Final Stap & Teen Beats auf "Tour de France"
am 21. September 2009 in Halle

 

Bericht: Fred Heiduk
Fotos: Matthias Ziegert, Sebastian Ziegert

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Vor geraumer Zeit hatte ich das Vergnügen, mit Mike Kilian ein langes Gespräch führen zu dürfen. Dabei erzählte er mir von seinem Projekt "Final Step", das er mit Freunden betreibt, und für das eine Neuauflage erwogen wurde. Ich konnte geradezu spüren, mit welcher Freude Kilian und seine Kollegen dabei ans Werk gehen, und das machte neugierig. Das war vor zwei Jahren und für mich stand fest: sollte es noch einmal eine Auflage von "Final Step" geben, dann bin ich dabei. Ganz so wie es geplant war, funktionierte das nicht. Umso mehr freute ich mich als ich erfuhr, dass für Herbst 2009 eine weitere Tour, mittlerweile die 5te, angekündigt wurde. Und dieses Mal wollte ich nun endlich dabei sein. Das Motto dazu hieß allerdings wieder "flinke Füße", denn die 5. Tour sollte im September 2009 nur fünf Auftritte in Deutschland und zwei in Großbritannien umfassen. Ich machte mich daher in Begleitung von Matthias, der die Show per Bild anschaulich machen wollte, auf zum 1. Termin in der Nähe, nach Halle ins "Objekt 5", um die Final Stap-Show live zu erleben. Als wir vor Ort ankamen, drang Musik aus einem uraltem Haus unweit der Burg. Der Soundcheck war im vollen Gange, aber an der Tür war vorerst Schluss. Bis zum offiziellen Einlass blieb Zeit sich etwas mit dem Haus vertraut zu machen. Das war die erste Überraschung! Was auffiel war, wie trutzig und dennoch einladend und gemütlich das Haus wirkte. Das zweite was auffiel, waren ein paar imposante Werbeflyer, auf denen zum einen Final Stap und zum anderen die Veranstaltungen der letzten zwei Wochen beworben wurden. Das Final Stap-Plakat fiel auf, weil es sehr originell gemacht ist und Witz und Kreativität versprüht (siehe Abbildung links). Dort ist zu lesen, dass die aktuelle Tournee "Tour de France" heißt, das insgesamt 10 Konzerte geplant waren, von denen leider die 4 Frankreichauftritte, unter anderem auch der mit den Rolling Stones in Toulouse und mit Pink Floyd in Bordeaux, abgesagt wurden. Dabei wollten wir doch unbedingt in Nizza schauen, ob Kilian und Co dort auch so gut ankommen, wie in Halle, Leipzig oder Dresden und vor allem welche Vorband man dort aufgeboten hätte :-) Desweiteren springt einem auf dem Plakat ein stilisierter Union Jack ins Auge. Der weist auf die aktuelle Partnerband der Show hin, den Teen Beats, mit denen man auch die beiden Konzerte in England, die es tatsächlich gibt, spielen wird. Ferner gefiel mir die etwas überspitzte Ankündigung der Show auf dem Plakat in 20 Worten. Dort hieß es, dass die fantastische Show teilweile im Stereosound und mit einer Pyroshow überraschen würde. Wie gesagt - ein überaus durchdachtes, aufwendiges und liebevoll gestaltetes Plakat. Der andere Flyer war etwa 4 Meter lang und fungierte als Veranstaltungsanzeiger des "Objekt 5". Auf schwarzem Grund waren die Veranstaltungen der letzen zwei Wochen aufgedruckt, dazu Fotos der Topacts dieses Zeitraums und das Logo der Einrichtung "Objekt 5". Selten habe ich einen so imposanten Veranstaltungsanzeiger gesehen. Bei näherem Hinsehen fielen einige Details auf. So die in die Hauswand eingelassenen Kacheln die den Schriftzug "Objekt 5" bilden, und ein zweiter Kachelblock, der einen Hausgrundriss zeigt. Auch architektonisch gibt es einige Details, aber die erspare ich dem Leser.
Dann öffnet sich die schwere Tür zum Einlass. Der Innenraum, den loc 20131006 1572644147sie freigibt, ist noch viel imposanter als sich das von außen erahnen ließ. Das zu beschreiben bräuchte lange und würde wohl eher nicht treffen. Schon von daher verzichte ich darauf. Ich kann jedem Halle-Touristen nur empfehlen: ansehen! Das "Objekt 5" ist gerade für kleine Clubkonzerte oder ähnliches sicher eine Empfehlung. Mit seiner schmalen aber tiefen Bühne bietet es für viele Veranstaltungsformen Raum. Um den eigentlichen Innenraum gruppieren sich die Bühne, eine Bar und eine Tresen, an dessen Hähnen englisches Bier, aber kein Guinness, gezapft wird. Details wie eine Treppe zu einer Innenhofterrasse, viel Glas und Holz, die das uralte Mauerwerk eindrucksvoll ergänzen, zaubern ein tolles Ambiente. In diesem Rahmen wird nun das Konzert stattfinden. Die Schlange der Wartenden am Einlass deutet auf eine gut besuchte Veranstaltung hin. Bevor es jedoch losgeht, ist noch Zeit für ein paar Gespräche. Passend zum Tourmotto werden über die Anlage französische Titel eingespielt. Die Show beginnt pünktlich um 21:00 Uhr. Da betraten die vier Musiker die Bühne über eine "Showtreppe". Die Musiker, das sind die ganz in weiß gekleideten, Christian "Sorje" Sorge, der in eine aufwendig gearbeitete aber abgerissene Lederjacke gewandete, als Altrocker mit Stirnband gestilte Mike Kilian, in einem roten französischen Rüschenhemd Tobias Tobias Künzel und last but not least ganz französisch mit Anzug und Barett sowie Lippenbärtchen Dirk Posner. Es gab kein langes Drumherum, vielmehr legten die Vier sofort richtig los. Ein Akkord hier, ein Paar Beats vom Schlagzeug dort, dann begannen die vier "Final Stapper" unter Applaus des Publikums mit dem Intro zu "Stairway to heaven". Doch bracht das recht abrupt ab, um in einen anderen Led Zeppelin-Titel überzugehen. Die Band begann ihr Programm mit "Rock n Roll" von Led Zeppelin. Das mittlerweile mit vielleicht 250 Personen proppenvolle "Objekt 5" war begeister. Zu Recht, denn sowohl Sorje an der Gitarre, als auch Künzels Schlagzeug konnten überzeugen. Künzel machte gewaltig Druck, den Sorje in virtuoser Art in große Läufe auf seiner Gitarre umsetzte. Gleich zu Beginn zeigte er schon was eine Gitarre alles kann. Er ließ sie wispern, jaulen, schreien und brüllen. Passend zu Kilians Stimme, und dennoch seine Freiräume nutzend. Bei dem Start der Beiden stand Mike Kilian als Frontmann und Leadsänger etwas zurück, obwohl er den Titel interpretierte, als wäre er für oder von ihm geschrieben, und der zudem als zweite Gitarre eine supersaubere Ergänzung zu Sorjes Leadgitarre spielte. Es fehlte nicht viel und man konnte gerade im Gesangspart denken, da stehen die echten Zeppelins auf der Bühne. Ich wage die Behauptung, dass bereits bei diesem ersten Titel die Vier in London gefeiert werden. In Halle war die Menge zwar sehr angetan, aber der allerletzte Funke wollte noch nicht überspringen. Die Musiker hatten dennoch sichtbar Spaß. Das Publikum vermutlich auch, doch den auszutoben, daran hinderte es vielleicht die Enge ein wenig. Das Konzert indes störte es nicht wirklich. So ging es ohne Pause mit dem Queen-Klassiker "Tie your mother down" weiter. Dazu winkten aus umgebauten Lautsprecherboxen Duracellhäschen. Die Boxen hatten damit erstmals ihre wahre Bestimmung gefunden, wurden doch die alten DDR Boxen von Musikern gelegentlich liebevoll Karnickelställe genannt. Dieses Mal waren sie es. Nach dem formellen, fast kommentarlosen Beginn, begrüßte Kilian nun die Gäste. Wie man erwarten durfte, war das keine übliche, trockene Ansage. Vielmehr war sein Statement mit verbalen Gags und Spitzfindigkeiten gespickt. So gab es einen Seitenhieb auf den Vortagesspielort. Dort habe man, so Kilian, in einer Hähnchenbratbar gespielt, in der nicht nur die Hähnchen recht tot waren. In Halle werde es wohl etwas mehr Leben geben. Ein Gag den die Anwesenden sehr wohl verstanden und entsprechend bejubelten. In den Jubel hinein erklang der nächte Titel: "Fox on the run". Das erkannten die Leute natürlich sofort, so dass erneut Applaus aufbrandete. Waren die ersten Titel schon gut, war der Sweet-Klassiker noch mindestens eine Stufe besser. Sorje und Kilian spielten ihre Gitarrenparts als wären sie Teil der Urbesetzung. Die Gitarren sangen geradezu im Duett ihren Part, so wie vor über 30 Jahren bei den Sweet. Dazu ein erstklassiger Satzgesang, der den Song schon immer auszeichnete. Ganz erstaunlich mit welch eindrucksvoller Stimme Dirk Posner den Backgroundpart darbot. Natürlich reagierte das Publikum entsprechend. Der Ruf, "The fox is on the run", war sicher klar und deutlich auf der Straße zu hören. Zumindest wurde der Refrain vehement von den vielleicht 250 Besuchern mitgesungen. Der Titel ist sicher einer der absoluten Highlights des aktuellen Programms. Für Gitarrenfreunde mag das, was Sorje dann auf seiner Gitarre zauberte, noch besser als der Titel selbst gewesen sein. Beim Folgenden waren die Besucher dann entgültig verzückt.
0000 20131006 1149431537Einerseits spielten die vier Musiker auch den Beatles-Klassiker sehr nahe am Original, andererseits tobt sich hier Sorje in einer freien Improvisation geradezu aus. Was er da zauberte, hatte ein wenig von der Gitarrenkunst eines Jimmy Hendrix. Dazu das überraschend noch einmal angespielte Thema von "Starway to haven" - spätestens hier wurde klar, dass die Band zwar musikalisch durchaus exakt spielt, sie sich jedoch in ihren Interpretationen auch Platz für eigene Ideen, Improvisationen und Spaß lassen. Das wurde beim anschließenden T.Rex Titel "Children of the Revolution" zumindest für mich besonders deutlich. Wenn bis dahin alle sehr an das Original erinnerten, dieser tut es weniger. Bemerkenswert an dieser Interpretation ist auch der Gesangspart Christian Sorges. Stellenweise hat er sehr wohl das Timbre eines Marc Bolan und man sieht es ihm an, wie wohl er sich bei dem Titel fühlt. Wer weiß, was sowohl auf der Bühne als auch im Publikum alles geschehen wäre, wäre die Bühne wie auch der Zuschauerraum etwas größer gewesen wäre. So blieb die ein oder andere Idee auf der Bühne, aber leider auch die ausgelassene Stimmung im Publikum doch eher angedeutet. Zudem wurde die Luft zunehmend schlechter, was wohl auch an den Rauchern im Raum lag, die bei der großen Enge wirklich störten. Was möglich gewesen wäre und was Final Stap wohl auch noch mehr gezeigt hätte, wären die Bedingungen etwas besser gewesen, deutete Mike Kilian bei der kommenden Bandvorstellung an. Wie gehabt war die spritzig und überaus humorvoll.
Zum perfekt dargebotenen "You ain't seen nothing yet" verschwinden auf der Bühne die Häschen in den Karnickelställen und eine Plastikpuppe wird aufgeblasen. Das hat den Hintergrund, dass der nächste Titel "Fat bottomed girls" von Queen sein würde. Wie im Original kann sich dabei das Schlagzeug richtig in Szene setzen. Und wie Tobias Künzel das machte... Er drosch einen stampfenden Groove in seine Trommeln und führt in dem Titel die Band zu einem großem Queen Cover. Wie bei allen Titeln stimmten auch hier der Rhythmus und alle Tempi. Da wurde jeder Ton an dem Punkt gespielt, an dem er im jeweiligen Original vorgesehen war. Die Musiker sprühten vor Musikalität. Halbheiten gab es da nicht. Jeder in der Formation ist gleich wichtig für die einzelnen Songs. Trotzdem haben sie Platz genug ihre individuellen Stärken und ihre Klasse an den Instrumenten immer wieder einzubringen. Vielleicht ist genau das der Grund, warum die ganze Show so viel Leichtigkeit versprüht. Und wie um das zu unterstreichen, endet der Titel in einem der angekündigten Pyroeffekte. Da die ganze Show nicht bierernst zu sehen ist, besteht das abgebrannte Feuerwerk aus zwei kleinen Fontänen und ahmte damit ironisch große Effekte größerer Shows nach. Die folgende Gagsalve verpuffte leider. Wie gesagt, warum das Publikum etwas gebremst reagierte lässt sich nicht sicher sagen. An den Musikern und ihren Darbietungen kann es keinesfalls gelegen haben. Dass es auch anders gegangen wäre, zeigt sich bei "Cum on feel the noize". Unglaublich was Kilian da stimmlich leistete. Dazu das tolle Arrangement - zumindest an dieser Stelle kam doch Bewegung in die Menge. Die geplante Mitsingeinlage klappte jedoch erst beim zweiten Anlauf, dafür ganz ordentlich. Die Stimmung wurde jedoch nicht gehalten. Dazu ist der sehr ruhige Rod Stewart Song "I don't wanna talk about it" nicht angetan. Der von Tobias Künzel gesungene Titel ist ordentlich gemacht aber eben kein Stimmungsmacher, obwohl sich Künzel als Rod Stewart wirklich beachtlich schlug. Der Titel belegte, dass es nicht immer krachen muss. Auch leise Töne gut gemacht, wie die von Sorjes Akustikgitarre und Künzels Gesang, finden ein aufgeschlossenes Publikum. Ob es vielleicht besser gewesen wäre, den Titel anders zu platzieren, das kann niemand wirklich sagen. Doch war zu merken, das Miss Jane, die ex-"P 16" Sängerin Jane Sakel, mit dem Bette Midler Titel "Beast of Burben" das Publikum wieder deutlich mehr ansprach. Jane hatte einen zweiten Leadgesangspart. "Ruby Tuseday", das man von Melanie kennt, interpretierte sie auf ihre Art, und passend zu Final Stap mit einem Zwinkern im Augenwinkel. So werte ich zumindest auch den gewaltigen, viel zu heftigen Bühnennebel und Janes Titelinterpretation mit der Stimme die an einigen Stellen recht schrill und hoch war, ähnlich der der "Aqua" Sängerin Lene. Natürlich nutzte das Publikum die Möglichkeit die Refrainzeilen mitzusingen. Jane wurde brav über die Showtreppe wieder verabschiedet. Mike Kilian verriet aber, "Wer hier Geld bekommt, der muss noch mal wiederkommen". Als hätten sie neuen Elan getankt, legten die vier Musiker dann furios los. "Down, down" als echter Up Tempo-Titel ist wie geschaffen für die Herren. Die Final Stap-Interretation des Titels klingt toll. Obwohl das schon richtig gut war, steigerte sich die Band noch einmal. "The Knack" hatte einen ganz großen Hit: "My Sharona" war ihr Überhit, und den haben sich Final Stap vorgenommen. In perfektem Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug trieben Posner und Künzel den Titel voran. Die Gitarren spielten punktgenau ihren Part und Dirk Posner sang mit einer unglaublich guten Stimme. Da stimmte jeder Ton, da entstand ein Kunstwerk. Mein absoluter Tophit des Abends, weil er anfangs so perfekt das Original kopierte und am Ende von Christian Sorge mit einem unglaublichen Gitarrenlauf gekrönt wurde. Man kann es nicht oft genug sagen: Super! Danach gingen drei der vier Herren. Nur Tobias Künzel bleibt an seiner Schießbude (die wie er mir bestätigte, die Keimzelle des Projekts ist) sitzen und zeigte ein großes Schlagzeugsolo. Etwas verwirrend war, dass er am Ende eines Trommelwirbel (so eines wie die, die man vom Zirkus kennt, bevor der Trapezkünstler zum Todessprung ansetzt) plötzlich aufstand und der Wirbel dennoch weiter ging. Das gab zwar einen Lacher und Beifall, aber mir drängte sich danach sofort die Frage auf: Ist das alles wirklich live gespielt gewesen, oder gab es da noch weitere Playbackbänder?
Ganz sicher kein Playback war das, was dann folgte: 00000 20131006 1383469997Der Auftritt der Teen Beats stand an. Die englische Band wirkte zunächst unspektakulär. Eine Band bestehend aus zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und einem Sänger. Ein klein wenig schienen sie sich den modischen Vorgaben zur Tour angepasst zu haben. So trug ein Bandmitglied einen auffälligen Strickpullover und der Sänger eine Mütze im französischen Stil. Doch was sie spielten, das war schnörkellose britischer Gitarrensound, den man gar nicht auf eine bestimmte Richtung festlegen sollte. Das Markanteste, das sich durch alle Stücke zog, war die Tatsache, dass die Band geradezu mühelos auch kompliziertest klingende Melodien zu spielen in der Lage waren und die alle Musiker wunderbar miteinander spielten. Tobias Künzel hat die Band auf der Suche nach geeigneten Auftrittsmöglichkeiten für Final Stap in einem Londoner Club gehört und war derart begeistert, dass er sie letztlich zur Final Stap-Tour nach Deutschland einlud. Nachdem der Drummer der Band verstorben ist, wurde er zudem von der Band gebeten, eine Weile bei den Teen Beats zu trommeln, was Künzel nun auch tut. Mit einem Augenzwinkern hat er berichtet, dass er dafür vorspielen musste und froh sei, dass die Band ihn genommen hat. Die Namen der Bandmitglieder werden kaum jemandem etwas sagen, die Titel sind weitgehend nicht bekannt. Doch kann man während der Stunde, die die Band insgesamt spielte, erahnen warum Künzel so begeistert war. Zum einen sind da die perfekt harmonierenden Gitarren, die zeigen wie Gitarrenmusik klingen soll. Da sind kleine Details die den einzelnen Liedern Charakter geben und regelrecht spannend sind, die zielsicher den Weg ins Ohr des Zuhörers finden. Mal ein Riff, mal eine ganze Sequenz, mal die scheinbare Veränderung des Tempos innerhalb weniger Akkorde durch den Wechsel kurzer Noten zu langen oder gar ausgehaltenen Tönen. Kurz gesagt: auch wenn es vielleicht keine großen Hits sind die da gespielt werden, es ist sehr gut gemacht und allemal hörenswert. Ein beeindruckendes Beispiel für die musikalische Ideenvielfalt.
Bei einem etwas bluesig angehauchtem Stück sagte der Sänger, dass er es geschrieben habe als er etwas lange in der Bar gewesen sei. Dennoch sprüht das Ganze geradezu vor Leichtigkeit. Zu der mochte die Stimme des Sängers so gar nicht passen. Für solche Stimme muss man lange scharfe Sachen gurgeln und dazu ein paar Zigarren rauchen. Aber sie hat etwas sehr Markantes, Wiedererkennbares. Nicht zu vergleichen mit der Kilians, aber interessant und für Blues und auch leicht punkige Stücke wie geschaffen. Diametral entgegengesetzt ist dazu die des Leadgitarristen, die das Reibeisen des Leadsängers perfekt ergänzen kann. Um diese Wirkung weiß die Band und setzte den Satzgesang wirkungsvoll ein. Dass dieser unscheinbare, kleine Mann, der gegen Christian Sorge geradezu introvertiert wirkt, auch noch einen beachtliche Leadgitarre spielt, verwundert sicher nicht wirklich. Es ist etwas schade, dass das Publikum auch hier nicht wirklich mitging. Es wird letztlich wohl wirklich an der Enge der Lokalität und der verbrauchten Luft gelegen haben. Zumindest ein wenig. So bleibt es auch bei einem ganz tollen Rock'n Roll fast teilnahmslos, was verwundert, denn eigentlich geht das Stück sofort in die Beine. Wer hier nicht mitgeht, der ist so tot wie die Hühner vom Vortag, von denen Kilian berichtete. Etwas Stimmung kam auf, als die Teen Beats ihren großen Hit anspielten, mit dem sie 1979 eine Nummer 1 in Canada hatten, nämlich das Troggs Cover "I can't controll myself". Kurz danach verließ Tobias Künzel seinen Platz am Schlagzeug erneut. Dieses Mal wird er aber durch den Schlagzeuger der Hallenser Stones Cover Band "Nervous Breakdown" ersetzt. Dazu kommen Sorje und wie angekündigt Jane noch einmal auf die Bühne, um in dieser deutsch-englischen Mixbesetzung einen Titel des verstorbenen Schlagzeugers der Teen Beats zu spielen. Was dabei auffiel wart, dass der neue Mann am Schlagzeug einen anderen Stil als Künzel hat. Nicht besser oder schlechter, eben anders. Nach dieser Hommage betraten die Musiker von Final Stap wieder die Bühne, nun aber neu gewandet. Szenenapplaus bekommt das Lack- und Lederoutfit von Tobias Künzel, der die zweite Final Stap-Runde mit dem The Who-Klassiker "Behind Blue Eyes" begann, bei dem Sorje zur Akustikgitarre griff, die er ebenso virtuos wie seine E Gitarre beherrscht. Bei diesem Titel stand der Teen Beats-Sänger mit auf der Bühne. Seine recht freie Improvisation eines Teils des Titels gefiel mir allerdings weit weniger, als das meiste seiner eigenen Songs. Irgendwie passte die Stimme nicht zu dem, was die anderen geboten haben. Etwas Spaß kam auf, als zum zweiten The Who-Titel "Pinball wizzard" Luftballons ins Publikum herabgelassen wurden. Den Titel spielten die auf der Bühne befindlichen Musiker ebenso routiniert und sicher wie das folgende "Summertime Blues". Danach fiel Kilian auf, dass man obwohl das Programm "Tour de France" heißt noch keinen Titel in Landessprache geboten habe. Das wurde umgehend geändert. Christian Sorge sang den Titel von Plastic Bertrand "Ca Plan pour moi", den wohl vom Grundtempo her schnellsten Song des Abends. Das mir am besten gefallende Stück schloss sich dann an.
kilian 20131006 1428861988Gemeinsam mit den Teen Beats wird "Yellow submarine" aufgeführt. Die Final Stap-Variante ist allerdings derart variiert, dass man das Original am ehesten noch am Text wiedererkannt hat. Um nicht missverstanden zu werden: Mir hat die leicht punkige Variation sehr, sehr gut gefallen, obwohl ich im Grunde dazu neige zu sagen: Klassiker müssen weitgehend unverändert bleiben. Bei diesem Beatles-Klassiker muss ich gestehen, dass es auch anders geht. Das was Kilian und Co. damit gemacht haben, war höchst angemessen, frisch, frech und jung. So wie die Beatles vor 45 Jahren. Im Nachhinein hätte ich mir mehr derartige Stücke gewünscht, obwohl es natürlich toll war, 10 und mehr Bands und ihre großen Hits an einem Abend von einer Superband gespielt zu bekommen. Als nach dem U-Boot erneut die Pyrotechniker ans Werk durften wurde klar, dass sich die Show dem Ende näherte. Das offizielle Ende war dann auch mit "Rock'n Roll all night" gekommen. Jetzt wurde auch klar, warum Dirk Posner zum zweiten Teil im Kiss T-Shirt auftrat. Der letzte Titel war so zu sagen seiner, auch wenn alle Musiker mitspielten. Die Zuschauer erklatschen sich noch eine Zugabe, wobei das fast schief ging, denn so richtig tosend war das nicht. Dennoch kamen zum großen Finale noch einmal alle Musiker auf die Bühne und zelebrierten gemeinsam "Wild thing". Komischerweise ging dabei dieses Mal das Publikum wieder richtig mit. Ob es am wilden Huhn lag, das auf der Showtreppe im Takt der Musik hin und herlief? Jedenfalls intonierten die Musiker gemeinsam mit dem Publikum die Titelzeile ein ums andere Mal. Und dieses Mal bekamen die Musiker den verdienten, ordentlichen Beifall, als sie die Zugabe beendet hatten.
Nach gut 2 ½ Stunden endete damit die Final Stap-Show für diesen Tag in Halle. Die Show ist durchweg hochklassig. Wie das in entsprechender Umgebung mit einem mitgehenden Publikum aussehen kann, das konnte man am Folgetag in der Leipziger Moritzbastei ansehen. Dort trieben sich Musiker und Publikum gegenseitig zu Höchstleistungen. Musikalisch lieferte Final Stap die auch in Halle. Das war ganz große Klasse was die Vier da mit ihren Covern quer durch die frühe Rock- und Popgeschichte auf die Bühne zauberten. Das "Rahmenprogramm" ist sicher auch sehr reizvoll, nur kam das an diesem Abend nicht wirklich an. Dafür konnte man sehen und erleben wie sich Mike Kilian gleichberechtig in eine Band einordnet und diese dennoch mit seiner fantastisch variablen Stimme und erstklassigem Gitarrenspiel musikalisch lenkt. Man konnte sehen, dass Tobias Künzel ein exzellenter Schlagzeuger ist, dass mit Christian Sorge ein fantastischer Leadgitarrist, Sänger und Entertainer auf der Bühne steht, der den beiden großen Namen in nichts nachsteht, und dass es mit dem supersicheren Bassmann Dirk Posner einen 4. tollen Sänger gibt, der mit seiner schönen Stimmfärbung eigentlich viel öfter singend an ein Mikro gehört, und der locker neben den anderen Drei bestehen kann. Alles in allem war ich von dem Abend positiv angetan, auch wenn die Stimmung im Publikum während des Auftritts hätte besser sein können. An den Musikern lag es jedenfalls nicht. Sehr angenehm empfand ich es, dass sich alle Musiker nach der Show zwanglos ins Publikum mischten, so dass man mit allen ins Gespräch kommen konnte. So klang der Abend vermutlich für alle beteiligten kurz nach Mitternacht sehr harmonisch aus, und ich habe nun Gewissheit: eine Final Stap-Show ist allemal einen Besuch wert. Die nächste Runde ist für Januar / Februar 2010 geplant und ich bin gespannt, welche Titel dann gesteppt werden.

 


 

Foto Impressionen:


Fotos von Sebastian Ziegert

Fotos von Matthias Ziegert

 


   
   
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