Pfingstsession am 31. Mai 2009 der Illingmühle Gimmlitztal

 

Bericht: Gundolf Zimmermann
Fotos: Gundolf Zimmermann

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Eigentlich weiß ich gar nicht, wo und wie ich anfangen soll. Pfingtsonntag machten Lissi und ich das Erzgebirge unsicher. Ganz tief versteckt im Gimmlitztal, wo sich Hase und Fuchs gute Nacht sagen, und von da aus noch ein paar Meter weiter, liegt die Illingmühle. Diese Mühle war unser Ziel. Seit ein paar Jahren findet dort zu Pfingsten eine tolle Veranstaltung statt. Dieter Popp, der Hausherr der Illingmühle lädt dazu immer befreundete Musiker ein und gibt an diesen Abenden auch neuen Künstlern eine Chance. Im letzten Jahr waren die Jugendbrigade und ich erstmals dort. Da hatte uns speziell der Name Christian HAASE gezogen, der bei den Pfingstsessions Stammgast ist. Wir waren damals ganz begeistert von dem Flair und dem Charme, der von der Mühle und ihren kulturbesessenen Besitzern, von den Gästen und den Künstlern ausging. Deshalb war für uns schon lange klar, dass wir am Pfingstsonntag 2009 wieder in der Illingmühle sein würden. Diesmal rückten wir sogar mit Verstärkung (Lissi sowie Melli's Eltern) an. Die alte Weisheit, "wer ganz in der Nähe wohnt, erscheint meistens zuletzt", bewahrheitete sich mal wieder. Aber das war und ist ja für Lissi und mich kein Problem. Es waren ja schon viele nette Leute da.
Zur Stärkung gönnten wir uns zunächst eine leckere Bratwurst vom Grill. Auch Getränke gab es natürlich. Das alles erhielt man zu sehr humanen Preisen. In der Illingmühle geht es eben nicht ums schnelle Geld, sondern um ein paar schöne Stunden für alle Beteiligten. Es wird ja nicht mal Eintrittsgeld erhoben. Die Jugendbrigade hat dann doch noch den Weg rechtzeitig ins Gimmlitztal gefunden.
Gegen 19.00 Uhr ging dann das Kulturprogramm los. Neun verschiedene Musiker bzw. Bands teilten sich an diesem Abend die Bühne. Übrigens plätschert zwischen Bühne und Publikum der Mühlenbach munter vor sich hin.
Der Ablauf sah vor, dass zunächst jeder Künstler bzw. jede Band einen eigenen Block spielte. Anschließend gab es dann für alle die Kür in Form einer großen Session. Von den meisten Künstlern, die nun auftreten würden, hatten wir noch nie etwas gehört. Das wurde also eine spannende Geschichte. Na gut, die Namen HAASE, Axel Stiller und auch Hardholz sagten uns schon was, und vom Rest ließen wir uns einfach überraschen.
Den Reigen eröffnete Black Rhythm aus Hoyerswerda. Der Musiker Jens Thieme hat diese Truppe, die vorrangig aus Jugendlichen besteht, vor ein paar Jahren ins Leben gerufen, und sie spielten auf allen möglichen Schlag- und Percussion-Instrumenten. Auch eine Trillerpfeife war zeitweise zu hören. Was wir da zu hören bekamen, war das reinste Rhythmus-Gewitter. Das klang mal karibisch, mal samba-brasilianisch und dann auch afrikanisch. Dazu gruppierten sich die MusikerInnen ständig um, spielten zeitweise auch direkt vor dem Publikum. Das war also kein nervtötender Radau, sondern ein abwechslungsreicher Mix aus Spielfreude, Vitalität und Leidenschaft, welcher gekonnt in Trommeltöne umgesetzt wurde. Der Leiter der Truppe, Jens Thieme, sollte uns im Laufe des Abends übrigens noch mehrmals als Schlagzeuger bei anderen Bands begegnen.
Die nächste Band kannten wir schon aus dem letzten Jahr: Es war Hardholz. Dahinter verbergen sich ein paar junggebliebene Freunde, die alle dort in der Umgebung wohnen und die noch Spass daran haben, just for fun gemeinsam Musik zu machen. Der Organisator der Pfingstsessions, Dieter Popp, spielt in der Formation übrigens Bassgitarre. Hardholz coverten Klassiker der Rockgeschichte, hauptsächlich aus den 60er und siebziger Jahren. Mit "Nights in White Satin" von Moody Blues und Pink Floyd's "Wish You Were Here" hatten sie sich unter anderem Perlen der Rockgeschichte auch ganz schön anspruchsvolle Lieder ausgesucht. Doch das klang wirklich gut, was die Jungs da musikalisch vom Stapel ließen. Sie beendeten ihren Block mit einem absoluten KLassiker des Punkrocks, nämlich Iggy Pop's "The Passenger". Den textlich "sehr anspruchsvollen" Refrain "La la, la, la, lalala" sangen natürlich viele im Publikum kräftig mit.
Der nächste Programmpunkt bereitete mir vorher etwas Kopfzerbrechen. Mir schwante da Böses, denn es sollte sich um experimentelle Musik von ukrainischen Studenten handeln. Doch meine Befürchtungen waren absolut grundlos. Die zwei schüchternen Jungs, die in Freiberg studieren, boten eine atemberaubend schöne Sinfonie aus Klängen an. Mit zwei Akustikgitarren, einer leeren Blechdose und ihrem Laptop zauberten sie Töne und Melodien, in die man sich einfach fallen lassen konnte. Diese ruhige, gedämpfte Musik würde gut auf so manche CD mit Entspannungsmusik passen.Was davon nun live gespielt war und was vom Laptop kam, vermag ich nicht sicher zu sagen.Aber es war auf jeden Fall schön.
Als Nächstes sollte Tanja Köhler kommen. Wieder ein Name der mir gar nichts sagte. Dann stand plötzlich eine junge Frau, fast noch eine Göre, im "Die Ärzte"-Shirt allein mit ihrer E-Gitarre auf der Bühne uns sie spielte unbekümmert ein paar Songs von den Ärzten ("Deine Schuld", "Hurra"). Besonders tatkräftige und lautstarke Unterstützung erhielt sie dabei aus der ersten Publikumsreihe. Es darf geraten werden, wer da alles unter anderem in eins war. Aber dann hatte sie noch ein freches Extrabonbon in der Tasche, dessen Verursacher das legendäre Duo Joint Venture war. Hinter Joint Venture verbargen sich Götz Widmann und Martin Simon. Als Simon 1996 am Herzinfarkt starb, machte Widmann als Solist weiter. Der Widmann macht noch heute tolle Songs (z.B. "Zöllner vom Vollzug abhalten auf der A4"), kann ich nur empfehlen. Tanja hat sich ausgerechnet das Lied "Politiker beim Ficken" ausgesucht. Ich grinste vor mich hin, als ich hier und da im Publikum ein verstörtes Gesicht sah. Mit "schönen Gruß, auf Wiedersehen" von den Toten Hosen wollte sich das Mädel zunächst eigentlich verabschieden. Aber ohne Zugabe kam sie natürlich nicht davon.
Der Dresdner Liedermacher Axel Stiller ist ja fast schon ein alter Bekannter. Ihn haben wir voriges Jahr auf der Bühne und zwei Nächte am Lagerfeuer erlebt.Auch bei einigen Konzerten kreuzten sich schon unsere Wege. Er spielte eigene Songs wie "Tankstelle der Verlierer" oder "Don Quijote". Nicht schlecht, was der Axel macht. Er ist der Liedermacher im klassischen Sinne, mit Akustikgitarre und aussagekräftigen eigenen Texten. Texte, die nicht belanglos dahinplätschern, sondern wirklich auch zum Nachdenken anregen. Der Dresdner kommt beim Publikum ausgesprochen gut an. Eigentlich wollte er sich um eine Zugabe fast drücken, aber zusammen mit HAASE spielte er dann nach kurzer Beratung noch "Brunhilde" von Gerhard Gundermann. Das war ganz witzig, weil jeder der beiden dieses Lied sonst etwas anders spielt, teilten die beiden Musiker sich dabei kurzerhand eine Gitarre. HAASE griff am Hals die Tonarten und Axel spielte die Saiten unten, und das klappte sogar.
Eigentlich bräuchte man über den nächsten Künstler nicht viele Worte verlieren. HAASE ist ja ziemlich bekannt, und auch hier stand schon so mancher Bericht von HAASE-Konzerten zum Lesen bereit. HAASE sah sich gestern mit Interesse und Vergnügen die Auftritte seiner Kollegen an und genoß ansonsten sichtlich den Abend. Seinen eigenen Auftritt hielt er auch im Interesse der Nachfolgenden recht kurz. Die Zeit war ja schon mächtig fortgeschritten, und noch immer warteten ein paar Bands auf ihren Auftritt. So gab es kurz und schmerzlos unter anderem etwas vom "Nimmersatt"-Album zu hören. Da kurz zuvor eine Frau aus dem Publikum auf der Bühne ihrem Liebsten einen Heiratsantrag machte, spielte er extra und dazu passend das "Hochzeitslied". HAASEs Auftritt in der Illingmühle am Pfingstsonntag war kurz und knackig, aber trotzdem gut.
Einer junger Band aus Dresden, die als Endorfin angesagt wurde (sich aber End:or:Fin schreibt), gehörte für die nächsten Minuten die Bühne. Da die Band derzeit noch auf Suche nach einen Schlagzeuger ist, trommelte wiedermal bei einigen Liedern Jens Thieme. Die Musik würde ich mal vorsichtig als Indie/Alternative Rock mit deutschen Texten bezeichnen. Nach meinem Gefühl klang das stellenweise etwas depressiv, was aber auch mal nicht schlecht kommt. Leider hatten sie technische Probleme mit ihrer E-Gitarre, so dass sie ihren Auftritt mit zwei Akustikgitarren, Bass und Schlagzeug bestritten. Ich denke, von der Band kann man noch einiges erwarten.
Rock-Tenne, eine neu gegründete Band aus dem Erzgebirge wollte nun die Zuhörer mit Ostrock, Oldies und Hits erfreuen. In ihren Reihen hatten sie einen Geiger, der doch einige Akzente setzte. ABer mir persönlich kamen Rock-Tenne trotzdem (noch?) zu weichgespült rüber. Das wurde besonders bei RENFT-Liedern wie "Liebeslied" und "Apfeltraum" deutlich. Das klang mir einfach zu schlagerhaft und wenig druckvoll. Ich erwarte ja nicht, dass eine Rockband RENFT kopiert, aber es sollte schon wirklich auch noch Rockmusik sein. Dass CITY's "Am Fenster" auch gespielt wurde, dürfte bei einem Geiger in der Band wohl keine Überraschung sein. Ich denke, dass die Band wohl noch ziemlich frisch in dieser Besetzung ist und hoffe, dass sie den rockigeren Pep noch hinbekommen.
Dass es mit dem Konzept Oldies, Ostrock und Hits auch anders geht, zeigte die KOKO-Band aus Wachau-Feldschlösschen. Die Kapelle holte wirlich den Rock-Hammer raus. Das hatte ich so nicht erwartet. Die kräftigen Gesangsstimmen von Keyboarderin Konstanze "Koko" Mark und Gitarrist Holger "Benz" Benzner haben mich total überzeugt. Hinzu kam, dass da wirklich mit absoluter Spielfreude, Leidenschaft und einer netten Portion Verrücktheit agiert wurde. Benzner sprang sogar in den flachen Mühlbach vor sich und spielte seinen heißen Rock eine Weile mit den Füssen im eiskalten Wasser stehend. Der Mann spielt übrigens auch noch Saxofon und Mundharmonika. Die Songauswahl reichte von Westernhagen bis AC/DC. Wobei mich die Koko mit ihrer Stimme bei den AC/DC-Songs fast vom Stuhl schleuderte, aber eben nur fast, denn ich stand ja schon ;-)
Soll ich eigentlich den Schlagzeuger noch nennen oder kommt ihr selber drauf? ;-) Ja, es war Jens Thieme, und bei der KOKO-Band spielt er übrigens regulär. Diese Formation gucke ich mir auf jedem Fall irgendwann mal bei einem längeren Konzert an.
Zum Abschluß gab es natürlich eine große Session aller beteiligten Musiker. Natürlich darf bei so einer Runde eine ausufernde Version von "Knockin’ on Heaven’s Door" nicht fehlen. Die Musikanten haben da ziemlich lange an die Himmelspforte geklopft. Der Spass sei aber den Musikanten durchaus gegönnt. Das Ende der Session haben wir gar nicht gesehen, denn wir hatten ja noch ca. 1,5 Stunden Heimweg vor uns. Unterwegs sahen wir am Straßenrand tatsächlich ein paar junge Füchse. Ob sie den Hasen gute Nacht sagen wollten??? Wir jedenfalls kamen daheim an, als es schon hell war.



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