Benefizkonzert zu Gunsten der Kinderhilfe Afghanistan
am 07. November 2009 im "Anker" zu Leipzig

(Backstage-Fotos auf Seite 2)

 

Bericht: Fred Heiduk
Fotos: Sebastian und Matthias Ziegert (Foto-Impressionen), Petra Heinzel (Text-Illustration)

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Am 07.11. fand das zweite Benefizkonzert zu Gunsten der Kinderhilfe Afghanistan im Leipziger Anker statt. Ich will es vorwegnehmen - gemeinsam mit etwa 200 Besuchern und über 40 Musikern erlebte ich einen ganz außergewöhnlichen Abend. Die Anwesenden waren durchweg begeistert von einem Potpourri toller Musik und einer ungemein guten Stimmung, die insbesondere von der Bühne ausgehend im Zuschauersaal geradezu greifbar war. Was dort an Musik geboten wurde, übertraf in Vielfalt und Darbietung jedes heute angebotene Radioprogramm einschließlich der gerade aktuellen Charts zum Thema "unsere größten Hits". Das war praktizierte Einheit Ost / West, zwei Tage vor den offiziellen Feierlichkeiten in und um Berlin. Das war ein musikalischer Querschnitt über Richtungen und Stilistiken der letzten 50 Jahre. Da wurde gerockt, gejazzt, es groovte und bot für jeden etwas, lies niemanden kalt und lies die Stunden wie im Fluge vergehen.
Dass das II. KONZERT FÜR AFGHANISTAN im Leipziger Anker eigentlich auch die Geburtstagsfeier Benjamin Weinkaufs war ist insofern interessant, dass Benjamin sich seit Jahren für die "Kinderhilfe Afghanistan" engagiert und dieses Engagement anstatt mit einer privaten Feier mit diesem Konzert begeht, dessen Gesamterlös er spendet. Robert Weinkauf, Benjamins großer Bruder, selbst Musiker bei "The But" und zugleich Kopf des Schloss Goseck e.V., war ganz maßgeblich an der Organisation und Vorbereitung beteiligt. Das Konzert war so etwas wie sein Geschenk an das Geburtstagskind. Der widerum schenkte es seinerseits dem Publikum um mit den Spenden, die statt eines Eintritts an der Abendkasse erbeten wurden, der Kinderhilfe ein "Geschenk" machen zu könnten. Soviel zur Geschichte und zu ein paar Hintergründen dieses Konzerts unter dem Zeichen der Taube. Für mich war das Konzert zunächst mal gewissermaßen eine große Unbekannte. Zwar eilte ihm ein guter Ruf aus dem Vorjahr voraus, jedoch stellte ich mir schon die Frage, werden die avisierten Musiker diesem hohen Anspruch gerecht werden können. Eine kunterbunte Liste von Bekannten, weniger Bekannten und Unbekannten warf mehr Fragen auf, als ganz große Vorfreude aufkommen zu lassen. Ich persönlich freute mich am meisten auf Anja Krabbe, von deren grandiosen Solotiteln ich begeistert bin, und die ich noch nie live erlebt hatte. Von Dirk Zöllner und Andre Gensicke erwartete ich einen gewohnt souveränen Auftritt und als bekennender Purple Schulz-Fan hatte ich somit noch einen 3.
Künstler, auf den ich mich freute, auch wenn ich mich fragte, 002 20131028 1512473116"Wie soll der in so ein Konzert passen?" Die Namen Stahlhofen, Volly Tanner, Ernie Ernstberger oder "The But" waren mir wohl geläufig, aber Großes erwartete ich eigentlich nicht. Stahlhofen hatte ich recht durchschnittlich beim Courage Festival erlebt, Volly Tanner habe ich als Musiker nicht wirklich ernst genommen, Ernie nur als begnadeten Produzenten und Ideenschmied. Ja - und eine Beatlesvorstellung, das wollte so gar nicht zu meiner Vorstellung von diesem Konzert passen. Namen wie Paul Millns und Butch Coulther und einige andere waren mir bis zu den Plakaten für das Konzert schlicht unbekannt. Auch der Soundcheck, von dem ich noch den Schluss miterlebte, gab keine ganz großen, neuen Erkenntnisse, außer der Bestätigung, dass Zöllner meine Erwartung wohl nicht enttäuschen würde, und dass durchaus ein paar Überraschungen zu erwarten sein würden. So ließ Francis D.D. String als Leadgitarrist für Zöllner einmal seine Klasse an der Gitarre aufblitzen und Axel Lorenz zeigte, warum er mit bekannten Künstlern gearbeitet hat. Beide hatte ich zuvor noch nie live erlebt und konnte sie auch nicht wirklich zuordnen.
Die Zeit bis zum Beginn des eigentlichen Konzerts nutzte ich für ein paar Gespräche mit Freunden und Bekannten sowie dem einen oder anderen Musiker und Veranstalter. Mitten in der schönsten Plauderei tat sich auf der Bühne etwas, das Petras und meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein fast hagerer Mann, der mit seinem wirren Haar und der tiefen Stirnglatze ein wenig an Art Garfunkel erinnerte, hatte die Bühne betreten und spielte einen Blues vom Feinsten. Gänsehaut kam auf, als sich zu ihm ein Persönchen gesellte und mit glockenklarer Stimme den Gesangspart übernahm. Spätestens da durfte man auf einen tollen Abend hoffen. Zugleich war dieser Auftritt Anlass sich bei den Machern nach allem Möglichen zu erkundigen. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich aber auch ein Wermutstropfen ab. Der Saal war leider nicht so gefüllt, wie man sich das angesichts der Thematik und einiger Namen hätte vorstellen können. Doch das tat letztlich der Stimmung keinen Abbruch und Robert Weinkauf bestätigte mir nach dem Konzert, dass das Konzert auch in Hinsicht auf die Spendensumme ganz passabel gelaufen war (Es kamen mit 2830,00 Euro immerhin über 800,00 Euro mehr zusammen als letztes Jahr, Anm. d. Red.).
003 20131028 1966277279Aber zurück zur Chronologie. Gegen 20:30 betrat Kati Huhn, wie im Vorjahr Moderatorin des Abends, die Bühne und begrüßte das Publikum. Im Gegensatz zum Courage Festival machte sie dieses Mal einen guten Job. Sie war gut aufgelegt und ordentlich vorbereitet, so dass sie durchaus mit ihrer Moderation ein paar Farbtupfer setzen konnte und keine Langeweile aufkommen ließ. Allerdings hielt sie das nicht ganz bis zum Schluss durch. Irgendwann suchte man sie zur Überbrückung einer Pause auf der Bühne vergebens. Das wundert aber nicht wirklich, denn irgendwann war nur noch Session angesagt und jedwede Moderation überflüssig. Zudem sollte Kati bei einigen Titeln aktiv mitsingen. Die erste Band die Kati ansagte war "Revision". Francis D.D. String kam mit seinen Musikerkollegen auf die Bühne, zu denen unter anderem ein Akkordeon gehörte. Der Titel war nicht allgemein bekannt, hatte aber im Zusammenspiel der Instrumente und an sich viel Reiz, so dass die Stimmung von Beginn an recht gut war. Nach der Band betraten zwei Mitarbeiter der Afghanistan Hilfe die Bühne, um ein paar Eindrücke von ihrer Arbeit vor Ort zu vermitteln. Ich hab mir aufgeschrieben, dass aus den Spendengeldern der Organisation unter anderem 25 Schulen gebaut wurden, die von über 50000 Schülern bisher besucht wurden, und in denen über 1000 Lehrer unterrichten. Auch ansonsten konnten die Beiden eindrucksvoll darlegen, dass die direkte Unterstützung der Bevölkerung von großer Bedeutung sowohl für die dort lebenden Menschen, wie auch für übergreifende Themen ist. Die Mitarbeiter der Hilfsorganisation haben in der Regel einen ganz anderen Kontakt zur Bevölkerung und können von daher wesentlich mehr erreichen, als die meisten staatlichen Programme, und allemal mehr als militärische Aktionen. Nach vielleicht 10 Minuten wurde das eigentliche Konzert fortgesetzt. Volly Tanner und sein Keyboarder King Kegel waren die nächsten Künstler. Volly, einer der maßgeblichen Künstler der alternativen Leipziger Szene mit durchaus überregionaler Bedeutung, war mir bisher vor allem als Schreiber, weniger als Sänger bekannt. Als er jedoch seine Geschichte zu seinem Titel erzählte, war klar warum er am Gesangsmikro stand. Volly erzählte, dass er den folgenden Titel einmal so spielen wollte, wie er ihn auch gedacht hatte und nicht so, wie er durch die Interpretation "Cäsar" Peter Gläsers bekannt sei. Volly Tanner ist der Texter des Titels "Ich will nicht mehr", den er im Folgenden in einer getragenen Fassung mit einer Art Sprechgesang vortrug. Das klang hochinteressant. Ich glaube selbst altgedienten Cäsar-Fans könnte das gefallen. King Kegels sparsame Begleitung an den Tasten und Vollys warme, etwas kantige Stimme, die in einigen Nuancen sehr an Reinhard Lakomy in seinen besten Tagen erinnerte, hatten wirklich Klasse. Entsprechend euphorisch war der Applaus. Zu Recht wie ich fand. Für mich war es Anlass, Volly hinter der Bühne nach einer Aufnahme seiner Fassung für unsere Radiosendung zu fragen. Auf der Bühne ging es derweilen mit einem mir völlig unbekannten Namen weiter - Savio Rego. Was der Amerikaner indischer Herkunft mit seinem Partner auf der Bühne bot hatte zweifelsohne Klasse. Soul bei dem jeder Ton, ob gesungen oder gespielt, stimmte. Dennoch war das was er bot in gewisser Weise ein leichter Bruch mit dem, was zuvor gemacht worden war. Ob das zu der Zeit jedem gefiel bleibt ungewiss. Was Savio Rego allerdings zeigte war, dass aus Amerika immer noch tolle Musiker kommen. Singer, Songwrighter par excellence. Mit Savio Rego kam auch erstmals an diesem Abend ein Saxophon auf die Bühne. Gespielt wurde es von Frizz Feick. Bei den ersten Tönen merkte man, dass die Musiker nicht wirklich perfekt eingespielt sind. Doch nach wenigen Takten hatten sowohl Savio als auch Frizz musikalisch zueinander gefunden, so dass Frizz Feick erstmals brillieren konnte. Sicher staunte der ein oder andere Zuhörer, als Frizz Feick nach seinem Saxophonstück postwendend ans Keyboard ging, das er nicht minder beherrschte. Die Titel der gespielten Stücke waren mir unbekannt. Dennoch waren sie mit einer leichten Jazz-Note sehr gut hörbar.
Nach diesem Auftritt bleibt Frizz Feick als Bandleader auf der Bühne. 004 20131028 1150577113Als Sänger gesellt sich Dirk Zöllner hinzu. Bei den Beiden hat man sogar bei einem neuen Titel "Ohne ein Wort" den Eindruck, Feick und Zöllner haben gelegentlich schon miteinander gearbeitet. Zumindest erweckt die Harmonie zwischen beiden einen gewissen "Verdacht". Nach Feicks Auftritt war entgültig klar: hier sind durchweg wirklich gute Musiker am Start, hier gibt es richtig gute Crossover-Musik zu hören.
Sven Panne - ein Hamburger Musiker - lockert seine Umbaupause mit ein paar flotten Moderationen auf. So freut er sich, wie er sagte, dass er erstmals nicht seine Instrumente tragen musste. Er nutzte das auch reichlich aus, indem er sein Keyboard mal hier, dann da und schließlich an einem 3. Platz aufstellen ließ. Das wirkte spontan, leicht und komisch. Der Auftritt war dann jedoch nicht albern. Mit seiner Art zu singen, erinnerte er an eine Mischung aus Purple Schulz (vielleicht weil der ja zugegen war) und Rio Reiser. Das hatte etwas Besonderes. Wenn ich mich da an die im Sommer gehörten Ton, Steine, Scherben erinnere, dann darf man getrost sagen, Sven muss sich da ganz gewiss nicht verstecken. Ich war sehr positiv überrascht. Und mit Überraschungen ging es weiter. Wenige Tage zuvor war eine "Nachwuchsband" namens iNUTERO angekündigt worden. Vater, Sohn und Schlagzeuger, so sieht die Band aus, die knallharten Rock bevorzugt. An der Leadgitarre steht ein 12-jähriger Steppke, der ab und an bei den großen Amerikanern zugehört hat. Und der Knabe kann seine Gitarre richtig singen lassen. Er greift recht sicher und liebt es den einen oder anderen Lauf hinzulegen und dann die Töne lang auszuhalten. Das ist nicht perfekt, stellenweise nicht mal wirklich gut. Aber wenn man bedenkt, dass der Junge 12 ist und seit etwa 4 Jahren spielt... Pitti Piatkowski, immerhin selbst einer der begnadetsten Gitarristen unseres Landes, war durchaus angetan vom Talent und der Spielweise. An dem Abend wurden die drei Nusiker zu Recht gefeiert. Vaters Bassspiel war sauber, der Schlagzeuger hielt die Band sicher beisammen und der Zwerg spielte einige Passagen so, dass die Profis aufhorchten und vor die Bühne kamen um sich das anzusehen. Nach dem Auftritt fragte ich nach, ob und wie der Vater musikalisch vorbelastet sei. Zu meinem Erstaunen erzählte er, dass er nie in einer Band gespielt habe und gerade Mal seit drei Jahren spielt. Der Auslöser dafür war sein Sohn, der ihn aufforderte endlich Bass zu lernen, damit er nicht mehr allein spielen müsse. Der Aufforderung zu folgen hat sich, so würde ich sagen, gelohnt. Die Zeit verging wie im Fluge und es war praktisch keine Minute langweilig. Ganz im Gegenteil.
005 20131028 1256480884So kam dann nach einer guten Stunde Andreas "Ernie" Ernstberger auf die Bühne, den ich als richtig guten Produzenten kenne. Er selbst spielt einen leidlich guten Bass. Sein Gesang ist nicht immer gut, aber was er musikalisch ausheckt ist, soweit ich es kenne, vom Feinsten. Besonders seine Interpretation von "Teardrops", das er sich einfach mal passend umgeschrieben hat, hat mich begeistert. Der Mann ist Musik, er ist kreativ und sprüht vor musikalischen Ideen. Nach diesem Auftritt hatte der Schirmherr des Abends, der Leipziger Kulturbürgermeister Dr. Fabian seinen Auftritt. In einem kurzweiligen Interview mit Kathi Huhn, die wirklich gekonnt durch den Abend leitete, erklärte er warum es ihm wichtig war, sich für die Kinderhilfe Afghanistan zu engagieren. Interessant war dabei, dass Fabian eine direkte und persönliche Beziehung zu Afghanistan hat. Er hat dort als Kind einige Jahre gelebt und ging dort zur deutschen Schule, die auch einige afghanische Kinder besuchen konnten. Schon von daher wisse er, sagte Dr. Fabian, wie wichtig gute Bildung in diesem Land sei.
Nach dieser willkommenen Pause ging es mit einem großen Namen weiter. Purple Schulz betrat die Bühne und bot neben "Kleine Seen", das er meinte spielen zu müssen, einige bekannte und neue Titel. Sein Auftritt war wieder eine ganz andere Nuance an diesem Abend. Purple Schulz machte das was man erwarten konnte: liedhafte Musik mit gewaltigen, lyrischen Texten. Der Mann hat unverändert etwas zu sagen. Und das geht weit über die kleinen Seen hinaus und reduziert sich nicht auf "Sehnsucht", das er nicht spielte. Ein absoluter Profi, dem die Atmosphäre ganz offensichtlich gefiel, und der einen tollen Part zu diesem denkwürdigen Abend beitrug. Dass das alles noch deutlich gesteigert werden würde, war zu dem Zeitpunkt übrigens noch nicht absehbar. Für mich war der Auftritt Anja Krabbes nach Purple Schulz gewissermaßen schon eine kleine Steigerung. Diese grandiose Musikerin einmal live solo zu erleben, das war für mich ein besonderes Highlight. In der Probe hatte sie kurz ihren fantastischen Titel "Überall und nirgends" angespielt, der jetzt der gerafften Zeitplanung zum Opfer fiel. Sehr schade. Ich hätte mir mehr gewünscht und darf die geneigten Leser auf Anjas Myspace Seite (HIER klicken) verweisen. Dort kann man zwar nur erahnen, wer da auf der Bühne stand und warum ich mir von ihr mehr als einen Solotitel gewünscht hätte, aber immerhin bekommt man einen kleinen Eindruck von dem, was in der Frau steckt. Bei ihrem Soloauftritt war sie die erwartet ausdrucksstarke, fantastische Künstlerin, die ihre Titel nicht einfach singt, sondern sie wie kaum eine Zweite aus ihrer Seele, so scheint es, wachsen lässt. Nach diesem grandiosen Auftritt folgte der, den ich nicht verstanden habe. Der nächste Künstler und seine "Muse" zeigten gewissermaßen, wie weit Crossover gehen kann. Nikolai Tomàs fanden einige im Saal sehr witzig und originell. Ich fand weder zur Musik noch zum Auftritt Zugang und war ganz froh, als sich der Auftritt Tomàs' und seiner Muse mit und ohne Morgenmantel dem Ende zuneigte. An einigen Stellen des Auftritts hatte ich überdies den Eindruck, dass hier mit Halbplayback oder andern technischen Mitteln gearbeitet wurde. Man darf aber durchaus konstatieren, dass die Veranstalter damit einen echten Farbtupfer haben setzen können und auch die Burleske damit abdeckten.
Eine ganz andere Stilrichtung deckten die beiden Herren ab, die 006 20131028 1515673258dann auf die Bühne traten. Paul Millns und Butch Coulter folgten. Von der Probe wusste ich ja bereits was für tolle Musiker die beiden sind. Und sie enttäuschten keineswegs. Im Gegenteil. Die Show war noch weit besser als die Probe, auch wenn es ein paar Tonprobleme gab. Blues vom Allerfeinsten. Paul Millns zauberte an seinem E-Piano und Butch Coulter zeigte dass er sowohl eine tolle Gitarre spielt als auch ein echter Harp-Virtuose ist. Der Groove von der Bühne kam an, war enorm. Das Publikum ging begeistert mit und hätte sicher eine echte Bluessession mitgemacht. Doch das war nicht angedacht. Vielmehr spielte Millns die Ballade "Don't wait too long", gesungen von Paula Linke, die dem Publikum ganz sicher eine Gänsehaut bereitete. Unglaublich was die beiden da zeigten. Insbesondere auch, da sie das Stück erst am Nachmittag erstmals gemeinsam geprobt hatten. Danach gingen beide wie - die anderen Musiker auch - nach zwei oder drei Titeln von der Bühne und machten Platz für die nächsten Künstler. Das waren in diesem Fall "The But". Ich konnte mir beim besten Willen nicht wirklich vorstellen, dass Beatlescover zu den anderen Stücken passen würden. Aber da war ich im Irrtum. So bunt wie das Programm bisher war, waren "The But" genau die richtige Programmfortsetzung. Und die Jungs sind gut! Verstärkt wurden die echten But's von Ali Zieme am Schlagzeug und Pitti an der Gitarre. Doch denen stehen die Originale in nichts nach. Fantastisch, was speziell Robert Mau stimmlich und musikalisch anbot. Die prominenten Gäste hielten sich bescheiden im Hintergrund und spielten absolut banddienlich. Wenn man nicht gewusste hätte, dass "The But" mit ihren Gästen keine ständige Band ist, man hätte denken können, die Herren spielen regelmäßig gemeinsam. Bei "The But" gab es dann auch die ersten "Jam-Erscheinungen". Ich bin mir nicht sicher, ob Butch Coulter bei "The But" geplant mit auftrat. Jedenfalls war sein Wechsel- und Zusammenspiel mit Pittis Gitarre bei "Say that you want it" einfach fantastisch. Die Stimmung auf der Bühne schien auch hinter der Bühne anzukommen. Denn plötzlich stand zum Beispiel Dirk Zöllner und André Gensicke mit auf der Bühne und spielten und sangen energisch mit. Scholle griff derart in die Saiten, dass eine riss. Das tat an diesem Abend nichts zur Sache, Dirk überspielte es kurzerhand.
Möglicherweise war der Auftritt mit "The But" auch geplant, denn Zöllner / Gensicke waren die nächsten, die ihren Part darzubieten hatten. Sie taten das mit Unterstützung von Revision. Die Zöllner Titel mit Akkordeon - das hatte Reiz. Und man war mit einem Mal in der schönsten Session. Auch weil Axel Lorenz, der Technikchef des Abends, ansonsten unter Freunden - der Pate von Meerane - seinen Part im Zöllnertitel "Denise" sang. Und Axel kann singen, tat es auch schon im Programm "7 Sünden". Nach dem Zöllnerauftritt mit den verschiedenen Gästen, schloss sich eine echte, längere Pause an.
007 20131028 2041934552Der zweite Teil des Abends war wohl von vorn herein als große Session geplant. Was da losging war einfach unglaublich. Das war gelebte musikalische Ost- / Westverbrüderung wenige Tage vor dem Jahrestag des Mauerfalls. Das gemeinsame Musizieren in verschiedenen Bandzusammensetzungen klappte wunderbar. Die Musiker, gleich wo sie sich musikalisch selbst einordneten, verstanden sich unglaublich gut. Einer ließ dem anderen Platz, keiner versuchte die anderen Musiker in irgendeiner Art zu dominieren. Der Spaß den das gemeinsame Musizieren den Akteuren auf der Bühne machte, übertrug sich auf das Publikum. Freude und Stimmung pur wie schon lange nicht mehr erlebt. Und immer wieder überraschten die Musiker mit ungeahnten Bandbesetzungen und ungeplanten musikalischen Einlagen. Ein fulminantes Livekonzert, das man so nur an diesem einen Abend hat erleben können. "The But" als Mitveranstalter eröffnete die Session mit einer Reminiszenz an Leipzig und Renft. "Ich bau Euch ein Lied" als ersten Titel - das heizte dem Publikum ein und war zugleich wie eine große Klammer für das was folgte. Nicht Renft, sondern wie gesagt Session, Musik crossover, miteinander. So folgte denn auch nicht "Nach der Schlacht" sondern - "While my guitar gently weeps" mit dem "The But" brillierte und das die Zuhörer begeisterte. Die waren völlig aus dem Häuschen, als "The But" als Hommage an die demnächst im Anker auftretenden Omega, "Das Mädchen mit den Perlen im Haar" ankündigte. In ungarisch gesungen, da einer der Buts ein echter Magyar ist. Ein tolles Cover das die Musiker da boten. Selbst die Schreie zum Ende des Titels fehlten nicht. Das machte Lust auf das Original. Mittlerweile war auch einer der Topacts des Abends, Rolf Stahlhofen, in Leipzig angekommen. Er hatte noch kurz zuvor wohl in Wien gespielt und war von da ohne große Pause nach Leipzig gekommen, und betrat ohne große Proben nun die Bühne. Nach dem Konzert erzählte er mir, dass er beeindruckt war von der Professionalität der Musiker, von der Stimmung auf und vor der Bühne. Er habe sich sehr wohl gefühlt bei diesem Konzert. Das merkte man ihm vom ersten Stück auch an. Er war um einiges besser als ich ihn vom Couragefestival in Erinnerung hatte. Er führte das vor allem darauf zurück, dass die Musiker seine Stücke hier kannten und sich so auf ihn einstellten, dass er ein großes Konzert spielen konnte. Was ihm auch sehr gefallen habe - der Umstand, dass es eine echte Session war. Jeder spielte mit jedem wann immer er Lust darauf hatte. Stahlhofen spielte einige seiner bekannten Titel. Begleitet wurde er dabei von André Gensicke, den er dafür auch auf der Bühne in hohen Tönen lobte. Überhaupt war beeindruckend wie "mannschaftsdienlich" diese virtuosen Musiker an diesem Abend spielten. Nicht nur Gensicke, auch Pitti, Anja Krabbe, Dirk Zöllner und etwas später sogar Rolf Stahlhofen - niemand war sich zu schade Background und Begleitung für andere Musiker zu sein. Phänomenal! Das Publikum war endgültig aus dem Häuschen, nachdem Zöllner "Cäsars Blues" zum Besten gab. Eine besondere Überraschung war dabei der Mann an der Blues Harp. Joe Raschke war als Gast im Saal zugegen gewesen und wurde von seinen Kollegen und den Veranstaltern zu diesem Gastspiel überredet. Er ließ sich nicht lange bitten, und dass er seine Sache sehr ordentlich machte, muss man kaum erwähnen. Dem war so. An diesem Abend kam es auch nicht auf musikalische Perfektion an. Der Spaß an der Sache stand wohl im Mittelpunkt. Dass dabei das ursprünglich vorgesehene Set längst Makulatur war, tat der Klasse der Veranstaltung keinen Abbruch.
Gespielt wurde was gefiel und dabei durften auch einmal ein paar Töne 008 20131028 1476531102nicht stimmen. Das ganze bleib dennoch oder gerade deshalb hoch professionell. Zumindest empfand ich es so. Ob der spontane Einsatz Zöllners bei "Still haven't found what I'm looking for" oder die ungemein intensive Darbietung Anja Krabbes bei "Highway to hell" - ein Titel "Besser als der Andere" und alle Musiker auf wirklich hohem Niveau. Ob deutsch ob englisch, das Programm rollte von Höhepunkt zu Höhepunkt. Obwohl mittlerweile schon einige Stunden vergangen waren, war das Publikum putzmunter. Für sie hätte es wohl noch sehr lange weitergehen können. Natürlich hatte auch Paul Millns noch einen großen ‚Sessionauftritt. "Don't let me be misunderstood" in seiner Interpretation, begleitet von Purple Schulz, Rolf Stahlhofen und Dirk Zöllner - unstreitig ein echter Höhepunkt des Abends zu fortgeschrittener Stunde. Und die genannten spendeten verdienten Applaus an Paul Millns, dem sie echte Wertschätzung entgegenbrachten. Stahlhofen zeigte dann auch in einem weiteren Titel, dass er das echte Bluesfeeling hat. Begleitet von Paul Millns am E-Piano sang er einen Klassiker. Gänsehaut pur. Die schaffte er etwas später noch einmal mit dem Titel "Geh davon aus", den er ja bereits bei den Söhnen Mannheims sang.
Doch irgendwann ging es dann doch dem Ende zu. Der erste Titel des großen Finales war "Gimme some lovin" bei dem Anja Krabbe, Frizz Feick, Purple Schulz und Ernie Ernstberger auf der Bühne standen. Erwähnt sei dabei auch, dass der Drummer von Revision, Jann van de Kaast, einen ganz großen Abend hatte und querbeet für fast alle Musiker trommelte oder die Percussion übernahm. Den Abschluss des Konzertes bildete "Come together". Gisbert "Pitti" Piatkowski brillierte noch einmal an der Leadgitarre und übernahm den einleitenden Gesangspart, bevor der Gesang von den auf der Bühne befindlichen Sängern übernommen wurde. Ein beeindruckender und sicher auch einmaliger Chor der sich da auf der Bühne versammelt hatte und zu dem nun auch IC Falkenberg gehörte, der es sich nicht nehmen ließ, nach seinem Auftritt bei Ostrock in Klassic doch noch von Chemnitz nach Leipzig zu kommen, und hier das große Finale mit zu gestalten. Eine große Geste wie ich finde. Eigentlich sollte wohl nach "Come together" Schluss sein, doch das Publikum ließ nicht locker. Nach und nach kamen die Musiker noch einmal auf die Bühne und verständigten sich auf "I shell be released (my light come shinin')", das noch ein letztes Mal für große Emotionen sorgte und sicher bei vielen den Wunsch auf eine Fortsetzung im kommenden Jahr weckte. Nachdem das eigentliche Konzert beendet war, ergab sich noch die Möglichkeit, sich mit den Künstlern zu unterhalten, bevor die Meisten sichtlich beeindruckt von einem ganz großen Konzertabend nach Hause gingen.

 


 

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