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Bericht: Petra Herz
Fotos: Petra Herz

 


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"Gitarrenhunger" - was für ein fantastisches Wort! Schon alleine deshalb gehörte die Veranstaltung zur Pflicht. Neugierig schaute ich im Vorhinein auf die Liste der auftretenden Gitarristen. Diese bestätigte eine unbedingte Teilnahme meinerseits, auch wenn die Liste sicherlich noch viel länger hätte sein können. Aber zuerst möchte ich demjenigen danken der mir die Teilnahme ermöglichte: Lieber Reinhard Fißler, vielen Dank für deine Einladung!
Um 18:00 Uhr schloss ich die Bürotür ab und machte mich sofort auf die Socken ins Kosmos, obwohl es regnete. Zum Glück war es nur ein kurzer Weg, ich brauchte nicht einmal in einen anderen Stadtbezirk wechseln. Als ich vor Ort eintraf lief gerade der Soundcheck. Zuerst begrüßte ich unsere Kollegen vom Rockradio, dann den Technikverantwortlichen Franky Bauer und auf der Bühne Uwe Hassbecker, Basti "Buzz Dee" Baur, Jürgen Kerth und den Veranstalter Axel Philipp. Auf der Bühne standen viele Gitarren, die natürlich fotografiert werden wollten. Ich schaute mich um, betrachtete alles ganz genau. Der Saal hatte sich verändert. Ursprünglich kannte ich ihn als Kinosaal, und vor fast genau drei Jahren (am 07.11.2006) erlebte ich dort das erste Silly-Konzert mit Anna Loos. Ich wunderte mich über die Ausstattung des Saales mit Stühlen, eigentlich hatte ich mit einer Stehmugge gerechnet, da ich "Gitarrenhunger" hatte.
Um 19:00 war Einlass und der Saal füllte sich nur spärlich. 002 20131024 1670038965Auf einer Leinwand, die sich im Bühnenhintergrund befand, wurden die Minuten bis zum Veranstaltungsbeginn zurück gezählt. Eine dreiviertel Stunde später war der Saal gut gefüllt als Axel Philipp die Bühne betrat. Er berichtete über das eigentliche Zustandekommen des Konzertes. Bereits vor 15 Jahren träumte er von einer solchen Veranstaltung. Leider fehlten ihm dafür die nötigen Gelder. Erst als er Peter "Cäsar" Gläser in Berlin-Marzahn kennen lernte, wurde alles spruchreif. Leider musste dieses Event aber ohne Cäsar stattfinden, denn wie wir alle wissen ist Cäsar am 23.10.2008 gestorben. Axel sagte: "Cäsar und die Rose werden weiterhin geehrt", und Stefan Schirrmacher zauberte die entsprechenden Töne auf seiner Gitarre hervor.
Einen Moment später dann die Eröffnung des Konzertabends. Auf der Leinwand, und auch per Ton, wurden die letzten Sekunden gezählt: 5 (piep)... 4 (piep)... 3 (piep)... 2 (piep)... 1 (mit langem Piepton), das "Gitarrenhunger"-Schild wurde per Hammerklänge an die Leinwand "gepinnt", und "Der Gitarrist" von Karussell wurde vom Band eingespielt. In dem Moment war ich begeistert. Leider hielt sich meine Begeisterung für die nächsten Minuten in Grenzen. Axel Philipp kam mit einem Staubwedel auf die Bühne, sprach u.a. mit den Gitarren, und erzählte... und eine Souffleuse half, und ich dachte nur "bin ich jetzt in einem Theater gelandet? ich hatte doch Hunger, Gitarrenhunger!"
003 20131024 1177032835Dann der Lichtblick, die Ankündigung des ersten Gitarristen: "Der erste Gast ist ziemlich speziell. Speziell, denn er möchte nur als Gast bezeichnet werden. Er war Gründungsmitglied von Renft, ging dann in den Westen und machte dort Gitarrenschlachten mit Gerulf Pannach. Sein Name..." Christian "Kuno" Kunert kam hinzu und sprach in ein Mikrofon: "Kuno". Er spielte einen Titel und war sehr gut im Sprüche klopfen: "Die Ohren hat es erwischt, aber nach außen ist alles okay. Ich spiele nicht mit den anderen Kollegen und trinke auch anschließend nicht. Das liegt nicht an meinen Ohren und nicht an meinem schlechten Charakter". Kuno erklärte somit Unwissenden, dass er kaum noch was hören kann, sich aber trotzdem auf die Bühne wagt. Mitten auf der Bühne befand sich ein runder Tisch. Zu diesem wurde Kuno gebeten und wir befanden uns nun in einer kleinen Talkrunde. Viele Fragen galt es zu beantworten, hier nur ein kleiner Ausschnitt:

Lieblingstonart: A-Dur
Vinyl oder CD: Nichts, ich höre nichts mehr
Welche drei Alben sind unverzichtbar? Fotoalbum, Beatles und noch mal Beatles
Persönlicher Gitarrengott? Harrison

Danach bewies Kuno erneut was er so noch alles drauf hat. Er spielte einen Titel von der zweiten Renft-LP, der eigentlich für zwei Akustikgitarren gedacht ist. Auf der Platte spielt er ihn mit Cäsar und live hatte er ihn mit Gerulf Pannach und auch Heinz Prüfer gespielt. Er spielte ihn "jetzt alleine, will nicht Gitarristen in Gefahr bringen". Mit dem dritten Titel "Strawberry Fields Forever" (komponiert von John Lennon) verabschiedete sich Kuno gegen 20:55 Uhr.
Der nächste Gitarrist war also an der Reihe. Einer der an zwei 004 20131024 1597980577Musikschulen studierte und bereits bei Zöllner, Herzberg, Witt, Silly und Rockhaus spielte. Reinhard Petereit gab einen kurzen Einstand und wurde dann an den runden Tisch gebeten. Seine Lieblingstonart ist D, und auf die Frage Vinyl oder CD, antwortete er "Das älteste was ich auf Vinyl habe ist `Bonbons und Schokolade`" (eine Rockhaus-Platte). Nach weiterem Fragen-Antwort-Spiel bekam ich endlich meine Vorspeise ;-) Hunger heißt ja bekanntlich viel essen, da sollte es dann mehrere Gänge geben. Herr Petereit hatte drei Stücke dabei und dazu auch drei verschiedene Gitarren mitgebracht. Leider gab es an diesem Abend einige Probleme mit dem Ton. Franky Bauer, ein sehr erfahrener Mann, versuchte aus der Anlage das best mögliche heraus zu holen. Schließlich konnten wir dann den zauberhaften Klängen des Herrn Petereit lauschen. Egal ob mit oder auch ohne Röhrchen, er zeigte uns viele Spielarten. Für das zweite Stück hatte er eine Bariton (auf Bass gestimmt). Seine mintfarbene Gitarre kam beim dritten Titel "Nadia" zum Einsatz.
Nachdem ich eine leckere Vorspeise hatte, ging es mit dem nächsten Gitarristen weiter. Meines Erachtens begann Axel Philipp im Laufe des Abends an seinem Konzept zu feilen. Er hatte sicher bemerkt, dass der Abend wohl sonst zu langatmig werden würde. Als nächstes begrüßte er Jörg "Wilki" Wilkendorf. Er ist seit 1983 Filmtonmeister. Seine schwarze Gitarre setzte den richtigen Akzent vor dem rosefarbenen Shirt. Den ersten Titel sang Axel Philipp: "Da unten in der Kanalisation da üben sie schon wieder" aus dem Song "Sehnsucht nach dem Rattenfänger" (Komposition Gundermann/Wilkendorf). Danach benutzte Wilki doch tatsächlich den dicken Schlauch, der am Mikrofonständer befestigt war, um mit dem Mund andere Töne zu erzeugen. Für meine Ohren leider nicht geeignet, da es zu laut war, teilweise schwankte, wieder ein Tonproblem. Im dritten Titel hieß es dann "Was glaubst du denn wer ich eigentlich bin". Handwerkliches Geschick war auf der Bühne gefragt. Und das nicht nur in der Art des Spielens einer Gitarre. Nein, Wilki hatte eine... da musste man erst einmal genau hinsehen... eine Schlüsselfeile dabei. Mit Hilfe dieser war er in der Lage mit tiefen Bässen ein "brrr" zu erzeugen. Interessant, denn so was hatte ich vorher noch nie gesehen.
005 20131024 1200315060Der nächste Gang auf der Speisekarte wurde mit einer Migma serviert. Der Blueskönig Jürgen Kerth beantwortete vorerst einige Fragen. Drei unverzichtbare Alben/Musiker sind für ihn Ray Charles, die Beatles und Stevie Wonder. Sein persönlicher Gitarrengott ist J. J. Cale. Und er gestand sein gutes Stück, die Migma, Ende der 60er Jahre selbst "verpfuscht" zu haben. Mit dieser Migma spielte er eine Schicksalsmelodie, die nach einem Einbruch entstanden ist, er sang: "Sieben Sonntage hat die Woche wenn du bei mir bist...". Nach "Komm, Papa" (wird nur gesungen damit die Jugend den Älteren folgt) gab es mit "Oma hilf" noch einen Nachschlag.
Mit der Information dass am Ende der Veranstaltung noch eine von den Musikern komplett signierte Gitarre u.a. Dinge verlost werden, gingen wir um 21:55 Uhr in eine 20minütige Pause. Da in der ersten Halbzeit die rechte Bühnenhälfte voll in Beschlag genommen wurde, war Bodo Kommnick derjenige der dann die rechte mit der linken Seite verbinden würde (könnte man also als Hauptmenü bezeichnen). Er hatte seine Schmuckstücke, in weiß, blau und braun, in der Bühnenmitte platziert. Und als Axel Philipp erzählte, dass Bodo bereits seit 24 Jahren bei Lift spielt, erwiderte Bodo dass er auch gerne weitere 24 Jahre drauf packen würde. Zwei eigene Titel hatte er in petto und anschließend brillierte seine Stimme in dem Emerson, Lake and Palmer-Song "Still you turn me on". Der sechste Saitenspezialist wurde angekündigt. Stefan Schirrmacher hatte bereits das Vergnügen in einigen namhaften Bands zu spielen: Hansi Biebl, Neumis Rock Circus, Petra Zieger, Datzu, Dirk Michaelis, Frank Schöbel und Dr. Kinski. Der gelernte Fernmeldemechaniker hatte sich extra zwei Stücke für Gitarrenhunger ausgedacht. Die speziellen "Häppchen" waren vorzüglich. Für seinen dritten Titel hatte er sich Verstärkung mitgebracht. Während Stefan, der Mann mit dem weißen Hemd, seine Saiten bediente, gesellte sich Maik Zuischko hinzu. Er sang mit voller Inbrunst den Queen-Titel "Love of my life".
Dann wurde es Zeit für einen weiteren begnadeten Gitarristen. Axel Philipp sagte: "Im Jahr 1975 haben sich Peter Schneider und Buzz Dee im Frannz kennen gelernt, gründeten Monokel... Buzz Dee musizierte gemeinsam mit Gala und Speiche... wechselte einige Zeit später zu Knorkator". Sie philosophierten noch kurz, ob sich denn nun der Knorkator-Fanclub aufgelöst hat oder nicht. Und Buzz Dee servierte uns die Picking Nummer "Lied of Berlin", was mit seinem Fingerschmuck recht reizvoll aussieht (also mit dem Auge konnte man auch essen bzw. den Hunger stillen). Er zeigte anschließend auch sein Können beim Aufspielen russischer Volksweisen. Ob ich ihn richtig erkannt habe, den Säbeltanz von Aram Chatschaturjan?
Eine Delikatesse fehlte an dem Abend noch: Der Mann, der auf 006 20131024 1242458096seiner Gitarre singen kann. Uwe Hassbecker ist ein Multiinstrumentalist. Spielt seit 1967 Geige, danach war er hinter der Schießbude zu finden, bis er dann zur Gitarre umsattelte. Er spielte bei Uschi Brüning, Modern Soul Band, Stern Meißen und Silly. Als Einspieler zelebrierte er "Bataillon d`Amour". In einem kurzen Gespräch mit Axel Philipp erzählte Hasbe vom "Neuanfang" mit Anna Loos, der neuen Platte (Texte von Werner Karma) die im Februar erscheinen soll und eine große musikalische Spannweite umfassen wird. Dann spielte Hasbe die Melodie aus dem Film "Der Mond und andere Liebhaber". Er wechselte zwischen seinen Gitarren, forderte diesen einiges ab und spielte u.a. einen Titel den er für Katarina Witt geschrieben hat.
Viel Beifall zog durch den Saal, Zugaben wurden gefordert. Aber Axel Philipp beruhigte indem er sagte, dass dafür leider keine Zeit mehr ist. Just versammelten sich sechs "Gitarreros" auf der Bühne und begannen recht leise und spielten schließlich, steigerten sich dabei, den "Bolero". Und um 23:30 Uhr verabschiedeten sie sich vom jubelnden Publikum.
Eine Sache möchte ich gerne noch loswerden. Eine prima Idee, die da Axel Philipp hatte. Auch schön bzw. bewundernswert die ganze Sache auf die Beine zu stellen. Dazu gehört eine Menge Mut, und dafür auch mein Respekt Herr Philipp. Trotzdem möchte ich noch kurz das erwähnen, was sich ja beim Konzert schon zeigte. Das Konzept haute meines Erachtens nicht ganz hin. Bis zur ersten Halbzeit lief einiges ziemlich schleppend und der Ton ließ auch zu wünschen übrig, was jetzt natürlich nichts mit den Leistungen der einzelnen Musiker zu tun hat. Es war aber großartig mal so viele Gitarren und unterschiedliche Spielweisen bzw. Techniken zu sehen/hören. Deshalb stellt sich die Frage: Wird es eine Fortsetzung geben? Leider habe ich vergessen zu zählen wie viele Saiten sich an diesem Abend auf der Bühne befanden. Das wäre sicher eine spannende Zahl... 6 + 6 + 6 + 6 + 6 +...

 


 

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