Stern Akustisch live am 03. Oktober 2009 in Forst

 

Bericht: Petra Herz
Fotos: Petra Herz

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Die typische Handbewegung der Indianer kennt jeder. Die flache Hand vor den Mund, sie schwingen lassen, dazu die passende Atmung, und schon erzeugt man die typischen indianischen Töne. Warum nenne ich die Rothäute hier eigentlich Indianer? Bei mir hießen sie früher immer liebevoll "Itschies". Gerne habe ich mir jeden Sommer die Filme mit dem Ost-Oberindianer Gojko Mitic, auch Tokei-Ihto genannt, angesehen. Am Neujahrstag gab es jedes Jahr den von der anderen Seite zu bewundern, den Winnetou. Was haben denn nun die Akustiker mit den Itschies zu tun? Am Samstag machte ich mich auf den Weg nach Forst. Das ist ein Ort, der "janz weit draußen" (JWD) liegt, östlich von Cottbus, fast in Polen. Obwohl ich dieses "fast" bezweifelte, denn auf meinem Handy erschien bereits die Ankündigung, "Willkommen in Polen! Sie nutzen... Für Anrufe nach Deutschland vor Ort zahlen Sie...". Auch an verborgen gelegenen Orten gibt es Schätze zu entdecken. Zwar nicht den "Schatz im Silbersee", aber eine urige Location, das "Manitu". Als ich gegen 20:30 Uhr dort ankam, bewunderte ich diese außergewöhnliche Location. An der Tür "begrüßte" mich ein Itschie mit einem Schild, der Ankündigung des Konzertes (siehe das 2. Foto in diesem Bericht). Im Manitu befanden sich aber leider nur plastinierte Itschies (keine konservierten), die sich aber, wenn dies nicht Fakt gewesen wäre, an diesem Ort garantiert sehr wohl gefühlt hätten. Der ganze Laden ist aus robustem Holz, an den Wänden und Decken waren viele Utensilien aufgehängt, zum Beispiel alte Lampen, Tierfälle oder auch Stiefel. Die Bar war mit reichlich Whiskyflaschen bestückt. Auch die Bühne ist in diesem urigen Stil hervorragend integriert. Neben der Bühne hingen Fotos einiger mir bekannter Musiker, die bereits den Weg in das Manitu gefunden hatten. Die Akustiker waren gerade mit dem Soundcheck beschäftigt. Um nicht zu stören setzte ich mich auf einen Hocker am Tresen und verfolgte interessiert die letzten Züge des Soundchecks. Einen besseren Eindruck vom Veranstaltungsort könnt Ihr Euch über die Fotos machen, die diesem Bericht extra angehängt sind.
Kurz nach 22:00 Uhr betraten alle fünf Akustiker die Bühne. Sie hatten zwar keine Federn am Kopf und auch IC Falkenberg ließ, als er den Mund aufmachte, keine Itschie-Töne heraus, sondern seine gewohnt dominante, großartige Stimme. Aber gleich der erste Titel erinnerte an alte Zeiten, so hieß es passend "Fern, die alte Zeit aus der uns wenig bekannt. Die Zeit als mancher Weg des Menschen seinen Anfang fand. Doch man weiß, der Mensch, wann immer er auch lebte, dass er wie heut nach dem noch Unbekannten strebte. So ist der Mensch im Suchen und im Wagen. Und so war es schon vor vielen tausend Jahren…". Alexander Procop beendete diesen Titel gemeinsam mit Michael Behm zart besaitet, und IC begrüßte alle Anwesenden: "Guten Nabend in Forst. Tja, was soll man sagen? Hier auf der Bühne heute die jüngste Ostrockband, die es bald nicht mehr gibt... Es gibt an verschiedenen Stellen was zu lesen. Spannend, denn es liest sich wie ein Krimi, mittlerweile Filmreif". Eines der sechs letzten Stern akustisch Konzerte wollten sich viele nicht entgehen lassen. So waren zum Beispiel nicht nur die Heimischen vor Ort, sondern auch Fans aus Dresden, Halle, Franfurt/Oder, Berlin und auch Cottbus waren angereist. Alle wollten die Feinheiten der Akustiker genießen. Für eines der berührendsten Lieder "Lass mich hier nicht liegen", das Reinhard Fißler gewidmet ist, begann als Erster Frank Nicolovius auf seinen Tasten. Er entlockte diesen die ersten gefühlvollen Töne, bis dann alle anderen Musiker ebenso gefühlvoll einstiegen und diesen Titel im Manitu schweben ließen. Er ging durch und durch, herzzerreißend. Beim nächsten Song, geschrieben von Reinhard Fißler, konnte ich mich wieder fangen. "Du komm her" ist großartig und wurde auch dementsprechend musikalisch umgesetzt. Das Lied klang am Ende mit IC`s Stimme und wunderbarem Hall nach. Hier fragt man sich eigentlich warum manche Songs in der Vergangenheit nie so richtig polarisiert wurden.
Reichlich Abwechslung haben die Akustiker auch zu bieten. Jeder, der singen kann darf an die vorderste Front. Somit wechselte der Mann, der sonst im Hintergrund alles im Überblick hat und die richtigen Schläge ansetzt, seine Position. Obwohl er eine karierte Hose trug, ich verabscheue eigentlich kariertes Outfit auf einer Bühne, wurde aber vom Gegenteil überzeugt, denn die Hose passte zu Michael Behm und auch ins Bühnenbild. In "Was bleibt" brillierte Micha mit seiner Stimme, und IC und Alex trugen ihres dazu bei um im Satzgesang zu glänzen. Auch an diesem Feiertag, dem 3. Oktober, 20 Jahre... hatten die Akustiker aus der Rubrik "Weltall Erde Mensch" bzw. "Sozialismus deine Welt" (welcher Ossi hatte es damals nicht dieses Buch?) einen Titel mitgebracht. Bei Erfurt gibt es drei gleiche Burgen, von einer handelt "Die Sage". Hierbei saß Alex im Boot... nein quatsch! Zwar saßen letztendlich alle Musiker im gleichen Boot, sie brillierten mit hervorragender Leistung an ihren Instrumenten, aber Alex stach hier mit einem kleinen Solo am großen Kontrabass hervor. Zwischen den Titeln wurde oft über die letzten 20 Jahre gesprochen. Ob es zum Beispiel das Wort "Verboten" überhaupt noch gab, oder auch warum bei dem großen Berliner Spektakel mit den zwei Riesenpuppen die Kleinere die Ossis symbolisierte, und ob im Ministerium noch die gleichen Reden gehalten werden. Passend zu diesem Thema sangen IC und Micha: "Das Land liegt weit in Ewigkeit. Durch den Schnee scheint wie vor tausend Jahren die Erde schwarz und warm. Es ist soweit die neue Zeit liegt vor mir und ich weiß nicht warum bleib ich noch stumm". Der Text musste ja damals geändert werden (grüne Elefanten), er lautete ursprünglich "Das Land liegt weit in Zweisamkeit".
Beim "Kampf um den Südpol" brauchte niemand seinen Parker mit Kapuze suchen, im Manitu wurde genug Wärme verbreitet. "Leben möchte ich" wurde vom "dynamischen Duo" Frank und dem breitschultrigen Micha, der an diesem Abend Frank oft verdeckte, geprägt. Beide hauten uns perfekte Solis um die Ohren.
Gegen halb zwölf ging es dann in die Pause. Ich konnte 0000 20131014 2036350682vom "Manitu" gar nicht genug bekommen. Und so erkundete ich in der Pause die oberen Gefilde, wo sich Sitzgelegenheiten befinden. Am Ende jeder Seite befand sich sogar ein kleines gemütliches Wohnzimmer, mit Couch, Sesseln, Röhrenradio und Kochofen ausgestattet. Als ich in einem der Wohnzimmer das Fenster öffnete schaute ich sogar direkt auf die Bühne und just in dem Moment kamen die Akustiker auf die Bühne zurück und legten mit "Stundenschlag" los, ein Stück aus IC`s älteren Zeiten. Erwähnen muss ich unbedingt den Song "Ich bin frei", den ich auch sehr gerne bei IC`s Solokonzerten höre. Da befinde ich mich immer irgendwo, ganz weit weg von allem. Irgendwann war ich aber wieder zurückgekehrt und wieder im unteren Bereich vor der Bühne gelandet.
Bei "Nächte" ging die Post ab. Die Musiker bewiesen ihre Fingerfertigkeit an ihren Instrumenten, machten ordentlich Rabatz auf der Bühne, das Manitu befand sich in Feierlaune. Zufällig kam man dann auf ein legendäres Foto mit Alexander Procop, Marcus Schloussen und Helge Marx (er wird auch beim IC/Zöllner Projekt Ostende dabei sein) zu sprechen. Im Vordergrund gesellte sich wohl noch Martin Schreier hinzu und die Bildunterschrift lautete "Grüße aus dem Auenland" ;-). Und wohl gar nicht zufällig ging es mit dem Song "Schönheit" weiter. IC, der sich im Manitu bestens auskannte, da er dort bereits vor einigen Jahren gesungen hat, "ganz alleine, mit den Jungs ist es viel schöner", verwies auf die vielen Instrumente, die direkt hinter Alex an der Wand hingen. Er sagte: "Alex kann heute Abend noch aufstocken, mit Gitarre und Quetsche. In seiner Ecke gibt es viele Sachen". In "Was fang ich an" haute Frank wieder in die Tasten und Micha Lehrmann brachte mit seinem filigranen Gitarrenspiel erneut seine Saiten zum Singen. Für den Titel, den die Akustiker als erstes adaptierten "Also was soll aus mir werden", wechselte Alex wieder von der Bassgitarre zum Paddelboot... ähm nee Kontrabass, und erzeugte mit diesem hervorragende Klänge. Danach stellte IC seine Band vor und sang mit gewohnter Bravur "Wir sind die Sonne". Die Sonne schien im Manitu und die Sterne funkelten, bedankten sich bei den Fans und verabschiedeten sich. Die Begeisterung fand keinen Abbruch und somit kamen, wie erwartet, IC und Frank zurück. IC nahm auf einem Hocker Platz und sagte: "Jetzt schlägt die Stunde von Frank, er ist zu sehen". Die Beiden begeisterten mit "Taufrisch", bevor die gesamte Band nachrückte. Spontan schleuderte Micha Behm seine Drumsticks umher, und fand den Weg / die Überleitung zum letzten geplanten Titel, "Mein Weg", ein Song aus der Mundartabteilung.
Die Uhr blieb leider nicht stehen, sie zeigte bereits 0:30 Uhr, und trotzdem wollte niemand gehen. Im Manitu herrschte eine tolle Atmosphäre, die Stimmung animierte zum Weitermachen. Und so kam es dann zufällig, beim neu Einstimmen von Gitarre und Kontrabass, zum Lieder raten. "Bad moon rising" von CCR, ein Nirvana Titel u.a. wurden vom Publikum erkannt. Mit "Eine Nacht" wurden wir dann in die Nacht geschickt. Am Himmel ein hell erleuchteter Mond, und auch dort waren Sterne zu finden. Nicht nur die Sterne am Himmel funkelten, auch die die uns vorher einen schönen Abend beschert hatten. Dieser Konzertabend/-nacht wird in schöner Erinnerung bleiben, "Eine Nacht in der Ewigkeit", es war "eine Nacht wie im Fieber". Howgh!

 


 

Foto Impressionen:
 
 
 

   
   
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