Stephan Krawczyk live am 20.09.09 im Friendly Society Berlin

 

Bericht: Dietmar Meixner
Fotos: Dietmar Meixner

000 20131124 1257662591

Es ist eine historische Zeit... es ist Zeitgeschichte, denn das Jubiläum des Mauerfalls steht vor der Tür. Stephan Krawczyk, zur Zeit gejagt wie ein Haase, ist einer der Zeitzeugen dieser Zeit und der Zeit davor. Es war schon einfacher mit dem Wort- und Liedermacher, dem Mann aus Thüringen. Damals schlug die Kraft seiner Worte und Lieder an die schon bröckelnde Mauer. Zuerst hier im Osten von Berlin, später im Westen... denn man wollte ihn "hier" nicht mehr. Nicht seine Fans, aber dem Regime wurde er zu unbequem.
Krawczyk war einer der Bürgerrechtler, der seine Lieder und Texte in die vergangene DDR-Landschaft schrie und hauchte. Irgendwie war und ist er immer noch auf der Suche, denn die Wende machte ihn nicht zum "frommen Gedankenmann". Nach wie vor bringt er seine Gedanken in die Lieder ein, und diese sind kritisch wie in der Zeit davor. Aber es ist auch Satiere und Freude, die er aus dem Irrgarten der jüngsten deutschen Geschichte auskramt. Er hat eben immer noch etwas zu sagen... und deshalb war ich auch am 20.09.2009 im FRIENDLY SOCIETY.
Die Zeit war ungewöhnlich: Um 18.00 Uhr sollte das Solo Konzert beginnen. Das "Friendly Soociety" ist ein Mode-Kunst-Kultursalon. Dort finden ständige Verkaufsausstellungen und Gallerien von Künstlern der verschiedensten Art statt. Es ist eine einladende und sehr angenehme Location. Nach kurzer Vorstellung durch einen der beiden Betreiber, erklärte Stephan, dass dies die coolste Ansage war: "Du hast mir den Tipp gegeben so zu erscheinen wie gerade aus dem Bad gekommen, dem bin ich gern gefolgt!" Danach folgte sein "Herbstlied"... in diesem und auch anderen Liedern geht es um den Augenblick "lasst uns heute Hochzeit feiern... morgen bin ich ein anderer... mich verwandelt jeder Tag, doch heute jetzt schlägt mein Herz so stark". Der nächste Song, den er vortrug, war das Lied vom Tierrat, in dem es darum geht, dass Tiere zusammenkommen um über die Menschen zu richten (und umgekehrt).
In den Liederpausen greift er zu einen seiner Bücher, am Sonntag war es "Feurio", und liest Episoden daraus vor. "Wir sollten noch viel mehr von den Tieren lernen". Arbeit heißt übersetzt Not und Müsal. Die Oran Utas, die "Waldmenschen", lernen extra nicht sprechen, weil sie sonst arbeiten müssten.
Weiter ging's mit Musik. Krawczyk griff zu der kleinen Gitarre und sagte, "die habe ich meinem Sohn ausgespannt. Sie hat damals in Braunschweig 35,- Euro gekostet. Auf den kleinen Gitarren, die es heute gibt, kann man nicht spielen." Angekommen im Jammertal der Welt... Zum Thema Geld erklärte er, dass ihn das gar nicht betrifft, denn er hat gar keins. Er hätte nur Zeit. Zeit natürlich für seinen 5-jährigen Sohn, dessen Lachen eine "ganz zarte Pflanze" ist, die es schwer hat sich allein zu entwickeln, denn die Kinder werden den Reizen der Zeit ausgesetzt die letztendlich den Konsumenten zeugen und formen. Dann ist Frieden in der Gesellschaft! Stephan Krawczyks Themen sind die Liebe, und - wie schon angesprochen - der Umgang mit der Natur. Mit satierischen Texten erklärt er sein eigenes Verhältnis zu den Mitbürgern der bundesdeutschen Gesellschaft. Er erzählt aber auch von seiner bitteren Vergangenheit, wie er in der damaligen DDR verboten wurde und dem Wirrwar mit den Funktionären in vergangener Zeit. Er kommt zu Brecht und dem Lied "des Speichelleckers" mit der gleichzeitigen Erklärung, dass ihm damals Funktionäre sagten: "Aus Ihrem Mund klingt selbst Brecht wie ein Staatsfeind".
Gedankliche Ausflüge in die Vergangenheit über F. Klier und seine Konzerte in der Zionskirche, "gleich hier um die Ecke". Er spannte den Bogen mühelos wieder zur Hundeliebe... "ein Hund der eine Henne liebt". Allein dieses Beispiel zeigt wie vielseitig sich Stephan an diesem Abend seinen Fans präsentierte. Es war aber keine politische Abrechnung. Um 19.30 Uhr folgte dann die letzte Zugabe: "Grüne Weste"...… "Ich hoffe doch, ich werde 110 Jahre alt! Dann will ich langsam stiften gehn".
Danke Stephan für diesen Abend! Stephan Krawczyk ist bei sich angekommen. Ständig mit einem Lächeln oder voller Nachdenklichkeit. Seine Texte und seine Sprachgewalt klingen lange nach... auch seine Gitarre und das Bandoneon. Beide werden ihn die nächsten Wochen quer durch Deutschland begleiten, denn - wie eingangs erwähnt - es ist eine historische Zeit und Stephan ist gefragt. Er wird kaum einen freien Tag haben bis weit in den November. Doch die wenige Zeit dazwischen wird ihm sehr wichtig sein. Wichtige Zeit für seinen Sohn, einem entscheidenden Sinn seines Lebens.

 


 

Foto Impressionen:

 

 


   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.