchaus satirischen Beiträge des Moderators, aber auch die fielen später der Musik zum Opfer. Pausen gab es eigentlich nur, wenn Instrumente gewechselt wurden. So brach Nico eines seiner Titel ab, weil er die "falsche Orgel" erwischt hatte, sprich seine Mundi wechseln musste. Bis zu dem Abend dachte ich, Mundi ist Mundi. Jetzt weiss ich, dass es ganz verschieden gestimmte gibt und davon eine ganze Menge in allen Größen und Farben, und dass eigentlich immer die richtige gerade gesucht wird.
Beim zweiten Gast war immer alles ordentlich an Ort und Stelle, denn 0000 20140109 1892512367Andrea "Timmi" Timm braucht eigentlich nur ihre rote Gitarre und ein offenes Mikro um die Zuhörer zu verzaubern. Und Timmi zauberte. Zunächst mal einen Hut auf den Kopf, um ein passendes Outfit vorweisen zu können. Dann einen neuen Progammpunkt. Dass Timmi ebenfalls aus der Folk- bzw. Blues-Ecke kommt ist wohl hinlänglich bekannt. So war es ihr ein leichtes, einen großen alten Titel zu interpretieren. Dabei wurde ich an die glasklare stimme Joni Mitchells erinnert. Unglaublich wie hoch Timmi sicher und glockenklar singen kann. Dass sie Stimme hat wusste ich, aber dass die so einen Umfang hat war mir neu. Als sie mit dem ersten Titel fertig war, ging mir durch den Kopf, zum gleichen Zeitpunkt quälen sich zwei unbegabte Kids durch zwei Oktaven in mäßigem Karaokeniveau, und einer davon nennt sich bald Superstar. Dazu jubeln Millionen Kids und finden, dass das große Kunst sei. Irgendwas läuft hier gewaltig schief...!!! Zu mehr Gedanken blieb kaum Zeit, denn Timmi legte mit einem Panach Titel, "Verfluch nicht den Wind", nach. Eigentlich muss man dazu nichts sagen. Wie alles was Andrea brachte, war auch dieser Vortrag gesanglich vom allerbesten. Eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Nur hier lief irgendetwas nicht optimal. Lockes Schlagzeuger quatschte mitten im Saal entschlossen gegen Timmis Gesang an. Das war sehr schade und obendrein unkollegial, zumal viel Platz für Gespräche gewesen wäre. Ok - wer weiß warum er sich so und nicht anders verhielt. Leider blieb die Unruhe auch erhalten als Andrea Titel ihres Albums "Halbes ganzes Leben" vortrug. Ob's daran lag, dass Andrea ein wenig mit ihrer großen roten Gitarre kämpfte? Jedenfalls waren ein paar Problemchen unüberhörbar. Das tat der Spitzenleistung Timmis aber keinen Abbruch, denn gesanglich legte sie eine tadellose Performance hin. Auch ohne ihre Band kamen die Titel super rüber. So ungewöhnlich sich einigen Stellen ohne Background und Instrumente auch anhören, über den "Cup of coffee" (Tasse Kaffee) ging es zu ein paar Klassikern, die sie genauso souverän meisterte. In "Don't think twice" setzte sie den ungekrönten Hohenrekord des Abends. Dort sang sie auf die hohen Töne von zum Beispiel "Schnee von gestern" locker noch einmal eine Oktave oben drauf. Das hatte Profiqualität wie sicher sie die Höhe meisterte. Ein toller Soloauftritt und sicher ein Höhepunkt des Abends. Zum Abschluss ihres Programmteils gab es eine besondere Zugabe. Ein spanisches Lied a capella gesungen. Hier brillierte Andrea noch einmal und konnte ihre eindrucksvollen Gesangsqualitäten voll zur Geltung kommen lassen. Sie legte so den Maßstab für das folgende Duo Matthias Voigt & Erik Heyner recht hoch. Doch bevor die beiden dran waren, gab's eine spezielle Einlage. Lockes Söhne Eric und Neil, sowie Neils Freundin Jule, betraten für ein paar Titel die Bühne. Sehr schön zu sehen, dass der Musikvirus die Kidis bereits erfasst hat.
00000 20140109 1644626540Doch zu Vaters Klasse fehlen noch ein paar Stunden Übung. Aber das wird bei der tollen Familie aus Musikverrückten gewiss was werden. Und einiges klang doch schon sehr passabel. Nach Lockes Kindern waren Voigt & Heyner die sich "Seemann trifft Gitarrenbauer" nennen an der Reihe. Die beiden brachten für mich die Überraschung des Abends zu Gehör. Sie spielten besten Ostrock. Vor allem lange nicht gehörte Bluesinterpretationen. Da kamen Biebels "Es gibt Momente", Kerths "Die Eine" und ein Blues Diestelmanns den Gästen zu Ohr. Dazu "Wasser und Wein" und "Nach Süden" von Lift. Der Gitarrenbauer, Matthias Voigt, hat eine durchaus interessante Stimme, spielt eine super klassische Gitarre und bläst einen sehr ordentlichen Blues auf der Harp, während der Seemann, Erik Heyer, bei solchen Stücken wie z.B. "Summertime" diesem schweren Südstaatenblues geradezu brilliert. Der Mann ist nicht schwarz, aber seine Stimme hat das gewisse Etwas für diese Titel. Wenn auch einige Stellen der Coverversion nicht optimal waren - allein die ausgewählten Titel verdienen hohe Anerkennung. Genau wie die Maßgabe der Beiden: "Covern ja, aber nicht Kopieren". Das Publikum war rundum begeistert von den Beiden. Die gute Stimmung war genau das was Locke brauchte, um mit seinem Teil des Abends zu starten. Zunächst gab er erst mal etwas Power auf die Boxen, denn während bisher alles ja akustisch war, kam jetzt Lockes Stromgitarre. Stolz verkündete Locke, mit einem Zwinkern im Auge, dass seine Tee Wee Wats Band die lauteste der Stadt sei. Auch wenn es laut wurde, alles blieb deutlich zu verstehen und taub wurde auch niemand. Und dann legte Locke los... Querbeet so zu sagen. Große Titel gut gecovert. In Erinnerung sind mir eigene Varianten von "With or without you", "Sailing", "A face In the crowd" von Tom Petty und natürlich Neil Young. Lockes "He, he my mind" war eine unglaubliche Interpretation. Man hätte denken können, da läuft ein Band. Selbst Locke weiß nicht wie er die Stimme da hinbekommt, zumal er ja 'ne ganz andere Sprechstimme hat. Und so ging es weiter durch die Klassiker. Mitten hinein beginnt die Session. Locke ist glücklich, als seine alten Kumpel mit ihm auf der Bühne stehen und die großen alten Hits spielen. Und das passt. Locke gibt den Drive, Dilan sorgt für die Seele, Hagen Eisfeld nun am Bass und das Schlagzeug bestimmen den Rhythmus, Nicos Harp rundet alles ab. Und spielen können die alle. Und wie! Je mehr auf der Bühne klappt, je wilder wird die Hatz. Die Instrumente wechseln immer mal die Spieler. Nur Locke spielt wohl 3 Stunden durch, und er spielt alles. Hauptsache Musik... Und der Mann kann das, denn hat eben 30 Jahre Training hinter sich. Gezupft, geslidet, Bottleneck, Jimmis Zahneinlagen - Locke holt aus seiner schwarzen Gitarre (wie Neil Young) die wildesten Töne. Er ist kein Mark Knopfler. Vom drum und dran eher ein Keith Richard, und im Herzen eben ein wenig Neil Young. Er hat Spaß und gibt ihn ohne wenn und aber an sein Publikum zurück. Ganz gewiss ein Großer in der Leipziger Gitarrenzunft. Wie gesagt ist aus der Tee Wee Wats Band längst eine Session geworden, die noch einmal besondere Höhepunkte bereit hält. So wie z.B. der Akkordeon-Spieler, der mitten in der Session ins Geschehen eingriff. Gegen 0:00 Uhr wurden die einzelnen Musiker vom Jubilar vorgestellt. Sein darauf folgendes Udo Lindenberg-Cover "Wenn Du durchhängst" wurde frenetisch bejubelt. Und die Nummer ist Klasse wie alles andere, was dann noch kam. Jetzt stimmte vieles handwerklich nicht mehr, aber die Spielfreude war gigantisch. Locke peitschte seine Jungs durch das große Repertoire. Ob "Heart of gold", wo Nico mit seiner Harp noch einmal glänzte, "Who stops the rain", "You never walk allone" oder die beiden Rausschmeißer "Old men", wo Locke noch einmal zu ganz großer Form auflief, oder dem selten gespielten "Forever young", das ja nun 100%ig zum Anlass passte... die Jungs auf der Bühne gaben alles, und mussten prompt noch einen Zugabe geben. Locke wäre nicht Locke, wenn er da nicht noch ein Ass im Ärmel gehabt hätte. Zunächst lässt er seine Gitarre noch einmal ordentlich klingen. Ein frei improvisiertes Stück ist genau das, was Locke jetzt brauchte. Und dann legte er mit dem Rio Reiser Hit "Julimond" nach. Damit war dann aber auch Schluss. Es war kurz vor 2:00 Uhr in der Früh, und die Gäste waren unverändert bester Laune. Locke und Annett hatte es wohl auch gefallen. Und so sind alle gut ins 31. Bühnenjahr Locke O'Nashs gestartet. Ein ganz toller, kurzweiliger Abend ging zu Ende. Nicht ohne den Vorsatz, dem einen oder anderen gelegentlich wieder die Aufwartung zu machen.

 


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